Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105903/2/BR

Linz, 05.11.1998

VwSen-105903/2/BR Linz, am 5. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. Oktober 1998, Zl.: S 22.572/98-4, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene verfahrensrechtliche Bescheid wird aus verfahrensrechtlichem Gründen behoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4, § 59 Abs.1 und § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm § 24, 51 Abs.1 und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde von der Bundespolizeidirektion Linz mit der Strafverfügung vom 10. September 1998 wegen der Übertretung nach § 24 Abs.1 lit.i iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S, im Nicht-einbringungsfall 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

1.1. Diese Strafverfügung wurde dem Berufungswerber am 15. September 1998 bei eigenhändiger Übernahme zugestellt. Dagegen erhob er am 1. Oktober 1998 Einspruch, welchen er direkt bei der Erstbehörde überreichte. 1.1.1. Bereits darin beruft er sich auf den Umstand, daß er u.a. den Einspruch wegen Ortsabwesenheit und eines vorher nicht einholbaren, dem Einspruch jedoch beizulegenden (und auch beigelegt) Schreibens, verspätet erhoben worden sei. Dennoch, so der Berufungswerber, wolle das Strafverfahren zur Einstellung gebracht werden.

1.1.2. Die Erstbehörde wies folglich dem Berufungswerber den Einspruch mit dem erstangefochtenen Bescheid als verspätet zurück und führte begründend aus, daß die Einspruchsfrist bereits am 29. September 1998 abgelaufen gewesen wäre.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung, worin er im Ergebnis wie bereits im Einspruch ausführte und abermals auf den bereits im Einspruch angedeuteten Wiedereinsetzungsantrag hinwies. 2. Die Erstbehörde legte den Akt nach "erfolgter Plausibilitätsprüfung" im Hinblick auf eine allenfalls zu erwägende Berufungsvorentscheidung den Verwaltungsakt vor. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

2.1. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Da die Berufung sich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung mangels eines diesbezüglichen gesonderten Antrages nicht anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Unbestritten ist, daß der Einspruch gegen die Strafverfügung erst am 1. Oktober 1998 und seitens des Berufungswerbers im Wissen der verspäteten Überreichung, bei der Erstbehörde eingebracht wurde. Der Hinweis im Einspruch, daß dessen verspätete Erhebung in einer urlaubsbedingten Ortsabwesenheit gegründet haben soll, ist angesichts der persönlichen Übernahme am 15. September 1998 wohl nicht logisch. Jedenfalls wird nicht von einem verspäteten Beginn des Laufes der Einspruchsfrist auszugehen sein. Die Frage eines Widereinsetzungsgrundes bleibt davon aber unberührt. 4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

4.1. Es ist hier festzustellen, daß sich bereits aus dem Einspruch, insbesondere aber in der fälschlich als Einspruch bezeichneten Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid - konkludent - auch ein Wiedereinsetzungsantrag ableiten läßt. Der rechtlichen Intention der vorrangig materiellen Rechtsdurchsetzungsmöglichkeit folgend ist diesbezüglich kein enger formalistischer Maßstab anzulegen, sondern gilt es den Sinn einer Eingabe als dessen Beurteilungskriterium heranzuziehen (vgl. h. Erk. v. 26.3.1998, VwSen-230663 und die dort zit. Literatur - ergangen zum da. Bescheid v. 11.2.1998, Zl. S - 41.496/97). Daher ist auf Grund des Wiedereinsetzungsantrages des Berufungswerbers im Sinne einer vollständigen Sacherledigung die Erstbehörde verhalten, die Voraussetzungen im Sinne des § 71 AVG zu prüfen und darüber abzusprechen. Diese Gesetzesbestimmung lautet: Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn: 1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder ...... (2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. (3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen. (4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat......

4.2. Gemäß § 59 Abs.1 AVG, welcher auch gemäß § 24 VStG in Verwaltungsstrafverfahren Anwendung zu finden hat, hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst getrennter deutlicher Fassung nur unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze zu erledigen. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden. Letzteres ist hier nicht zutreffend.

4.2.1. Auch hier gesteht der Berufungswerber in seinen o.a. Eingaben die Verspätung des Einspruches selbst zu und führt dazu im Ergebnis - wenn auch nur sehr kurz - einen Grund an.

4.3. Wie bereits im obzit. h. Erkenntnis dargetan wurde, kann aus § 72 Abs.3 AVG gefolgert werden, daß ein Abspruch betreffend die verspätete Zurückweisung eines Einspruches vor Erledigung des Antrages über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zulässig ist, weil im Falle der Bestätigung des zurückweisenden Bescheides durch die Berufungsbehörde - was aus der Aktenlage wohl erwartet werden könnte - die Sache, das ist die Strafverfügung, rechtskräftig und vollstreckbar würde.

4.3.1. Die Eingabe des Berufungswerbers vom 1. Oktober 1998 läßt - auch wenn ihr (noch) ein diesbezüglich konkreter Antrag ermangelt, welcher nun in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid konkretisiert worden ist - wohl kaum einen Zweifel an der Aussage, daß er sich an der Fristversäumung schuldlos fühle bzw. er darlegte worin er das Hindernis an der Fristwahrung zu vermeinen glaubt (vgl. VwGH 20.3.1991, 91/02/0018). Ob es letztlich dem Berufungswerber tatsächlich objektiv nicht möglich war den Einspruch früher zu erheben und folglich sein Recht zu wahren bzw ob ihn daran ein Verschulden trifft, wird im Rahmen dieses von der Erstbehörde durchzuführenden Verfahrens eine zu klärende Rechtsfrage sein.

Die zu treffende "Entscheidung" über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist hier unteilbar mit der Entscheidung über die Zurückweisung verbunden (siehe Pkt. 4.2. letzter Satz).

4.4. Der unabhängige Verwaltungssenat ist daher der Ansicht, daß die Erstbehörde vorerst über die Frage der Wiedereinsetzung und im Falle einer negativen Entscheidung darüber, auch wieder über die Frage der Rechtzeitigkeit des Einspruches abzusprechen haben wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r

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