Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420466/55/SR/CR/Ri

Linz, 10.11.2006

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des S F, dzt. Justizanstalt Steyr, 4400 Steyr, vertreten durch M B, Gstraße , S, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 25. März 2006 in Linz, Nietzschestraße 33, durch dem Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz zurechenbare Organe nach Durchführung von öffentlich mündlichen Verhandlungen am 5. und 28. September 2006 und der im Anschluss daran erfolgten mündlichen Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.           Der in der Niederschrift vom 28. September 2006 irrtümlich fehlerhaft          protokollierte Spruchteil I wird wie folgt berichtigt:

             "Die Beschwerde wird  als unbegründet abgewiesen."

II.    Der Beschwerdeführer hat dem Bund, für den der Polizeidirektor der     Landeshauptstadt Linz eingeschritten ist, den notwendigen   Verfahrensaufwand in der Höhe von 547,10 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

III.        Gemäß § 76 Abs.1 AVG hat der Beschwerdeführer für die dem             Unabhängigen Verwaltungssenat erwachsenen         Barauslagen in Form       von Gebühren des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten          Sachverständigen Ass. Prof. Dr. J H in der Höhe von             197,80 Euro für die Erstellung   des Gutachtens und 232,30 Euro für die       Erläuterung und Ergänzung des Gutachtens in der mündlichen     Verhandlung am 5. September 2006, insgesamt 430,10 Euro,            aufzukommen.

           

           

 

Rechtsgrundlagen:

Artikel 129a Abs.1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z 2 AVG 1991; § 67 AVG; §§ 76 Abs. 1, 79a AVG 1991 iVm UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. am 28. März 2006 eingebrachten Schriftsatz vom 27. März 2006 hat der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), vertreten durch M B (im Folgenden: Beschwerdevertreter), Beschwerde gemäß Artikel 129a Abs. 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z 2 AVG wegen eines Vorfalles am 25. März 2006 erhoben und dazu folgenden Sachverhalt vorgebracht:

 

1.1. Vom Abend des 24. März 2006 bis in die frühen Morgenstunden des 25. März 2006 sei der Bf in der Disco "Empire" in Linz unterwegs gewesen. Da er Alkohol zu sich genommen hätte, habe er in der Disco gefragt, ob es jemanden geben würde, der ihn von Linz nach Steyr bringen könnte. Ein Unbekannter habe sich bereit erklärt, den Bf nach Steyr zu bringen. Auf der Fahrt nach Steyr sei der Unbekannte  einer Verkehrskontrolle unterzogen worden. Da dieser offensichtlich zu viel Alkohol konsumiert hatte, hätten die einschreitenden Beamten den Unbekannten zum Alkotest und in der Folge zur Mitfahrt aufgefordert.  Den Bf habe man allein vor dem versprerrten PKW zurückgelassen. Sowohl die Jacke samt Wohnungsschlüssel und wichtige Unterlagen des Bf seien im versperrten Auto verblieben. Über Ersuchen habe ein unbekannter Autolenker den Bf zur Bundespolizeidirektion Linz in die Nietzschestraße gebracht. Gegenüber den anwesenden Polizeibeamten habe der Bf sein Anliegen vorgebracht und höflich gefragt, ob er zu dem Auto des Unbekannten gebracht werden könnte, da sich in diesem Fahrzeug seine Wohnungsschlüssel befinden würden und er diese benötige. Der Bf sei von den Polizeibeamten sofort in einem schroffen Ton zurechtgewiesen und beschimpft worden. Da der Bf diese Unfreundlichkeit nicht auf sich habe sitzen lassen wollen, habe er ebenfalls in barschem Ton die Unfreundlichkeiten der Polizeibeamten erwidert. Sofort und ohne Abmahnung hätten die Polizeibeamten begonnen den Bf festzunehmen und ihm Handschellen angelegt, obwohl er keinerlei Verhaltensweisen gesetzt habe, um ein derartiges Einschreiten zu provozieren und zu rechtfertigen. Da sich der Bf diese Verhaltensweise nicht gefallen habe lassen und seinen Unmut berechtigterweise zum Ausdruck gebracht habe, sei er von einigen Polizeibeamten misshandelt und geschlagen worden. Diese hätten in weiterer Folge in der Festnahme des Bf geendet und er sei für mehrere Stunden in Polizeigewahrsam in Haft angehalten worden. Die Misshandlungen hätten sich so abgezeichnet, dass dem Bf mit Ohrfeigen und Fußtritten gegen den Körper und vereinzelt gegen den Kopf Verletzungen zugefügt worden seien, obwohl der Bf durch die Anlegung von Handschellen unfähig gewesen sei, sich zu wehren.

 

1.2. Durch die gesetzten Amtshandlungen sei der Bf daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Verbot einer unmenschlichen bzw erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden und in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt, da er entgegen den Bestimmungen der §§ 35 und 36 VStG festgenommen und angehalten wurde.

 

Der Bf stellte daher in offener Frist folgende

 

"Anträge:

 

I.                     Auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung sowie Beiziehung der angebotenen Zeugen und Verwaltungsakten

II.                   Auf Fällung folgenden

 

Erkenntnisses:

 

  1. Der Beschwerdeführer ist dadurch, dass er bei einer persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde am 25.3.2006 in der Nietzschestraße 33, 4020 Linz, von Organen der Bundespolizeidirektion Linz, geohrfeigt, sowie mit Fußtritten und Anlegung von Handschellen, einer erniedrigenden Behandlung unterworfen war und festgenommen wurde, im Recht, keiner unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden (Artikel 3 EMRK), sowie entgegen den Bestimmungen der §§ 35 und 36 VStG festgenommen und angehalten zu werden, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit (Artikel 5 EMRK) verletzt worden.
  2. Der Bund (Bundesminister für Inneres) als Rechtsträger der belangten Behörde ist schuldig, dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG, die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

 

1.3. Abschließend führt der Bf in der Beschwerdeschrift wie folgt aus:

 

"!!! Achtung!!!

 

Wichtige Aufklärung

 

Infolge einer offenkundigen Verwechslung der handelnden Polizeibeamten sei es zu der irrtümlichen Annahme gekommen, dass der Name des inhaftierten G Th sei, bzw die Amtshandlungen gegen Herrn G Th gerichtet waren (der Beschwerdeführer hatte sich eine Vorteilscard von Herrn G Th ausgeborgt und wurde darauf irrtümlicherweise geschlossen, dass der Beschwerdeführer, sohin der Inhaftierte, G Th sei).

 

Es werde daher dahingehend aufgeklärt, dass es sich richtigerweise (namentlich) um den Verwaltungsakt gegen den Herrn G Th, die tatsächlich eine Amtshandlung gegen Herrn S F beinhaltet, von der belangten Behörde handelt.

 

Trotz Beteuerungen des Beschwerdeführers, dass es sich nicht um Herrn G Th, sondern um Herrn S F handeln würde, sei von den handelnden Polizeibeamten nichts unternommen worden, um diesen Irrtum aufzuklären".

 

1.4. Am 10. April 2006 langte beim Oö. Verwaltungssenat formlos und ohne Begleitschreiben eine Ambulanzkartenkopie des Bf (erstellt am 26. März 2006 vom Landeskrankenhaus Steyr) ein. Die Übermittlung hatte der Beschwerdevertreter vorgenommen.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat die Beschwerde mit Schreiben vom 10. April 2006 an die belangte Behörde weitergeleitet und zur Aktenvorlage und zur Erstattung einer Gegenschrift aufgefordert. Innerhalb offener Frist wurde von der belangten Behörde begründet um Fristerstreckung ersucht. Dem Antrag wurde stattgegeben.

 

2.2.1. Mit FAX vom 3. Mai 2006 teilte der Beschwerdevertreter mit, dass die belangte Behörde keine Gegenäußerung abgegeben bzw die Aktenvorlage nicht wahrgenommen habe. Er beantragte daher, im subsidiären Sinn des § 38 Abs. 2 VwGG die Rechtsverletzung festzustellen und den beantragen Bescheid im Sinne der Beschwerdeausführungen zu erlassen. Die belangte Behörde sei mit 11. April 2006 aufgefordert worden den Akt vorzulegen.

 

2.2.2. Mit  FAX vom 12. Mai 2006 wiederholte der Beschwerdevertreter ausdrücklich den Antrag und ersuchte wegen der nichtgehörigen Vorlage des Aktes den Beschwerdebehauptungen zur Gänze stattzugeben.

 

Begründend führte der Beschwerdevertreter aus, dass infolge des obigen Sachverhaltes (es seien nun fast 5 Wochen vergangen und die Bundespolizeidirektion Linz habe es nicht geschafft, ihre Verpflichtungen zu erfüllen) schon der leise Verdacht auftreten könne, dass die Bundespolizeidirektion Linz offenkundig erhebliche Vorteile genieße und Prioritäten besitze, die dem Bf nicht zustehen würden.

 

2.3. Mit Schreiben vom 10. Mai 2006, AZ P-0143, eingelangt am 15. Mai 2006 beim Oö. Verwaltungssenat, hat die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

2.3.1. Im Anhang an die Gegenschrift wurden ein Aktenvermerk, dem die Dokumentation der Fristverlängerung zu entnehmen ist, die der Amtshandlung zugrunde liegende Anzeige vom 25. März 2006, die Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren, der Auftrag des Journalbeamten zur amtsärztlichen Untersuchung samt Verletzungsdoku-Blatt sowie eine ausführliche Stellungnahme des die Amtshandlung führenden Rev. Insp. K vom 19. April 2006 vorgelegt.

 

2.3.2. Für die belangte Behörde ergebe sich der relevante Sachverhalt aus der Anzeige vom 25. März 2006, der niederschriftlichen Vernehmung des Bf am 25. März 2006, der amtsärztlichen Untersuchungsdokumentation und der Stellungnahme des einschreitenden Beamten vom 19. April 2006.

 

Aus der Sachverhaltsdarstellung in der Anzeige vom 25. März 2006 gehe hervor, dass der Bf auf den diensthabenden Polizeibeamten einen alkoholisierten Eindruck gemacht und bei der Vorsprache in der Sicherheitsschleuse sofort laut zu schreien begonnen habe. Schreiend habe der Bf vorgebracht, dass er sich als Beifahrer in einem ihm unbekannten Kfz befunden habe und der ebenfalls unbekannte Lenker von der Polizei mitgenommen worden sei. Dabei sei seine Jacke im PKW des unbekannten Lenkers verblieben. Trotz des Verhaltens des Bf sei mit dem Abteilungsfunkwagen "Z-Nietzschestraße" via Funk Kontakt aufgenommen worden. Dabei habe man mit der Besatzung vereinbart, dass der Bf zum PKW zurückkehren solle und ihm dort die Mitnahme seiner Jacke ermöglicht werde.

 

Auf Grund dieser Mitteilung habe der Bf laut zu schreien begonnen, die anwesenden Beamten beschimpft und gegen die Scheibe der Sicherungsschleuse geschlagen. Da sich der Bf nicht mehr beruhigt habe, sei er wiederholt aufgefordert worden, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Trotz der wiederholten Abmahnungen sei er immer aggressiver geworden und habe heftiger gegen die Scheibe der Sicherungsschleuse geschlagen; der Eingangsbereich und die Sicherungsschleuse seien für den normalen Parteienverkehr nicht mehr benutzbar gewesen. Da jegliches gelindere Mittel wie Wegweisung und Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes erfolglos verlaufen sei, wäre der Bf am 25. März 2006 um 08.47 Uhr gemäß § 35 Abs. 3 VStG festgenommen worden.  Dem renitenten Bf seien die Handschellen mit den Händen am Rücken gemäß den §§ 2 und 4 WGG angelegt worden. Eine entsprechende Belehrung gemäß § 36 VStG sei erfolgt. Anschließend habe der einschreitende Beamte unterstützt durch Rev. Insp. Ka den Bf dem Journalbeamten der Bundespolizeidirektion Linz, Hofrat Dr. Gr, vorgeführt, welcher die amtsärztliche Untersuchung auf Haft- und Deliktsfähigkeit und die anschließende Abgabe in das PAZ angeordnet habe. Auf dem Weg vom Journalbeamten zum PAZ habe der Bf Rev. Insp. Ka ein Bein gestellt und beide seien dabei zu Sturz gekommen. Der Bf habe mit dem Gesicht am Asphalt aufgeschlagen, wodurch sein Piercing am Kinn herausgerissen worden sei. Es sei dabei eine leicht blutende Wunde am Kinn entstanden. Bei der Untersuchung durch den Amtsarzt Dr. R-C sei die angeführte Verletzung festgehalten und die Haftfähigkeit festgestellt worden. Vor der Abgabe in das PAZ habe der Bf auf jegliche Verständigung Angehöriger über die erfolgte Festnahme verzichtet.

 

2.3.3. In der Stellungnahme vom 19. April 2006, die in Kenntnis der Maßnahmenbeschwerde erfolgte, nahm der die Amtshandlung führende Polizeibeamte zu den Vorwürfen Stellung und tätigte auf diesem Wege eine ausführlichere Sachverhaltsdarstellung.

 

Entgegen den Angaben des Bf habe sich dieser, nachdem er die Sicherheitsschleuse betreten hatte, in einem laienhaft erkennbar alkoholisierten Zustand befunden und den Meldungsleger vorerst wortlos mit einem Blick fixiert. Bei der folgenden Kontaktaufnahme sei der Bf sichtlich aufgeregt gewesen und habe sich verhältnismäßig laut und aggressiv verhalten. Anfangs habe er sich laut schreiend in allgemeinen Beschimpfungen über die Polizisten und den Polizeistaat geübt. Danach habe er vorgebracht, dass ihm kalt sei und er seine Jacke brauche. Aufgrund des Verhaltens des Bf sei bereits zu diesem Zeitpunkt eine Verwaltungsübertretung vorgelegen. Da bei dem Verhalten des Bf eine Sachverhaltsklärung aussichtslos erschienen sei und dieses eine Verwaltungsübertretung dargestellt habe, sei der Bf bereits zu diesem Zeitpunkt aufgefordert worden, sein Verhalten einzustellen und sein Verlangen in klarer Form vorzubringen. Trotz des unkooperativen Verhaltens des Bf habe ansatzweise der Grund seiner Vorsprache eruiert werden können. Über Funk sei die Besatzung des Abteilungsfunkwagens "Z-Nietzschestraße" angewiesen worden, zum abgestellten Pkw des Unbekannten zurückzukehren, um dem Bf die Entnahme seiner persönlichen Gegenstände zu ermöglichen. Laut behördeninterner Bandaufzeichnung sei der Funkverkehr am 25. März 2006 um 08.45 Uhr durchgeführt worden. Die Amtshandlung sei eskaliert, nachdem dem Bf mitgeteilt worden war, dass er sich zum abgestellten PKW begeben und auf den angeführten Funkwagen warten sollte. Der Bf habe daraufhin geschrien, dass die Beamten glauben würden, sich alles erlauben zu können. Anschließend hätte er die anwesenden Beamten als "Arschlöcher" bezeichnet, die gefälligst dafür zu sorgen hätten, dass er zu diesem PKW gebracht würde. Dabei habe der Bf heftig mit der flachen Hand gegen die Scheibe der Sicherheitsschleuse geschlagen. Auf Grund dieses Verhaltens sei der Bf wiederholt abgemahnt und ersucht worden, sein Verhalten einzustellen. Im Zuge dieser Abmahnungen sei dem Bf unmissverständlich eine eventuelle bevorstehende Festnahme angekündigt worden. Sowohl die Abmahnung als auch die Ankündigung der Festnahme, ebenso die wiederholte Wegweisung aus der Polizeiinspektion Nietzschestraße habe sich als zwecklos erwiesen und der Bf sei endgültig ausgerastet und habe, während er laute Beschimpfungen ausstieß, mit beiden Fäusten gegen die Scheibe der Sicherheitsschleuse geschlagen.

