Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400848/5/SR/BP/CR

Linz, 20.11.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des E Z, Staatsangehöriger von Georgien, vertreten durch Dr. M F, Rechtsanwalt in W, Tgasse, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz zu Recht erkannt:

 

 

 

I.              Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft bezieht, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die Anordnung und die Aufrechterhaltung der Schubhaft bis zum 27. Oktober 2006 rechtmäßig waren.

II.            Die weitergehenden Anträge in der Beschwerde werden als unzulässig zurückgewiesen.

III.          Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Linz) den Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 16. Oktober 2006, AZ. 1036034/FRB, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz iVm § 57 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass der Bf am 9. Mai 2003 illegal nach Österreich eingereist sei und am selben Tag beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, einen Asylantrag gestellt habe. Aufgrund eines Aufenthaltsverbotes der BH Gänserndorf vom 9. Mai 2003, AZ. 11F-2003, sei der Bf im Oktober 2003 nach Georgien abgeschoben worden. Am 18. Juni 2005 sei er erneut illegal nach Österreich eingereist und habe am selben Tag einen neuen Asylantrag gestellt. Dieser sei am 7. August 2006 in zweiter Instanz gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz rechtskräftig negativ entschieden worden; die gleichzeitig ausgesprochene Ausweisung sei mit 7. August 2006 in Rechtskraft erwachsen. Die vorläufige Aufent­haltsberechtigung nach dem Asylgesetz sei mit 31. August 2006 widerrufen worden.

 

Am 19. September 2006 sei der Bf vom Landesgericht Linz, 34Hv57/06w, rechts­kräftig seit 23. September 2006, wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 und 129 Z 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden.

 

Mit Bescheid vom 20. September 2006 habe die Bundespolizeidirektion Linz gegen den Bf gemäß § 77 Abs. 1 und 3 FPG zur Sicherung der Abschiebung als gelinderes Mittel angeordnet, dass sich der Bf täglich bei der Polizeiinspektion Landhaus zu melden habe. Nachdem der Bf seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass sich der Bf zur beabsichtigten Abschiebung nicht bereithalten werde. Zur Sicherung der Abschiebung sei daher (auch unter Anwendung des § 77 Abs. 4 FPG) die Schubhaft zu verhängen.

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2006 erhob der Bf durch den rechtsfreundlichen Ver­treter Beschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und stellte die Anträge, die Behörde möge feststellen, dass die mit Bescheid der BPD Linz vom 16. Oktober 2006, AZ. 1036034/FRB, angeordnete Schubhaft gegen Herrn E Z, geboren am   rechtswidrig erfolgte und möge die sofortige Enthaftung verfügt werden; in eventu möge festgestellt werden, dass die Aufrechterhaltung der Schub­haft gegen Herrn E Z, geboren am 17. März 1981, rechtswidrig ist und die sofortige Enthaftung, allenfalls unter Anwendung gelinderer Mittel, angeordnet werden; in eventu möge der angeführte Bescheid der BPD Linz behoben und der Erstbehörde eine Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidungs­findung aufgetragen werden. Weiters möge der Behörde der Ersatz der Kosten zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters auferlegt werden.

 

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf im Bundesgebiet ordnungsgemäß gemeldet sei und kein Grund zu der Annahme bestehe, dass er sich behördlichen Maßnahmen entziehen werde. Hinsichtlich des Bescheides vom 20. September 2006 sei anzumerken, dass der Bf dessen Inhalt nicht verstanden habe, da er ihm nicht übersetzt worden sei. Die angeordnete tägliche Meldeverpflichtung sei ihm nicht bewusst gewesen; er habe daher keinesfalls vorsätzlich dieser Auflage zuwider gehandelt, weshalb ihm insoweit kein Vorwurf gemacht werden könne. Vor der nunmehrigen Verhängung der Schubhaft hätte die Behörde den Bf jedenfalls nochmals – unter Androhung der sonstigen Konsequenzen – auf diese Verpflichtung hinweisen müssen.

 

Der Bf übe eine legale Beschäftigung aus, sein Lebensunterhalt sei damit aus­reichend gesichert. Auch insoweit sei keinerlei Befürchtung für eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gegeben.

 

Hätte die Behörde eine eingehende Sachverhaltsermittlung durchgeführt und eine darauf aufbauende Interessensabwägung vorgenommen, so hätte sie von der Ver­hängung der Schubhaft Abstand nehmen müssen. Zudem hätte dem Bf vor Erlassung des Schubhaftbescheides die Möglichkeit einer Stellungnahme ein­geräumt werden müssen. Diese Unterlassung stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens dar. Jedenfalls hätte man die endgültige Entscheidung im Asylverfahren abwarten müssen.

