Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106002/12/BR

Linz, 19.01.1999

VwSen-106002/12/BR Linz, am 19. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 11. November 1998, Zl. VerkR96-7484-1997-Pc, nach der am 19. Jänner 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird im Punkt 1) keine Folge gegeben; diesbezüglich wird das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatörtlichkeit "bis Strkm 18,383" einzuschränken ist; im Punkt 2) wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, daß unter Anwendung von § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird; im Punkt 3) und 4) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG, iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 21, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Dem Berufungswerber werden im Punkt 1) zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 160 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt. Hinsichtlich der Punkte 2) bis 4) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs. 1 u. 2, § 65 u. § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurden mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber fünf Geldstrafen (800 S, 800 S, 5.000 S, 300 S und 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 24 Stunden, 24 Stunden, fünf Tagen, 24 und 24 Stunden) verhängt und nachfolgende Tatvorwürfe erhoben: "Sie haben am 4.5.1997, um 7.30 Uhr, in 4400 Steyr auf der Ennser Straße, von Strkm. 18,7 bis 17,7, das Kfz mit dem Kennzeichen 1. auf Höhe von Strkm. 18,7 bis vor der Kreuzung mit der Siemensstraße mit einer Fahrgeschwindigkeit von 75 km/h gelenkt und haben dadurch die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 25 km/h überschritten, 2. gelenkt und haben dabei bei Strkm. 18,4 nach der Kreuzung mit der Siemensstraße verbotenerweise eine Sperrlinie über eine Länge von ca. 5 m überfahren, 3. zwischen Strkm. 17,9 und 17,7 mit einer Fahrgeschwindigkeit von 114 km/h gelenkt und haben dadurch die in diesem Bereich durch das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 54 km/h überschritten, 4. gelenkt und haben sich dabei vor Antritt der Fahrt, obwohl dies zumutbar war, nicht vom ordnungsgemäßen Zustand des Kraftfahrzeuges überzeugt, da die rechts vorne montierte Felge am Rand eine deutlich sichtbare Einkerbung aufwies, wodurch der Reifengummi nach innen eingedrückt wurde, 5. gelenkt und haben es als Zulassungsbesitzer unterlassen, das Fahrzeug rechtzeitig wiederkehrend begutachten zu lassen, da die Plakette Nr. ANG als letzte Lochung 7/96 aufwies.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus: "Aufgrund einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Steyr vom 4.5.1997 werden Ihnen umseits genannte Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt.

In Ihrer Stellungnahme vom 18.7.1997, vertreten durch die RAe Dr. T u. Mag. W, führen Sie nach Kenntnisnahme der Anzeige vom 4.5.1997 - betreffend Punkt 1 des ha. Ladungsbescheides vom 2.6.1997 aus, daß es nicht möglich sei, im Ortsgebiet von Steyr, über die Wegstrecke "Strkm. 18,7 und 17,7" die im Ortsgebiet zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h überschritten zu haben, da ein Großteil dieser Wegstrecke eben nicht im Ortsgebiet von Steyr liegt. Überdies sei eine Übertretung von 30 km/h nicht möglich, da laut Meldungsleger angeführt wird, daß der Tachometer des Dienstkraftwagens beim Nachfahren eine Geschwindigkeit von 80 km/h angezeigt hat, dies jedoch einer tatsächlichen Geschwindigkeit von 75 km/h entspreche. Weiters zweifeln Sie die Geschwindigkeitsfeststellung mittels Nachfahrt an, da ein Streifenfahrzeug mit nicht geeichtem und nicht justiertem Tachometer verwendet wurde und sind Sie der Ansicht, daß jedenfalls vom abgelesenen Wert 20 % abzuziehen wären, so wie dies auch der durch Sachverständigengutachten gestutzten deutschen Gerichts- und Polizeipraxis entspreche. Zu Punkt 2. geben Sie an, daß das Überfahren einer Sperrlinie nicht auf eine Straßenlänge von 1 km (Strkm. 18,7 und 17,7) ausgedehnt werden könne. Punkt 3., welcher die Geschwindigkeitsüberschreitung von 54 km/h bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h betrifft, sei festzuhalten, daß dies im Widerspruch mit Punkt 1. hinsichtlich der Kilometerangaben stehe. Weiters sei die Ermittlung der Ihnen vorgeworfenen Geschwindigkeit von 114 km/h in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb Sie die Einholung eines entsprechenden Gutachtens fordern. Zudem sind Sie der Ansicht, da selbst bei wesentlich genaueren Radarmessungen ein Abzug von 10 km/h bei Geschwindigkeiten von über 100 km/h gemacht wird, daß bei der viel ungenaueren Geschwindigkeitsschätzung durch Nachfahren ein wesentlich höherer Prozentsatz abzuziehen sei. Schließlich sei auch die Darstellung in der Anzeige, wonach die Funkstreife den Pkw des Beschuldigten mit unverändert gleichbleibendem Abstand verfolgt habe, nicht nachvollziehbar, da Sie laut Anzeige offensichtlich einige Fahrzeuge überholt haben, wobei die Funkstreife keineswegs in ständig gleichbleibendem Abstand nachfolgte.