 

Die Festnahme, das Anlegen der Handfesseln und die Vorführung zum Journalbeamten seien entsprechend der Anzeige durchgeführt worden. Der Bf sei weder misshandelt noch geschlagen worden. Die einzige Anwendung von Körperkraft gegen den Bf sei im Zuge der Festnahme während des Anlegens der Handfesseln erfolgt. Dabei seien gegen den Widerstand des Bf die Handschellen mit den Händen nach hinten zeigend angelegt worden. Schläge oder Tritte gegen den Bf seien weder dienlich noch nötig gewesen. Die Festnahme und das Anlegen der Handfesseln sei in der Sicherheitsschleuse der Polizeiinspektion Nietzschestraße erfolgt. Für die Meldungsleger würde sich die Frage stellen, warum der Bf nicht bereits dem Journalbeamten die behaupteten Misshandlungen mitgeteilt habe. Dem Bf habe klar sein müssen, dass er sich vor einem hochrangigen Behördenvertreter befunden habe. Die Gemütsverfassung des Bf habe zwischen Aggressivität und Weinerlichkeit geschwankt. Auf dem Weg vom Journalbeamten zum PAZ sei der Meldungsleger links und Rev. Insp. Franz Ka rechts vom Bf gegangen, der dabei an den Oberarmen festgehalten worden sei. Nach dem Verlassen des Journaldienstes habe das eher weinerliche Verhalten des Bf wieder in Aggressivität umgeschlagen. Auf dem Weg in das PAZ habe der Bf dem Rev. Insp. Ka ein Bein gestellt und dadurch seien alle drei ins Taumeln geraten. Der Meldungsleger habe den Bf instinktiv losgelassen um nicht zu Boden gerissen zu werden. Rev. Insp. Ka sei dies nicht mehr möglich gewesen, deshalb sei er zusammen mit dem Bf zu Boden gestürzt. Während Rev. Insp. Ka seinen Sturz mit den Händen habe abfangen können, sei der Bf mit der Brust und offensichtlich mit dem Gesicht aufgeschlagen. Die Handfesseln hätten dem Bf keinerlei Abfangen des Sturzes ermöglicht. Auf Grund der Unvorhersehbarkeit dieses Angriffes durch den Bf habe der Sturz des Bf nicht verhindert werden können. Nachdem der Bf von den Beamten aufgehoben worden war, hätten diese festgestellt, dass der Bf im Bereich des Piercings minimal geblutet habe. Das Piercing habe sich zu diesem Zeitpunkt noch in der ursprünglichen Lage befunden, das Piercingloch dürfte jedoch eingerissen gewesen sein. In der Folge habe der Bf weitere Angriffe unterlassen. Im PAZ sei der Bf dem Amtsarzt Dr. R-C zur amtsärztlichen Untersuchung vorgeführt worden. Vor der Untersuchung sei dem Amtsarzt der Sturz im Innenhof mitgeteilt worden. Der Bf habe angegeben, dass ihm die Verletzung am Kinn durch die einliefernden Beamten zugefügt worden sei. Während der Untersuchung habe der Bf das Piercing ausgespuckt. Offensichtlich habe er es mit den Zähnen am in der Mundhöhle liegenden Verschluss durch die Verletzung in den Mund gezogen.

 

Im Zuge der ärztlichen Untersuchung habe der Bf keinen Misshandlungsvorwurf geäußert. Dem Bf wäre es während der ärztlichen Untersuchung und der Feststellung der erlittenen Verletzung möglich gewesen, auf eine Misshandlung als Ursache seiner erlittenen Verletzungen hinzuweisen.

 

Entgegen der Beschwerdeausführung habe der Bf keinerlei Angaben zu seiner Person gemacht. So treffe auch nicht zu, dass er eine Vorteilscard bei sich gehabt hatte. Tatsächlich sei beim Bf eine E-Card der Oö. GKK vorgefunden worden. Da der Bf im Zuge der Meldeüberprüfung Schwanenstadt als Wohnort angegeben habe, sei davon ausgegangen worden, dass es sich beim Bf um Th G handeln würde. Der Bf habe weder bei der Vorführung zum Journalbeamten noch bei seiner Entlassung zur Klärung seiner Identität beigetragen.

 

2.4.1. Mit Schreiben vom 22. Mai 2006 gab der Beschwerdevertreter eine Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde ab und beantragte die Einholung eines Gutachtens. Der Gutachter möge prüfen, ob die vom Polizeiarzt dokumentierten und die im Krankenhaus festgehaltenen Verletzungen tatsächlich von einem Sturz mit angelegten Handschellen auf den Asphalt resultieren können. Abschließend ersucht er um die Übermittlung einer Gutachtenskopie.

 

2.4.2. Nach der Aufzeigung von Widersprüchlichkeiten führt der Beschwerdevertreter aus, dass aus dem vorliegenden Sachvorbringen "eindeutig erkennbar sei, dass das Verletzungsmuster niemals von einem Sturz herrühren konnte. Bei logischer Betrachtungsweise  sei es unschlüssig und nahezu lebensfremd zu argumentieren, wenn der Bf mit der Kraft seines ganzen Körpergewichtes auf dem Kopf nach vorne fällt (er könne nur nach vorne gefallen sein, zumal das Piercing, zwischen dem Kinn und der Unterlippe gestochen war) und noch dazu auf dem Asphalt aufschlägt, nur eine Verletzung unter der Lippe infolge seines Piercings davontrage und rundherum (auf Nase, Kinn usw) eitle Wonne herrsche. Dieses Vorbringen grenze an Realitätsverlust, zumal ein Arzt, nach Rücksprache mit dem Beschwerdevertreter, mittlerweile die Gedankengänge des Beschwerdevertreters vollinhaltlich bestätige und daher der Antrag gestellt werde, ein Gutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass die Verletzungen des Bf, die eindeutig dokumentiert seien (Rippenprellungen, Verletzungen im Gesicht, Verletzungen auf der Hand ua insofern die belangte Behörde nicht einmal auf die anderweitigen Verletzungen eingegangen ist) nicht aus dem Sturz auf den Asphalt mit vollem Körpergewicht resultieren können. Es sei eher nachvollziehbar, dass zB das Piercing aus einer Watschn herausgerissen wurde und die Rippenprellungen bzw Verletzungen an der Hand (siehe Krankenhausbericht) aus Tritten mit Füßen abzuleiten seien.

 

Ferner müsse man sich die Frage stellen, wie es möglich wäre, beim Aufprall mit dem ganzen Körpergewicht auf den Kopf keinerlei Schürfwunden, kein Nasenbluten (ev. sogar Nasenbeinbruch), keine erheblichen Nasenverletzungen und andere sichtbare Aufprallspuren im Gesicht davongetragen zu haben. Dass der Bf den Sturz verursacht habe, werde ausdrücklich bestritten.

 

Die belangte Behörde übersehe offenkundig die Rechtslage. Dass Verletzungen einer im polizeilichen Gewahrsam befindlichen Person nicht durch polizeiliche Misshandlungen erfolgten, bedürfe einer plausiblen Erklärung seitens der Behörde. Bei Maßnahmenbeschwerden in diesem Fall trete eine Umkehr der Beweislast in dem die Grundrechtsverletzungen festzustellenden Verfahren ein.

 

Wenn nun die Verletzungen, wie offenkundig und schon von einem Arzt gegenüber dem Beschwerdevertreter bestätigt, nicht aus dem besagten Sturz resultieren können, liege keinesfalls eine plausible Erklärung seitens der Behörde vor und die Maßnahmenbeschwerde sei berechtigt.

 

Ferner liege schon deshalb eine berechtigte Maßnahmenbeschwerde im Sinne des Artikel 5 EMRK vor, weil die Enthaftung schon weit früher ausgesprochen hätte werden müssen und nicht erst um ca. 14.30 Uhr, zumal eindeutig erkennbar gewesen sei, dass der Bf nach der Verhaftung sein ev. jedoch ohnedies bestrittenes strafrechtliches Benehmen eingestellt hatte. Eine vielleicht rechtmäßig ausgesprochene Festnahme rechtfertige noch lange nicht eine andauernde Freiheitsentziehung. Der Beschwerdevertreter halte fest, dass eine Vielzahl an Rechtsausführungen in den vorgelegten Äußerungen schlichtweg absurd seien und weitere Ausführungen bei der mündlichen Verhandlung genau ausgeführt würden.

 

2.4.3. Mit Schreiben vom 31. Mai 2006 wiederholte der Beschwerdevertreter seinen Antrag auf Einholung eines Gutachtens. Da seiner Ansicht nach keine erheblichen Kosten für ein Gutachten entstehen würden, beantragte er "die Einholung eines Gutachtens der gerichtsmedizinischen Fakultät der Johannes Kepler Universität in Linz zum Beweis dafür, dass die Verletzungen nicht von einem Sturz herrühren sondern von Misshandlungen resultieren." Weiters stellte der Beschwerdevertreter den Antrag, dass von einem Kostenvorschuss Abstand genommen werden sollte. Abschließend ersuchte er um Übermittlung einer Gutachtenskopie und die mündliche Erörterung des eingeholten Gutachtens in der durchzuführenden Verhandlung.

 

2.5. Auf Grund des Antrages des Beschwerdevertreters wurde der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige Ass. Prof. Dr. J H aus dem Fachgebiet der gerichtlichen Medizin mit der Erstellung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens beauftragt. Dem Gutachter wurden die relevanten Aktenteile übermittelt und neben der Festlegung des Themas des Gutachtens wurde er ersucht, allenfalls weitere notwendige Unterlagen (zB die Krankengeschichte) beizuschaffen.

 

2.6. Am 4. Juli 2006 langte das ärztliche Sachverständigengutachten des Ass. Prof. Dr. J H beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

Nach Wiedergabe der übermittelten Aktenteile und der Darstellung des Umfanges des zu begutachteten Sachverhaltes führt der Sachverständige ab Seite 8 des Gutachtens wie folgt aus:

"Gutachten

 

I. Herr S F, geboren 18.12.1982, war zum Zeitpunkt des gegenständlichen Geschehens in nicht näher bekanntem Ausmaß alkoholbeeinträchtigt. Diesbezüglich kann eine nähere Beurteilung der Substanzbeeinträchtigung nicht vorgenommen werden, da der Betreffende sich im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchung am 25.03.06, 09.00 Uhr unkooperativ gezeigt hatte.

 

Hervorzuheben ist, dass die Amtshandlung und auch die polizeiärztliche Untersuchung noch unter falschem Namen, nämlich Th G, geboren 28.03.1987, protokolliert wurde.

 

II. Anlässlich der zitierten polizeiärztlichen Untersuchung wurde eine, allerdings nicht näher beschriebene Wunde an der Unterlippe konstatiert. Sonstige Verletzungen oder Verletzungssymptome sind im polizeiärztlichen Bericht nicht angeführt.

 

In einer Ambulanzkarte aus dem Krankenhaus Steyr wird Bezug genommen auf eine ambulante Untersuchung am 26.03.2006, 18.21 Uhr, und hiebei folgende Diagnosen gestellt:

Prellung des Brustkorbes links

Distorsion linkes Handgelenk

Von einer Verletzung an der Unterlippe ist in der zitierten Ambulanzkarte nicht die Rede.

In der polizeilichen Anzeige wegen Ordnungsstörung wird beim Festgenommenen eine 3‑5mm große, leicht blutende Wunde am Kinn beschrieben.

 

III. Es hebt sich nun bezüglich der Wunde am Kinn bzw. an der Unterlippe die Frage, ob diese Wunde direkt im Bereich der Piercingperforation lag, oder abseits davon. Möglicherweise stellte die von dem Polizeibeamten bzw. vom Polizeiarzt beschriebene Wunde überhaupt die Perforationsstelle dar, welche allerdings sichtlich durch eine mechanische Irritation durch das Piercing eine leichte Blutung aufwies.

 

Unter diesem Aspekt hält es der unterfertigte Sachverständige auch für nachvollziehbar, dass diese 'Verletzung' bei der tags darauf im Krankenhaus Steyr erfolgten Untersuchung nicht mehr als 'Verletzung' empfunden wurde.

Je nach Größe des Piercings erscheint es durchaus möglich, wie in der behördlichen Stellungnahme angegeben, dass der Piercingträger durch die Perforationsstelle hindurch in den Mund zieht. Je nach Beschaffenheit dieses Piercings kann auch der umgekehrte Weg, nämlich ein Herausziehen oder Herausreißen des Piercings nach außen die Perforationsstelle etwas vergrößern, und somit zu einer leichten Blutung Anlass geben. Um es von innen nach außen herauszureißen, müsste am äußeren Metallteil eine zerrende Kraft angreifen, wie dies Zustande kommen könnte, kann aus medizinischer Sicht nicht näher differenziert werden. Wobei auch nicht differenzierbar ist, - sofern die Blutung direkt die Perforationsstelle betroffen hat – ob das Piercing primär nach außen herausgerissen wurde, oder primär nach innen gezogen wurde (und sekundär ausgespuckt wie in der behördlichen Stellungnahme dargestellt). Hiezu darf ergänzend die Frage gestellt werden: In welchem Zustand befand sich nach diesem Ereignis das Piercing? – vollständig oder 2-geteilt?

Sollte die Wunde abseits der Piercingperforationsstelle gelegen sein, so müsste diese Wunde durch eine andere engumschriebene stumpfe oder schürfende Gewalteinwirkung zustande gekommen sein. Sollte dies der Fall gewesen sein, erscheint es verwunderlich, dass diese dann sichtlich auch noch am nächsten Tag sichtbare Verletzung abseits der Piercingsstelle im Bericht aus dem Krankenhaus Steyr keine Erwähnung oder Beachtung gefunden hat.

Zu den Diagnosen, wie sie in der Ambulanzkarte des Krankenhauses Steyr aufscheinen, darf angemerkt werden, dass vorerst nicht entschieden werden kann, ob diese Diagnosen allein aufgrund subjektiver Schmerzangaben gestellt wurden, oder ob es hiefür auch objektiv sichtbare äußere Verletzungszeichen gab.

In diesem Zusammenhang erscheint wiederum bemerkenswert, dass anlässlich der polizeiärztlichen Untersuchung, wie bereits erwähnt, die Wunde an der Unterlippe dokumentiert wurde, wogegen eine sonstige Verletzungssymptomatik nicht konstatiert wurde. Dies hält der unterfertigte Sachverständige für bemerkenswert – ohne in die richterliche Beweiswürdigung eingreifen zu wollen – als Herr S in seiner Beschwerde darstellt, Ohrfeigen und Fußtritte gegen Körper und Kopf erhalten zu haben. Sichtbare Spuren derartiger Misshandlungen sind in den bisher vorliegenden Unterlagen jedoch nicht dokumentiert.