 

Zumindest hätte die Behörde von der Anordnung der Schubhaft unter Anwendung gelinderer Mittel Abstand nehmen müssen. Der Bf sei im Bundesgebiet gemeldet und werde von seinen nahen Verwandten umfassend unterstützt. Der Bf sei auch bereit, entsprechenden Auflagen nachzukommen.

 

1.3. Am 27. Oktober 2006 um 14.00 Uhr wurde der Bf in die Slowakei überstellt.

 

2.1. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2006 legte die belangte Behörde den bezug­habenden Akt vor und beantragte in der Gegenschrift, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Beschwerde als unbegründet abweisen und erkennen, dass der Beschwerdeführer der belangten Behörde (dem Bund) die Pauschalbeträge für Schriftsatzaufwand, Vor­lageaufwand und gegebenenfalls für den Verhandlungs­aufwand zu ersetzen hat.

 

Nach Darstellung des Sachverhaltes führt die belangte Behörde unter anderem aus, dass sie vorerst davon ausgegangen sei, dass sich der Bf den behördlichen Maß­nahmen nicht entziehen werde, weshalb gelindere Mittel angeordnet worden seien.

 

Wenn angeführt werde, dass der Bf den Inhalt des Bescheides offenkundig nicht ver­standen habe, sei dem entgegen zu halten, dass in Österreich Deutsch die Amts­sprache sei. Es wäre dem Bf zumutbar gewesen, sich bei der Fremdenpolizei oder wo auch immer zu erkundigen, habe er doch – bereits in Schubhaft befindlich – auch Zugang zu einer Rechtsvertretung gefunden.

 

Gemäß § 76 Abs. 4 FPG sei die Schubhaft anzuordnen, wenn der Fremde seiner Melde­pflicht nicht nachkommt. Dessen ungeachtet handle es sich beim Bf um einen Fremden, der mehrmals illegal nach Österreich eingereist sei, hier Eigen­tumsdelikte begangen habe und deswegen auch rechtskräftig verurteilt worden sei.

 

In der Niederschrift vom 18. Oktober 2006 habe der Bf angegeben, er habe den Bescheid, mit dem das gelindere Mittel angeordnet wurde, verloren und sich nicht mehr darum gekümmert. Allein daraus sei ersichtlich, dass ihm nichts an einer Einhaltung angeordneter Maßnahmen liege.

 

Zusammenfassend werde festgehalten, dass es sich beim Bf um einen mehrmals illegal eingereisten, illegal aufhältigen, kriminellen Fremden handle, der durch sein zurück­liegendes Verhalten gezeigt habe, dass er nicht gewillt sei, die österreichische Rechts­ordnung entsprechend zu respektieren. Daran würden auch die Beteuerung in der Beschwerdeschrift, dass der Bf bereit wäre, entsprechende Auflagen einzuhalten, nun nichts mehr ändern können. Der Sachverhalt habe sich dahingehend geändert, dass die belangte Behörde nun davon ausgehen müsse, dass die Sicherung der Ab­schiebung nur durch die weitere Anhaltung in Schubhaft gewährleistet sei.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Am 9. Mai 2003 reiste der Bf illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag beim Bundes­asyl­amt, Außenstelle Linz, einen Asylantrag. Aufgrund eines Aufenthalts­verbotes des Bezirkshauptmannes von Gänserndorf vom 9. Mai 2003, AZ. 11F-2003, wurde der Bf im Oktober 2003 nach Georgien abgeschoben.

 

Am 18. Juni 2005 reiste der Bf erneut illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag neuerlich einen Asylantrag; der nunmehr dritte Asylantrag wurde mit den zuvor gestellten Asylanträgen in einem Verfahren zusammengefasst. Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 3. August 2006, Zl. 268.479/0-VIII/22/06, in der Sache abgewiesen und gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Bf in den Herkunftsstaat zulässig ist. Der Bescheid wurde mit einer Ausweisung verbunden und ist am 7. August 2006 in Rechtskraft erwachsen.