Zu Punkt 4. führen Sie aus, daß eine Einkerbung an der Felge keinesfalls eine Einschränkung der Betriebs- und Verkehrssicherheit darstelle und verweisen auch auf den der Behörde vorliegenden Prüfbefund gemäß § 55, 56 Abs.1 1.S. KFG vom 9.6.1997. Im übrigen würde man die Anforderungen an die Überzeugungspflicht überspannen, wolle man verlangen, daß Felgen vor Antritt jeder Fahrt auf Einkerbungen oder dergleichen überprüft werden.

Die Ihnen unter Punkt 5. angelastete Verwaltungsübertretung wird von Ihnen nicht bestritten. Jedoch bringen Sie als verschuldensmildernd vor, daß sie Ihrer BMW-Vertragswerkstätte den Auftrag erteilt hätten, gemeinsam mit dem Jahresservice auch die Begutachtung durchführen zu lassen, was jedoch unterlassen wurde, obwohl die Werkstätte zuvor noch auf den bevorstehenden Ablauf der Gültigkeit der Plakette hingewiesen hatte.

Ihren Rechtfertigungsangaben sind die Zeugenaussagen der fachlich geschulten und unter Diensteid stehenden Meldungsleger Rev.Insp. S vom 16.9.1997, und Rev.Insp. B vom 19.9.1997 bei der Bundespolizeidirektion Steyr entgegenzuhalten. Rev.Insp. S gibt an, daß er und Rev.Insp. B auf Höhe des Strkm. 18,7 auf den Beschuldigten aufgeschlossen hatten und anschließend in gleichbleibendem Abstand nachgefahren sind. Dies war noch im Ortsgebiet von Steyr. Dabei fuhr der Beschuldigte mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h (vom Tacho des Dienstwagens abgelesen). Dies entspricht nach vorausgegangener Radarmessung einer tatsächlichen Geschwindigkeit von 75 km/h. Diese Geschwindigkeitsüberschreitung war noch im Ortsgebiet und zwar vor der Kreuzung mit der Siemensstraße. Unmittelbar nach dieser Kreuzung setzte er zum Überholen an, wobei er die dort befindliche Sperrlinie, wie dies in der Anzeige geschildert wurde, überfuhr. Nach der Kreuzung mit der Siemensstraße befindet sich das Vorschriftszeichen 'Erlaubte Höchstgeschwindigkeit 60 km/h', wo dann der Beschuldigte zwischen den angeführten Straßenkilometern eine Geschwindigkeit von 120 km/h fuhr, was in Relation zur Radarmessung einer tatsächlichen Geschwindigkeit von 114 km/h entspricht. Warum vom abgelesenen Wert 20 % abgezogen werden sollen, sei unklar. Das Überfahren der Sperrlinie erfolgte nicht auf einer Länge von ca. 1 km, sondern, wie in der Anzeige angeführt, wurde diese auf einer Länge von ca. 5 m überfahren. Die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 114 km/h ist darauf zurückzuführen, wie dies vom Beschuldigtenvertreter auch angeführt ist, nämlich daß die Abweichung eines Tachometers keinesfalls linear immer mit einem bestimmten Prozentsatz verläuft.

Es ist schon richtig, daß das Nachfahren hinter einem Fahrzeug in gleichbleibendem Abstand eine Geschwindigkeitsschätzung darstellt und keine Geschwindigkeitsmessung, da eine solche mit einem geeichten technischen Hilfsmittel erfolgt. Trotzdem kann beim Nachfahren eine ziemlich genaue Geschwindigkeitsfeststellung erfolgen. Ebenfalls richtig ist, daß der Beschuldigte in einem Überholvorgang mehrere Fahrzeuge überholt hat, die jedoch auch von uns überholt wurden, so daß wir sowohl vor dem Überholvorgang als auch danach in ständig gleichbleibendem Abstand gefolgt sind. Die Geschwindigkeitsschätzung wurde dabei nicht während des Überholvorganges vorgenommen, sondern in gleichbleibendem Abstand bei der ersten Geschwindigkeit im Ortsgebiet vor dem Überholvorgang und bei der zweiten angegebenen Geschwindigkeit nach diesem bei der Fahrt auf dem rechten Fahrstreifen. Bei der Anhaltung wurde festgestellt, daß die rechte vordere Felge am Rand eine deutlich sichtbare Einkerbung aufwies. Dadurch wurde der Reifengummi nach innen gedrückt, so daß die Gefahr eines Reifenplatzers bestand. Trotz der Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten werden die in der Anzeige angeführten Übertretungen vollinhaltlich aufrechterhalten, zumal diese vom Beschuldigten bei der Beanstandung auch zugegeben wurden und er sich so äußerte, wie es in der Anzeige konkret angeführt wurde. Rev.Insp. B schließt sich den Angaben des Rev.Insp. S vom 16.9.1997 als Zeuge vollinhaltlich an. Der Anzeige vom 4.5.1997 ist zu entnehmen, daß Sie sich sinngemäß derart rechtfertigten, daß Sie wüßten, viel zu schnell gefahren zu sein. Sie wollten dringend ein Paket vom Bahnhof St. V abholen. Daß eine Felge beschädigt ist, sei Ihnen bisher nicht aufgefallen. Es sei Ihnen auch nicht bekannt, daß die Begutachtungsplakette abgelaufen ist. Die Beanstandung sei Ihnen ziemlich peinlich. Anläßlich Ihrer Stellungnahme vom 20.11.1997 halten Sie die Ausführungen und Anträge vom 18.7.1997 vollinhaltlich aufrecht. Gleichzeitig jedoch behaupten Sie nun, auf der gesamten Strecke zwischen Strkm. 18,7 und 17,7 kein einziges Fahrzeug überholt zu haben, da zum Tatzeitpunkt überhaupt kein Verkehr herrschte. Weiters hätten Sie bei Ihrer Anhaltung keineswegs angegeben, "viel zu schnell" gefahren zu sein, sondern lediglich, daß Sie zu schnell gefahren wären. Auch machten Sie keine Angaben, eine bestimmte Geschwindigkeit gefahren zu sein. Hinsichtlich der beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen (§ 20 Abs.2 u. § 52 lit.a Z.10a StVO 1960) wurde im Hinblick auf die Abweichungen des Tachometers des verwendeten Dienstkraftfahrzeuges (80/75 km/h und 120/114 km/h) ha. ein Gutachten vom Amt der Oö. Landesregierung, Abt. Maschinenbau und Elektrotechnik, Linz, Ing. K, vom 26.5.1998 eingeholt, welches ergab, daß die damals festgestellten tatsächlichen Werte von 75 km/h bei am Tachometer angezeigten 80 km/h sowie 114 km/h bei 120 km/h durchaus seine Gültigkeit im technischen Sinne haben.