Wenn, im Rahmen der Festnahme bzw. des Abtransportes der Festgenommene und auch der festnehmende Polizeibeamte gemeinsam zu Sturz kamen – worin immer auch die Sturzursache gelegen sein kann – so erscheint es prinzipiell möglich, dass am Festgenommenen unterschiedliche Verletzungen oder eine flüchtige Schmerzhaftigkeit auftreten können, in diesem Zusammenhang stellt z.B. eine Brustkorbprellung nichts Außergewöhnliches, eher geradezu Typisches dar. Inwieweit hiebei auch ein Kontakt mit dem Piercing Zustande kommen könnte, muss offen bleiben; ein Aufprall auf ebener Fläche erscheint hiefür eher nicht geeignet, da die umgebenden vorragenden Gesichtsstrukturen sichtlich unverletzt geblieben sind, es könnte jedoch prinzipiell einen Kontakt mit anderen Strukturen z.B. mit einem Körperteil des Polizeibeamten gegeben haben, eine exakte Rekonstruktion der angesprochenen Sturzvariante kann aus medizinischer Sicht nicht vorgenommen werden.

Eine Distorsion des Handgelenkes kann ebenfalls in Zusammenhang stehend mit dem Sturzereignis durch die Handschellen erklärt werden, wobei im Rahmen des Sturzes Zerrkräfte im Bereich der am Rücken geschlossenen Hände durchaus auftreten können.

 

IV. Verlauf und Komplikationen:

Die primäre ärztliche Untersuchung erfolgte kurz nach dem Ereignis durch den Polizeiarzt, eine besondere Therapie war nicht erforderlich. Aufgrund welcher Umstände sich Herr S tags darauf, am 26.03.06, 18.21 Uhr in das Krankenhaus Steyr begeben hat, muss vorerst offen bleiben. Ein detaillierter Befund- und Behandlungsbericht wird durch den unterfertigten Sachverständigen noch beigeschafft.

 

V. Dauer der Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit:

Diesbezüglich kann eine klare Beurteilung vorerst nicht vorgenommen werden. Soweit man im Bereich der Unterlippe eine Minimalläsion sieht, wird man daraus eine Gesundheitsschädigung von mehrtätiger Dauer nicht erwarten können.

 

Auch der Umfang der Zusatzdiagnosen hinsichtlich der Brustkorbprellung und der Handgelenksdistorsion ist vorerst unbekannt. Es kann diesbezüglich unter Umständen eine nur flüchtige kurz dauernde Schmerzhaftigkeit vermutet werden, jedoch erscheint prinzipiell auch in Überschreiten der 3-Tagesgrenze möglich.

 

IV. Gegenwärtiger Befund, Dauerfolgen, allfällige weitere Komplikationen:

Ein aktueller Untersuchungsbefund steht nicht zur Verfügung. Es darf vorausgesetzt werden, dass keine Verletzungsfolgen existieren.

 

VII. Qualifikation:

Die Verletzungen stellen einzeln und summarisch ohne Zweifel nur leichtgradige Verletzungen dar, die damit einhergehende Gesundheitsschädigung kann die 3-Tagesgrenze sowohl unterschritten als auch überschritten haben. Ursächlich sind diese Verletzungen gut als Sturzverletzung interpretierbar (die Verletzung im Bereich des Unterlippenpiercings scheint diesbezüglich jedoch relativ unklar).

Im Gesamtbild der Verletzungen sind diese nicht als 'typische' Misshandlungsverletzungen zu werten (ohne mit diesem Hinweis in die richterliche Beweiswürdigung eingreifen zu wollen).

 

Nachtrag:

 

Zwischenzeitlich liegt nun vor, der komplettierte Behandlungs- und Befundbericht aus dem Krankenhaus Steyr:

Daraus ergibt sich, dass die Behandlung am 26.03.06, 18.21 Uhr, begonnen wurde. Zum Unfallshergang hat der Patient erwähnt, dass er von Polizeibeamten am Kopf, an den Rippen usw. verletzt wurde.

In einem weiteren anamnestischen Vermerk ist festgehalten, dass der Patient von einem Polizisten im Bereich des Handgelenkes und im Bereich der Rippen verletzt wurde. Als Diagnose scheint auf: 'Prellung des Brustkorbes links, Distorison des linken Handgelenkes.'

Im Befund selbst ist festgehalten, dass am linken Handgelenk keine Hämatomverfärbung und keine Schwellung vorlag. Am Brustkorb links wurde eine leichte Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der vorderen Axillarlinie angegeben, ohne Schwellung, ohne Hämatomverfärbung. Radiologisch fanden sich keine knöchernen Verletzungen (dies gilt sowohl für den Brustkorb, als auch für das Handgelenk). Sicherheitshalber wurde in Kenntnis einer Verletzungsanamnese ein Rippengurt verordnet. Eine Kontrolle sollte beim Hausarzt vorgenommen werden.

Es ist also im ergänzend beigeschafften Behandlungsbericht anamnestisch die Rede von Verletzungen  im Kopf, Rippen- und Handgelenksbereich, in den aufgelisteten Diagnosen und auch im Befund selbst wird jedoch eine Kopfverletzung im Detail nicht erwähnt. Zu den übrigen Verletzungen (Brustkorb und Handgelenk links) ist anzumerken, dass keine dieser gestellten Diagnosen (Brustkorbprellung links und Distorsion linkes Handgelenk) objektive Verletzungszeichen aufgewiesen hat.

Nur am Rande sei allerdings erwähnt, dass im Ambulanzbericht des KH Steyr der Tag des Vorfalles mit 26.03.06 angegeben wurde (tatsächlich jedoch offensichtlich bereits 25.03.06!).

Im Übrigen ergeben sich aus den beigeschafften Behandlungsunterlagen aus dem KH Steyr keine neuen Erkenntnisse.

Vom unterfertigten Sachverständigen wurde kurzfristig noch telefonisch der behandelnde Hausarzt Dr. Peter Urban kontaktiert, mit dem Ergebnis, dass S F in seiner Ordination zwar als Patient aufscheint, nicht jedoch bezüglich einer Kontrolluntersuchung nach dem 26.03.06.

Es können daher auch seitens des Hausarztes keine weiteren Informationen bezüglich der gegenständlichen Causa geliefert werden."

 

2.7. Das amtsärztliche Sachverständigengutachten wurde den Parteien zur Kenntnis gebracht und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

 

2.8. In der Stellungnahme vom 10. Juli 2006 beantragte der Beschwerdevertreter die "Stattgabe der Beschwerde ohne mündlicher Verhandlung" und verwies dabei begründend auf die Ausführungen im Gutachten. Danach sei die Beschwerde zur Gänze berechtigt. Der Sachverständige habe im Gutachten ausgeführt, dass eine Sturzverletzung  auf dem Asphalt hinsichtlich des Verletzungsmusters des Piercings nicht vorliegen könne. Die Verantwortung der Polizeibeamten stelle eine Schutzbehauptung dar, die durch das Gutachten eindeutig entkräftet worden sei. Auch aus der Rechtslage heraus sei der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären. Eine Zuordnung der Verletzung unter der Unterlippe sei hinsichtlich des Aufpralles auf dem Asphalt nicht möglich und auch widerlegt. Es sei zur Rechtfertigung und Stattgabe der Maßnahmenbeschwerde vollkommen ausreichend, wenn in einem gerichtsmedizinischen Gutachten eine Feststellung hinsichtlich des Verletzungsmusters dargelegt werde, welche nicht eindeutig aus einem Sturz herrühren könne. "Eine Entkräftung, wie es auch die österreichische Judikatur verlangt, woher die Verletzungen stammen, wurde von der Bundespolizeidirektion Linz nicht tauglich beschienen, zumal hier eindeutig das Gutachten zugegen läuft. Illustrativ wird auf die Beweislastumkehr hingewiesen".  

 

2.9. In der Stellungnahme vom 21. Juli 2006 führt die belangte Behörde aus, dass die Verletzungen ihrem Verletzungsmuster nach einem Sturzgeschehen zuzurechnen seien. Bekräftigt würde dies durch die Äußerung des Sachverständigen, dass  im "Gesamtbild der Verletzungen diese nicht als typische Misshandlungsverletzungen" zu werten seien.

 

Weiters bezieht sich der Behördenvertreter auf den Nachtrag im Gutachten und weist darauf hin, dass dem Befund des Landeskrankenhauses Steyr auch zu entnehmen sei, dass die vom Bf geäußerten Beschwerden sich nicht in einer Schwellung, Rötung oder sonstigen Veränderung objektiv nachvollziehen lassen würden. Die vorgenommene Diagnose des Krankenhauses basiere rein auf den Aussagen des Bf. Trotzdem dem Bf eine Nachkontrolle beim Hausarzt aufgetragen worden sei, habe sich der Bf nicht daran gehalten und sei dem Therapievorschlag nicht nachgekommen. Die vom Bf bzw dessen Vertreter ins Treffen geführten Misshandlungen bzw die daraus resultierenden Verletzungen würden sowohl durch das Gutachten als auch durch die sonstigen medizinischen Unterlagen in keinster Weise bestätigt. Bekräftigt würde dies auch durch die amtsärztliche Untersuchung. Diese bestätige, dass der Bf nur die angeführte Verletzung im Zuge der Untersuchung aufgewiesen habe. "Es widerspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung durch angebliche Polizeiübergriffe erlittene Verletzungen `nicht vor einem untersuchenden Arzt´ vorzubringen".

 

Abschließend kommt die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass die vom Bf erhobenen Vorwürfe ohne jegliche Grundlage erfolgt seien.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am 5. September 2006 (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006) eine öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Bf und seines Vertreters M B sowie des Behördenvertreters Mag. Dr. Niederwimmer durchgeführt und Beweis aufgenommen durch die Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, Verlesung von Aktenteilen und vorgelegter Urkunden, Parteienvernehmung sowie Einvernahme der Zeugen Rev. Insp. Gerhard K, Rev. Insp. Franz Ka und Erörterung und Ergänzung des Gutachtens durch den gerichtlich beeideten Sachverständigen Ass. Prof. Dr. J H.

 

Am 28. September 2006 (Tonbandprotokoll vom 4. Oktober 2006) wurde infolge der weitergehenden Beweisanträge des Beschwerdevertreters eine fortgesetzte mündliche Verhandlung zur ergänzenden Einvernahme der Zeugen Hofrat Dr. C Gr und Amtsarzt Dr. Tomas R-C durchgeführt. Weiters nahmen an der fortgesetzten Verhandlung der Beschwerdevertreter und der Behördenvertreter teil.

 

3.2. Aufgrund der Aktenlage und des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender wesentlicher Sachverhalt fest:

 

In der Nacht vom 24. März 2006 auf den 25. März 2006 konsumierte der Bf einen Long-Islandicetea und 2-3 Seidel Bier. Zum Zeitpunkt der Vorsprache in der Polizeiinspektion Nietzschestraße Linz fühlte er sich minder alkoholisiert. In den Morgenstunden des 25. März 2006 ließ sich der Bf von einem unbekannten Dritten nach Hause fahren. Während der Fahrt kam es zu einer Verkehrskontrolle und der unbekannte Fahrzeuglenker wurde einem Alkotest unterzogen. Nach der vorläufigen Beendigung der Amtshandlung wurde der PKW des unbekannten Lenkers abgesperrt und der Fahrzeuglenker von den Polizeibeamten zur Mitfahrt aufgefordert. Im gegenständlichen Fahrzeug waren die Jacke, der Pass und die Wohnungsschlüssel des Bf verblieben.

 

Nach einiger Zeit brachte ein unbekannter Autolenker den Bf zur Polizeiinspektion Nietzschestraße in Linz.

 

In erregtem und alkoholisierten Zustand (wobei jedenfalls von einer mittleren Alkoholisierung auszugehen ist) betrat der Bf die Sicherheitsschleuse der Polizeiinspektion Nietzschestraße und betätigte in dieser eine an der Trennwand zwischen Sicherheitsschleuse und Diensträumlichkeiten angebrachte Glocke.

 

Die Sicherheitsschleuse der Polizeiinspektion Nietzschestraße ist ein Raum, der von jedermann ohne Beschränkung betreten werden kann. Die Sperre zwischen Sicherheitsschleuse und den sonstigen Diensträumlichkeiten dient ausschließlich Eigensicherungszwecken. Jedermann kann unter gleichen Bedingungen diese Tür passieren und in die Räumlichkeiten der Polizeiinspektion gelangen. Der übliche Parteienverkehr (beispielsweise Aufnahme von Anzeigen, Verlustmeldungen und dgl. mehr) wird in den an die Sicherheitsschleuse angrenzenden Räumlichkeiten der Polizeiinspektion abgewickelt. 

 

Als der diensthabende Polizeibeamte Rev. Insp. K zur Gegensprecheinrichtung an der Trennwand zwischen Sicherheitsschleuse und Diensträumlichkeiten trat, sah er den Bf mit seitlich ausgestreckten Armen vor der Gegensprecheinrichtung stehen. Vorerst sagte der Bf nichts und schaute den Polizeibeamten lediglich an. Nachdem der Bf etliche Sekunden schweigend dagestanden hatte, wurde er von Rev. Insp. K befragt. Daraufhin begann der sichtlich erregte Bf unverhältnismäßig laut  zu schreien und Beschimpfungen gegen den anwesenden Polizisten, gegen Polizisten allgemein und den Polizeistaat auszustoßen. In dem Schwall von Vorwürfen brachte der Bf auch zum Ausdruck, dass das Einsperren seiner Jacke ein Wahnsinn gewesen sei.

 

Auf Grund des lauten und aggressiven Verhaltens teilte Rev. Insp. K dem Bf mit, dass sein Verhalten eine Verwaltungsübertretung darstellt. Daraufhin beruhigte sich der Bf kurzfristig und Rev. Insp. K konnte eruieren, dass der Bf seine in einem abgestellten und versperrten Fahrzeug befindliche Jacke wiedererlangen wollte. Während der schwierig vorzunehmenden Sachverhaltsfeststellung durch Rev. Insp. K schlug der Bf immer wieder mit der flachen Hand gegen die Glasscheibe der Sicherheitsschleuse.

 

Nach der bruchstückhaften Sachverhaltsfeststellung nahm Rev. Insp. K mit jener Zivilstreife Funkkontakt auf, die die Amtshandlung gegen den ihm unbekannten Fahrzeuglenker geführt hatte. Im Anschluss daran wurde telefonisch vereinbart, dass die Besatzung der Zivilstreife zum abgestellten Fahrzeug zurückkehren werde und der Bf sich dort seine persönlichen Gegenstände abholen könne. Als dem Bf mitgeteilt wurde, dass er sich zum Abstellort begeben solle, begann der Bf wieder zu schreien, schlug mit der flachen Hand auf die Trennwand der Sicherungsschleuse, bezeichnete die Polizeibeamten allgemein als Arschlöcher, die verpflichtet wären, ihn zum Abstellort des Pkw´s zu bringen. Dem Bf wurde auf Grund seines Verhaltens von Rev. Insp. K mitgeteilt, dass sein Verhalten eine Verwaltungsübertretung darstellt und er diesbezüglich zur Anzeige gebracht wird. Auf Grund dieser Aussage wurde der Bf noch aggressiver und begann mit den Fäusten gegen die Trennwand der Sicherheitsschleuse zu schlagen. Die Beruhigungsversuche schlugen fehl und eine Wegweisung aus der Sicherheitsschleuse war ebenfalls auf Grund des Verhaltens des Bf und seinem Begehren, von den "Arschlöchern" zum abgestellten Pkw gebracht zu werden, nicht möglich. Das laute und aggressive Verhalten des Bf veranlasste Rev. Insp. Ka, der in einem von der Sicherheitsschleuse nicht einsehbaren und weiter entfernt liegenden Raum dienstliche Tätigkeiten ausführte, bei denen er nachhaltig gestört wurde, sich in den an die Sicherheitsschleuse angrenzenden Raum zu begeben. Ua. vernahm Rev. Insp. Ka jenen Lärm, der von Schlägen mit der flachen Hand auf die Trennscheibe stammte und ua den Ausdruck "Arschloch". Beim Betreten des Raumes, der an die Sicherheitsschleuse grenzt, sah der Zeuge Rev. Insp. Ka den tobenden Bf.

