Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300712/14/BMa/Jo

Linz, 06.12.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung der M M M, vertreten durch Dr. W M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 6. Dezember 2005, Zl. Pol96-182-2004/LA, wegen Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 700 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch des bekämpften Bescheides nach dem Wort "Räumlichkeiten" eingefügt wird: "J B".

 

II.                  Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 70 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

 

zu  II.: § 64 und § 65 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin wie folgt schuldig gesprochen:

 

"Straferkenntnis

 

Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin der D KEG und somit als nach außen hin Vertretungsbefugte am 4.6.2004 um 00:10 Uhr in, eine Verwaltungsübertretung begangen, indem Sie im Gebäude dieser Firma Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution in verbotener Weise zur Verfügung stellten, weil in diesem Gebäude auch das Gastgewerbe ausgeübt wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) i.V.m. § 2 Abs. 3 lit. c des Polizeistrafgesetzes

 

Es wird daher folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 1.500,- Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden gem.  § 10 Abs. 1 lit. b Polizeistrafgesetz    

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

150,- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.650,- Euro."

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, aufgrund der Anzeige und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass zum angeführten Zeitpunkt J B einen Geschlechtsverkehr mit einem Gast des Lokals gegen Entgelt vollzogen habe. Im Gebäude, in dem die D KEG untergebracht sei, werde das Gast- und Schankgewerbe ausgeübt. Die Berufungswerberin sei Verfügungsberechtigte über die zur Prostitution genutzten Räumlichkeiten und habe diese wissentlich zur Verfügung gestellt. Sie sei verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

Die verhängte Strafe sei unter Bedachtnahme auf ihre soziale und wirtschaftliche Lage festgesetzt worden und entspreche dem Ausmaß des Verschuldens. Grundlage für diese Bewertung biete eine Schätzung ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse. Mildernde oder erschwerende Umstände seien nicht gewertet worden.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Berufungswerberin am 14.12.2005 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende – am 23. Dezember 2005 und somit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

1.3. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, es liege ein Verfahrensfehler vor, weil sämtliche Sachverhaltselemente, die gegen sie gesprochen hätten, in voller Länge gewürdigt worden seien und eine Auseinandersetzung mit ihren Argumenten nicht stattgefunden habe. Sie sei zum Zeitpunkt der Betretung der Frau J B bei der Ausübung der Prostitution nicht im Lokal anwesend gewesen. Sollte die Dame die Prostitution ausgeübt haben, so geschah dies ohne ihr Wissen und Wollen. Sie habe die Ausübung der Prostitution auch nicht "zumindest geduldet". Sie habe die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen und sei daher auch nicht zu bestrafen. Die Regelung des § 2 Abs.3 lit.c Oö. Polizeistrafgesetz sei in sich widersprüchlich und bei Auslegung des Wortes "Prostitution" sei die Gesetzesstelle unbestimmt.

Ihr einziger Auftrag an Frau B sei gewesen, den Getränkekonsum anzukurbeln. Sie arbeite momentan als Teilzeitbeschäftigte und verdiene monatlich 207 Euro netto.

 

2.1. Zur Entscheidung ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder berufen, weil in dem mit der Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und am
8. November 2006 eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Berufungswerberin und deren Rechtsvertreter durchgeführt, bei der ein Auszug aus dem Fremdenakt der Bezirkshauptmannschaft Perg betreffend J B, Sich40-9204-2004, und aus dem Strafakt der Bezirkshauptmannschaft Perg betreffend J B, Pol96-80-2004, die dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Perg Pol96-182-2004 in Kopien angeschlossen waren, verlesen wurden.

Als Zeugen wurden R S und Insp. P vernommen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

3.1. Die Berufungswerberin ist als handelsrechtliche Geschäftsführerin der D KEG verantwortlich für den Ablauf der Geschäfte in der Café-Bar "P-H" in 4310 Mauthausen, Marktplatz 14.

Das Lokal besteht aus einer Bar im Erdgeschoß des Gebäudes und einer weiteren im Kellergeschoß. Im Kellergeschoß befinden sich eine Sauna und zwei weitere Zimmer, in denen sich Betten befinden. Die beiden Räumlichkeiten, die von der Berufungswerberin als "Ruheräume" bezeichnet werden, stehen den Bediensteten zur Verfügung, es können sich auch Gäste dorthin zurückziehen. Die Ruheräume sind jederzeit für die Bediensteten verfügbar. Eine Sperrmöglichkeit für diese Zimmer ist nicht vorhanden. In der Nacht vom 3. auf den 4. Juni 2004 wurden diese Räumlichkeiten von J B zum Zwecke der Ausübung der Prostitution genutzt, da dort gegen Bezahlung eines Entgelts in Höhe von zumindest 100 Euro ein Geschlechtsverkehr durchgeführt wurde.