Nach Kenntnisnahme des Gutachtens zweifeln Sie in Ihrer Stellungnahme vom 7.7.1998 die vom Amtssachverständigen durchgeführte Lasermessung vom 11.5.1998 an, da davon auszugehen sei, daß die Messung durch die Windschutzscheibe durchgeführt wurde, was gemäß den Verwendungsbestimmungen für den in Rede stehenden Laserverkehrsgeschwindigkeitsmesser nicht zulässig sei. Zudem wären bei einer Lasermessung Verkehrsfehlergrenzen von 3 km/h (unter 100 km/h) bzw. von 3 % (über 100 km/h) ebenso wie bei einer Radarmessung Verkehrsfehlergrenzen von 5 km/h bzw. 5 % zu berücksichtigen. Auch liegen keinerlei Beweisergebnisse vor, in welchem Abstand hinter dem Beschuldigten nachgefahren wurde, weshalb die Ausführungen und Anträge vom 18.7.1997 vollinhaltlich aufrechterhalten werden.

Hiezu bemerkt die hsg. Behörde folgendes Hinsichtlich der Ihnen umseits unter Punkt 1. und 3. angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitungen erfolgte deren Feststellung mittels Nachfahrt mit dem Dienstkraftfahrzeug BP- in einem gleichbleibenden Abstand von Strkm. 18,7 bis vor der Kreuzung mit der Siemensstraße, sowie von Strkm. 17.9 bis 17,7. Die vom nicht geeichten Tachometer abgelesenen Geschwindigkeiten (80 bzw. 120 km/h) belaufen sich nach Abzug einer zugunsten des Beschuldigten gerechneten Abweichung auf eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 75 bzw. 114 km/h. Dies wurde auch durch das Gutachten vom 26.5.1998 bestätigt.

Hinsichtlich der Geschwindigkeitsfeststellung durch das Nachfahren mit einem Dienstkraftfahrzeug wird darauf verwiesen, daß eine solche Nachfahrt in einem gleichbleibenden Abstand und das Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel ist. Für die Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung reicht es, wenn das Nachfahren mit einem anderen Fahrzeug in gleichbleibendem Abstand auf einer entsprechend langen Strecke erfolgt (VWGH 27.2.1985, 84/03/0389). Daß der Tachometer des Dienstkraftfahrzeuges nicht geeicht ist, ist ohne Bedeutung, wenn es sich - wie es hier der Fall ist - um erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen (um 25 km/h bzw. 54 km/h) handelt (VwGH-Erkenntnis vom 28.3.1990, 89/03/0261).

Hsg. Behörde ist der Ansicht, daß es sich bei Ihren Rechtfertigungsangaben um reine Schutzbehauptungen handelt, zumal auch der Sachverständige Ing. K im Gutachten zu dem Ergebnis kommt, daß die Ihnen angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitungen (25 km/h und 54 km/h) nach Prüfung des Tachometers des Dienstkraftfahrzeuges durch Lasermessung und Radarmessung durchaus Gültigkeit im technischen Sinne haben.

Zudem bestritten Sie bei Ihrer Anhaltung an Ort und Stelle gegenüber den Meldungslegern sämtliche Ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretungen nicht. Auch in Ihren Stellungnahmen bestreiten Sie eine Geschwindigkeitsüberschreitung selbst nicht, sondern lediglich die festgesetzte Höhe der Überschreitungen.