 

Am 19. September 2006 wurde der Bf vom Landesgericht Linz zu  Zl. 34Hv57/06w, rechts­kräftig seit 23. September 2006, wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 und 129 Z 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

 

Mit Bescheid vom 20. September 2006, Zl. 1036034/FRB, ordnete der Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz gemäß § 77 Abs. 1 und 3 FPG gegen den Bf zur Sicherung der Ab­schiebung als gelinderes Mittel an, dass sich der Bf täglich bei der Polizeiinspektion Land­haus zu melden hat. Dieser Bescheid wurde dem Bf zu eigenen Handen am 25. September 2006 zugestellt.

 

Seiner Meldeverpflichtung ist der Bf bis zur Schubhaftverhängung nie nachgekommen.

 

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2006, Zl. 1036034/FRB, ordnete der Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz gemäß § 76 Abs. 1 FPG über den Bf die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an.

 

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2006 ersuchte die belangte Behörde das Stadtpolizeikommando Linz, Polizeiinspektion Landhaus um Fahndung nach dem Bf und Festnahme aufgrund des übermittelten Schubhaftbescheides.

 

Nachdem die Nachschau in der Wohnung des Bf in den Vormittagsstunden des 17. Oktober 2006 ergebnislos verlaufen war, konnte der Bf in der Folge bei seiner Vorsprache in der Polizeiinspektion Landhaus am 17. Oktober 2006 um 17.20 Uhr in Schubhaft genommen und in das PAZ Linz überstellt werden.  

 

Am 18. Oktober 2006 führte der Bf unter Beiziehung eines Dolmetschers gegenüber der belangten Behörde niederschriftlich aus, dass er – mangels seiner Deutschkenntnisse – den Inhalt des Bescheides vom 20. September 2006 nicht verstanden habe. Weiters habe er sich darum nicht mehr gekümmert und im Übrigen den Bescheid auch verloren.

 

Mit E-Mail vom 17. Oktober 2006 teilte der Rechtsvertreter des Bf der belangten Behörde mit, dass er gegen den "letzten Asylbescheid" eine Beschwerde beim VfGH eingebracht habe und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erwarte.

 

Am 27. Oktober 2006 um 14.00 Uhr wurde der Bf in die Slowakei überstellt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Ver­waltungs­akt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb gemäß § 83 Abs. 3 Z 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

Der unter 2.2. dargestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den Akten und wird vom Bf im Wesentlichen auch nicht bestritten.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt ge­ändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.         wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.         wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.         wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die An­haltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Ent­scheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor­liegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nicht mehr in Schubhaft angehalten wird, weshalb alleine die in der Beschwerde geltend gemachten Anträge zu überprüfen sind.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde fest­ge­nommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Ver­fahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder eine Ausweisung bis zum Ein­tritt ihrer Durch­setzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durch­be­förderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen an­zu­nehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Als gelinderes Mittel kommt gemäß Abs. 3 leg. cit. insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei einem dem Fremden bekannt gegebenen Polizei­kommando zu melden.

 

Gemäß § 77 Abs. 4 leg. cit. ist die Schubhaft anzuordnen, wenn der Fremde seinen Ver­pflichtungen nach Abs. 3 nicht nachkommt oder ohne ausreichende Ent­schuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zur Behörde, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge leistet.

 

3.4. Im gegenständlichen Verfahren hat die belangte Behörde vorerst von ihrem Ermessen zur Verhängung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 1 FPG nicht Gebrauch gemacht, gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. von der Anordnung der Schubhaft Abstand genommen und mit Bescheid vom 20. September 2006 ein gelinderes Mittel – nämlich eine tägliche Meldepflicht des Bf bei der Polizeiinspektion Landhaus – angeordnet.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ist klar ersichtlich, dass der Bf der ihm auf­erlegten täglichen Meldepflicht bei der Polizeiinspektion Landhaus nicht nach­ge­kommen ist. Als die belangte Behörde im Zuge ihrer Erkundigungen davon Kenntnis erlangte, dass der Bf seiner bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat sie zu Recht mit Bescheid vom 16. Oktober 2006 die Schubhaft gegen den Bf angeordnet.  § 77 Abs. 4 FPG räumt der belangten Behörde kein Ermessen ein sondern sieht im Falle der Missachtung einer Anordnung nach § 77 Abs. 3 leg. cit. verpflichtend die Anordnung der Schubhaft vor (arg.: "Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach, ..... ist die Schubhaft anzuordnen.").

