Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161764/2/Br/Ps

Linz, 20.11.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn E I, geb. in S, S, L, gegen den Ladungsbescheid des Polizeidirektors von Linz vom 13.10.2006, AZ: S-28877/06 VP, zu Recht:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Sie wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 19 Abs.1 und § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Dem Berufungswerber wurde von der Behörde erster Instanz ein mit 13.10.2006 datierter Ladungsbescheid am 19.10.2006 zugestellt.  

Darin wurde ihm sinngemäß zur Last gelegt, er sei am 31.7.2006 um 08.50 Uhr als Lenker eines Fahrrades auf der Weißenwolffstraße im Bereich der Kreuzung mit der Gruberstraße entgegen der dort angebrachten Richtungspfeile nicht geradeaus oder rechts, sondern nach links weitergefahren.

Auf dem standardisierten Formular [Formular 21 zu § 19 AVG und §§ 40, 41 und 43 VStG (Ladung eines Beschuldigten zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren) EDV-1721/CS] wurde er eingeladen am 8.11.2006 um 08:15 Uhr an einer näher bezeichneten Örtlichkeit am Sitz der Behörde erster Instanz entweder persönlich oder durch einen bevollmächtigten Vertreter zu erscheinen.

Als Rechtsfolge für den Fall der Nichtbefolgung wurde – in Fettschrift hervorgehoben – die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens ohne seine weitere Anhörung eröffnet. Ebenfalls wurden die Rechtsgrundlagen, auf die der Ladungsbescheid gestützt wurde, benannt und eine Rechtsmittelbelehrung erteilt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte und mit dem Antrag auf Beigabe eines Verteidigers verbundene Berufung vom 18.10.2006. Der im Rahmen dieses Verfahrens nicht näher zu kommentierende Inhalt wird nachstehend im Volltext wiedergegeben:

"1. Die Behauptungen des B bzw. des E oder des U, ich sei ‚nicht im Sinne der Richtungspfeile geradeaus oder nach rechts, sondern nach links weitergefahren’, sind ebenso haarsträubender wie unhaltbarer krimineller Unsinn, da erstens der von mir befahrene Fahrstreifen der Linksabbiegestreifen war, zweitens ich nicht mehr dazugekommen bin, nach links zu fahren, weil ich vorher von hinten niedergemäht wurde. Das ist aus den Beschädigungen klar ersichtlich: Bei mir wurde der Gepäckträger zerstört, was der Versicherungssachverständige im Gegensatz zum offensichtlich nicht nur voreingenommenen, sondern auch gänzlich inkompetenten Ü bei der vor Reparatur erfolgten Besichtigung festgestellt hat.

2. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, daß in Österreich, zumindest nach meinem unerheblichen Kenntnisstand, die Rechtsfahrweise vorgeschrieben ist und ich als Radfahrer daher am rechten Rand des Linksabbiegestreifens fuhr, was nach Ende der Markierung zu der höchst akademischen Frage führt, wo der rechte Rand des Linksabbiegestreifens endet und der linke Rand des zum Geradeausfahren und Rechtsabbiegen bestimmten beginnt.

3. Da die schamlose Dreistigkeit, mit der ein offensichtlich wild gewordener Repressionsapparat das Opfer verfolgt und die Täterin schützt, mich nicht nur fassungs-, sondern auch sprachlos gemacht hat, sehe ich mich zu dem Versuch gezwungen, mich schriftlich zu artikulieren. Mißtrauisch war ich schon bei den parteiischen Formulierungen des Ü, der mich zu Falschaussagen verleiten wollte. Entsetzt war ich nach der gerichtlichen ‚Benachrichtigung des Geschädigten’, daß die Täterin nicht bestraft wird. Ich habe dann vermutet, daß die Täterin Richterin, Staatsanwältin oder zumindest die Sekretärin und/oder Geliebte des Polizeipräsidenten ist, was die Sache nicht besser, aber besser verständlich machen würde. Nach Erhalt der Unterlagen mußte ich aber feststellen, daß es schon reicht, gewöhnliche Sonderschullehrerin zu sein, also ein doch eher unbedeutendes Rädchen im Getriebe der Organisierten Kriminalität, um die Lizenz zum straflosen Radfahrerabschuß zu haben, was in mir den Verdacht verdichtete, nicht in Oberösterreich zu leben, sondern einer besonders kafkaesken Variante kakanischen Absurdistans.