 

Da weder die Mitteilung, dass Anzeige erstattet werde, noch die Wegweisung und auch nicht der Hinweis, dass der Bf festgenommen werde, sollte er sein Verhalten nicht einstellen, etwas fruchteten, leiteten die Polizeibeamten Rev. Insp. K und Rev. Insp. Ka die Festnahme in die Wege. Dazu begaben sich die beiden Polizeibeamten in die Sicherheitsschleuse. Dort wurden sie vom Bf weiterhin mit "Arschlöcher" und "Scheiß Polizisten" beschimpft. Da der Bf sein Verhalten nicht einstellte und die Festnahme dadurch zu verhindern suchte, indem er mit den Händen herumfuchtelte und somit die Polizeibeamten auf Abstand halten wollte, wurde der Bf von Rev. Insp. Ka und Rev. Insp. K gegen die Wand der Sicherheitsschleuse gedrückt. Dabei rutschte er seitlich gegen die Bank ab. In dieser Stellung bzw am Boden liegend (in welcher Stellung dem Bf die Handfesseln angelegt wurden kann nicht mehr festgestellt werden) wurden dem Bf die Handfesseln mit den Händen am Rücken angelegt. Da sich der Bf der Anlegung der Handschellen widersetzte, konnten diese nicht entsprechend fixiert werden. Obwohl die Fixierung unterblieben ist, hat sich die Einstellung nicht verändert bzw. haben sich die Handschellen zumindest nicht so verstellt, dass dadurch dem Bf Schmerzen oder sichtbare Verletzungen zugefügt worden wären.   

 

Anschließend wurde der Bf visitiert und dabei eine E-Card lautend auf den Namen „G“ vorgefunden. Im Anschluss daran wurde der Bf wegen Störung der Ordnung und Verharren in der strafbaren Handlung dem Journalbeamten Hofrat Dr. Gr vorgeführt.

 

Nach der Sachverhaltsschilderung durch Rev. Insp. K befragte der Journalbeamte Hofrat Dr. Gr den Bf zum Sachverhalt. Bei dieser Befragung hatte der Bf weiterhin die Handfesseln angelegt. Aufgrund des Verhaltens des Bf bei dieser Unterredung verfügte der Journalbeamte die Abgabe in den Arrest und ordnete die amtsärztliche Untersuchung an. Diese wurde u.a. im Hinblick auf die angelegten, nicht fixierten Handfesseln und daraus allenfalls resultierende Verletzungen vorgesehen.

 

Dem Bf wurde die Möglichkeit eingeräumt, eine Vertrauensperson von seiner Festnahme und bevorstehenden Anhaltung in der Haft verständigen zu lassen. Davon hat der Bf keinen Gebrauch gemacht.

 

Nachdem die beiden Beamten den Journalbeamten verlassen hatten, beruhigte sich der Bf kurzfristig. Auf dem Weg zum PAZ wurde der Bf links von Rev. Insp. K und rechts von Rev. Insp. Ka jeweils am Oberarm gehalten. Rev. Insp. Ka hatte zusätzlich seine linke Hand zwischen den beiden Armen des Bf durchgeschoben. Seine flache Hand befand sich zwischen den beiden Schulterblättern des Bf.

 

Auf dem Weg in das PAZ stellte der Bf dem Zeugen Rev. Insp. Ka ein Bein. Dabei kamen beide zu Sturz. Rev. Insp. K konnte durch Loslassen den Sturz vermeiden. Rev. Insp. Ka stürzte vor dem Bf zu Boden. Wo der Bf mit dem Kopf aufgeschlagen ist, kann nicht mehr festgestellt werden. Auf Grund der Verletzungsmerkmale im Bereich des Piercings ist davon auszugehen, dass der Bf nicht unmittelbar mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen hat. Nachdem der Bf wieder aufgerichtet worden war, konnten die beiden Polizeibeamten eine leichte Blutung im Bereich des Piercings wahrnehmen. Nach dem Sturz veränderte der Bf zumindest gegenüber diesen beiden Polizeibeamten sein Verhalten grundlegend und "spielte auf nett". Die beiden einschreitenden Polizeibeamten brachten den Bf in das amtsärztliche Untersuchungszimmer im PAZ. Vor Beginn der Untersuchung spuckte der Bf sein Piercing aus. Das Piercing wurde von einem Zeugen aufgehoben und zu den Effekten des Bf gegeben. 

 

Vor der aä. Untersuchung teilte Rev. Insp. K dem diensthabenden Arzt Dr. Tomas R-C den Sachverhalt mit und informierte ihn über den Sturz.

 

Bis zu diesem Zeitpunkt war die Identität des Bf nicht geklärt. Deshalb war auch die Spalte "vom SWB auszufüllen" auf dem Formblatt zur amtsärztlichen Untersuchung unvollständig ausgefüllt.

 

Aufgrund der Sachverhaltsschilderungen ging Dr. R-C davon aus, dass es sich beim Bf um Th G handelt. Er hat daher  diese Daten sowohl auf Blatt 1 als auch auf Blatt 2 des Untersuchungsbogens ergänzt. Über Befragen des Amtsarztes gab der Bf lediglich seine Größe und sein Gewicht bekannt. Die weitere Mitwirkung an der Untersuchung wurde von ihm verweigert.

 

Im Zuge der – mangels Mitwirkung nur eingeschränkt möglichen Untersuchung – konnte der Amtsarzt einen deutlichen Alkoholgeruch aus dem Mund wahrnehmen. Der Geruch wurde von ihm in einer Entfernung von ca. 30 bis 40 cm deutlich wahrgenommen. Das Bewusstsein wurde als klar eingestuft, weiters Gedächtnislücken konstatiert. Das Verhalten bei der Untersuchung gegenüber dem untersuchenden Arzt schwankte zwischen aggressivem und depressivem Verhalten. Eine weitergehende Untersuchung ließ der Bf nicht zu. Die entsprechenden Ausführungen dazu lauten: "lässt sich nicht untersuchen" und "Häftling will nicht mitmachen".

 

Der Amtsarzt stellte die Haftfähigkeit fest und ordnete auf Grund des deutlichen Alkoholgeruches aus dem Mund eine besondere Observanz an. Die Untersuchung erfolgte um 09.00 Uhr.

 

Am Verletzungsdokublatt markierte der Amtsarzt eine Verletzung im Kinnbereich und bezeichnete diese als "Wunde durch Piercing". Die Verletzung wurde als "leicht" eingestuft. Zum Zeitpunkt der Untersuchung trug der Bf das Piercing nicht mehr. Trotz entsprechender Befragung durch den Amtsarzt machte der Bf keine Angaben über den Hergang der Verletzung.  

 

Im Anschluss an die Untersuchung wurde der Bf von Polizeibeamten, die im PAZ ihren Dienst versehen haben, ein weiteres Mal visitiert, ihm wurden seine persönlichen Gegenstände abgenommen und er anschließend von Polizeibeamten des PAZ in die Sicherungszelle 1 verlegt. Die Abgabe  des Bf in die Sicherungszelle 1 erfolgte laut Eintragung im Wachzimmerrapport des PAZ vom 25. März 2006 "aufgrund der enormen Aggressivität, seiner Alkoholisierung und seiner Verschmutzung". 

 

Jedenfalls wurden halbstündliche Kontrollen vorgenommen und dabei auf den Zustand des Bf Bedacht genommen. Dieser hatte zumindest einmal gegen die Zellentür getreten und mehrmals mit der Faust dagegen geschlagen.

 

Wie oft sich der Journalbeamte über den Zustand des Bf erkundigt hat, kann nicht mehr festgestellt werden.

 

Am 25. März 2006, um ca. 14.40 Uhr, wurde der Bf im PAZ dem Zeugen Hofrat Dr. Gr vorgeführt. Auf die einleitende Frage des Zeugen, ob sich der Bf wieder beruhigt habe, antwortete dieser: "Mir ist das scheißegal, ich möchte nur meinen Pass und meine Jacke" (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 6, dritter Absatz).

 

Bei der niederschriftlichen Befragung des Bf durch den Zeugen, die im Zuge der Einvernahme im verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren erfolgte, klärte der Bf seine wahre Identität nicht auf, sondern machte die in der Niederschrift festgehaltenen Angaben. Laut der von ihm unterfertigten Niederschrift hat der Bf die Anzeige vom 25. März 2006 durchgelesen und ihm wurde der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht. Der Bf hat damit auch bestätigt, dass die Angaben in der Niederschrift zutreffend sind, er sich die Anzeige vom 25. März 2006 durchgelesen habe und ihn der ganze "Scheiß" nicht interessiere.

 

Der Bf hat nicht zur Klärung seiner Identität beigetragen. In der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2006 hat er eingestanden, dass er die Niederschrift mit einer "Gähnlichen Unterschrift" unterfertigt habe, da er dachte, dass die Polizei nun einen Fehler gemacht habe.   

 

Aufgrund der Aktenkenntnis war dem Bf somit bereits bei der Erstellung der Niederschrift bekannt, dass seine Verletzung im Kinnbereich auf einen von ihm selbst verursachten Sturz zurückgeführt wurde. Obwohl der Zeuge Hofrat Dr. Gr vom Bf als "ganz nett" bezeichnet wurde, brachte er ihm gegenüber keine Misshandlungsvorwürfe vor und machte auch keine Angaben über seine angeblich erlittenen Verletzungen. 

 

Nach der Entlassung am 25. März 2006 kurz nach 14.15 Uhr hat der Bf Freunde in Linz angerufen und sich von diesen abholen lassen.

 

Am 26. März 2006, gegen 16.00 Uhr, hat der Bf den Beschwerdevertreter verständigt, ihm von dem "Vorfall" erzählt und dabei ersucht "etwas zu unternehmen".

 

Anschließend suchte der Bf gegen 18.00 Uhr das Landeskrankenhaus Steyr auf, behauptete gegenüber den Aufnahmeärzten TA Dr. R S und OA Dr. G Sc, dass er von einem Polizeibeamten im Bereich des Handgelenkes und im Rippenbereich verletzt worden sei. Im Erstbericht des Landeskrankenhauses Steyr ist als Unfalltag der 26. März 2006 angegeben, die Unfallart wird als "Raufhandel" bezeichnet und unter Unfallhergang ist ausgeführt, dass der Bf von Polizeibeamten am Kopf, an den Rippen, etc. verletzt worden sei. Unter Anamnese wird ausgeführt, dass "der Patient von einem Polizisten im Bereich des Handgelenkes und Rippenbereiches verletzt worden ist". An den vom Bf angeführten Bereichen konnten keine Verletzungen festgestellt werden. Die Untersuchung wurde lt. Erstbericht von Turnusarzt Dr. R S und Oberarzt Dr. G S vorgenommen und diktiert.

 

Auf der Ambulanzkarte findet sich kein Hinweis auf eine Wunde im Kinnbereich. Bei der Untersuchung im Landeskrankenhaus befand sich das Piercing nicht mehr an der ursprünglich vorgesehenen Stelle. Die Verletzungsbehauptungen wurden krankenhausintern abgeklärt.

 

Eine Verletzung im Bereich der Piercingöffnung scheint in der gesamten Krankengeschichte nicht auf.

 

Einer Kontrolle beim Hausarzt hat sich der Bf nicht unterzogen.

 

Im Anschluss an die Untersuchung hat der Bf den Beschwerdevertreter aufgesucht, die vom Beschwerdevertreter erstellte Beschwerdeschrift durchgelesen, für richtig erachtet und unterschrieben.

 

Die Beschwerdeschrift datiert vom 27. März 2006 wurde am 27. März 2006 um 08.02 Uhr der Post zur Beförderung übergeben.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben des Bf und den jeweils bezughabenden Aussagen der einvernommenen Zeugen in Verbindung mit den zugrundegelegten Urkunden.

 

3.3.1. Hinsichtlich der "Vorgeschichte" ist auf die nachvollziehbaren Äußerungen des Bf zu verweisen, die im Wesentlichen auch nicht bestritten wurden.

 

Im Wesentlichen unstrittig ist ebenfalls, dass Pass, Jacke und Wohnungsschlüssel des Bf nach einer Verkehrskontrolle im Auto eines unbekannten Dritten eingesperrt wurden. Ebenso unstrittig ist, dass sich der Bf in der Folge zur Polizeiinspektion Nietzschestraße begeben und dort die Sicherheitsschleuse betreten hat.

 

Die örtlichen Gegebenheiten hinsichtlich der Sicherheitsschleuse sowie der daran anschließenden Diensträumlichkeiten ergeben sich aus den entsprechenden Aussagen der Zeugen Rev. Insp. K, Rev. Insp. Ka und des Behördenvertreters.

 

3.3.2. Glaubwürdig hat Rev. Insp. K geschildert, dass er den Bf, der in der Sicherheitsschleuse stand, zuerst nach seinem Anliegen gefragt hat und der Bf in der Folge begonnen hat, unverhältnismäßig laut zu schreien und Beschimpfungen gegen die Polizisten und die Polizei insgesamt auszustoßen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass der Bf selbst seinen Zustand als "erregt" bezeichnet hat und angegeben hat, dass er beim ersten Versuch sein Anliegen vorzubringen, sehr schnell gesprochen hat, was auch Rev. Insp. K so schilderte.

 

Die Darstellung des Rev. Insp. K wird auch von der nachvollziehbaren Aussage des Zeugen Rev. Insp. Ka bestätigt, der berichtet hat, dass er zwei Räume von der Sicherheitsschleuse entfernt seinen dienstlichen Tätigkeiten nachgekommen ist und durch das Verhalten des Bf – Schreie, Schläge gegen die Trennwand – nachhaltig gestört wurde. Dies erscheint insbesondere im Hinblick auf das Verhalten des Zeugen Rev. Insp. Ka – er hat seine dienstlichen Tätigkeiten unterbrochen und sich in den an die Sicherungsschleuse angrenzenden weiteren Parteienraum begeben – glaubwürdig.

 

Nachvollziehbar und in sich stimmig ist auch die Schilderung des Rev. Insp. K, dass er – nachdem er herausgefunden hatte, dass der Bf Jacke, Pass und Wohnungsschlüssel, die sich in dem abgesperrten Fahrzeug eines Dritten befanden – mit der Zivilstreife Kontakt aufgenommen hat. Dies wird auch durch die Aussage des Bf gestützt, der angegeben hat, dass "ein Beamter kurzfristig das Funkgerät bediente". Glaubwürdig ist auch, dass der Zeuge Rev. Insp. K mit den Beamten der Zivilstreife Kontakt aufnahm und dem Bf so eine Möglichkeit geboten hätte, seine Sachen zurückzubekommen; ebenso glaubwürdig ist auch die Schilderung, dass der Bf – der sich nach eigenen Angaben ja in einem "erregten" Zustand befunden hat – zum abgestellten Fahrzeug gebracht werden wollte und sich weiter aufregte, als ihm diese Möglichkeit nicht geboten wurde. Im Übrigen wird die diesbezügliche Aussage des Zeugen Rev. Insp. K auch vom Zeugen Rev. Insp. Ka weitgehend bestätigt.