 

3.2. Die Feststellung, J B habe die Prostitution ausgeübt, ergibt sich aus den dem vorgelegten Verwaltungsakt angeschlossenen Kopien des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Perg, Sich40-9204-2004 und Pol96-80-2004, die in der mündlichen Verhandlung verlesen wurden. J B gab in der niederschriftlichen Vernehmung an, sie habe bereits vor einigen Wochen in Linz in einem Gebäude, in dem die Prostitution nicht verboten sei, diese Tätigkeit ausgeübt. Sie sei zurück nach Tschechien gereist und habe sich auf Grund einer Annonce bei Frau Mayer gemeldet. Nicht denkend an die Bestimmungen der Prostitutionsregelung habe sie in der Nacht von 3. auf 4. Juni 2004 die Prostitution mit einem Kunden ausgeübt.

Die Ausübung der Prostitution durch J B mit dem Gast Leitner wurde auch anlässlich der mündlichen Verhandlung am 8. November 2006 von der Berufungswerberin nicht bestritten. Diese gab auf Seite 6 der Verhandlungsschrift an, Frau B habe vor Herrn K (dem zuständigen Bearbeiter bei der Bezirkshauptmannschaft Perg) gesagt, dass sie 100 Euro direkt vom Gast kassiert habe und als Gegenleistung "französisch" mit ihm verkehrt sei.

Im konkreten Fall ist auch von Gewerbsmäßigkeit auszugehen; so hat J B in ihrer niederschriftlichen Vernehmung vor der Bezirkshauptmannschaft Perg angegeben, bereits in Linz die Prostitution ausgeübt zu haben.

 

Ob die Aussage der Berufungswerberin, die Ruheräume würden zum Ausrasten den Bediensteten und ihr selbst zur Verfügung stehen, lediglich als Schutzbehauptung zu werten ist, kann dahingestellt bleiben, weil im konkreten Fall der Ruheraum von einem Mädchen zusammen mit einem Gast genutzt wurde.

Im Zweifel wird zu Gunsten der Berufungswerberin davon ausgegangen, dass sie J B darauf hingewiesen hat, dass sie die Gäste nur zum Trinken animieren soll und die Prostitution nicht ausgeübt werden darf.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 2 Abs.3 lit.c Oö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet.

 

Gemäß § 10 leg.cit. sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 2 Abs.3 mit Geldstrafe bis 14.000 Euro im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Im konkreten Fall steht außer Zweifel, dass die Bar in Form eines Gastgewerbes geführt wird. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde ein an die Bar anschließendes Zimmer, ein sogenannter "Ruheraum", zum Zwecke der Ausübung der Prostitution von J B genützt und diese Räumlichkeit von der Berufungswerberin zur Verfügung gestellt, denn diese Räumlichkeit können von allen Bediensteten genutzt werden.

Selbst wenn man den Angaben der Berufungswerberin folgt, wonach diese die Mädchen angewiesen habe, die Prostitution nicht auszuüben, so ist diese Anweisung ohne entsprechende Kontrollen bzw. Vorkehrungen, dass die Zimmer nur unter ihrer Aufsicht zum Ausrasten der Bediensteten benutzt werden können, nicht ausreichend.

Die Berufungswerberin hat damit das Tatbild der Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten zum Zwecke der Ausübung der Prostitution in einem Gebäude, in dem ein Gastgewerbe ausgeübt wird, erfüllt.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Im konkreten Fall hat die Berufungswerberin zumindest fahrlässig gehandelt, weil sie die Räumlichkeiten so ausgestattet hat, dass die Ausübung der Prostitution durch die im Lokal anwesenden Mädchen möglich ist, diese Räumlichkeiten jederzeit von allen Bediensteten genutzt werden können und sie keine Vorkehrungen zur Vermeidung der Ausübung der Prostitution in diesen Räumen getroffen hat.

Damit hat sie auch die subjektive Tatseite der ihr vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die von der belangten Behörde verhängte Strafe war herabzusetzen, ist doch die belangte Behörde bei Verhängung der Strafe von einer Schätzung der Einkommensverhältnisse der Berufungswerberin ausgegangen und sie war noch in Unkenntnis des von der Rechtsmittelwerberin erst anlässlich der Berufung angegebenen Einkommens von (lediglich) 207 Euro monatlich. Überdies ist die belangte Behörde bei der Festsetzung der Strafe davon ausgegangen, dass die Berufungswerberin wissentlich gehandelt hat. Die mündliche Verhandlung vom 8. November 2006 hat jedoch ergeben, dass es nicht auszuschließen ist, dass Frau B von ihr darauf hingewiesen wurde, dass die Prostitution in diesem Lokal nicht ausgeübt werden dürfe, daher war nur von einer fahrlässigen Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution und damit von einem minderen Grad des Verschuldens auszugehen. Dementsprechend war auch der Strafbetrag zu reduzieren.

 

Eine Ergänzung des Spruchs durch Angabe des Namens der Prostituierten war möglich, weil der Tatvorwurf in eindeutiger unverwechselbarer Weise vorgeworfen wurde und aus der Begründung des Bescheids eindeutig hervorgeht, dass die Prostitutionsausübung durch J B erfolgte.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis reduzieren sich die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entsprechend (§ 64 Abs.2 VStG). Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat sind gemäß § 65 keine Kosten zu zahlen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

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