Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110719/6/Kü/Rd/Hu

Linz, 15.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung der Frau R B R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C A, S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 23.6.2006, VerkGe96-37-2005, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes  zu Recht erkannt:

 

  I.        Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 70 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als die Wortfolge "und den Aufsichtsorganen auf Verlangen ausgehändigt" zu entfallen hat.

 

II.        Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 7 Euro, ds 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 und 51e  Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 23.6.2006, VerkGe96-37-2005, wurde über die Berufungswerberin (Bw) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.2 iVm § 9 Abs.2 Gütbef 1995 eine Geldstrafe von 100 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden verhängt, weil sie, wie  am 28.11.2005 um ca. 11.00 Uhr von Beamten des Zollamtes Wels, Zollstelle Suben, beim Grenzübergang Braunau am Inn im Zuge einer Zollkontrolle bei der Ausreise festgestellt worden sei, als Lenkerin des auf den Güterbeförderungsunternehmer A G, Int. Transporte, M, H, zugelassenen Sattelzugfahrzeuges mit dem deutschen Kennzeichen … und des Sattelanhängers mit dem deutschen Kennzeichen … am 28.11.2005 um ca. 11.00 Uhr in leerem Zustand von Österreich nach Deutschland ausgereist sei und den Nachweis einer im § 7 Abs.1 GütbefG angeführten Berechtigung für diese gewerbsmäßige Beförderung von Gütern von einem innerhalb des Bundesgebietes liegenden Ort (Braunau am Inn) in das Ausland (Deutschland) nicht mitgeführt und den Aufsichtsorganen auf Verlangen ausgehändigt habe. 

 

2.   Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass es einen Unterschied mache, ob gar keine Berechtigung vorgelegen oder nicht aufgefunden worden sei. Zudem stelle eine Leerfahrt keinen grenzüberschreitenden Verkehr dar und sei weder ein Be- noch ein Entladeort im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt worden. Die Bw sei lediglich aushilfsweise für die Firma tätig gewesen und verfüge daher auch über keine Erfahrung bzw über eine entsprechende Routine. Darüber hinaus sei die Bw schon seit geraumer Zeit nicht mehr für die Firma A G tätig und befinde sich in Karenzurlaub. Weiters verfüge sie über das gesetzliche Kindergeld, besitze kein Vermögen und sei sorgepflichtig für zwei minderjährige Kinder. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungs­strafverfahren, in eventu die Anwendung der §§ 20 bzw 21 VStG beantragt.   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, der Sachverhalt geklärt erscheint und die Bw ausdrücklich auf die Anberaumung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet hat (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 


5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG 1995, in der zum Tatzeitpunkt geltende Fassung BGBl. Nr. 32/2002, ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland, außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1.      Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92;

2.      Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz   der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973;

3.      Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich;

4.      aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

 

Gemäß § 9 Abs.2 GütbefG 1995 hat der Lenker die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen.

 

Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG 1995 ist, wer als Lenker § 6 Abs.1, 3 oder 4 oder § 9 Abs.2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen.

 

5.2.   Als erwiesen steht fest, dass die Bw als Lenkerin am 28.11.2005 um ca. 11.00 Uhr eine grenzüberschreitende gewerbsmäßige Güterbeförderung für die Firma A G, Internationale Transporte, H, durchgeführt und dabei ua keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt hat. Dies wurde anlässlich der Zollkontrolle durch Beamte des Zollamtes Wels beim Grenzübergang Braunau/Inn festgestellt. Zudem verantwortete sich die Bw bei der Anhaltung dahingehend, dass sie der Meinung gewesen sei, wenn sie einen Container befördere, auch wenn dieser Container beladen sei, keinen Frachtbrief und auch keine EU-Lizenz zu brauchen; den Zulassungsschein für den Auflieger könne sie nicht finden. Es hat somit die Bw den objektiven Tatbestand der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 9 Abs.2 GütbefG normiert, dass Lenker die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Bestimmungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlich entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen haben.

 

Wenn die Bw nunmehr in der Berufung einwendet, dass es sich bei der gegenständlichen Güterbeförderung um keine grenzüberschreitende handelt, da eine "Leerfahrt" vorgelegen sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass in Art. 2 der EG-Verordnung Nr. 881/92 die Begriffsbestimmung "grenzüberschreitender Verkehr", dergestalt definiert ist, als man darunter Fahrten eines Fahrzeugs mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt und der Bestimmungsort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten befinden und gelten Leerfahrten in Verbindung mit diesen Beförderungen ebenfalls als grenzüberschreitender Verkehr. Zudem wurde – entgegen der Behauptung der Bw – im Spruch des Straferkenntnisses – sowohl ein Ausgangspunkt, und zwar Braunau/Inn als auch ein Bestimmungsland, nämlich Deutschland – wenngleich auch kein konkreter Ort -, angeführt. So ist dadurch ein grenzüberschreitender Güterverkehr ausreichend dokumentiert und war daher die Gemeinschaftslizenz von der Bw mitzuführen und über Verlangen den Aufsichtsorganen auszuhändigen gewesen.