 

In diesem Zusammenhang ist unterstützend auch auf die allgemeine Lebenserfahrung zu verweisen, nach der Polizisten – entgegen der Schilderung des Bf (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 6) – Personen, die ein Anliegen sachlich und einigermaßen ruhig vorbringen, nicht sofort verhaften.

 

Dass sich der Bf selbst an den Hergang dieser Ereignisse nicht mehr genau bzw eigentlich nur noch bruchstückhaft erinnern konnte, ist nicht verwunderlich, vielmehr ist in diesem Zusammenhang auf die Gedächtnislücken und "black-outs" des Bf zu verweisen, die sich im Zuge des Geschehens noch mehrmals zeigen werden und auch von ihm selbst zugestanden wurden (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 6 f).

 

Bezüglich der Festnahme selbst ist darauf hinzuweisen, dass sich die Aussagen der Zeugen Rev. Insp. K und Rev. Insp. Ka nicht vollständig decken; die diversen Unschärfen sind aber einerseits auf die zahlreichen einschlägigen Amtshandlungen und andererseits auf den zeitlichen Abstand zur Amtshandlung zurückzuführen. Geringfügige Abweichungen wie im hier vorliegenden Fall sprechen darüber hinaus eher für die Zeugen und ihre Glaubwürdigkeit, zumal dann auch davon auszugehen ist, dass sich die Zeugen vor der Befragung nicht gesondert über die damalige Amtshandlung informiert haben. Dies trifft insbesondere auf die Stellung des Bf, in der ihm die Handfesseln angelegt worden sind, zu.

 

Auch wenn sich der Bf – unter Hinweis auf ein mögliches "black-out" – nicht daran erinnern kann, bestehen keinerlei Zweifel daran, dass er dem Journalbeamten Hofrat Dr. Gr vorgeführt wurde. Auch wenn sich der Journalbeamte aufgrund zahlreicher ähnlich gelagerter Fälle sowie der lange zurückliegenden Amtshandlung nicht mehr an den konkreten Fall erinnern konnte, hat er die übliche Vorgangsweise dennoch anschaulich geschildert. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob der Bf eine Vertrauensperson verständigen konnte.

 

Aus den schlüssigen Aussagen der Zeugen Rev. Insp. K und Rev. Insp. Ka ist abzuleiten, dass der Bf auf dem Weg vom Journalbeamten zum Arzt selbst einen Sturz herbeiführte (arg.: "habe ich mich fallen gelassen" – Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 6 oben).

 

Dabei decken sich die Aussagen des Zeugen Rev. Insp. K in den wesentlichen Bereichen mit der Aktenlage. Im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen hat dieser Zeuge den vom Bf verschuldeten Sturz und die Verletzung im Bereich des Lippenpiercings bereits in der Anzeige vom 25. März 2006 – wenn auch nur grob umrissen – festgehalten. Der Beschwerdevertreter hat zutreffend die Unstimmigkeiten zwischen der Anzeige vom 25. März 2006 und der Stellungnahme vom 19. April 2006 gerügt. Entgegen der Ansicht des Bf bewirkt diese "Widersprüchlichkeit" aber nicht die Unglaubwürdigkeit des Zeugen; vielmehr scheint es, dass der Zeuge aufgrund einer für ihn "nicht außergewöhnlichen Amtshandlung mit anschließender Festnahme" bei der Anzeigeerstellung nicht die notwendige Sorgfalt walten ließ und den relevanten Sachverhalt lediglich verkürzt festgehalten hat. Denkbar ist aber auch, dass der Meldungsleger nur auf die Endlage bzw Endbewegung des Kopfes des Bf abgestellt hat. Da Rev. Insp. K einen Sturz nur durch Loslassen des Bf vermeiden konnte, war es ihm kaum möglich, den Geschehensablauf seitlich neben sich genau zu beobachten. Durch die Wahrnehmung der Endlage des Kopfes des Bf auf dem Asphalt nahm der Zeuge vermutlich an, dass der Bf direkt mit dem Kopf auf den Asphalt aufgeschlagen ist.

 

Jedenfalls ist aber darauf hinzuweisen, dass der Zeuge bereits bei der ersten Stellungnahme und ohne Kenntnis der "Krankengeschichte" des Bf eine umfassende Sachverhaltsdarstellung abgegeben hat, die sich im Wesentlichen mit seiner Aussage bei der mündlichen Verhandlung am 5. September 2006 deckt.

 

Auch der Zeuge Rev. Insp. Ka hat die Eskortierung des Bf vom Zimmer des Journalbeamten in das im PAZ gelegene Untersuchungszimmer und das Sturzgeschehen glaubwürdig beschrieben. Der Zeuge wurde erstmals im Zuge der mündlichen Verhandlung am 5. September 2006 zu der Amtshandlung befragt. Seine Aussage stimmt in den relevanten Bereichen mit der des Rev. Insp. K überein und rundet das von Rev. Insp. K skizzierte Bild der Amtshandlung ab.

 

Zu den Angaben des Bf selbst ist darauf zu verweisen, dass er ursprünglich in der Beschwerde vorgebracht hat, "von einigen Polizeibeamten misshandelt und geschlagen" worden zu sein; diese Misshandlungen hätten "in weiterer Folge, in der Festnahme des Bf geendet". Damit bringt der Bf jedenfalls zum Ausdruck, dass die Misshandlungen und das Versetzen der Schläge bereits vor der Festnahme erfolgt seien. Dem weiteren Vorbringen (arg.: "der Bf war durch die Anlegung von Handschellen unfähig sich zu wehren") lässt sich entnehmen, dass die Misshandlungen auch noch über den Festnahmezeitpunkt hinaus angedauert haben sollen. Die Misshandlungen werden mit "Ohrfeigen und Fußtritten gegen den Körper und vereinzelt gegen den Kopf" beschrieben.

 

In der mündlichen Verhandlung am 5. September 2006 hat der Bf angegeben, nach der Festnahme "mit der flachen Hand in das Gesicht" geschlagen worden zu sein; auf dem Weg von der Festnahme in Richtung Zelle habe er sich (absichtlich) fallen lassen, woraufhin ihm die Beamten rechts und links insgesamt 6 bis 8 Tritte versetzt hätten (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 5 f). Auf Nachfragen durch den Behördenvertreter hat der Bf dann angegeben, auf dem Weg zur Zelle geschlagen worden zu sein, und zwar in einem Gang. Er sei von der Sicherheitsschleuse direkt in die Zelle gegangen und auf dem Weg dorthin habe er Schläge bekommen.

 

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass sich der Bf einerseits an relativ viel nicht erinnern kann, insbesondere an die Vorführung zum Journalbeamten und zum Amtsarzt sowie die dazwischen und danach zurückgelegten Wege, sich andererseits an die Schläge/Tritte selbst seiner Darstellung nach sehr gut erinnern kann. Allerdings zeigen sich bei dieser Darstellung doch erhebliche Widersprüche: Schon die Beschwerdeschrift selbst ist – wie oben dargestellt – in sich widersprüchlich, lässt sich ihr doch nicht entnehmen, ob die angeblichen Misshandlungen (Ohrfeigen, Tritte) mit der Festnahme geendet haben, oder darüber hinaus angedauert haben. Auch die Angaben des Bf selbst in der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2006 sind widersprüchlich, gibt er doch einmal an, bei der Festnahme selbst geschlagen worden zu sein, ein anderes Mal gibt er dann an "in einem Gang" auf dem Weg zur Zelle geschlagen worden zu sein. Und obwohl der Bf in der mündlichen Verhandlung am 5. September 2006 ersucht wurde, die "gesamte Amtshandlung aus seiner Sicht zu schildern" hat er – abgesehen von der Behauptung, einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht erhalten zu haben – vorerst keine weiteren Misshandlungen vorgebracht. Erst nachdem der Bf auf "Lücken" in seiner Schilderung hingewiesen wurde, hat er "ausschließlich" von Tritten gegen seinen Brustkorb gesprochen. Eine Misshandlung durch "Ohrfeigen" und vereinzelte Tritte gegen den Kopf wurden von ihm nicht mehr behauptet.

 

Die Darstellung der Misshandlung durch angebliche "Ohrfeigen", die im Zuge des Verfahrens auf eine "Watschn" bzw einen "Schlag mit der flachen Hand in das Gesicht" reduziert wurden, zeigt die widersprüchlichen Sachverhaltsdarstellungen des Bf und des Beschwerdevertreters deutlich auf.

 

Hinzuweisen ist nochmals auf die Ortsverlagerung des Geschehens: Entgegen den Beschwerdeausführungen hätten die Misshandlungen nicht mehr bei der Festnahme, sondern "im Gebäude Richtung Zelle" (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 5) bzw im Nahbereich "einer" Zelle ("[…] aufgehoben und zu einer Zelle gebracht und mich hineingeschmissen" – Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 6) stattgefunden.

 

Aus den schlüssigen Aussagen der Zeugen Rev. Insp. K und Rev. Insp. Ka ist abzuleiten, dass der Bf bei dem von ihm selbst verursachten Sturz im Bereich der Piercingöffnung eine Wunde zugefügt hat; diese wurde von beiden Zeugen und auch vom Amtsarzt wahrgenommen, der über Amtshandlung, Sturzgeschehen und Wunde auch zumindest von einem der beteiligten Beamten informiert wurde (vgl. diesbezügliche Zeugenaussagen der Beteiligten).

 

Obwohl sich der Amtsarzt Dr. R-C an die gegenständliche Untersuchung nur mehr rudimentär erinnern konnte, hat er glaubwürdig ausgesagt, dass er einen ihm gegenüber erhobenen Misshandlungsvorwurf einerseits auf dem Untersuchungsformular vermerkt und andererseits sowohl dem Journalbeamten als auch den Beamten gegenüber erwähnt hätte; auf dem vorliegenden Formblatt befindet sich kein solcher Vermerk. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass – auch wenn man dem Bf seinen alkoholisierten Zustand zu gute hält – nicht nachvollziehbar ist, warum er eine angebliche Misshandlung dem Arzt gegenüber nicht erwähnt hat. Beachtenswert ist weiters, dass der Bf auch bei der Vernehmung im PAZ am 25. März 2006, in Kenntnis der Anzeige, in der entgegen der Ansicht des Bf von ihm behaupteten Misshandlung samt der daraus resultierenden Verletzung als Folge eines Sturzes aus eigenem Verschulden beschrieben wird, gegenüber dem Journalbeamten nicht unverzüglich auf die Misshandlung und die zugefügten Verletzungen hingewiesen hat. Es finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bf die Misshandlungsvorwürfe gegenüber dem Journalbeamten oder gegenüber dem Amtsarzt erwähnt hat; im gesamten Verfahren hat der Bf nicht glaubwürdig dargetan, warum er dieses Vorbringen nicht unverzüglich erstattete.

 

Das Verhalten des Bf bei der amtsärztlichen Untersuchung sowie die Ergebnisse der amtsärztlichen Untersuchung ergeben sich im Wesentlichen aus der Aussage des Amtsarztes, der dieses im Wesentlichen aus dem Untersuchungsformular rekonstruieren konnte. Das skizzierte Stimmungsbild passt zum Verhalten des Bf während der gesamten Amtshandlung und lässt dadurch auch Rückschlüsse auf die notwendige Anhaltedauer zu.

 

In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass – abstellend auf die Aussagen sämtlicher Zeugen sowie des der mündlichen Verhandlung am 28. September 2006 zugrunde gelegten Wachzimmerrapportes des PAZ – davon auszugehen ist, dass sich der Bf während der Amtshandlung und über weite Strecken bei der Anhaltung größtenteils aggressiv verhalten hat. Dieser Zustand wurde von kurzen "weinerlichen" und depressiven Phasen durchbrochen. Der nicht näher feststellbare Alkoholisierungsgrad des Bf (starker Alkoholgeruch aus dem Mund, der nach glaubwürdiger Aussage des Amtsarztes noch aus einer Entfernung von 30 bis 40 cm deutlich wahrnehmbar war) war ua. ausschlaggebend für die Abgabe des Bf in die Sicherungszelle 1 und seine verstärkte Überwachung. Wie aus dem vorliegenden Wachzimmerrapport ersichtlich, war das aggressive Verhalten des Bf im PAZ ein weiterer Grund für die Anhaltung in der Sicherungszelle. Darüber hinaus hat der Bf selbst angegeben, in der Zelle zumindest einmal gegen die Wand geschlagen zu haben.

 

3.3.3. Hinsichtlich der Identität des Bf ist darauf zu verweisen, dass die Zeugen Rev. Insp. K und Rev. Insp. Ka glaubwürdig dargelegt haben, dass der Bf keine Angaben gemacht hat, die Rückschlüsse auf seine tatsächliche Identität zugelassen hätten. Sowohl den vorliegenden und der Verhandlung zugrunde gelegten Aktenteilen als auch der Verantwortung in der mündlichen Verhandlung des Bf ist zu entnehmen, dass der Bf zu keinem Zeitpunkt seine Identität aufklären wollte, sondern es ihm gelegen erschien, seine Identität vorerst zu verschleiern. Bestätigung findet diese Ansicht in den Ausführungen zur niederschriftlichen Beschuldigtenvernehmung im PAZ (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seiten 6 und 7).