Die Nachfahrt mit einem Dienstkraftwagen und Tachokontrolle macht jedoch nach hsg. Ansicht vollen Beweis über die eingehaltene Geschwindigkeit des kontrollierten Kfz, wobei aber die Abweichungstoleranz des Tacho's zugunsten des Beschuldigten in Abzug zu bringen ist, was im gegenständlichen Fall auch geschehen ist.

Die Ihnen umseits unter Punkt 2. angelastete Verwaltungsübertretung haben Sie anläßlich der Anhaltung sowie Ihrer Stellungnahme vom 18.7.1997 nicht bestritten. Indessen führen Sie selbst in der Stellungnahme vom 18.7.1997 aus, daß Sie laut Anzeige offensichtlich einige Fahrzeuge überholt haben. Bei diesem Überholvorgang bei Strkm. 18,4 befindet sich jedoch die deutlich sichtbar angebrachte Sperrlinie und wurde diese auch von Ihnen überfahren. Einerseits wollten Sie nun darstellen, daß die Nachfahrt nicht in einem gleichbleibenden Abstand erfolgen konnte, da Sie ja überholten und andererseits behaupten Sie sodann in Ihrer Stellungnahme vom 20.11.1997, auf der gesamten Strecke kein einziges Fahrzeug überholt zu haben. Auch aufgrund dieser Widersprüchlichkeit erscheinen der hsg. Behörde die Aussagen der Meldungsleger, daß in diesem Bereich ein Überholvorgang durchgeführt wurde und dabei die dortige Sperrlinie über eine Länge von ca. 5 m überfahren wurde, durchaus als glaubwürdig.

Die hsg. Behörde sah zudem keinerlei Veranlassung an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen der zur Wahrheit verpflichteten Meldungsleger zu zweifeln, deren Aussagen schlüssig sind und in allen wesentlichen Punkten mit der Anzeige übereinstimmen.

Hinsichtlich der umseits unter Punkt 4. angelasteten Verwaltungsübertretung ist die hsg. Behörde der Ansicht, daß man einem Kraftfahrer durchaus zumuten kann, vor Antritt einer Fahrt zu überprüfen, ob sich das Kraftfahrzeug in einem verkehrs- und betriebssicheren Zustand befindet, insbesondere, wenn es sich wie im gegenständlichen Falle um einen äußeren und offensichtlich erkennbaren Mangel handelt, wie dies der Anzeige zu entnehmen ist.

Aufgrund der Bestimmung des § 102 Abs.1 KFG 1967 ist vor Antritt einer Fahrt das Kraftfahrzeug auf Verkehrs- und Betriebssicherheit zu prüfen, wobei unter anderem vor allem Bereifung, Lenkung, Betriebs- und Hilfsbremse, zu kontrollieren sind. Nach hsg. Ansicht fällt hierunter auch die Kontrolle der Felgen, die doch indirekt mit der Bereifung in Zusammenhang stehen, insbesondere wenn der Mangel wie hier einen "Reifenplatzer" als Folge haben kann. Der vorgelegte Prüfbefund gemäß § 55, 56 Abs.1 1.S. KFG 1967 des Amtes der 0ö. Landesregierung, Linz, Goethestraße 86, vom 9.6.1997 entkräftet die Angaben in der Anzeige vom 4.5.1997 bzw. die Aussage des Meldungslegers Rev.Insp. S vom 16.9.1997 in keiner Weise, da die Anhaltung am 4.5.1997 erfolgte und der festgestellte Mangel bis zum Überprüfungszeitpunkt längst behoben worden sein konnte.

Zu Ihren Rechtfertigungsangaben hinsichtlich der umseits unter Punkt 5. angelasteten Verwaltungsübertretung verweist die hsg. Behörde grundsätzlich auf die im § 57 lit.a Abs.1 KFG 1967 normierten Pflichten des Zulassungsbesitzers. Der Zulassungsbesitzer verpflichtet, für die fristgerechte wiederkehrende Begutachtung durch einen hiezu ermächtigten Verein, Ziviltechniker oder Gewerbetreibenden zu sorgen. Allein die Aufforderung an die Werkstätte, die Begutachtung durchzuführen ohne den tatsächlichen Erfolg dieser Aufforderung zu überprüfen, reicht keineswegs aus, um seinen Pflichten als Zulassungsbesitzer gemäß § 57 a Abs.1 KFG 1967 ordnungsgemäß nachzukommen. Diese Verantwortung des Zulassungsbesitzers kann keineswegs auf die Vertragswerkstätte übertragen werden.

Daß Sie die Ihnen umseits zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen haben, erscheint für die hsg. Behörde daher aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund des Gutachtens und der Aussagen der Meldungsleger, zweifelsfrei als erwiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre aktenkundigen Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht genommen:

Einkommen: S 150.000,-- jährlich Vermögen: Einfamilienhaus Sorgepflichten: Gattin Strafmildernd war Ihre bisherige ha. Unbescholtenheit zu werten. Straferschwerend war die enorme Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zu werten." 2. In der fristgerecht durch seine ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus: "In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu VerkR96-7484-1997 vom 11.11.1998, welches seinen ausgewiesenen Vertretern am 17.11.1998 zugestellt wurde, fristgerecht die nachstehend ausgeführte B e r u f u n g :

Das bezeichnete Straferkenntnis wird hinsichtlich seiner Punkte 1. bis 4. angefochten, wohingegen der Punkt 5. nicht bekämpft wird.