4.   Wäre der B des Lesens mächtig, könnte er selbst feststellen, daß Frau J. P selbst zugegeben hat, auf dem Linksabbiegestreifen gefahren zu sein, wenn sie es auch so formuliert: ‚ ... befand ich mich auf dem Fahrstreifen, der zum Geradeausfahren und Linksabbiegen bestimmt ist’, was insoferne ein pikantes Detail ist, als es einen solchen nicht gibt und allen außer den befaßten Bezugsempfängern genug über die Glaubwürdigkeit der Aussagen der - jahhh!!! hier ist der Genetiv angebracht!!! jawolll!!! - Fr. J. P sagen würde. In Zusammenhang, mit dem als Geständnis zu wertenden Dementi, einem entgegenkommenden Auto ausgewichen zu sein, wäre der Fall geklärt.

Da dieses jedoch kein Rechtsstaat ist, sondern ungeschminkte, brutale Realiät, müssen wir, wenn auch nicht mit Begeisterung, wohl oder übel akzeptieren, daß funktionelles Analphabetentum und ein juridisches Magisterium nicht nur nicht inkompatibel sind, sondern einander geradezu bedingen.

5.   Aus den vom Ü formulierten Behauptungen der Fr. J. P geht hervor, daß die Kreuzung auf Anweisung der Sanitäter vor Eintreffen der Bezugsempfänger des Unfallkommandos geräumt wurde, ein Fakt, der bei einem Unfall mit Personenschaden bei einigermaßen gewissenhaften Organen Mißtrauen hervorrufen sollte, da es die objektive und nicht von beteiligten Zeugen abhängige Aufklärung des Sachverhalts nicht unbedingt erleichtert. Es ist dem Ü jedoch gelungen, den Grund dafür sorgfältig aus dem Akt herauszuhalten: Fr. J. P hatte nämlich den Sanitätern gegenüber erklärt, sie wisse, daß sie und sie allein die Schuld trage.

6.   Strafanzeigen sind, wie die Erfahrung lehrt, völlig folgenlos, da der Staatsanwalt bei Amtsmißbrauch sowie bei Folterung oder Tötung von Nichtbeamten durch Bezugsempfänger kein rechtswidriges Verhalten feststellen kann, insofern will ich mir die Mühe sparen und nur kurz anmerken, was in einem Rechtsstaat zu Rechtsfolgen führen müsste: Fr. J. P: schwere Körperverletzung, versuchter Totschlag, Nichteinhalten des Sicherheitsabstands, der zu einspurigen Fahrzeugen zu der Zeit, als ich die Führerscheinprüfung machte, noch mindestens einen Meter betrug, sowie Irreführung der Behörden durch den Versuch, ihre Schuld zu vertuschen. Dem Gericht, dem Ü und dem B Amtsmißbrauch und Strafvereitelung im Amt sowie dem B schwere Körperverletzung durch Versenden von überflüssigen RSA-Briefen, wo es ein Anruf auch getan hätte, und Verfolgung Unschuldiger: Ich leide seit Empfang unter Depessionen und daraus folgender Unfähigkeit, zu Entschlüssen zu kommen oder mich zu sinnvoller Tätigkeit aufzuraffen, was so weit geht, daß ich es nicht einmal schaffe, mir ein ärztliches Attest zu besorgen.

7.   Als Schmerzensgeld ersuche ich mir EUR 1.000,00 zu überweisen, ebenfalls je EUR 1.000,00 für Verdienstentgang und für den Arbeitsaufwand. (Sie dürfen lachen!)