 

3.3.4. Zu den Verletzungen des Bf ist auszuführen: Trotz aktenkundiger Lippenverletzung (Feststellung durch den Amtsarzt: Wunde durch Piercing) findet diese keine Erwähnung in der Beschwerdeschrift. Dies ist umso verwunderlicher, als dem Bf diese Verletzung von Rev. Insp. Ka durch einen Schlag zugefügt worden sein soll und gerade der Abschnitt der Amtshandlung nachträglich nicht von der Gedächtnislücke umfasst war. Darüber hinaus hat sich der Bf vor der Unterfertigung der Beschwerdeschrift einer Untersuchung im Landeskrankenhaus Steyr unterzogen. Obwohl sich weder in der Ambulanzkarte noch im Erstbericht des Landeskrankenhauses Steyr Hinweise auf eine Lippen- oder Zahnfleischverletzung finden, brachte der Bf erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2006 gegenüber dem Sachverständigen Ass. Prof. Dr. H vor, dass er gegenüber den untersuchenden Ärzten diese Verletzung behauptet habe und diese weder eine Untersuchung noch eine entsprechende Dokumentation der vorliegenden Verletzung vorgenommen hätten. Die Sachverhaltsergänzung (TP vom 6. September 2006, Seite 11: "Ich habe das dem Arzt gesagt. Natürlich habe ich dem Arzt von der Verletzung gesagt. Dieser hat gesagt, das sei nicht so wild, das würde schon wieder verheilen.") wurde vom Bf zu einem Zeitpunkt getätigt, nachdem der Sachverständige den Bf auf die Widersprüchlichkeit seiner Angaben (Beschwerdeschrift: "... von einer ‘Watschn’ herausgerissen ...." ; Aussagen bei der mündlichen Verhandlung: "... das Piercing wurde mir hineingeschlagen") und die Ambulanzkarte hingewiesen hatte. Um den Bf glaubwürdiger erscheinen zu lassen, fragte der Beschwerdevertreter den Bf, ob er die Ambulanzkarte lesen könne. Dies wurde vom Bf verneint. Damit gewinnt die Verantwortung des Bf nicht an Glaubwürdigkeit. Geht man davon aus, dass der Bf bereits  zum Zeitpunkt der Untersuchung im Landeskrankenhaus Steyr von einem "Hineinschlagen des Piercings" in den Mundraum und einer Verletzung des Zahnfleisches gegenüber den Ärzten gesprochen hat, dann ist nicht nachvollziehbar, warum die einzig sichtbaren Verletzungen nicht Eingang in die Beschwerdeschrift gefunden haben. Weiters ist unverständlich, wieso der Beschwerdevertreter nach Kenntnisnahme des Inhaltes der Ambulanzkarte vor dem 6. April 2006 (die er mit Sicherheit lesen und verstehen konnte und aufgrund seiner Sachverhaltskenntnisse als unvollständig erachten musste), der Gegenschrift, der Anzeige (in dieser wird die Verletzung auf ein herausgerissenes Piercing zurückgeführt), der Stellungnahme des Rev. Insp. K (darin führt dieser aus, dass das Piercingloch nach dem Sturz eingerissen gewesen sein dürfte, das Piercing jedoch noch an der vorhergesehenen Stelle verblieben war) und den sonstigen behördlichen Aktenteilen in der Stellungnahme vom 22. Mai 2006 nur davon spricht, dass "es eher nachvollziehbar ist, dass z.B. das Piercing, aus einer `Watschn´ herausgerissen wurde", obwohl der Bf bereits am 26. März 2006 davon ausgegangen sein will, dass ihm das Piercing in den Mundraum geschlagen wurde und er sich bei diesem Vorgang zusätzlich eine Verletzung des Zahnfleisches zugezogen habe. In diesem Zusammenhang ist auch bezeichnend, dass der Beschwerdevertreter erst nach mündlicher Verhandlung am 5. September 2006 weitere Zeugen namhaft gemacht hat, denen der Bf von den Verletzungen berichtet haben will. Glaubt man dem Beschwerdevertreter, dass er vom Bf in derartigen Situationen immer als "Vertreter" und Auskunftsperson zu Rate gezogen wird, er ihn bereits in mehr als 30 Verfahren unentgeltlich vertreten habe, dann ist nicht nachvollziehbar, warum der Bf seinen Freunden und Verwandten von sichtbaren Verletzungen erzählt, dem Beschwerdevertreter weder bei der Erstellung der Beschwerdeschrift noch vor der Unterfertigung der Beschwerde von den einzigen sichtbaren Verletzungen berichtet und diesen bis zur mündlichen Verhandlung darüber im Unklaren lässt, wie die Verletzung im Lippenbereich tatsächlich entstanden sein soll.    

 

Selbst wenn man dem Bf hinsichtlich der Verletzung des Zahnfleisches Glauben schenken sollte, kann daraus nicht geschlossen werden, dass dem Bf diese Verletzung durch einen absichtlich herbeigeführten Schlag herbeigeführt worden ist. Da diese Verletzung nicht Eingang in die Krankenakte gefunden und der Bw es nicht für notwendig erachtet hat, diese in der Beschwerdeschrift anzuführen, muss es sich dabei um eine minimale Verletzung gehandelt haben. Eine solche schließt jedoch Schläge oder Tritte, wie sie vom Bf und Beschwerdevertreter behauptet wurden, mit Sicherheit aus. Ein massiver Schlag und/oder ein Tritt auf die Kinnpartie des Bf hätte mit  Sicherheit gravierende Spuren im Bereich des Zahnfleisches hinterlassen und es wäre dem Bf ein leichtes gewesen, diese Verletzung bei der ersten sich bietenden Möglichkeit vorzubringen und begutachten zu lassen. Eine solche zielführende Untersuchung und ein entsprechendes Vorbringen wurden jedoch bis zur mündlichen Verhandlung (ca. 5 Monate nach der Amtshandlung) unterlassen. Erst als sich im laufenden Verfahren abzeichnete, dass die Version des "Herausgerissenen Piercings" aufgrund des Endstückes des Piercings (Platte im Mundraum) mit dem festgestellten Ausmaß der Verletzung nicht mehr aufrecht zu erhalten war, schwenkte der Bf auf ein Hineinschlagen des Piercings um. Dabei dürfte er jedoch nicht bedacht haben, dass ein "Hineinschlagen" in den Mundraum infolge des Distanzstiftes von ca. 1 cm (Abstand zwischen Perle und Platte) ohne massive Verletzungsfolgen im Unterkieferbereich nicht möglich ist. Der Sachverständige hat ein solches Durchschlagen für "nicht nachvollziehbar gehalten, da das starre Gebilde des Piercings mit der Platte als Widerlager die frontale Region des Unterkiefers aufweist, somit ein Durchschlagen auf die Weichteile der Lippe nicht denkbar ist" (TP vom 6. September 2006, Seite 22).

 

Ein "Durchschlagen des Piercings" könnte nach den Ausführungen des Sachverständigen nur dann stattgefunden haben, wenn das Piercing seitlich verkippt war. Dafür käme sowohl das Sturzgeschehen als auch ein Schlag in Frage. Hätte tatsächlich ein "Durchschlagen des Piercings" infolge des Sturzes oder eines Schlages stattgefunden, dann wären aber die zuletzt vom Bf behaupteten und nicht festgestellten Verletzungsfolgen untypisch. Der Sachverständige hat aufgrund der beschriebenen "kleine Perle" des Piercings in Betracht gezogen, dass das Piercing auch aktiv und willkürlich durchgezogen werden hätte können. Diese Möglichkeit wurde vom Bf vorerst vehement in Abrede gestellt (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 12 – "[...] das gehe nicht."); im Anschluss an das Gutachten und die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen beschrieb der Bf unaufgefordert den Vorgang, wie man spielerisch das Piercing relativ leicht durch die Weichteile der Lippe ziehen könne (Tonbandprotokoll vom 6. September 2006, Seite 23). Nach den Erläuterungen des Bf müsse man die Platte des Piercings nur über die Zahnreihe rutschen lassen und könne anschließend das Piercing relativ leicht in die Weichteile der Lippe befördern.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes, der Ausführungen des Sachverständigen, der Verantwortung des Bf und den dem Bf zurechenbaren Schriftsätzen des Beschwerdevertreters war die Befragung der weiteren namhaft gemachten Zeugen zur Klärung, ob der Bf nach der Entlassung von Schmerzen im Zahnfleischbereich gesprochen hat, nicht mehr erforderlich. Der festgestellte Sachverhalt lässt nachvollziehbar den Schluss zu, dass der Bf keinerlei sichtbare Verletzungen im Zahnfleischbereich aufgewiesen hat.

 

Wie im Folgenden ausgeführt wird, konnte von einer Zeugenbefragung des TA. Dr. Sch und OA Dr. Schm Abstand genommen werden.

 

Die zuvor getätigten telefonischen Erhebungen (siehe Aktenvermerke
VwSen-420466/40 und VwSen-420466/39) wurden in der mündlichen Verhandlung am 28. September 2006 verlesen. Im Ergebnis konnten sich die untersuchenden Ärzte nicht mehr an den Vorfall erinnern, schlossen jedoch aus, dass sichtbare Verletzungen undokumentiert geblieben wären und dass eine Behandlung/Untersuchung im Landeskrankenhaus Steyr unterblieben wäre. Nach Vorhalt der Ambulanzkarte und des Erstberichtes gaben beide untersuchenden Ärzte übereinstimmend an, dass nach Aktenlage lediglich Verletzungen behauptet wurden, die nicht sichtbar waren. Sämtlichen Verletzungsbehauptungen wurde nachgegangen und diese krankenhausintern abgeklärt. Das Vorbringen des Bf entbehre daher jeglicher Grundlage.

 

Aber selbst für den Fall, dass der Bf unmittelbar nach der Entlassung aus dem PAZ im Bereich des Zahnfleisches eine minimale Verletzung aufgewiesen oder Schmerzen verspürt hat, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass die behauptete Verletzung aus einem absichtlich geführten Schlag des Rev. Insp. K resultierte. Vielmehr ist die Verletzung im Bereich der Lippe (und allenfalls im Bereich des Zahnfleisches) auf den glaubwürdig geschilderten Sturz des Bf zurückzuführen. Die namhaft gemachten Zeugen hätten möglicherweise Schilderungen des Bf wiedergeben und allenfalls eine leichte Zahnfleischverletzung bestätigen können. Dass eine wesentliche Zahnfleischverletzung – als Folge eines (vom Sachverständigen als nicht möglich erachteten) Durchschlags des Piercings in den Mundraum gegen die Kieferpartie  – vorgelegen ist, hat nicht einmal der Bf behauptet.

 

Bezeichnend für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Bf ist auch, dass er nicht unmittelbar nach der Entlassung aus dem PAZ ein Krankenhaus aufgesucht hat, sondern erst einen Tag später und zwar nach der Besprechung mit dem Beschwerdevertreter. Ursprünglich wollte er in der mündlichen Verhandlung noch den Eindruck erwecken, dass er noch am Tag der Entlassung aus dem PAZ das Krankenhaus aufgesucht hat. Nach Vorhalt der Ambulanzkarte hat der Bf seine Aussage revidiert.

 

Die massiven Misshandlungsvorwürfe des Bf – schlussendlich reduziert auf einen Schlag gegen das Gesicht des Bf und 6 bis 8 Tritte gegen den Brustkorb, eine mögliche Handverletzung wird vom Bf nicht mehr angesprochen – werden als nicht glaubwürdig eingestuft. Abgesehen von dem bereits dargestellten  widersprüchlichen Vorbringen des Bf finden diese Behauptungen keinen Niederschlag in der Krankengeschichte des Bf. Auch wenn der Beschwerdevertreter in der Stellungnahme vom 22. Mai 2006 von "eindeutig dokumentierten Verletzungen (Rippenprellungen, Verletzungen im Gesicht, Verletzungen an der Hand ua.)“ spricht und das Vorbringen der belangten Behörde als "an Realitätsverlust grenzend" bezeichnet, "zumal ein Arzt", nach Rücksprache mit dem Beschwerdevertreter (!) "mittlerweile die Gedankengänge des Beschwerdeführervertreters vollinhaltlich bestätigte", ergibt sich nach Einsicht in die Ambulanzkarte und den Erstbericht des Landeskrankenhauses von Steyr und das gegenständliche Sachverständigengutachten, dass keine der gestellten Diagnosen objektive Verletzungszeichen aufgewiesen haben (VwSen-420466/17 – Gutachten vom 10. Juni 2006, Seite 15).

 

Zusammenfassend hat der Sachverständige, nachdem der relevante Sachverhalt vorgelegen ist, ausgeführt, dass im Bericht des Krankenhauses "nur subjektive Schmerzangaben mit konkretem Hinweis darauf, dass objektive Verletzungszeichen, wie Schwellung oder Hämatom nicht vorlagen, dokumentiert" sind (TP vom 6. September 2006, Seite 22) und jedoch eine Kopfverletzung im Detail nicht erwähnt wird (Gutachten vom 10. Juni 2006, Seite 14). Unter Punkt VII (Qualifikation) des gegenständlichen Gutachtens ist der Sachverständige zum Ergebnis gekommen, dass diese Verletzungen gut als Sturzverletzung interpretierbar sind.

 

3.3.5. Das Vorbringen des Bw ist gekennzeichnet von zahlreichen Widersprüchen, Erinnerungslücken in wesentlichen Bereichen, teilweise unglaubwürdigem Sachvorbringen, unsubstantiierten Behauptungen und Verweisungen auf Aussagen von Sachverständigen, die nicht namentlich genannt werden. Im  Zuge des Verfahrens haben der Bf und der Beschwerdevertreter scheinbar nach Bedarf Teile des Vorbringens abgeändert, an geänderte Sachverhalte angepasst und anlassbezogen immer wieder neue Zeugen namhaft gemacht und deren Einvernahme beantragt, um auf eine für den Bf ungünstige Sachverhaltslage reagieren zu können. Erhebliche Widersprüche zeigen sich auch im Vorbringen des Bf zu den vom Beschwerdevertreter verfassten Schriftsätzen.  

 

Folgt man der Aussage des Bf, so wurde die Beschwerdeschrift (VwSen-420466/1) einen Tag nach der gegenständlichen Amtshandlung aufgrund seiner Angaben vom Beschwerdevertreter vorbereitet und nach Durchsicht vom Bf für vollständig erachtet. Stellt man die Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeschrift dem festgestellten relevanten Sachverhalt gegenüber, treten  massive Widersprüche im Vorbringen des Bf hervor.

 

Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass die Schilderung eines Sachverhaltes in zeitlicher Nähe zum Ereignis unbeeinflusster und detailreicher wiedergegeben wird. Die Aussagen des Bf zeigen in Teilbereichen das Gegenteil auf.

 

Da der Bf dem Beschwerdevertreter nicht unmittelbar nach der Entlassung aus dem PAZ von der Amtshandlung berichtet hat, kann davon ausgegangen werden, dass er auch nicht mehr unter dem Eindruck der zwangsweisen Anhaltung gestanden ist und er dem Beschwerdevertreter den Sachverhalt umfassend mitgeteilt hat.

 

Die Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde vermittelt den Eindruck, dass der Bf nach seiner höflichen Vorsprache in der Polizeiinspektion Nietzschestraße von Polizeibeamten schroff zurechtgewiesen und beschimpft worden wäre und lediglich nach "berechtigter Unmutsäußerung" von einigen Polizeibeamten misshandelt, geschlagen und anschließend grundlos festgenommen worden wäre. Aus diesem Vorbringen würde man – abgesehen von der "barschen Erwiderung" - auf eine "passive" Rolle des Bf bei dieser Amtshandlung schließen, der die Misshandlungen und Schläge widerstandslos erduldet hat. Nach Einblick in den Erstbericht des Landeskrankenhauses Steyr stellt sich das Geschehen aber anders dar. So hat der Bf am 26. März 2006 um ca. 18.20 Uhr gegenüber den ihn untersuchenden Ärzten ausgeführt, dass er bei einem "Raufhandel" am "26. März 2006" von Polizeibeamten verletzt worden sei. Die Bezeichnung der Amtshandlung als "Raufhandel" lässt den Schluss zu, dass sich der Bf nicht nur so passiv verhalten hat, wie er in der Beschwerdeschrift darzustellen versucht hat.

 

Das Vorbringen des Bf weist neben den erörterten Widersprüchlichkeiten eine Fülle von Unstimmigkeiten auf. Neben den Erinnerungs- oder Gedächtnislücken, die ausschließlich jene Abschnitte der Amtshandlung betrafen, die von den Misshandlungsvorwürfen nicht betroffen sind, ist beispielsweise auf das widersprüchliche und teilweise nicht nachvollziehbare Vorbringen zur Identitätsfeststellung hinzuweisen. Nachdem der Bf ursprünglich in der Beschwerde vorgebracht hatte, dass er gegenüber den Polizeibeamten "beteuert habe" nicht "G" sondern "S" zu heißen, gestand der Bf nach entsprechenden Vorhaltungen in der mündlichen Verhandlung am 5. September 2006 ein, dass er seine Identität nicht aufklären wollte und vermutlich mit einer "G"-ähnlichen Unterschrift die erstellte Niederschrift unterfertigt habe. In der Beschwerdeschrift ist noch die Rede davon, dass sich der Bf die "Vorteilscard" von einem Herrn G "ausgeborgt" habe und in der mündlichen Verhandlung bringt der Bf über Befragen vor, dass "die Karten gleichzeitig hinunter gefallen und beim Aufheben vertauscht worden seien". Herrn G habe er am Abend kennengelernt. Unschlüssig ist auch, dass sich der Bf weder an die Vorführung zum Journalbeamten und die amtsärztliche Untersuchung erinnern kann, jedoch mit Sicherheit sagen kann, dass er bei der Festnahme nicht belehrt wurde.

