Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521471/2/Bi/Sp

Linz, 27.11.2006

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau MP vom 13. November 2006 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24. Oktober 2006, VerkR21-489-2006, wegen der Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung, zu Recht erkannt:

 

 

      Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die Berufungswerberin (Bw) seitens der Erstinstanz gemäß §§ 24 Abs.4 und 8 Abs.2 FSG aufgefordert, sich innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides bei der Erstinstanz amtsärztlich untersuchen zu lassen. Begründet wurde dies damit, aufgrund einer Anzeige der PI St. Georgen iA sei eine amtsärztliche Untersuchung veranlasst worden, zumal ernsthafte Bedenken hinsichtlich ihrer geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B bestünden. Sie sei laut Mitteilung des Amtsarztes zu drei Terminen, zum letzten ohne Angaben von Gründen, nicht erschienen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 31. Oktober 2006.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

 

 

3. Die Bw legt eine Behandlungsbestätigung Dris KK Zahnarzt in R vom 23. Oktober 2006 vor und macht geltend, Zahnarzttermine würden bis zu einem halben Jahr im Vorhinein vergeben und nur im Notfall werde eine Behandlung sofort gemacht; sie sei am 23. Oktober 2006 beim Zahnarzt in Behandlung gewesen. Sie habe mit dem Amtsarzt einen neuen Termin vereinbaren wollen - bei den bisherigen sei sie verhindert gewesen. Sie sei in den letzten drei Jahren 110.000 km unfallfrei gefahren und daher zum Lenken von Kraftfahrzeugen sicher geeignet. Sie werde umgehend einen neuen Termin vereinbaren.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass die 1944 geborene Bw vom Meldungsleger RN, PI St. Georgen iA, zur Anzeige gebracht wurde, weil sie am 26. Juni 2006 von ca 12.00 Uhr bis ca 12.35 Uhr unmittelbar vor dem Eingang der Hofer-Filiale in Frankenmarkt, Mösental 9, den Pkw VB-……… mit angestecktem Zündschlüssel unversperrt beim Einkaufswagen­abstellplatz geparkt und dadurch Kunden das Betreten der Filiale erschwert habe. Sie habe den Zulassungsschein auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt und einen ungültigen Führerschein mit einem Foto verwendet, auf dem sie nicht zweifels­frei wiederzuerkennen gewesen sei. Am Pkw seien Felgen verschiedener Bauart und Größe montiert gewesen, Felgensitz und Felgenmantel hätten nicht zusammen­gepasst. Die Bw habe bei der Bean­standung nicht eingesehen, dass sie nicht unmittel­bar vor dem Eingang parken könne; es sei nur mit Nachdruck gelungen ihr die Situation begreiflich zu machen. Sie habe nicht eingesehen, "von der Polizei schikaniert zu werden." Laut Anzeige erscheine es ungewiss, ob sie in der Lage sei, sich im Straßenverkehr und im ruhenden Verkehr den Vorschriften entsprechend zu verhalten; eine Überprüfung der Verkehrszu­verlässigkeit sei angebracht. Ihr Pkw sei in äußerst desolatem Zustand und mache einen erschreckenden Gesamteindruck, sodass eine technische Überprüfung für erforderlich gehalten werde. 

 

Der Sanitätsdienst der Erstinstanz wurde mit Schreiben vom 18. Juli 2006 ersucht, die Bw gemäß § 8 FSG zu begutachten.

Die Bw wandte sich mit Schreiben vom 12. August 2006 gegen die Ladung zur amtsärztlichen Untersuchung für 17. August 2006 und verwies auf 2,5 Jahre unfallfreies Fahren und darauf, dass sie 45 Minuten vom Ortskern entfernt wohne und als alleinstehende Frau auf ein Fahrzeug angewiesen sei, damit sie sich selbst versorgen könne. Außerdem bestünden bei ihr degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und das Tragen größerer Lasten sei ihr nicht zuzumuten.

