Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222094/13/Bm/Sta

Linz, 15.11.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn M H, L, S,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3.7.2006, Zl. Ge96-43-4-2006-BroFr, wegen Übertretung der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3.7.2006, Ge96-43-4-2006-BroFr, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 370 Abs.1 iVm § 367 Z25 GewO 1994 iVm § 3 und § 4 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Ausstattung gewerblicher Betriebsanlagen mit Gaspendelleitungen für ortsfeste Kraftstoffbehälter, BGBl. Nr. 558/1991 idgF verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma M H Gesellschaft mbH in  S, L, zu vertreten, dass am 20.4.2006 im Zuge einer anberaumten Überprüfung der Betriebstankstelle auf dem Grundstück Nr. , KG. S, Folgendes festgestellt wurde:

An der elektrisch betriebenen Zapfsäule der Tankanlage auf dem Gelände der Betriebsanlage der M H GmbH war erkennbar, dass Diesel und Superbenzin getankt werden kann. Der Erdlagertank ist mit 2 Kammern zu je 5000 l Inhalt ausgestattet, wobei sich in einer Kammer Dieselkraftstoff und in der zweiten Kammer Superbenzin in der Menge von ca. 2000 l befindet. Diese Anlage ist nicht mit der erforderlichen Gaspendelleitung ausgestattet.

Sie haben somit in der Zeit vom 1.1.2005 bis zum 20.4.2006 Ihre gewerbliche Betriebsanlage mit ortsfesten Kraftstoffbehältern nicht mit Schlauch- und Rohrleitungen ("Gaspendelleitungen") ausgestattet. Dadurch können die bei der Abgabe von Kraftstoffen entstehenden und ausströmenden Kraftstoffdämpfe nicht in den ortsfesten Kraftstoffbehälter zurückgeleitet werden ("System zur Gasrückführung").

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht und diese damit begründet, dass die vorhandene Betriebstankstelle nicht mehr für betriebliche Zwecke im Bereich Benzintreibstoff verwendet und die Tankstelle ausschließlich für private Zwecke benötigt werde.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme zu Ge96-43-4-2006 und durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29.9.2006, bei der der Berufungswerber anwesend war und die Zeugin B H unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 25.5.1987, Ge/206/1987-7/87 wurde der M H GmbH & Co. KG., Linz, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Spenglereibetriebsanlage durch Errichtung einer Betriebstankstelle auf dem Gst. Nr. , KG. S, erteilt. Die gegenständliche Betriebstankstelle befindet sich im westlichen Teil des Betriebsgeländes und umfasst einen unterirdischen Doppelmantelbehälter, geteilt in zwei Kammern, die jeweils ein Volumen von 5.000 l aufweisen. In einer Kammer befindet sich Dieselkraftstoff, in der zweiten Kammer Superbenzin. Von diesem in Verwendung stehenden Kraftstoffbehälter werden jährlich ca. 3000 bis 4000 l Ottokraftstoff abgegeben. Oberirdisch angeordnet ist die elektrisch betriebene Zapfsäule, welche mit zwei Zapfpistolen ausgestattet ist.

Im Zuge von durch die belangten Behörde durchgeführten gewerbebehördlichen Überprüfungen wurde festgestellt, dass der Kraftstoffbehälter nicht mit einer Gaspendelleitung im Sinne der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Ausstattung gewerblicher Betriebsanlagen mit Gaspendelleitungen für ortsfeste Kraftstoffbehälter ausgestattet ist.

Nach dem Zulassungsregister und den eigenen Aussagen des Berufungswerbers in der mündlichen Berufungsverhandlung sind folgende benzinbetriebene Fahrzeuge auf die vormals M H GmbH & Co.KG. (nunmehr M GmbH) zugelassen:

Mercedes A Cabrio mit dem KZ , Harley Davidson mit dem KZ , zwei weitere Motorräder mit Wechselkennzeichen  sowie ein Suzuki-Jeep mit KZ  sowie ein Mercedes S 320 mit KZ .

 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Gemäß § 3 der Verordnung des Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Ausstattung gewerblicher Betriebsanlagen mit Gaspendelleitungen für ortsfeste Kraftstoffbehälter müssen gewerbliche Betriebsanlagen mit ortsfesten Kraftstoffbehältern mit Schlauch- oder Rohrleitungen ("Gaspendelleitungen") ausgestattet sein, durch die die bei der Abgabe von Kraftstoffen entstehenden und ausströmenden Kraftstoffdämpfe in den ortsfesten Kraftstoffbehälter zurückgeleitet werden ("System zur Gasrückführung").

 

Nach § 3c Abs.1 leg.cit. müssen gewerbliche Betriebsanlagen, in denen Tankstellen–Lagertanks befüllt werden und deren jährlicher Durchsatz 100 m3 oder mehr beträgt, dem als Anlage 4 angeschlossenen Anhang III zur Richtlinie 94/63/EG, soweit die folgenden Absätze nicht anderes bestimmen, ab dem 31. Dezember 1995 entsprechen.

