Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530514/3/Re/Sta

Linz, 08.11.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Ing. W P, W, vertreten durch die H, N & Partner Rechtsanwälte GmbH, Linz, vom 10. August 2006 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. Mai 2006, Zl. BZ-BA-13-2006 Sei, betreffend die Zurkenntnisnahme einer Betriebsanlagenänderung gemäß § 81 Abs.2 Z9 iVm § 345 Abs.8 GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. Mai 2006, BZ-BA-13-2006 Sei, wird  mit der Maßgabe bestätigt, dass als Rechtsgrundlage § 345 Abs.8 Z6 an Stelle § 345 Abs.8 Z8 der Gewerbeordnung eingefügt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1, 67d Abs.1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§ 345 Abs.8 Z6 iVm § 81 Abs.3 sowie § 356 Abs.3 der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem im Namen des Bürgermeisters der Stadt Wels ergangenen Bescheid vom 15. Mai 2006, BZ-BA-13-2006 Sei, wurde die Anzeige der Ing. J D GmbH, W, V, bezüglich Aufstellung einer zentralen Gasversorgung im Betriebsstandort W, C-S, Grundstück Nr.  der KG L im Grunde des § 345 Abs.8 Z8 iVm § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 als genehmigungsfreie Anlagenänderung zur Kenntnis genommen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, aufgrund der Stellungnahme der Amtssachverständigen seien die Voraussetzungen der Bestimmung des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994, wonach Änderungen an einer Betriebsanlage, die das Emissionsverhalten nicht nachteilig beeinflussen, anzeigepflichtig seien, anwendbar.

 

Gegen diesen Bescheid hat Ing. W P, vertreten durch die H, N & Partner Rechtsanwälte GmbH, mit Schriftsatz vom 10. August 2006 Berufung erhoben; dies im Wesentlichen mit der Begründung, er sei nicht präkludiert, weil die Kundmachung nach § 42 Abs.1 zweiter Satz AVG zusätzlich zum Gemeindeamtsanschlag „in geeigneter Form“ zu erfolgen habe. Dies wäre etwa bei einer Kundmachung in den Oberösterreichischen Nachrichten der Fall. Eine solche Kundmachung sei nicht erfolgt, es fehle daher an einer doppelten Kundmachung, weshalb keine Präklusion eingetreten sei. Die Hausflurkundmachung sei keine in den Verwaltungsvorschriften vorgesehene besondere Form, weil sie in einer beschränkten Zahl von Häusern nicht geeignet sei, den nach der GewO 1994 prinzipiell unbeschränkten Kreis aller Nachbarn zu erreichen. Selbst bei Anerkennung der Hausflurkundmachung sei keine Präklusion eingetreten, da die Kundmachung im Haus des Berufungswerbers (Adresse K und), welches der Betriebsanlage unmittelbar benachbart sei, nicht kundgemacht worden sei. Auch in anderen unmittelbar benachbarten Häusern sei die Hausflurkundmachung unterlassen worden, die doppelte Kundmachung sei daher nicht gesetzmäßig bewirkt worden. Weiters nehme § 345 GewO 1994 keine Regelung über die Parteistellung vor, komme § 356 leg.cit. aufgrund der systematischen Einreihung in der GewO 1994 nicht zur Anwendung und beurteile sich daher die Parteistellungsfrage nach § 8 AVG iVm § 74 Abs.2 GewO 1994. Die Parteistellung hätte er daher in Folge des subjektiv öffentlichen Rechtes auf Immissionsfreiheit (§ 74 GewO 1994). Der Bescheid sei rechtswidrig, da die angezeigte Anlage nicht im Verfahren nach § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 hätte abgehandelt werden dürfen und die Rechte des Berufungswerbers, nicht durch unzumutbare Immissionen gefährdet oder belästigt zu werden, verletzt würden.

 

Der Bürgermeister der Stadt Wels als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  iVm § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  BZ-BA-13-2006.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 81 Abs.2 Z9 leg.cit. ist eine Genehmigungspflicht nach Abs.1 jedenfalls im Falle von Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen, nicht gegeben.

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Gemäß § 356 Abs.3 GewO 1994 haben im Verfahren betreffend die Abstandnahme von der Verpflichtung zur Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustands (§ 78 Abs.2), im Verfahren betreffend die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen (§ 79 Abs.1), im Verfahren betreffend die Genehmigung der Sanierung (§ 79 Abs.3), im Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c), im Verfahren betreffend die Anpassung einer bereits genehmigten Betriebsanlage an eine Verordnung gemäß § 82 Abs.1 (§ 82 Abs.2), im Verfahren betreffend die Festlegung der von den Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 82 Abs.1 abweichenden Maßnahmen (§ 82 Abs.3) und im Verfahren betreffend die Vorschreibung der über die Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 82 Abs.1 hinausgehenden Auflagen (§ 82 Abs.4) jene Nachbarn Parteistellung, deren Parteistellung im Verfahren gemäß Abs.1 aufrecht geblieben ist.

 

Gemäß § 345 Abs.8 Z6 leg.cit. hat die Behörde, wenn die jeweils geforderten Voraussetzungen gegeben sind, die Anzeigen gemäß § 81 Abs.3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen; dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides.

 

Nach herrschender Lehre und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die Parteistellung von Nachbarn in so genannten Folgeverfahren durch § 356 Abs.3 der Gewerbeordnung abschließend geregelt. Dem Nachbarn kommt im Anzeigeverfahren nach § 81 Abs.2 Z9 iVm § 345 Abs.8 Z6 der Gewerbeordnung schon deshalb keine Parteistellung zu, weil eine solche in der oben angeführten abschließenden Regelung nicht vorgesehen ist. Den Nachbarn kommt somit auch eine Berufungslegitimation nicht zu; siehe hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 2000, wonach eine Parteistellung der Nachbarn in einem Verfahren nach § 81 Abs.3 GewO 1994 (dieser verweist wiederum auf Änderungen gemäß Abs.2 Z9 leg.,cit.) im § 356 Abs.3 und 4 GewO 1994 nicht vorgesehen ist. In diesem Verfahren hat vielmehr die Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung ohne diesbezügliche Parteistellung der Nachbarn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 zu klären. Den Nachbarn ist kein Recht eingeräumt, geltend zu machen, die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle seien von der Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden.

 

Der Berufung konnte daher bereits aus diesen Gründen keine Folge gegeben werden, ohne auf andere Fragen, wie zB die in der Berufung behaupteten Problematik der eingetretenen Präklusion, eingehen zu können.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

Beschlagwortung:

§ 81 Abs.3 GewO – keine Parteistellung der Nachbarn;

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 1.12.2007, Zl.: B 8,9/07-3

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 28.03.2008, Zl.: 2007/04/0227 bis 0228-6

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