 

Nach Ihrem Vorbilde verbleibe ich grußlos

 

E. J. I, Geschäftsführer"

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Behörde erster Instanz. Da sich bereits aus diesem der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt ergibt und im Ergebnis die sich auf die Lösung einer Rechtsfrage reduzierenden und einer sachlichen Nachvollziehbarkeit weitgehend entbehrenden Berufungsausführungen, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

4.1. Zur Rechtmäßigkeit der Berufung ist zu bemerken, dass zwar gemäß § 19 Abs.4 AVG, welche Bestimmung gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung zu finden hat, gegen eine Ladung oder die Vorführung kein Rechtsmittel zulässig ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings erkannt, dass im Verwaltungsstrafverfahren auch gegen Ladungsbescheide eine Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat möglich ist (VfGH 6.10.1997, G1393/95-10 u.a.). Gemäß dieser Judikatur bezieht sich der Ausschluss der Berufung im Sinne des § 19 Abs.4 AVG lediglich auf den Ausschluss eines administrativen Instanzenzuges, nicht aber auf die Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates.

 

4.2. In der Sache selbst ist zu bemerken:

Gemäß § 40 Abs.1 und 2 VStG hat die Behörde dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, sich zu rechtfertigen. Die Behörde kann den Beschuldigen zu diesem Zweck zur Vernehmung laden oder ihn auffordern, nach seiner Wahl entweder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu seiner Vernehmung zu erscheinen oder sich bis zu diesem Zeitpunkt schriftlich zu rechtfertigen.

Gemäß § 41 Abs.1 leg.cit. ist in der Ladung (§ 19 AVG) des Beschuldigten die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, kurz und deutlich zu bezeichnen.

 

Die Berechtigung der Behörde zur Ladung von Personen bezieht sich auf solche, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben (§ 19 Abs.1 AVG).

 

Der von der Erstbehörde erlassene Ladungsbescheid entspricht demnach ohne Zweifel diesen rechtlichen Kriterien. Die vorgesehene Einvernahme soll das einem Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren zustehende Recht auf Parteiengehör wahren, es soll ihm also ermöglicht werden, zum Tatvorwurf persönlich Stellung zu nehmen. Die Behörde hat es im gegenständlichen Ladungsbescheid im Übrigen dem nunmehrigen Berufungswerber offen gelassen, entweder persönlich beim Amt zu erscheinen oder an seiner Stelle einen Bevollmächtigen zu entsenden. Von der Notwendigkeit eines direkten persönlichen Erscheinens des Berufungswerbers wurde sohin nicht ausgegangen.

Die Anführung der Rechtsfolge im Bescheid, dass nämlich im Falle des Nichterscheinens dann das Verwaltungsstrafverfahren ohne seine Anhörung durchgeführt würde, hat ihre Grundlage in der diesbezüglichen Anordnung des § 41 Abs.3 VStG.  Mit Blick auf eine anzustrebende rasche Verfahrensabwicklung kann in der Ladung mittels Ladungsbescheid weder eine Rechtswidrigkeit noch eine Beschwer für den Beschuldigten (hier Berufungswerber) erblickt werden. Dennoch muss der Behörde in der Erfüllung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsfindung ein Ermessensspielraum eröffnet bleiben.

Der Berufung konnte daher kein Erfolg beschieden sein (vgl. auch h. Erk v. 3.5.2005, VwSen-160518/2/Sch/Pe, sowie VwGH 23.5.2003, 2003/11/0042 u. VwGH 21.1.2005, 2004/09/0106).

 

5. Der Vollständigkeit halber ist noch anzufügen, dass die gegenständliche Berufungsentscheidung keinesfalls präjudiziell ist für den Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens selbst.

Im Rahmen des ordentlichen Ermittlungsverfahrens wird von der Behörde der entscheidungsrelevante Sachverhalt noch zu ermitteln sein, etwa durch entsprechende Überprüfung der Verantwortung des Berufungswerbers hinsichtlich der Richtungspfeile auf dem von ihm benützten Fahrstreifen bzw. jenem von der unfallbeteiligten Pkw-Lenkerin.

Ebenfalls wird an dieser Stelle noch auf die fehlende gesetzliche Basis für die Beigabe eines sogenannten Verfahrenshilfeanwaltes im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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