 

Am 17. August 2006 beobachtete die Bearbeiterin der Erstinstanz laut Aktenvermerk die ihr persönlich bekannte Bw, als sie vor der BH Vöcklabruck mit ihrem Pkw ein anderes Fahrzeug so zuparkte, dass dessen Lenkerin trotz mehrmaligen Reversierens nicht in der Lage gewesen sei, ohne Schwierigkeiten auszuparken, daher zum Pkw der Bw gegangen sei und diese ersucht habe, etwas zurückzufahren. Die Bw habe dies jedoch nicht getan, sondern sei ausgestiegen, habe ihr Fahrzeug versperrt und sei weggegangen. Die Lenkerin des verparkten Pkw habe einem Polizeibeamten, der sich gerade in der Eingangshalle der BH Vöcklabruck befunden habe, den Vorfall geschildert und dass die Bw sie beschuldigt hätte, an ihrem Pkw angestoßen zu sein und diesen beschädigt zu haben. Da der Pkw der Bw im beschilderten Halte- und Parkverbot abgestellt gewesen sei, sei ihr ein Organmandat ausgestellt worden.

 

Laut Mitteilung der Amtsärztin Dr. IA sei die Bw zu den Terminen am 7. August, 11. September und 29. September 2006 nicht erschienen, wobei sie sich für 11. September mit einer Physiotherapie und für 29. September mit Krankheit entschuldigt habe. Terminvorschläge seien mit vagen Angaben abgewehrt und der Termin am 23. Oktober 2006 ohne Angabe von Gründen nicht eingehalten worden, sodass schließlich seitens der Erstinstanz der nunmehr angefochtene Bescheid erging.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzu­schränken oder zu entziehen. ... Leistet der  Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen oder die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erfor­der­lichen Befunde zu erbringen..., keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Die bescheidmäßige Erteilung eines Auftrages zur Beibringung eines amts­ärztlichen Gutachtens nach Abs.4 setzt die begründete Annahme der Behörde voraus, dass seit Erteilung der Lenkberechtigung eine der für ihre Erteilung maßgeblichen Eig­nungs­­­­­voraussetzungen weggefallen ist (vgl VwGH 24.4.2001, 2001/11/0231, uva).

Im gegenständlichen Fall bestehen nach den Ausführungen der Erstinstanz Bedenken, dass bei der Bw die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Klasse B nicht mehr gegeben ist, weil sie die in der oben angeführten Anzeige beschriebene Ansicht des Meldungslegers im Hinblick auf den Abstellort des Fahrzeuges nicht teilte und nicht bereit war, sich entsprechend zu verhalten.

 

Dass die Bw laut Anzeige den Zulassungsschein nicht zur Überprü­fung aushändigte, sich ein altes Foto im Führerschein befand, die Felgen nicht den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprachen und beim geparkten Fahrzeug der Zünd­schlüssel steckte, begründet keine Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung, die gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV dahingehend definiert ist, dass als gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen von Kraftfahrzeugen (hier der Klasse B) und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften 1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt, 2. die nötige Körpergröße besitzt, 3. ausreichend frei von Behinderungen ist und 4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Dass die 62jährige alleinstehende Bw möglicherweise etwas eigensinnig ist, sich in ihrer geplanten Vorgehensweise von anderen nicht beeinflussen oder gar beirren lässt und in alltäglichen Angelegenheiten einer demokratischen Beschluss­fassung, auch wenn gute Gründe für ein Abrücken von ihrer Meinung bestünden, nur schwer zugänglich ist, mag an ihrer persönlichen Tagesverfassung oder auch am Umgangston liegen, ist aber nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungs­senates nicht mit der erforderlichen Sicherheit als Anhaltspunkt für einen eventuellen Wegfall ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B im Sinne eines Fehlens der nötigen kraftfahr­spezifischen Leistungs­fähigkeit zu sehen.

Seitens der Erstinstanz wurde dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides nichts ausgeführt, sondern nur auf die Anzeige verwiesen und pauschal eine Abklärung des Gesundheitszustandes der Bw "im Interesse der Verkehrssicher­heit" für erforderlich erachtet. Der Bw wurde der Aktenvermerk vom 17. August 2006 offenbar nicht zur Kenntnis gebracht, was aber, falls er als (zusätzlicher) Grund für die bescheidmäßige Aufforderung gemeint gewesen sein sollte, erforderlich gewesen wäre. Dass die Bw Ausflüchte für ein Erscheinen zu den Amtsarztterminen benutzt und dem (nicht rechtskräftigen) Bescheid bislang keine Folge geleistet hat, ist ihr nicht vorzuwerfen - die Ladung eines Amtsarztes ist kein anfechtbarer Bescheid; einen solchen hat sie erst am 31. Oktober 2006 erhalten.      

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 


 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Bedenken für Wegfall der gesundheitlichen Eignung nicht ausreichend, wenn Pkw vor Geschäftseingang steht und Kunden behindert - Aufhebung

 

 

 

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