 

Das nunmehrige Vorbringen der Bw, wonach ihr vor Abfahrt in Deutschland von der Firma A G Internationale Transporte mitgeteilt worden sei, dass sich entsprechende Nachweise im Fahrzeug befänden, diese jedoch bei der Anhaltung nicht aufgefunden werden konnten, da diese lediglich unter den Beifahrersitz gerutscht seien, ist nicht geeignet, das schuldhafte Verhalten der Bw zu entkräften. Dies deshalb, da sich der Lenker vor Fahrtantritt selbst zu vergewissern hat, dass sämtliche für einen grenzüberschreitenden Transport notwendigen Unterlagen, so auch ua die Abschrift der Gemeinschaftslizenz, im Lkw vorhanden sind, aber auch wo sich diese Unterlagen bzw Dokumente befinden. So stellt die fehlende Kontrolle hinsichtlich der Vollständigkeit der benötigten Papiere vor Fahrtantritt eine Sorgfaltsverletzung und sohin ein Verschulden der Bw dar. Gerade die fehlende Routine bzw Erfahrung hätte die Bw zum Anlass nehmen müssen, besonderes Augenmerk darauf zu richten, dass die benötigten Dokumente auch tatsächlich mitgeführt werden. Darüber hinaus erscheint dem Oö. Verwaltungssenat die Verantwortung der Bw, wonach die Gemeinschaftslizenz "lediglich" unter den Beifahrersitz "gerutscht" sei, nicht glaubwürdig, da die Fahrerkabine doch einen überschaubaren Bereich darstellt und es daher als lebensnah erachtet werden kann, dass der Lenker als erstes einen Blick unter den Beifahrersitz bzw in das Handschuhfach wirft. Wäre die Gemeinschaftslizenz mitgeführt worden, hätte sie daher auch aufgefunden werden können. Dass keine solche von der Bw mitgeführt wurde, ergibt sich auch aus der Rechtfertigung anlässlich der Anhaltung, da sie darin die Meinung vertreten habe, dass sie gar keine benötige.

Zudem steht diese Verantwortung im Widerspruch zu ihrer vorangegangenen Angabe, wonach sie gar nicht gewusst habe, welche Dokumente mitzuführen wären. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kommen Angaben, die in einem zeitlich nahen Verhältnis zum Vorfall gemacht werden, der Wahrheit regelmäßig näher als spätere, allenfalls nach Überlegung einer erfolgversprechenden Verteidigungslinie, getätigte.

 

Der Anzeige – wenngleich diesbezüglich von einer Strafverfolgung abgesehen wurde – ist weiters zu entnehmen, dass die Bw zudem auch keinen Zulassungsschein für den Auflieger sowie keinen Frachtbrief den Kontrollbeamten vorweisen konnte. Dieses Verhalten erweckt beim Oö. Verwaltungssenat eher den Eindruck, dass die Bw generell bei der Einhaltung der Bestimmungen des Güterbeförderungs­gesetzes es an der nötigen Sorgfalt fehlen lässt.

Auch wenn im Zuge des Einspruchs gegen die Strafverfügung eine Kopie der Abschrift der Gemeinschaftslizenz vorgelegt wurde, war dies nicht geeignet, die Bw von ihrem schuldhaften Verhalten zu entlasten, zumal im Nachhinein vorgelegte Dokumente, den Tatvorwurf des Nichtmitführens bei der Anhaltung nicht zu entkräften vermögen.

 

Es hat daher die Bw die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch subjektiv zu verantworten.

 

6. Zur Strafbemessung wird ausgeführt:

Gemäß  § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß  der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß  anzuwenden.

Die  Einkommens-,  Vermögens-  und  Familienverhältnisse  des Beschuldigten  sind  bei  der Bemessung  von  Geldstrafen  zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis über die Bw eine Geldstrafe von 100 Euro verhängt. Zudem hat sie ihrer Strafbemessung eine Schätzung, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen  von 1.500 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten, zugrunde gelegt. Dieser Schätzung wurde nunmehr in Berufung entgegen getreten, zumal die Bw Bezieherin des staatlichen Kindergeldes sei und sorgepflichtig für zwei minderjährige Kinder sei.

Zumal Verwaltungsstrafen nicht dazu führen sollen, dass Sorgepflichten beeinträchtigt werden könnten, erscheint es nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates vertretbar und geboten unter Berücksichtigung dieses Umstandes, die verhängte Geldstrafe auf 70 Euro herabzusetzen.

Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist tat- und schuldangemessen und erscheint dem Oö. Verwaltungssenat auch noch geeignet, die Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Einer weitergehenden Herabsetzung der nunmehr verhängten Geldstrafe standen die obigen Ausführungen zum Unrechtsgehalt der Tat und zum Verschulden der Bw entgegen.

 

Vom Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG musste jedoch Abstand genommen werden, weil die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen wie Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung nicht als gegeben erachtet werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten der Bw hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erheblich zurückgeblieben wäre.

 

Auch war von der Anwendung des § 20 VStG aus formalen Gründen abzusehen, zumal im gegenständlichen Fall die Strafbestimmung keine Mindeststrafe vorgesehen hat.

 

7. Die Spruchänderung war gesetzlich geboten, zumal es sich beim "Nichtmitführen" und beim "Nichtaushändigen" um zwei selbständige Tatvorwürfe handelt, die nicht nebeneinander erhoben werden dürfen. Dass die Bw das erwähnte Dokument tatsächlich nicht mitgeführt hat, ist nach der Beweislage eindeutig erwiesen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

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