Zu Punkt 1.:

Die Behörde legt dem Beschuldigten zur Last, er habe das KFZ mit dem Kennzeichen am 4.5.1997 um 7.30 Uhr in Steyr auf der Ennser Straße in Höhe von Strkm. 18,7 bis vor der Kreuzung mit der Siemensstraße mit einer Fahrgeschwindigkeit von 75 km/h gelenkt und dadurch die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 25 km/h überschritten. Hiezu führt die Behörde aus, daß die Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung mittels Nachfahrt mit dem Dienstkraftfahrzeug BP-4.759 in einem gleichbleibenden Abstand von Strkm. 18,7 bis vor der Kreuzung mit der Siemensstraße erfolgt sei, wobei die vom nicht geeichten Tachometer des Dienstkraftfahrzeuges abgelesene Geschwindigkeit von 80 km/h sich nach Abzug einer zu Gunsten des Beschuldigten gerechneten Abweichung auf eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 75 km/h belaufe. Hiezu wird im Bescheid darauf verwiesen, daß eine Nachfahrt in einem gleichbleibenden Abstand und das Ablesen des 'damit ausgestatteten' Tachometers grundsätzlich ein taugliches und zusätzliches Beweismittel sei. Es reiche für die Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung, wenn das Nachfahren mit einem anderen Fahrzeug in gleichbleibendem Abstand auf einer entsprechend langen Strecke erfolge, wobei es ohne Bedeutung sei, daß der Tachometer des Dienstkraftfahrzeuges nicht geeicht ist, wenn es sich um erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen handle.

Hiezu ist auszuführen, daß es zwar richtig ist, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen grundsätzlich durch Nachfahren festgestellt werden können. Zur Überprüfung einer derartigen Feststellung ist es jedoch überdies erforderlich, daß der Tiefenabstand zwischen den beiden Fahrzeugen, in welchem gleichbleibend nachgefahren wird, feststeht. Überdies kann durch Nachfahren lediglich der Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung, bestenfalls der Vorwurf einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung getragen werden, nicht jedoch der Vorwurf einer ziffernmäßig bestimmten Geschwindigkeitsüberschreitung. Gerade beim Nachfahren über eine derart kurze Strecke, auf welcher überdies die Geschwindigkeit des vom Beschuldigten gelenkten PKW wechselte, ist es unmöglich, das nachfahrende Fahrzeug ständig in einem exakt gleichbleibenden Abstand hinter dem Beschuldigtenfahrzeug zu halten. Eine auf einen km/h genaue Feststellung der vom Beschuldigtenfahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit ist daher mittels Nachfahrens ausgeschlossen, weshalb es sich immer nur um eine Geschwindigkeitsschätzung, nicht jedoch um eine Geschwindigkeitsmessung handeln kann. Weiters ist festzuhalten, daß die Überprüfung des Tachometers des Dienstkraftfahrzeuges einmal mittels Radars, einmal mittels Lasermessgerätes durchgeführt wurde. Bei Radar- und Lasermessungen von Geschwindigkeiten sind jedoch ebenfalls Toleranzen zu berücksichtigen, welche zumindest bei Messwerten bis 100 km/h 3 km/h, bei Messwerten über 100 km/h 3 % des Messwertes betragen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es vollkommen unzulässig, dem Beschuldigten vorzuwerfen, er habe eine Geschwindigkeit von 75 km/h eingehalten. Es wird daher der Entfall der ziffernmäßigen Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung beantragt.

Zu Punkt 2.: Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, er habe bei Strkm. 18,4 nach der Kreuzung mit der Siemensstraße eine Sperrlinie über eine Länge von ca. 5 m überfahren. Dem Akt (Anzeige und Vernehmung des Meldungslegers) ist zu entnehmen, daß der Beschuldigte angeblich mehrere Fahrzeuge in einem Zug überholt habe. Hiebei habe er die Sperrlinie auf eine Länge von etwa 5 m überfahren. Da eine Wegstrecke von 5 m nahezu der Länge des Beschuldigtenfahrzeuges entspricht, ist es schlechthin unmöglich, mit einem Überfahren der Sperrlinie über eine Strecke von 5 m mehrere Fahrzeuge zu überholen. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h benötigt ein Fahrzeug für die Zurücklegung einer Strecke von 5 m? weniger als 0,3 sec., sodaß die Wahrnehmung der angeblichen Übertretung bei den anzeigenden Organen, die einerseits auf der einen immer gleichbleibenden Abstand zum Beschuldigtenfahrzeug und andererseits auf die Anzeige des eigenen Tachometers zu achten haben, nicht mehr nachvollziehbar ist. Weiters wird bemerkt, daß der Beschuldigte generell vorgebracht hat, er habe auf der gesamten Fahrstrecke zwischen km 18,7 und 17,7 kein einziges Fahrzeug überholt. In der Stellungnahme vom 18.7.1997 wird lediglich zur Behauptung des Nachfahrens in einem ständig gleichbleibenden Abstand ausgeführt, daß dieses nach den eigenen Angaben der anzeigenden Organe, nämlich des vorgeworfenen Überholens nicht anzunehmen sei. Es wird daher weiterhin bestritten, daß der Beschuldigte eine Sperrlinie überfahren habe. Diesbezüglich wird die Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