 

Dem widersprüchlichen Vorbringen des Bf stehen die grundsätzlich schlüssigen und glaubwürdigen Aussagen der Zeugen gegenüber. Diesen war daher mehr Glauben zu schenken als den Angaben des Bf.

 

3.3.6. Einerseits aufgrund der nachvollziehbaren Angaben des Zeugen Hofrat Dr. Gr, des Verhaltens des Bf während der Amtshandlung und der nachfolgenden Anhaltung und andererseits der Nichtbenennung des Beweisthemas und des allgemein gehaltenen Antrages auf Ladung "der anwesenden Polizeibeamten im PAZ bei der Inhaftierung  bis zur Enthaftung" war diesem weiteren Antrag schlussendlich nicht stattzugeben.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z 2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl. mwN Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 610).

 

Die Festnahme und Anhaltung des Bf stellt ohne Zweifel eine faktische Amtshandlung dar. Die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

 

4.2. Nach Art 5 Abs. 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Absatz 1 lit a) bis f) und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Art. 1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrSchG), BGBl. Nr. 684/1988, gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls.

 

Nach Art. 1 Abs 2 PersFrSchG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Die Freiheitsentziehung im Sinne des PersFrSchG und der EMRK umfasst sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung. Die Verhaftung (Festnahme) ist ein einmaliges Ereignis, sozusagen der Eintritt einer Freiheitsbeschränkung, der vom Willensakt eines Organs (Menschen) getragen wird. Dagegen stellt die Anhaltung die Fortdauer, die Aufrechterhaltung des einmal eingetretenen Zustands der Festgenommenheit dar (vgl. Ermacora, Grundriss der Menschenrechte in Österreich, 1988, Rz 364 ff). Auch dieses Verhalten eines Organs muss von dessen Willen getragen sein. Damit müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille, durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt – hier: zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt – wird, kann etwa dadurch ausdrücklich erklärt werden, dass jemand durch ein Organ "für verhaftet erklärt" wird. Andererseits kann ein Organverhalten auch dann eine Freiheitsentziehung bedeuten, wenn das Organ den Willen nicht ausdrücklich erklärt hat, dieser aber aus seinem Verhalten erschlossen werden muss.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann von einem Eingriff in die persönliche Freiheit nur gesprochen werden, wenn der behördliche Wille primär auf eine Freiheitsbeschränkung gerichtet war, diese sich also nicht bloß als sekundäre Folge anderer Maßnahmen, mit denen Bewegungsbehinderungen verbunden sind, darstellt (vgl etwa VfSlg 5280/1966, 5570/1967, 8327/1978, 7298/1974, 12.017/1989, 12.792/1991). Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1998, B 1341/97, wurde in diesem Zusammenhang aber auch zum Ausdruck gebracht, dass eine nach Art und Umfang überschießende Amtshandlung eine einer Festnahme gleichkommende Beschränkung der persönlichen Freiheit darstellen kann.

 

4.2.1. Gemäß Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG und Art. 5 Abs. 1 EMRK in Verbindung mit   § 35 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 117/2002, ist die Festnahme einer Person zwecks Vorführung vor die Behörde – ohne dass dieser Akt einen rechtswidrigen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit darstelle - in den im § 35 Z 1 bis 3 VStG genannten Fällen zulässig.

 

§ 35 VStG ermächtigt die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festzunehmen, wenn

1.   der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder

2.   begründeter Verdacht besteht, dass er sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, oder

3.   der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.

 

4.2.2. Die Festnahme einer Person durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (hier der einschreitende Polizeibeamte) gemäß § 35 VStG setzt zunächst voraus, dass die Person auf frischer Tat betreten wird. Das Sicherheitsorgan muss ein Verhalten unmittelbar selbst wahrnehmen, dass es zumindest in vertretbarer Weise als eine als Verwaltungsübertretung strafbare Tat qualifizieren kann.  

 

4.3. Die Verwaltungsübertretung der Störung der öffentlichen Ordnung nach § 81 Abs. 1 SPG begeht und ist mit Geldstrafe bis 218 Euro (vgl Art. 21 des BGBl. I Nr. 98/2001) oder bei Vorliegen erschwerender Umstände mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen (Abs. 1 Satz 2) zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

Nach § 81 Abs. 2 SPG haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von der Festnahme eines Menschen, der bei einer Störung der öffentlichen Ordnung auf frischer Tat betreten wurde und trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht (§ 35 Z 3 VStG), abzusehen, wenn die Fortsetzung oder Wiederholung der Störung durch Anwendung eines oder beider gelinderer Mittel (Abs. 3) verhindert werden kann.

 

Als gelindere Mittel kommen nach § 81 Abs. 3 SPG folgende Maßnahmen der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt in Betracht:

die Wegweisung des Störers vom öffentlichen Ort;

das Sicherstellen von Sachen, die für die Wiederholung der Störung benötigt werden.

 

Bei dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein die Beweisregel des § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG ausschließendes Erfolgsdelikt. Tatbildlich iSd § 81 Abs. 1 SPG ist jedes menschliche Verhalten, das als "besonders rücksichtslos" qualifiziert werden kann und eine Störung der öffentlichen Ordnung herbeiführt.

 

Rücksichtslos ist ein der öffentlichen Ordnung widersprechendes Verhalten, das gegen jene ungeschriebenen Regeln für das Verhalten in der Öffentlichkeit verstößt, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinanderleben angesehen wird (vgl mwN Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3 [ 2005] 781, Anm A.4.1.)

 

Während die Vorgängernorm der Ordnungsstörung nach dem Art IX Abs. 1 Z 1 EGVG in der bis 1. Mai 1993 geltenden Altfassung (vgl EGVG-Nov BGBl Nr. 143/1992) noch allgemein auf ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, abstellte, verlangt die im Verhältnis dazu günstigere Strafbestimmung des § 81 Abs. 1 SPG (vgl VwGH 24.4.1995, Zl. 94/10/0154) nicht bloß einfache, sondern sogar das Vorliegen besonderer Rücksichtslosigkeit. Aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum § 81 SPG (vgl RV 1991 zum SPG, 148 BlgNR 18. GP, 52) ergibt sich, dass die Strafbarkeit gegenüber der Vorgängerbestimmung durch das Erfordernis des besonders rücksichtslosen Verhaltens und durch die Betonung der Frage, ob es konkret im Einzelfall eine Rechtfertigung der Störung der Ordnung – beispielsweise durch Ausübung von Grund- und Freiheitsrechten – gibt, inhaltlich zurückgenommen werden sollte.

 

Die Frage der besonderen Rücksichtslosigkeit wird nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen sein, wobei grundrechtliche Positionen besondere Bedeutung haben. Wer andere bei Ausübung oder Inanspruchnahme von grundrechtlichen Positionen stört, handelt in der Regel besonders rücksichtslos (vgl. Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, 781, Anm. A.4.1.).

 

Besonders rücksichtloses Verhalten alleine macht noch nicht nach § 81 Abs. 1 SPG strafbar. Das Verhalten muss zusätzlich noch einen bestimmten Erfolg auslösen, nämlich die "öffentliche Ordnung" stören. Mit öffentlicher Ordnung meint § 81 SPG die Ordnung an öffentlichen Orten (Hauer/Keplinger, a.a.O, § 81, Anm. A.4.2.).

 

Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und die Unabhängigen Verwaltungssenate haben mit mehreren, immer wiederkehrenden Formulierungen versucht, diesen Zustand der gebotenen Ordnung und die Fälle ihrer Störung zu präzisieren. Demnach ist die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört, wenn ein "Zustand hergestellt worden ist, welcher der Ordnung widerspricht, wie sie an einem öffentlichen Ort gefordert werden muss", oder wenn ein "Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht". Jedenfalls muss durch das tatbildliche Verhalten entweder der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder aber ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise gestört worden sein (Hauer/Keplinger, a.a.O, § 81, Anm. A.4.2.1.).

 

Gemäß § 27 Abs. 2 SPG sind "öffentliche Orte" solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden können.

 

In ständiger Rechtsprechung haben sowohl der VfGH als auch der VwGH ein Polizeiwachzimmer als öffentlichen Ort qualifiziert (siehe die Verweisungen bei Hauer/Keplinger, a.a.O, § 27, Anm. A.7.). So hat der VwGH bereits im Erkenntnis vom 8. Februar 1965, 1330/64 (VwSlg 6581A/1965) eine von jedermann ohne zeitliche Beschränkung zugängliche Polizeiwachstube als öffentlichen Ort beurteilt.

 

Auch wenn sich,  wie an der gegenständlichen Örtlichkeit, im Eingangsbereich der Polizeiinspektion eine Sicherheitsschleuse befindet, die ausschließlich aus Gründen der Eigensicherung eingerichtet ist,  stellt der gesamte Bereich der Polizeiinspektion, der dem Parteienverkehr (zB. Räumlichkeiten zur Anzeigenaufnahme, Protokoll-erstellung, niederschriftlichen Befragung, ...) vorbehalten ist, einen öffentlichen Ort dar.

 

Konsequenterweise reicht daher für eine Störung der Ordnung bereits aus, wenn eine Person dazu bewogen wurde, sich anders zu verhalten, als wenn der Vorfall nicht stattgefunden hätte. Eine Störung der Ordnung liegt somit vor, wenn der übliche Dienstbetrieb in einem Wachzimmer gestört wird (VwGH vom 12. Mai 1986, 86/10/0046; VfSlg 12.258/1990).

 

Die Rechtsprechung bietet eine Fülle von Anschauungsbeispielen. Auch wenn der Großteil der Entscheidungen noch zum EGVG ergangen ist, können wesentliche Teile der beurteilten Verhaltensweisen als einschlägig zu § 81 Abs. 1 SPG qualifiziert werden. So hat der VfGH lautstarkes Herumschreien  und Beschimpfen von Polizeibeamten (VfSlg 13.240/1992), das Verwickeln eines Sicherheits-wachebeamten in eine lautstarke Auseinandersetzung (VfSlg 10.837 und 11.087/1986) und alkoholisiertes Randalieren (VfSlg 9860/1983) als tatbildlich erachtet.

 

Wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, hat der Bw in der Sicherungsschleuse der Polizeiinspektion Nietzschestraße lautstark herumgeschrieen, anfangs mit der flachen Hand und in der Folge mit den Fäusten gegen die Trennscheibe der Sicherheitsschleuse geschlagen und dadurch den üblichen Dienstbetrieb in der Polizeiinspektion gestört. Beispielsweise wurde RevInsp Ka, der sich in einem anderen, den Parteien zugänglichen Raum aufgehalten hat, derart an der Vornahme seiner dienstlichen Tätigkeiten gestört, dass er diese wegen der notwendig erscheinenden Unterstützungshandlungen für den die Amtshandlung führenden Rev. Insp K unterbrechen und über einen längeren Zeitraum nicht mehr aufnehmen konnte.

 

Dem festgestellten Sachverhalt kann nicht entnommen werden, dass das besonders rücksichtslose Verhalten des Bf, mit dem die öffentliche Ordnung gestört wurde,  gerechtfertigt gewesen ist. Rev. Insp. K ist daher zu Recht von der Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 81 Abs. 1 SPG ausgegangen.

 

Da aufgrund der glaubwürdigen Schilderungen der Zeugen Rev. Insp. K und Rev. Insp. Ka das Verhalten des Bf als Störung der Ordnung zu qualifizieren war, dieser von beiden Polizeibeamten auf frischer Tat betreten worden ist und er trotz  mehrmaliger Abmahnungen die strafbare Handlung fortgesetzt und somit in dieser verharrt hat, hat Rev. Insp K den Bf zu Recht festgenommen. Die Fortsetzung der Störung der Ordnung konnte auch nicht durch die Anwendung gelinderer Mittel verhindert werden, da sich der Bf weigerte, einer Wegweisung vom öffentlichen Ort nachzukommen. Wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen eindeutig ableiten lässt, hat der Bf sein aggressives Verhalten ständig gesteigert und sein lautstarkes Vorbringen anfangs durch Schläge mit der flachen Hand und anschließend mit den Fäusten auf die Trennwand zwischen Sicherheitsschleuse und Parteienräumlichkeit gesteigert. Dieses Verhalten war davon getragen, seine persönlichen Sachen wieder zu erlangen, die sich im gegenständlichen Pkw befunden haben.  Um sich den Fußweg zu ersparen, sollten ihn die Polizeibeamten zum abgestellten Pkw verbringen. Da der Bf von seinem Begehren nicht abließ und sein aggressives Verhalten immer weiter steigerte, war auch eine Wegweisung nicht geeignet, die Fortsetzung der Störung der öffentlichen Ordnung zu verhindern.

 

Mangels eines zielführenden gelinderen Mittels war Rev. Insp. K gehalten, die Festnahme des Bf auszusprechen und auch vorzunehmen.

 

4.4. Gemäß § 36 Abs. 1 VStG ist jeder Festgenommene unverzüglich der nächsten sachlich zuständigen Behörde zu übergeben oder aber, wenn der Grund der Festnahme schon vorher wegfällt, freizulassen. Er ist ehestens, womöglich bei seiner Festnahme, in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten. Die Behörde hat den Angehaltenen unverzüglich zu vernehmen. Er darf keinesfalls länger als 24 Stunden angehalten werden.

 

Unstrittig ist, dass der Bf unverzüglich der nächsten sachlich zuständigen Behörde übergeben worden ist. Wie sich dem festgestellten relevanten Sachverhalt eindeutig entnehmen lässt, wurde der Bf über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen unterrichtet. Von der Möglichkeit, eine Person seines Vertrauens zu verständigen, hat der Bf unbestritten keinen Gebrauch gemacht. Sein diesbezüglicher Verzicht ist bereits in der Anzeige vom 25. März 2006 dokumentiert und vom Bf auch nach Kenntnis der Aktenlage (Vorlage der Anzeige am 25. März 2006, um ca. 14.15 Uhr) nicht bestritten worden.

 

Aufgrund des Beweisergebnisses steht fest, dass zum Zeitpunkt der Vorführung des Bf zum Journalbeamten der Grund der Festnahme noch nicht weggefallen war. Der Bf war nämlich von der fixen Idee besessen, dass die "Arschlöcher" (gemeint: die anwesenden Polizeibeamten) verpflichtet seien, ihn zum abgestellten Pkw zu bringen, da er selbst zur Polizeiinspektion gekommen war. Da er von diesem Begehren nicht Abstand genommen hat, hatte sich auch eine Wegweisung als unmöglich erwiesen. Das Verhalten des Bf, dass auch noch bei der nachfolgenden amtsärztlichen Untersuchung von Dr. R-C teils als "aggressiv" und teils als "depressiv" wahrgenommen und so schriftlich festgehalten worden ist, ließ jedenfalls während der Zeit, als der Bf vom Journalbeamten befragt wurde, für diesen nicht den Schluss zu, dass der Bf sein strafbares Verhalten eingestellt habe und für den Fall der Freilassung nicht in diesem Verhalten weiter verharren bzw. diesen wieder aufnehmen werde. Diese "Stimmungsschwankungen" wurden bereits in der Anzeige vom 25. März 2006 und der Stellungnahme vom  19. April 2006 angemerkt und fanden in den glaubwürdigen Zeugenaussagen ihre Bestätigung. Unterstrichen wird dies noch dadurch, dass dem Bf die Handschellen erst unmittelbar vor der amtsärztlichen Untersuchung abgenommen worden sind.