Nach Abs.2 müssen am 31. Dezember 1995 bereits bestehende Betriebsanlagen gemäß Abs.1, die

1.      einen jährlichen Durchsatz von mehr als 1.000 m3 aufweisen oder

2.      unter Wohnräumen oder Arbeitsbereichen liegen,
der Anlage 4 ab dem 31. Dezember 1998 entsprechen.

 

Gemäß Abs.3 müssen nicht unter den Abs.2 fallende am 31. Dezember 1995 bereits bestehende Betriebsanlagen gemäß Abs.1 mit einem jährlichen Durchsatz von mehr als 500 m3 der Anlage 4 ab dem 31. Dezember 2001 entsprechen.

Nach Abs.4 müssen nicht unter die Absätze 2 und 3 fallende am 31. Dezember 1995 bereits bestehende Betriebsanlagen gemäß Abs.1 dem Anhang 4 ab dem
31. Dezember 2004 entsprechen.

 

Vorweg ist zum Verständnis des § 3c festzuhalten, dass die oben zitierte Verordnung in der ursprünglichen (Stamm-) Fassung BGBl. Nr. 558/1991 lediglich für gewerbliche Betriebsanlagen mit ortsfesten Kraftstoffbehältern Geltung hatte, wobei ortsfeste Kraftstoffbehälter definiert wurden als ortsfeste Behälter, aus denen in den am 1. Dezember 1990 ausgegebenen ÖNORMEN C 1101 und C 1102 und in der am 1. Februar 1989 ausgegebenen ÖNORM C 1103 angeführte Kraftstoffe an andere ortsfeste Behälter in der Betriebsanlage oder an festverbundene Tanks, Aufsetztanks oder Gefäßbatterien von Fahrzeugen, die der Gefahrgut-Tankfahrzeugverordnung 1988 unterliegen, an Eisenbahnfahrzeuge (Kesselwaggons) oder an Tankschiffe abgegeben werden. Tankstellen-Lagertanks (zur Abgabe von Ottokraftstoff an  Kraftstofftanks von Kraftfahrzeugen) waren vom Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht umfasst; ein solcher ergab sich erst mit der Änderung der Verordnung BGBl. Nr. 904/1995 durch die Einfügung des § 3c, allerdings – wie nachfolgend ausgeführt wird – mit bestimmten Einschränkungen:         

 

§ 3c der zitierten Verordnung unterscheidet hinsichtlich des Zeitpunktes, ab dem ein Tankstellen-Lagertank mit einer Gaspendelleitung auszustatten ist, zwischen neu zu errichtenden und bereits bestehenden Betriebsanlagen. Innerhalb dieser Unterscheidung wird zudem auf die jährliche Menge des abgegebenen Ottokraftstoffes abgestellt. 

Demnach besteht die Verpflichtung zur Ausstattung von Tankstellen mit Gaspendelleitung erst ab einem jährlichen Durchsatz von 100 m3 oder mehr (arg.: "gewerbliche Betriebsanlage, in denen Tankstellen-Lagertanks mit Ottokraftstoff befüllt werden und deren jährlicher Durchsatz 100 m3 oder mehr beträgt..." siehe Abs.1).

 

Abs.4 geht davon aus, dass am 31. Dezember 1995 bereits bestehende Betriebsanlagen bis spätestens 31. Dezember 2004 mit der entsprechenden Gaspendelleitung ausgestattet werden müssen. Dadurch, dass dieser Absatz auf "Betriebsanlagen gem. Abs.1" verweist, gilt auch hier als Tatbestandsvoraussetzung die Erfüllung der Abgabemenge an Ottokraftstoff von jährlich 100 m3 oder mehr. Damit steht eindeutig fest, dass Tankstellen, die einen jährlichen Durchsatz von weniger als 100 m3 an Ottokraftstoff aufweisen, nicht unter die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Ausstattung gewerblicher Betriebsanlagen mit Gaspendelleitungen für ortsfeste Kraftstoffbehälter fallen.

 

Unbestritten steht fest, dass es sich bei der gegenständlichen Tankstelle um eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorgenannten Verordnung bereits genehmigte gewerbliche Betriebsanlage handelt, in der ein Tankstellen-Lagertank mit Ottokraftstoff befüllt wird. Ebenso ist erwiesen, dass der jährliche Durchsatz an Ottokraftstoff bei der gegenständlichen Tankstelle weniger als 100 m3 umfasst. Dies ergibt sich aus den Aussagen des Berufungswerbers und der Zeugin B H. Diese Aussagen werden unter Betrachtung des Fassungsvermögens des gegenständlichen Lagertanks von 5.000 l und der in Verwendung stehenden Betriebsfahrzeuge vom erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates auch nicht in Zweifel gezogen.

 

Da somit bei der gegenständlichen Betriebstankstelle die herangezogene Verordnung nicht anwendbar ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß
§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

Beschlagwortung:

Gaspendelleitung

 

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