Zu Punkt 3.:

Hier wird auf die Ausführungen zu Punkt 1. verwiesen, wonach die ziffernmäßige Bestimmung der vom Beschuldigten eingehaltenen Geschwindigkeit mit 114 km/h keinesfalls mit der in einem Strafverfahren erforderlichen Sicherheit getroffen werden kann, weshalb auch hier der Entfall der ziffenmäßigen Festlegung der Geschwindigkeitsüberschreitung beantragt wird.

Zu Punkt 4.:

Hier wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe sein Kraftfahrzeug gelenkt und sich dabei vor Antritt der Fahrt trotz Zumutbarkeit nicht vom ordnungsgemäßen Zustand des Kraftfahrzeuges überzeugt, da die rechts vorne montierte Felge am Rand eine deutlich sichtbare Einkerbung aufgewiesen habe, wodurch der Reifengummi nach innen eingedrückt worden sei. Hiezu ist auszuführen, daß § 102 Abs.1 KFC bestimmt, daß der Lenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen darf, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Hiezu ist vorerst auszuführen, daß eine Subsumierung unter § 4 Abs.1 KFG jedenfalls ausscheidet, da diese Bestimmung Bau und Ausrüstung von Kraftfahrzeugen betrifft. Ein Verstoß gegen § 102 Abs.1 KFG scheidet deshalb aus, da nach dieser Bestimmung eine Überzeugungspflicht dahingehend besteht, daß das zu lenkende Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Entsprechende Bestimmungen bestehen jedoch nur hinsichtlich des Zustandes von Reifen einerseits, andererseits hinsichtlich der Genehmigungspflicht von Felgen. Bestimmungen über den verkehrssicheren Zustand von Felgen sind weder dem KFG noch der KDV zu entnehmen, weshalb eine diesbezügliche Bestrafung gesetzwidrig ist. Auch hier wird beantragt, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

H S, am 30. November 1998 R/e" 2.1. Zu Punkt 5. (die Begutachtungsplakette) wurde keine Berufung erhoben, so daß diesbezüglich das Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen ist.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts substantieller Bestreitung von Tatsachen erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land. Ferner durch eine vor Ort durchgeführte Berufungsverhandlung bei zeugenschaftlicher Vernehmung des RevInsp. S und des Berufungswerbers als Beschuldigten. Ebenfalls wurden die Leistungsdaten der hier involvierten Fahrzeuge beigeschafft und die entsprechenden Kilometrierungen an der Ennserstraße bis zum Anhalteort augenscheinlich festgestellt. Die Beschleunigungskomponente wurde mittels dem SV-Programm "Analyzer Pro 3,9" auf ihre Plausibilität nachvollzogen.

5. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit seinen BMW 530i auf der Ennser Straße stadtauswärts. Dieses Fahrzeug verfügt über eine Leistung von 227 KW (=ca. 310 PS). Der Tattag war ein Sonntag, sodaß um 07.30 Uhr von einem sehr geringen Verkehrsaufkommen und laut Aktenlage von keinem Gegenverkehr bzw. keine Linksabbieger an der Kreuzung mit der Siemensstraße ausgegangen werden kann. Es herrschten trockene Fahrbahnverhältnisse.

Im Verlaufe der Annäherung der Firma G (StrKm 18,7) betrug die Fahrgeschwindigkeit 75 km/h. Selbst der Berufungswerber räumt in diesem Streckenbereich eine erhöhte Fahrgeschwindigkeit ein. Während dieser Fahrstrecke schloß der Meldungsleger mit seinem Zivilstreifefahrzeug, Vw-Passat (Leistung 110 KW = ca. 150 PS), auf das Fahrzeug des Berufungswerbers auf und stellte durch Ablesen des Tachos bei gleichbleibendem Abstand eine Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h fest. Die Nachfahrt erfolgte nicht einsatzmäßig. Das Blaulicht wurde erst kurz vor der Anhaltung bei einem Autohaus in D - nach Strkm 17,7 - verwendet. Bei der Anhaltung wurde vom Meldungsleger an der Felge des Berufungswerberfahrzeuges eine Eindellung festgestellt. Diese vermochte der Zeuge im Rahmen der Berufungsverhandlung an einem am Verhandlungsort abgestellten KFZ auch nicht näher zu beschreiben. Er meinte, es sei die Felge leicht eingedrückt gewesen, sodaß der Reifengummi etwa einen Zentimeter darüberquoll. Er sei aber kein Sachverständiger.