 

Wenn der Bf in der Beschwerde einwendet, er habe nicht vorsätzlich gegen diese Meldepflicht verstoßen, da ihm aufgrund seiner mangelnden Deutsch­kenntnisse der Inhalt nicht bewusst gewesen sei und dass ihn die Behörde auf die Konsequenzen eines Zuwiderhandelns nochmals ausdrücklich hinweisen hätte müssen, so ist dem entgegen zu halten, dass im Bescheid vom 20. September 2006 explizit auf diese Konsequenzen Bezug genommen worden ist.

 

In Österreich ist Deutsch die Amtssprache und – von wenigen gesetzlich normierten Fällen abgesehen – haben sich die Behörden dieser Amtssprache auch zu bedienen (vgl. ua. Verwaltungsgerichtshof vom 7. September 2004, 2001/18/0037).

 

Insbesondere muss dem Bf jedoch vorgehalten werden, dass er zum fraglichen Zeitpunkt zumindest in seinem Asylverfahren rechtsfreundlich vertreten war (siehe Mitteilung seiner rechtsfreundlichen Vertretung am 17.10.2006 an die belangte Behörde: "Ich habe am 14.09.2006 gegen den letzten Asylbescheid eine Beschwerde beim VfGH eingebracht."). Im Hinblick darauf, dass er seinen Rechtsvertreter rechtzeitig um Setzung der erforderlichen Rechtsmittel ersucht hat, ist davon auszugehen, dass er sich der Wirkung amtlicher Schriftstücke/Bescheide bewusst ist und er in diesen Fällen mit seinem Rechtsvertreter rechtzeitig Kontakt aufgenommen hat. Somit wäre es ihm auch zumutbar gewesen, sich über den Inhalt des Bescheides vom 20. September 2006 rechtzeitig zu informieren. Neben seinem Rechtsvertreter hätte er sich auch an die belangte Behörde wenden und bei dieser nachfragen können. Aus der Verantwortung des Bf gegenüber der belangten Behörde ist aber eindeutig abzuleiten, dass er sich um den Bescheidinhalt bewusst nicht gekümmert hat und mit dem Bescheid so sorglos umgegangen ist, dass er dessen verlustig wurde.

 

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass der Bf den ihm auferlegten Ver­pflichtungen bei der Anwendung eines gelinderen Mittels in keinster Weise nach­ge­kommen ist und sich diesbezüglich auch nicht exkulpieren konnte.

 

3.5. Wie unter Punkt 3.4. ausgeführt, hat die belangte Behörde vorerst zutreffend von der Anordnung der Schubhaft Abstand genommen und gemäß § 77 FPG ein gelinderes Mittel angeordnet. Dadurch, dass der Bf seiner täglichen Meldeverpflichtung nicht einmal ansatzweise nachgekommen ist, war die belangte Behörde gemäß § 77 Abs. 4 leg. cit. gehalten, die Schubhaft anzuordnen. Entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters hat die belangte Behörde in diesem Verfahrensstadium nicht mehr auf das Vorliegen gelinderer Mittel abzustellen.

 

Unabhängig davon sind keinerlei Umstände bekannt geworden, die die Anwendung dieser Maßnahme unverhältnismäßig erscheinen lassen würde. Die Verhängung der Schubhaft war somit als rechtmäßig zu beurteilen.

 

3.6. Hinsichtlich der Einwendung des Bf, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft rechts­widrig gewesen sei, ist auf § 80 Abs. 2 FPG zu verweisen, wonach die Schub­haft so lange aufrecht erhalten werden darf, bis der Grund für ihre Anordnung weg­ge­fallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs. 3 und 4 leg. cit. insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

 

Der Bf wurde am 17. Oktober 2006 in Schubhaft genommen und ist bereits am 27. Oktober 2006 in die Slowakei überstellt worden. In diesem Zeitraum ist weder der Grund für ihre Anordnung weggefallen noch konnte ihr Ziel nicht erreicht werden; das Ziel der Schubhaft – nämlich die Sicherung der Abschiebung – konnte vielmehr gerade nur durch diese Maßnahme erreicht werden.

 

3.7. Die weitergehenden Anträge (Verfügung der sofortigen Enthaftung;  Anordnung der sofortigen Enthaftung, allenfalls unter Anwendung gelinderer Mittel; Behebung des angeführten Bescheides der BPD Linz und Zurückverweisung an die Erstbehörde zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidungs­findung) waren als unzulässig zurückzuweisen.

 

4. Gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterliegende Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Beim vorliegenden Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechts­träger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage- und Schriftsatzaufwand (51,50 Euro und 220,30 Euro) nach den Pauschalbeträgen der geltenden UVS-Aufwand­ersatz­verordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

 

1.       Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.       Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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