 

Aufgrund des Verhaltens des Bf war auch eine "unverzügliche Vernehmung" des Bf – wie vom Beschwerdevertreter gefordert – unmittelbar nach der Vorführung ausgeschlossen. Bei dem festgestellten Zustandsbild des Bf hat die belangte Behörde zu Recht zu diesem Zeitpunkt von der Vornahme einer Einvernahme Abstand genommen. Das Auftreten des Bf vor den Behördenorganen, seine mangelnde Bereitschaft sich der amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen und sein Verhalten in der Sicherungszelle im PAZ (die Abgabe in der Sicherungszelle wurde wegen seines Zustandes und seines Erscheinungsbildes – "aggressiv, betrunken und verschmutzt" – verfügt) lassen erkennen, dass eine frühere Einvernahme nicht vertretbar erschienen wäre. Selbst unmittelbar vor der Entlassung war der Bf äußerst unkooperativ (wirkte an der Aufklärung seiner Identität nicht mit sondern täuschte die belangte Behörde über seine wahre Identität) und interessierte sich "für den ganzen Scheiss nicht".

 

Im Hinblick auf das Fortbestehen des Haftgrundes nach § 35 Z 3 VStG kann nach Lage dieses Falles von einer ungerechtfertigten Verfahrensverzögerung und einem Verstoß gegen § 36 letzter Satz VStG keine Rede sein. Der Gesetzgeber hat durch die Statuierung der "24 Stunden Maximalfrist" zum Ausdruck gebracht, dass die Vernehmung eines Festgenommenen nicht in allen Fällen kurz nach der Festnahme möglich sein wird. Die Behörde hat nur die ihr zumutbaren organisatorischen und personellen Maßnahmen zu treffen, um der sich aus § 36 Abs. 1 VStG ergebenden Verpflichtung nachzukommen (s. VfSlg 11.371/1987).

 

4.5. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die Festnahme gemäß § 35 Z 3 VStG rechtmäßig erfolgt ist, da der Bf trotz mehrmaliger vorhergehender Abmahnungen in der Begehung der Verwaltungsübertretung verharrt hat und die Fortsetzung  der Störung der Ordnung durch die Anwendung gelinderer Mittel nicht verhindert werden konnte. Das Gesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit erlaubt eine Anhaltedauer von maximal 24 Stunden. Daher ist die Anhaltung in der Dauer von knapp über 5 Stunden im Hinblick auf das Verhalten des Bf während dieser Zeit und die in dieser Zeit vorgenommenen Amtshandlungen als rechtmäßig anzusehen.

 

4.6.1. Art. 1 Abs. 4 PersFrBVG sieht vor, dass wer festgenommen oder angehalten wird, unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln ist und nur solchen Beschränkungen unterworfen werden darf, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.

 

Nach § 36 Abs. 2 VStG ist bei der Festnahme und Anhaltung unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person vorzugehen.

 

Nach § 2 Z 3 des Bundesgesetzes über den Waffengebrauch von Organen der Bundespolizei und der Gemeindewachkörper (Waffengebrauchsgesetz 1969 – WaffGG) dürfen Organe der Bundespolizei in Ausübung des Dienstes nach Maßgabe der Bestimmungen diese Bundesgesetzes u.a. zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme von Dienstwaffen Gebrauch machen.

 

Gemäß § 4 WaffGG ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben.

 

Die Anwendung von Körperkraft ist zwar grundsätzlich ein "gelinderes Mittel", das iSd § 4 WaffGG dem Gebrauch von Dienstwaffen (§ 3 leg. cit.) vorzuziehen ist. Der Einsatz von Körperkraft ist freilich dann nicht mehr "geeignet" (§ 4 WaffGG), wenn sich die einschreitenden Exekutivorgane hiedurch besonderen Gefahren (im Besonderen Verletzungsgefahren) aussetzen würden, die beim Einsatz von Dienstwaffen vermieden werden können (vg. auch § 3 RLV). Die Exekutivorgane sind von Rechts wegen nicht verhalten, ein ernsthaftes Risiko der Verletzung ihrer körperlichen Integrität nur zu dem Zweck hinzunehmen, um einer Person, die ihrerseits mit den rechtlichen Werten nicht verbunden ist, möglichst zu schonen (Hauer/Keplinger, Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes3, 177, § 4 WaffGG, Fn. 1).

 

§ 4 WaffGG bringt deutlich zum Ausdruck, dass Exekutivorgane zum Einsatz von Handfesseln ermächtigt sind. Aus dieser Vorschrift lässt sich die Befugnis zum Anlegen von Handfesseln freilich nur insoweit ableiten, als dies notwendig ist, um die Zwecke des § 2 WaffGG zu erreichen. Davon abgesehen ist eine Handfesselung festgenommener Personen jedenfalls soweit zulässig, als dies der Abwehr von Gefahren für deren eigene körperliche Sicherheit oder für die körperliche Sicherheit anderer Personen, insbesondere der Exekutivorgane, zur Unterbindung von Sachbeschädigungen oder zur Verhinderung der Flucht erforderlich ist; die Zulässigkeit der Fesselung lässt sich insofern aus der Befugnis zur Festnahme selbst ableiten, weil diese Befugnis auch die Rechtsmacht zur Vorkehrung all dessen einschließt, was zur ordnungsgemäßen Durchführung einer Festnahme nach den ihr immanenten Zwecken gehört; sie lässt sich überdies aber teilweise auch auf § 21 Abs. 2 iVm § 33 SPG stützen (etwa bei noch fortdauernden Angriffen auf Exekutivorgane oder bei fortdauernden Sachbeschädigungen). Die Handfesseln sind abzunehmen, wenn der Grund für ihre Verwendung wegfällt (Hauer/Keplinger, Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes3, 177, § 4 WaffGG, Fn. 2).

 

4.6.2. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.

 

Die Bestimmung schützt vor Amtshandlungen, denen "eine, die Menschenwürde beeinträchtigende, gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person innewohnt (VfSlg 10.546, 11.087, 13.154, 13.708).

 

Im Hinblick auf Art. 3 EMRK beurteilt die Judikatur Amtshandlungen stets nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Eine Rechtsverletzung liegt dann vor, wenn eine Maßnahme auf Grund des Gesamtbildes des behördlichen Einschreitens angesichts der konkreten Umstände als unangemessen anzusehen ist (VfSlg 9298, 10.018; EGMR 25.4.1978 Tyrer, EuGRZ 1979, 162; 25.2.1982 Campell und Cosans, EuGRZ 1982, 153 und EGMR 22.3.1993 Klaas, ÖJZ 1994, 348). Eine an sich konventionswidrige Maßnahme (z.B. Fesselung, Schieben, Stoßen) kann dann zulässig sein, wenn dies zur Überwindung eines Widerstandes oder zum Schutz der einschreitenden Beamten erforderlich ist. Eine Verabreichung von Ohrfeigen ist "betont erniedrigend" und wird wohl nie angemessen sein (VfSlg 8296, 10.018). Eine Misshandlung wird nur dann als Eingriff qualifiziert, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht (EGMR 25.4.1978 Tyrer, EuGRZ 1979, 162; 27.8.1992 Tomasi, ÖJZ 1993, 137).

 

Die Anwendung von Körperkraft kann gegen Art. 3 EMRK verstoßen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies für Ohrfeigen (VfSlg 8.296/1978, 10.052/1984), Fußtritte (VfSlg 10.250/1984, 11.095/1986, 11.144/1986, 11.230/1987, 11.687/1988), Schläge (VfSlg 8.645/1979, 10.250/1984, 11.096/1986, 11.170/1986, 11.328/1987, 11.421/1987, 12.603/1991) mehrfach ausgesprochen.

 

Eine den Rechtsgrundsätzen des Waffengebrauchsgesetzes 1969 entsprechende verhältnismäßige und maßhaltende Zwangsausübung verstößt nicht gegen Art. 3 EMRK (vgl VfSlg 9.298/1981, 10.250/1984, 10.321/1985, 10427/1985, 11.809/1988; 12.271/1990). Auch die Anwendung von Körperkraft ist daher nur dann gesetzmäßig, wenn die Zwangsausübung "notwendig und maßhaltend" ist (vgl Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz: Kommentar2, 927, Anm B.1.).

 

Eine physische Zwangsmaßnahme verstößt nur dann auch gegen Art. 3 EMRK, wenn qualifizierend eine "gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person" hinzutritt (vgl. Nachweise bei Mayer, B-VG3, 587 ff, I.1., I.2. und II.1. und II.2. zu Art. 3 EMRK).

 

4.6.3. Gegen diesen Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Zwangsausübung hat die Amtshandlung zur Durchführung der Festnahme des Bf nach dem festgestellten Sachverhalt keinesfalls verstoßen.

 

Der Bf hat sich der Festnahme dadurch widersetzt, dass er die einschreitenden Polizeibeamten Rev. Insp K und Rev. Insp Ka mit seinen Händen auf Abstand halten wollte und so eine Durchführung der Festnahme zu vereiteln suchte. Im Hinblick auf sein zuvor gezeigtes Verhalten (lautstarkes Schimpfen, Schreien und der Schläge mit der flachen Hand und den Fäusten gegen die Scheibe der Sicherheitsschleuse) mussten die beiden Zeugen von einer gewaltbereiten Person ausgehen. Hier ist anzumerken, dass die aggressive Haltung des Bf sogar noch bei der amtsärztlichen Untersuchung gegeben war und entsprechend vom untersuchenden Arzt schriftlich festgehalten worden ist.

 

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts besteht für den Unabhängigen Verwaltungssenat kein Grund daran zu zweifeln, dass der Bf durch die Art und Weise der Vornahme der Festnahme und der Vorführung zum Journalbeamten in seinen Rechten nicht verletzt wurde. In Anbetracht des Verhaltens des Bf reichte die ausschließliche Anwendung von Körperkraft nicht aus und es mussten daher Handfesseln als weiteres zur Verfügung stehendes gelinderes Mittel zusätzlich eingesetzt werden um die rechtmäßige Festnahme erzwingen zu können.

 

Obwohl der Bf ursprünglich in der Beschwerdeschrift massive Misshandlungen durch Ohrfeigen, Fußtritte gegen den Körper und vereinzelt gegen den Kopf vor und bei der Vornahme der Festnahme vorgebracht hat, wurden diese in der mündlichen Verhandlung – im Hinblick auf die Umstände bei Vornahme der Festnahme – nicht mehr aufrecht erhalten.  Die Misshandlungsbehauptung als solche wurde – eingeschränkt – aufrechterhalten und auf einen anderen Zeitabschnitt der Amtshandlung bezogen.

 

Bei einer vertretbaren physischen Zwangsmaßnahme sind (geringfügige) Verletzungen von vornherein nicht grundsätzlich auszuschließen.

 

Bedingt durch die Gegenwehr des Bf konnten die angelegten Handfesseln nicht mehr fixiert werden (Sicherung der Stellung mittels Sicherungsstiftes). U.a. wurde daher auch aus diesem Grund eine entsprechende amtsärztliche Untersuchung angeordnet. Weder bei dieser noch bei jener im Landeskrankenhaus Steyr wurden Verletzungen im Bereich der Handgelenke festgestellt. Die im Erstbericht des Landeskrankenhauses aufgenommenen Verletzungsangaben beruhen ausschließlich auf Aussagen des Bf. Im Befund des Erstberichtes steht, dass sich im Bereich des linken Handgelenkes keine Hämatomverfärbung und keine Schwellung zeigt.  

 

Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens war der Einsatz der Körperkraft und der Handfesseln als maßgerecht zu beurteilen.

 

Im Anschluss an die Übermittlung des Vorlageaktes und der Gegenschrift hat der Beschwerdevertreter, bezogen auf die Sachverhaltsdarstellungen der belangten Behörde, die Misshandlungsvorwürfe für den Zeitraum der unmittelbaren Festnahme nicht mehr aufrecht erhalten, sondern zeitlich später angesetzt. Nachdem in der Beschwerdeschrift eine konkrete Verletzungsbehauptung gänzlich unterblieben war, hat der Beschwerdevertreter erstmals im Antrag vom 22. Mai 2006 auf im Krankenhaus "festgestellte Verletzungen" hingewiesen und weiters behauptet, dass das "Piercing aus einer `Watschn´ heraus nachvollziehbar herausgerissen" worden ist. Dagegen hat der Bf in der mündlichen Verhandlung am 5. September 2006 nach Kenntnis des mittlerweile erstellen Gutachtens ausgeführt, dass ihm das Piercing in den Mundraum geschlagen worden sei, nachdem er einen Beamten beleidigt hatte. Die angebliche Misshandlung im Piercingbereich wird somit zeitlich vor dem von den Zeugen geschilderten Sturz angesetzt.

 

Wie unter Punkt 3.3. ausführlich dargelegt, hat der Bf versucht, seine Misshandlungsvorwürfe immer an die entsprechende Sachlage anzupassen. Im Verlauf des Verfahrens hat er die Misshandlungsvorwürfe konkretisiert und Verletzungen behauptet, die entweder  nicht oder nicht entsprechend seinen Behauptungen festgestellt worden sind. Je nach Bedarf hat sein Vertreter "weitere Zeugen" namhaft gemacht, die 6 Monate nach dem angeblichen Vorfall zu Verletzungen Aussagen treffen könnten, die beispielsweise weder in die Beschwerdeschrift noch in den Erstbericht des Landeskrankenhauses Steyr Eingang gefunden haben.

 

Abstellend auf den festgestellten relevanten Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die vom Bf behaupteten Misshandlungen nicht stattgefunden haben.

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds wurde durch die beschriebene Vorgangsweise die Person des Bf keinesfalls missachtet. Eine Verletzung der vom Bf behaupteten (verfassungs-)gesetzlich gewährleisteten Rechte liegt daher weder hinsichtlich der Festnahme als solcher, der Art und Weise der Durchführung der Festnahme noch hinsichtlich der Verbringung in das PAZ und der Anhaltung in der Sicherungszelle vor.

 

5. Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.

 

Wie sich aus der mündlichen Verkündung des Spruches, der dazu vorgetragenen Begründung  und der Tonbandprotokollausfertigung vom 4. Oktober 2006 ergibt, fand bei der Bescheidverkündung am 28. September 2006 aufgrund einer unzutreffenden Spruchprotokollierung  ein Vergreifen im Ausdruck statt. Da es sich dabei um einen Fehler handelt, der nicht der behördlichen Willensbildung sondern allein seiner Mitteilung anhaftet, war dieser Fehler gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigungsfähig.

 

6.1. Die Gebühren des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sach-verständigen Ass. Prof. Dr. J H für die beantragte Erstellung des gegenständlichen  Gutachtens und für die beantragte Erläuterung und Ergänzung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung am 5. September 2006 wurden für die Gutachtenserstellung mit 197,80 Euro und für die Beiziehung zur mündlichen  Verhandlung, Gutachtenserörterung und Gutachtensergänzung mit 232,30 Euro, somit insgesamt mit 430,10 Euro, bestimmt (vgl die Kostenbescheide vom 5. Juli und 8. September 2006) und von der Landesbuchhaltung am 12. Juli und 13. September 2006 angewiesen.

 

6.2. Gemäß § 79a AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Beim gegenständlichen Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand (51,50 Euro, 220,30 Euro und 275,30 Euro) nach den Pauschalbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in der Höhe von insgesamt 547,10 Euro zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl. Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1.    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.    Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 55,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Stierschneider

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 24.11.2009, Zl.: 2007/21/0137-6

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