Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161444/2/Zo/Bb/Da

Linz, 15.11.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn G G, geb. , T, S, vom 29.5.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 15.5.2006, VerkR96-21660-2005, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.  

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, am 8.10.2005 um 18.30 Uhr das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen X und den Sonderanhänger mit dem Kennzeichen X in Gampern auf der B1 bis km 252,200 gelenkt zu haben, obwohl an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr sowie an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbst fahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten ist und das verwendete Fahrzeug bzw. die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen ist.

 

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 42 Abs.2 StVO 1960 begangen, weshalb eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag 21,80 Euro) gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 verhängt wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber im Wesentlichen vorbringt, dass im ersten Einspruch die Ware falsch tituliert worden sei. Es habe sich nicht um Transport von Nassmais, sondern um Häckselmais gehandelt. Häckselmais sei äußerst leicht verderblich, weshalb die genannten Fahrverbotszeiten gegenständlich auch unrelevant seien. Laut Auskunft der Landesregierung seien Transporte von landwirtschaftlichem Erntegut in der Erntezeit von diesem Fahrverbot ausgenommen. Nachdem auch Häckselmais zu landwirtschaftlichem Erntegut zähle und der Transport zur Erntezeit stattfand, sei hier eben das Fahrverbot nicht anzuwenden.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung des Erlasses des Amtes der Oö. Landesregierung vom 20.9.1978, VerkR-363/34-1978-III/K betreffend "§ 42 Abs.3 StVO, Begriff leicht verderbliche Lebensmittel, Erweiterung" und eines Schreibens des Amtes der Oö. Landesregierung, SanLP-65/11-1981 vom 31.8.1981, das den Erlass des Bundesministeriums für Verkehr vom 19.8.1981, 72.515/2-IV/5-81 zu "§ 42  Abs.3 StVO 1960, Begriff leicht verderbliche Lebensmittel" an die Ämter der Landesregierungen zum Inhalt hat. Bereits aufgrund dieser Aktenlage steht fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die öffentliche mündliche Verhandlung entfällt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte am Samstag, den 8.10.2005 um 18.30 Uhr das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in Gampern auf der B 1 bei km 252.200. Der Anhänger war mit Häckselmais beladen. Der Berufungswerber beabsichtigte den unmittelbar nach der Ernte direkt vom landwirtschaftlichen Feld bezogenen Mais von V nach H zum Einlagern in einen Silo eines Landwirtes zu transportieren.

Mit Erlass des Amtes der Oö. Landesregierung vom 20.9.1978, VerkR-363/34-1978-III/K wurde festgestellt, dass in Anbetracht der Tatsache, dass sogenannter "Nassmais" einen relativ hohen Feuchtigkeitsgehalt aufweist, grundsätzlich unmittelbar nach der Ernte einer entsprechenden Verarbeitung – entweder Silierung oder Trocknung – zugeführt werden muss. In der Zeit zwischen Anfang September und Mitte November gilt Nassmais als "leicht verderbliches Lebensmittel" und fällt dessen Transport unter die ex-lege-Ausnahmebestimmung des § 42 Abs.3 StVO 1960.

 

Das Bundesministerium für Verkehr hat im Erlass vom 19.8.1981, 72.515/2-IV/5-81 festgehalten, dass durch das Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz zur Frage des Begriffes "leicht verderbliche Lebensmittel" darauf verwiesen wurde und sich dessen Rechtsmeinung derart gestaltet, dass unter "leicht verderblichen Lebensmitteln" nicht nur solche zu verstehen sind, deren Genießbarkeit durch Verfaulen, Frieren oder Austrocknen leicht beeinträchtigt werden kann; vielmehr gäbe es noch andere Möglichkeiten einer Beeinträchtigung. Der Begriff "leicht verderbliche Lebensmittel" sei daher im Sinne einer raschen Veränderlichkeit dieser Produkte zu verstehen, wobei wesentliche Eigenschaften negativ beeinträchtigt werden können. Sohin sei es unbedingt notwendig, dass mit relativ hohem Wassergehalt geerntete Getreide, dem auch Mais zuzuordnen ist, rasch in die Trocknungsanlagen zu befördern.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 42 Abs.2 StVO 1960 ist an Samstagen von 15.00 bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 0.00 bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.

 

Ausgenommen von diesem Verbot sind gemäß § 42 Abs.3 leg.cit. u.a. Fahrten, die ausschließlich der Beförderung von leicht verderblichen Lebensmitteln dienen.

 

5.2. Beim gegenständlichen Transport – durchgeführt am Samstag, 8.10.2005 um 18.30 Uhr mit dem eingangs näher bezeichneten Sattelkraftfahrzeug mit über 7,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht - handelte es sich um die Beförderung von Häckselmais.

 

Strittig ist in diesem Zusammenhang ausschließlich, ob Häckselmais unter den Begriff der "leicht verderblichen Lebensmittel" des § 42 Abs. 3 StVO fällt und damit von der Ausnahmebestimmung vom Wochenendfahrverbot umfasst ist.

 

Anhand der zuvor zitierten Erlässe gilt Mais als "leicht verderbliches Lebensmittel". Der Berufungswerber transportierte demnach zum Vorfallszeitpunkt ein "leicht verderbliches Lebensmittel" und fiel damit unter die Ausnahmebestimmung des § 42 Abs.3 StVO 1960. Er hat damit keinen Verstoß nach § 42 Abs.2 StVO 1960 begangen. Das dem Berufungswerber vorgeworfene Verhalten bildet keine Verwaltungsübertretung, weshalb der Berufung Folge zu leisten, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

Beschlagwortung:

"Häckselmais"; "Leicht verderbliche Lebensmittel";

 

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