5.1. Im Rahmen des Ortsaugenscheines konnte das Ortsende von Steyr exakt bei Strkm 18,383 festgestellt werden. An dieser Stelle beginnt der Bereich "erlaubte Höchstgeschwindigkeit 60 km/h", welcher schließlich beim Ortsbeginn von Dornach bei Strkm 17,7 endet. Die 60 km/h Zone ist somit 683 m lang. Bei der Sperrlinie an der Kreuzung Siemensstraße handelt es sich um die Markierung der Linksabbiegespur für die in Richtung Steyr fahrenden (in der Gegenrichtung des Berufungswerbers) und nach links in die Siemensstraße einbiegenden Verkehrsteilnehmer. Diese Linie ist nur kurz und befindet sich in Fahrtrichtung des Berufungswerbers etwa vier Meter hinter dem auf der Ennser Straße in Höhe Siemensstraße angebrachten Fußgängerübergang. Mit dem Überfahren der Sperrlinie in der Länge von fünf Meter wurde belegt, daß der Berufungswerber offenbar nicht auf dem Fußgängerübergang, sondern erst zehn bis fünfzehn Meter hinter diesem zu überholen begonnen und dabei im Ausschervorgang die Spur für die Linksabbieger noch geringfügig befahren hat. 5.1.1. Geht man nun davon aus, daß der Berufungswerber sein Fahrzeug nach dem Ortsende von Steyr im Zuge des Überholvorganges beschleunigte, ergibt sich daraus mit höchster Wahrscheinlichkeit, daß der Abstand zum nachfahrenden Fahrzeug nicht gleichbleibend gewesen sein konnte bzw bei einem entsprechenden Sicherheitsabstand dieser nicht ausreichend schätzbar war. Die Feststellung einer Fahrgeschwindigkeit von 120 bzw. 114 km/h kann hier daher, wegen der an sich nur 483 m verbleibenden Wegstrecke für die meßrelevante Nachfahrt, die bei der vorgeworfenen Fahrgeschwindigkeit in etwa fünfzehn Sekunden durchfahren worden wäre, nicht in einer für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen angesehen werden. Es kann dahingestellt sein, ob diese nicht einsatzmäßige Nachfahrt bei der ein Tachostand von 120 km/h erreicht worden sein soll, an sich rechtmäßig war. Da letztlich das Fahrzeug zum Zweck der Anhaltung bereits wenige hundert Meter nach dem Ortsgebiet von Dornach - also bei Strkm 17.7 - vom Meldungsleger noch überholt werden konnte, ist sehr wahrscheinlich, daß sich die Nachfahrt während dieser Wegstrecke fast ausschließlich im Aufholvorgang abgespielt haben muß. Zumindest verblieb für einen gleichbleibenden Nachfahrabstand logisch besehen so gut wie kein Raum. Unter der Annahme einer optimalen Beschleunigung auf 120 km/h beider Fahrzeuge am Ortsende von Steyr, hätte dies zur Folge gehabt, daß der Berufungswerber mit seinem PS-stärkeren Pkw theoretisch einen "Vorsprung" von 23 m zum Fahrzeug des Meldungslegers herausfahren hätte können, wobei bis zur Herstellung eines konstanten Abstandes eine Wegstrecke - theoretisch betrachtet - von 123 m zurückzulegen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht nachvollziehbar, daß die angelastete Geschwindigkeit von 114 km/h laut Spruch und Verfolgungshandlung erst 200 m vor und dann aber nur bis zum Ortsgebiet eingehalten worden sein sollte. Unter dieser Annahme müßte logisch weitergefolgert der Bereich des Verkehrszeichens "Ortsgebiet Dornach" bei Strkm 17,7 mit eben dieser Fahrgeschwindigkeit erreicht worden sein. Unter diesen Prämissen wäre wiederum eine Überholmöglichkeit so gut wie auszuschließen, wenn das Beschuldigtenfahrzeug nach dem Ortsanfang Dornach keine starke Bremsung vornahm, um vor der Anhaltung bereits eine kurze Stecke weiter vorne vom Meldungsleger noch überholt werden zu können. Von einem derartigen Fahrverhalten gibt es in der Anzeige aber keinen Hinweis. Vor allem wäre in diesem Fall ein Tatvorwurf wegen der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit in Dornach im Ausmaß von 64 km/h naheliegend gewesen. Aus diesen Überlegungen heraus vermag hier die angelastete Fahrgeschwindigkeit wegen zu vieler Ungereimtheiten nicht in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen erachtet werden. Auch mit dem von der Erstbehörde eingeholten Sachverständigengutachten kann in diesem Zusammenhang nichts gewonnen werden, weil dieses mit Blick auf die Meßgenauigkeit nur von einem gleichbleibenden Nachfahrabstand ausgehen kann. Der Begründungspunkt hinsichtlich der angeblich durch die Windschutzscheibe vorgenommenen Lasermessung beruht offenbar auf einem Mißverständnis.

