Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105908/2/BR

Linz, 12.11.1998

VwSen-105908/2/BR Linz, am 12. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn M, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 29. Juni 1998, Zl. VerkR96-1858-1998-Br, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 8.000 S ermäßigt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 800 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 9.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von neun Tagen verhängt, weil er am 21. Juni 1998 um 22.10 Uhr den LKW, Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, auf der B 125 bei Strkm 55,250, im Gemeindegebiet von L in Richtung F, gelenkt habe.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde zur Strafzumessung sinngemäß aus, daß angesichts der mit diesen Übertretungshandlungen verbundenen zahlreichen schweren Verkehrsunfällen die Geldstrafe in Höhe von 9.000 S gerechtfertigt erscheine. Mangels Angaben ging die Erstbehörde von einem Monatseinkommen des Berufungswerbers in Höhe von 15.000 S aus. Strafmilderungs- und Erschwerungsgründe fand die Erstbehörde keine zu berücksichtigen.

1.1.2. Das Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber an seiner Heimatadresse zugestellt (Datum der Zustellung am roten Rückschein unleserlich vermerkt). Mit einem am 8. Juli 1998 datiertem und am 10. Juli 1998 in Polen der Post zur Beförderung übergebenen und offensichtlich in polnischer Sprache abgefaßten Schreiben wendet sich der Berufungswerber offenbar gegen das Ausmaß der über ihn verhängten Geldstrafe. Die Erstbehörde erstattete in der Folge eine Mitteilung an die Bundespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt - Zentralnachweis für Lenk(er)berechtigungen gemäß § 78 FSG. Sie veranlaßte die Übersetzung des vom Berufungswerber übermittelten Schreibens und forderte ihn schließlich gemäß § 13 Abs.3 AVG auf, dieses Schreiben binnen vier Wochen in deutscher Sprache vorzulegen. Die Erstbehörde vermochte keinen Dolmetscher für die Übersetzung ausfindig zu machen.

2. Gemäß dem Inhalt des fristgerecht bei der Erstbehörde in deutscher Sprache überreichten Schreibens ist dieses als Berufung gegen das Strafausmaß zu werten. Der Berufungswerber entschuldigt sich darin für sein Verhalten (gemeint wohl das zur bezughabenden Anzeige führende Verhalten) an der österreichischen Grenze. Er erklärt ferner, daß er an diesem Tag von seiner Familie schlechte Nachricht erhalten habe indem er über einen Unfall seines Sohnes informiert worden sei. Aus diesem Grunde habe er "ein" Bier getrunken. Er führt ferner aus, daß er krank sei und keinen Alkohol trinken dürfe. Inhaltlich bittet er die Geldstrafe zu annulieren. Wegen dieses Vorfalles sei ihm von der Firma gekündigt worden und daher sei er ohne Arbeit und ohne Einkommen. Seine Frau sei krank und er habe fünf Kinder und könne daher die Mittel für die Geldstrafe nicht aufbringen. Abschließend trägt er abermals sein Bedauern über den Vorfall vor und bittet diesen zu entschuldigen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Da sich die Berufung ausdrücklich nur gegen den Strafausspruch richtete, konnte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Daraus geht der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in hinreichender Genauigkeit hervor.

4.1. Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung zu Grunde:

4.2. Gemäß der sich aus der Aktenlage ergebenden Tatsachen, muß wohl davon ausgegangen werden, daß das Einkommen des Berufungswerbers doch erheblich unter dem von der Erstbehörde angenommenen Umfang liegt. Es kann als Tatsache gelten, daß das Lohnniveau in Polen beträchtlich hinter dem österreichischen Niveau zurückliegt. Dahingestellt kann angesichts der nunmehr ohnedies verhängten gesetzlichen Mindeststrafe letztlich sein, ob der Berufungswerber tatsächlich seine Beschäftigung verloren hat und ob seine familiären Verhältnisse sich tatsächlich so gestalten wie er es in seinem Schreiben schildert. Belege hiefür brachte er diesbezüglich ja nicht bei. Als nicht nachvollziehbar muß in diesem Zusammenhang jedoch bemerkt werden, daß weder mit zwei Dosen Bier (wie er dies gegenüber den Gendarmeriebeamten anläßlich der Atemluftuntersuchung angab) und erst recht nicht mit bloß einem Bier (wie er dies in der Berufung behauptet) beim Berufungswerber eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,86 mg/l, was einem Blutalkoholgehalt von nahezu zwei Promille gleichkommt, erbringen hätte können. Diese Angaben erweisen sich daher mit Sicherheit als unrichtig. Als offenkundig unwahr erweisen sich unter dieser unwiderlegbaren Logik die spezifischen Ausführungen in der Strafberufung. Wohl kann diesen Ausführungen jedoch zusätzlich der Milderungsgrund der Tateinsichtigkeit zugedacht werden.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.2. Bei einem hier noch anzuwendenden Strafrahmen von 8.000 S bis zu 50.000 S (seit der 20. StVO-Novelle beläuft sich der Strafrahmen für ein derartiges Ausmaß an Alkoholisierung von 16.000 S bis 80.000 S) jedoch angesichts den aus h. Sicht anzunehmenden beträchtlich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen erschien auch die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe dem Strafzweck gerecht werdend. Eine Annulierung der Strafe - so wie dies der Berufungswerber begehrte - sieht die österreichische Rechtsordnung nicht vor. Wegen des hohen Grades der Alkoholisierung und dem hohen Tatunwert der hier insbesondere mit dem Lenken eines Schwerfahrzeuges in einem so hochgradig alkoholisiertem Zustand einhergeht, läßt auch die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliches Strafmilderungsrecht) nicht gerechtfertigt erscheinen (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100). Den erstbehördlichen Ausführungen vermag daher im Hinblick auf die Strafbegründung durchaus gefolgt werden.

5.2.1. Der § 20 VStG lautet: "Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden." Bei der Beurteilung der Frage des 'beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe' kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100). Derart gewichtige Milderungsgründe vermochten hier dem Berufungswerber nicht zuerkannt werden. Als substantieller Milderungsgrund kommt ihm lediglich seine bisherige Unbescholtenheit zu. Die Gründe welche er für sein Fehlverhalten nennt und die er mit dem Erhalt einer schlechten Nachricht zu rechtfertigen versucht, können weder schuldmildernd qualifiziert werden; noch sind sie geeignet das offenbar viel höhere Ausmaß an Alkoholkonsum als von ihm zugestanden auch nur in Ansätzen zu rechtfertigen. Gänzlich unverständlich ist dieser Alkoholkonsum, wenn der Berufungswerber seinen Angaben nach krankheitsbedingt keinen Alkohol trinken sollte. In diesem Lichte wäre sein diesbezügliches Fehlverhalten von einem höheren subjektiven Schuldgehalt begleitet.

Der erstbehördlichen Entscheidung vermochte daher seitens des Berufungswerbers inhaltlich in keinem weiterem Umfang mit Erfolg entgegengetreten werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r : 25.11.98 09:30 Erstellt am: 00:00:00 Beschreibender Name: Dokumentart: Verfasser/in: Dr. Herman Bleier Schreibkraft: VWS10 Betreff: Bezug: Stichpunkte: Beschlagwortung:

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum