Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521435/2/Fra/Sp

Linz, 10.11.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau YB gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 22.9.2006, AZ: FE-775/2006, betreffend Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges, Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie Auftrag zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über ihre gesundheitliche Eignung sowie Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, Recht erkannt:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im zweiten und im dritten Spruchabschnitt jeweils die Wortfolge „bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung“ zu entfallen hat und durch die Wortfolge „bis zum Ablauf der im ersten Spruchabschnitt angeordneten Verbotsdauer“ zu ersetzen ist.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 12.7.2006, Zahl FE-775/2006, wurde Frau YB (im Folgenden als Bw bezeichnet) gemäß §§ 7, 24, 25, 29 und 32 FSG ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von vier  Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (14.7.2006), verboten, weiters die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet, sowie bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung (gemeint offenbar des oa Verbotes) die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG sowie Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme verlangt.

 

2. Diesen Mandatsbescheid hat die belangte Behörde in Erledigung der dagegen erhobenen Vorstellung mit Bescheid vom 22.9.2006, AZ. FE 775/2006, bestätigt.

 

3. Gegen diesen Bescheid hat die Bw rechtzeitig Berufung erhoben. Die Bundespolizeidirektion Linz - als nunmehr belangte Behörde (bB) - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat  (§ 67a Abs.1 AVG).

 

Die Bw bringt in ihrem Rechtsmittel vor, die bB begründe das oa Verbot und die Maßnahmen damit, dass sie nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sei, da sie ein Kraftfahrzeug in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung des
§ 99 Abs.1 StVO 1960 begangen hätte. Diese Feststellung beruhe auf fehlerhafter Beweiswürdigung. Eine richtige Beweiswürdigung hätte bei der Gesamtschau der Umstände (bisherige Unbescholtenheit; sie sei am Beifahrersitz gesessen und habe das Fahrzeug nicht in Betrieb nehmen sondern nur den Schlüssel abziehen wollen) nicht zu der überschießenden Wertung einer mangelnden Verkehrszuverlässigkeit führen dürfen. In weiterer Folge hätte die Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht das og Fahrverbot und die Maßnahmen verhängen dürfen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt Folgendes erwogen:

 

4.1. Folgende Rechtvorschriften sind für den vorliegenden Berufungsfall maßgebend:

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen  .....

 

Gemäß § 24 Abs. 3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztliches Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen: .....

.Z.3:   wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. ....

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässsigkeit  (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten  festzusetzen.

 

Gemäß § 32 Abs 1 hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 sowie 30 a und 30 b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

 

1. ausdrücklich zu verbieten, ....

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.      die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im

     Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch

     Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder ....

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr.566/1991, zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3  beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend,.....

 

Abweichend davon bestimmt § 26 Abs.2 FSG dass, wenn beim Lenken oder Inbetriebnahmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen ist.

 

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1162 Euro bis 5813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht

 

4.2. Die bB ging sachverhaltsmäßig davon aus, dass die Bw am 4.7.2006 bei der Aufnahme eines Verkehrsunfalles, welcher sich am 3.7.2006 um 23.45 Uhr ereignete, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen L-219FR in Betrieb genommen habe ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung zu sein. Im Anschluss daran weigerte sie sich, sich der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen, obwohl sie von einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert wurde, weil sie verdächtig war, das Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungs­symptome: starker Alkoholgeruch aus dem Mund, gerötete Augenbindehäute) in Betrieb genommen zu haben.

 

Die Bw wertete diesen Sachverhalt als bestimmte Tatsache, welche die Verkehrszuverlässigkeit ausschließt und verbot der Bw das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab 14.7.2006 (das ist das Datum der Zustellung der oa Mandatsbescheides). Gleichzeitig wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme innerhalb der Dauer des Lenkverbotes angeordnet. Gegen den Mandatsbescheid vom 12.7.2006 brachte die nunmehrige Bw fristgerecht Vorstellung ein und begründete diese im Wesentlichen damit, es sei nicht richtig, dass sie versucht hätte, einen Pkw in Betrieb zu nehmen.

 

Die Bw erhob im Rahmen des ordentlichen Ermittlungsverfahrens Beweis durch zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers KI Z.  Der Zeuge gab bei seiner Einvernahme am 8.8.2006 vor der belangten Behörde an, zweifelsfrei gesehen zu haben, wie die Bw vom Beifahrersitz aus die Zündung eingeschaltet und den Motor gestartet habe, wobei dieser kurz "angesprungen" sei und einen "Hüpfer" nach vorne gemacht habe. In der Folge sei der Motor abgewürgt worden, weil die Handbremse angezogen war und die Bw vom Beifahrersitz aus die Kupplung nicht betätigen habe können.

 

Aus der Aktenlage ergibt sich auch, dass die Bw mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 17.7.2006, Zahl S-24327/06-1, rechtskräftig wegen der Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 bestraft wurde, wobei dem Schuldspruch der oa Sachverhalt zugrunde liegt.

 

Dem Vorbringen der Bw muss sohin die oa Zeugenaussage sowie der Umstand entgegengehalten werden, dass die Kraftfahrbehörden an rechtskräftige Bestrafungen durch die Strafbehörden gebunden sind. Eine selbständige Beurteilung der Frage, ob die Bw das in Rede stehende Delikt begangen hat, ist sohin der belangten Behörde als Kraftfahrbehörde verwehrt (VwGH vom 22.1.2002, 2001/11/048 mit weiteren Nennungen). Auch für den UVS besteht eine diesbezügliche Bindungswirkung.

 

Sohin ist zusammenfassend festzustellen, dass mit dem in Rede stehenden Sachverhalt die Bw eine Verwaltungsübertretung iSd § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 begangen und somit eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z1 FSG gesetzt hat, woraus resultiert, dass ihr gemäß § 32 Abs.1 FSG unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen zu verbieten war sowie die weiteren Maßnahmen anzuordnen waren. Die belangte Behörde war im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmungen, zumal diese keinen Ermessensspielraum eröffnen, zu diesen Maßnahmen berechtigt und verpflichtet.

 

Aus den genannten Gründen konnte der Berufung keine Folge gegeben werden und es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

 

 

 

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