5.2. Im Zusammenhang mit der Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt wird auf die in der Fachpresse publizierte Arbeit des Dr. Phys. K, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle, Münster-Wollbeg, verwiesen (h. Erk. 23.3.1998, VwSen-105047/GU/Mm). Demnach können unter bestimmten Randbedingungen, Gesamtfehler von 3 Prozent für den eingehaltenen Abstand in Rechnung gestellt werden. Dieses Ergebnis wurde empirisch aus rund 600 Einzelmessungen über das Abstandsverhalten gewonnen. Nach dieser Versuchsreihe konnten aussagekräftige Informationen über die Schätzgenauigkeit von Personen abgeleitet werden. So liegen Abstandsschwankungen, den Momentanwert betrachtet, bei eingehaltenen Abständen von höchstens 100 m im Mittel bei sicher unter 15 Prozent (bezogen auf 95 Prozent aller Meßwerte). Auf einer Gesamtnachfahrstrecke von 1000 m hätte dies einen Gesamtfehler von höchstens 3 Prozent zur Folge.

5.2.1. Im Punkt 1) und 2) sind die angelasteten Übertretungen im Ergebnis unbestritten. Die vom Berufungswerber teilweise von den Angaben in der Anzeige abweichende Schilderung kann auf sich bewenden. Es kann hier wegen der hinlänglich weiten Nachfahrstrecke durchaus von der zur Anzeige gebrachten Geschwindigkeitsüberschreitung ausgegangen werden. Dagegen kann im Hinblick auf den Schuldspruch zu Punkt 3. des Straferkenntnisses nahezu überhaupt kein quantifizierbarer gleichbleibender Abstand angenommen werden und der Zeuge RevInsp. S sich in diesem Punkt kaum mehr an irgendwelche Nachfahrabstände erinnern konnte, schienen - wie oben schon ausgeführt - die für die fortgesetzte Wegstrecke vorliegenden Meßdaten bzw. die Voraussetzungen für eine derartige Messung objektiv nicht hinreichend einen Schuldspruch darauf zu stützen. Damit kam im Ergebnis der Verantwortung des Berufungswerbers in diesem Punkt Berechtigung zu.

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1. Hier kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglich zutreffende rechtliche Subsumtion der Erstbehörde unter § 20 Abs.2, 1. Fall, StVO hingewiesen werden.

Zu Punkt 2. Nach § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Im Überfahren einer Sperrlinie auf der Länge von fünf Meter vermag im hier vorliegenden Zusammenhang keine wie immer geartete nachteilige Auswirkung auf andere Verkehrsteilnehmer erblickt werden. Vom Fehlen eines substanziellen Verschuldens wird hier vor allem deswegen ausgegangen, weil dies im Zuge eines Überholvorganges passierte, wobei der Überholvorgang hier erst nach dem Schutzweg eingeleitet wurde, wobei jedoch beim seitlichen Versetzen des Kraftfahrzeuges die Sperrlinie der Fahrspur zum Linksabbiegen des Gegenverkehrs im zeitlichen Ausmaß von etwa 0,3 Sekunden noch "berührt" wurde. Diese kurz geführte Sperrlinie mag allenfalls vom Vorderfahrzeug kurzzeitig auch verdeckt worden sein. Hier ist daher wohl zweifelsfrei von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt auszugehen (vgl. 13 Os 101/89, 28.9.1989 mit Hinweis auf Foregger-Serini-Kodek MKK.4 Anm. III 1 zu § 42 StGB m.w.N.).

Zu Punkt 3. Schon bei bloßen Zweifel an der Tatbegehung ist von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 86/83/0251; ZfVB 1991/3/1122). Dahingestellt kann bleiben, daß wegen des offenkundigen zeitlichen Zusammenhängens der Tathandlung(en) der Geschwindigkeitsüberschreitung(en) in Folge der Begleitumstände von einer tateinheitlichen Begehungsform auszugehen wäre (vgl. VwGH 12.5.1982, 81/03/0243 u.v.a., sowie Hauer/Leukauf, Handbuch des öst. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 831, RZ 107 mit Judikaturhinweisen).

Zu Punkt 4. Mit der beschriebenen Eindellung der Felge kann nicht hinreichend auf einen Verstoß nach § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.1 KFG geschlossen werden. Einerseits steht nicht fest, daß dem Fahrzeuglenker diese Eindellung - die theoretisch beim Einparken an der Bordsteinkante entstanden sein könnte - vor der Inbetriebnahme schon bemerkt werden hätte müssen. Eine solche Schlußfolgerung scheint hier ohne in den Bereich einer nicht mehr zumutbaren Praxis, die an der objektivierten Maßfigur auszurichten ist, vorzustoßen und damit das auch im Verwaltungsstrafrecht geltende Schuldprinzip des Strafrechtes zu verlassen (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des öst. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 706 mit Hinweis auf VwGH Slg.9710/A).

Andererseits vermag in diesem angeführten "Mangel" kein Nachweis dahingehend als erbracht erblickt werden, daß hiedurch ein Ausstattungsmangel oder Mangel in der Betriebssicherheit begründet gewesen sein könnte. 6. Die Änderung des Spruches im Punkt 1. diente der einschränkenden Präzisierung des Tatverhaltens im Sinne der vor Ort getroffenen Feststellungen anläßlich der Berufungsverhandlung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r

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