Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251306/20/Ste/CR

Linz, 14.12.2006

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des M G, vertreten durch Mag. Dr. F H, Dr. K B, Rechtsanwälte in 48 A, M, gegen den Bescheid des Bezirks­haupt­mannes des Bezirks Gmunden vom 17. Oktober 2005, AZ. SV96-28-2005, wegen einer Verwaltungsübertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 2006, zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Ver­waltungs­ver­fahrensgesetz 1991- AVG.

zu II.:§ 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bw) vorgeworfen, er habe es als handels­rechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen hin berufenes Organ der "P GmbH", H, 48 G, welche das T in 46 S, H betreibt, ver­waltungs­strafrechtlich zu verantworten, dass im T, 46 S, H, die Ausländerinnen

1.        B E, ungarische Staatsangehörige, am 20. August 2005 und am 21. August 2005,

2.        G K, ungarische Staatsangehörige vom 20. August 2005 bis 22. August 2005,

3.        P O, Staatsangehörige der Ukraine, vom 19. August 2005 bis 22. August 2005

als Tänzerinnen von ihm beschäftigt worden seien, ohne dass für die Ausländerinnen eine Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung ausgestellt gewesen sei, die Aus­länderinnen seien nicht im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheins gewesen, eine Anzeigebestätigung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft bzw ein Niederlassungsnachweis sei nicht vorgelegen.

 

Er habe dadurch die §§ 3 Abs. 1 iVm 28 Abs. 1 Z 1 lit. a Aus­länder­be­schäftigungs­ge­setz verletzt, weshalb über ihn für jede der im Spruch des belangten Bescheides unter 1. bis 3. angeführten Ausländerinnen gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: je 100 Stunden) verhängt wurde.

 

Begründend führt die belangte Behöre unter Darstellung der maßgeblichen Rechts­vor­schriften im Wesentlichen aus, dass als Show-Tänzer eine Person zu bezeichnen sei, die durch künstlerische Tanzdarbietungen für Unterhaltung der Gäste in Disko­theken, ("geschlossenen") Peep-Shows, Go-Go-Lokalen und anderen derartigen (Abend-)Veranstaltungen sorge. Jeglicher finanzieller Transfer zwischen dem Show-Tänzer und dem Lokalbetreiber bzw Verantwortlichen müsse ausgeschlossen sein, da sonst ein Beschäftigungsverhältnis anzunehmen sei. So seien zB die Ein­künfte der Tänzer durch den Table-Dance keinesfalls vom Geschäftsführer/-betreiber ein­zu­kassieren bzw eine Provision davon einzubehalten. Weiters sei jede "Neben­tätigkeit", zB Prostitution oder Erwerb durch (Getränke-)Animation ausgeschlossen, da diese Erwerbseinkünfte nicht durch den erteilten Aufenthaltstitel getragen werden könnten und einen Sichtvermerksversagungsgrund darstellen würden. Solche Tätig­keiten würden einen offensichtlichen Missbrauch des Aufenthaltstitels darstellen, der zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen führen müsse.

 

Im Rahmen von fremdenpolizeilichen Überprüfungen im T seien am 21. August 2005 seinen drei Tänzerinnen im fraglichen Lokal angetroffen worden.

 

Frau K G habe dazu am 23. August 2005 unter Beiziehung eines be­eideten Dolmetschers zeugenschaftlich zu Protokoll gegeben, dass sie vom Bw einen Vertrag vorgelegt bekommen habe, den sie unterschrieben habe. Sie könne nur angeben, dass in diesem Vertrag alles stehe, nämlich wann sie zu tanzen habe, wie viel Gage sie bekomme, dass von dieser Gage 20 Prozent Mehrwertsteuer abge­zogen würden, udgl. Jede Bar in Österreich habe eine Agentur, wie diese Agentur, die der Bw habe, heiße, würde sie nicht wissen. Sie würde von Samstag, den 20. August 2005 bis Montag, den 22. August 2005, jeweils von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, tanzen. Pro Abend erhalte sie für ihre Tanztätigkeit 30 Euro, die ihr nach Dienst­schluss von der Kellnerin der Bar, Frau M B, ausbezahlt würden. Bei der Kontrolle am Samstag sei auch Frau Z B im Lokal angetroffen worden, die zu denselben Bedingungen im Lokal gearbeitet habe wie sie selbst. Eine arbeits­marktrechtliche Bewilligung würden sie beide nicht besitzen.

 

Frau O P habe zeugenschaftlich angegeben, dass sie eine Agentur mit Namen "C" habe; den Namen des Agenturchefs könne sie nicht nennen. Sie habe am 15. Dezember 2004 fristgerecht einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei der BPD Wien gestellt, sei jedoch von der Behörde bislang nicht verständigt worden. Seit 20. August 2005 tanze sie in S, die Arbeitszeit wäre täglich von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Engagiert worden sei sie vom Bw. Pro Abend erhalte sie 40 Euro, die ihr nach Dienstschluss von der Kellnerin der Bar, Frau M B, ausbezahlt würden. Sie mache auch Table-Dance, den der Gast ebenfalls bei der Kellnerin bezahlen würde. Agenturvertrag könne sie keinen vorweisen, dieser würde in L bei der Fremdenpolizei liegen. In S wäre ihr gratis ein Zimmer zur Verfügung gestellt worden. Im Besitz einer Arbeits­ge­nehmigung sei sie nicht. Dass sie aus Österreich ausgewiesen werde, nehme sie zur Kenntnis und würde das Bundesgebiet binnen einer Woche freiwillig verlassen.

 

Das Zollamt Wels habe am 12. September 2005 gegen den Bw Anzeige in drei Fällen erstattet und ausgeführt, dass aufgrund der aufgenommenen Niederschriften feststehe, dass angesichts der Abwicklung der Entlohnung (Ausbezahlung durch den Kellner erst morgens) arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten bestehen würden und somit bewilligungspflichtige Beschäftigungen iSd. § 2 AuslBG vorliegen würden.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16. September 2005 sei der Bw zur Stellungnahme aufgefordert worden; dieses Schreiben sei jedoch unbe­antwortet geblieben.

 

In der Folge führt die belangte Behörde aus, dass weder eine Be­schäftigungs­be­willigung, noch eine Entsendebewilligung, eine Bewilligung als Schlüsselkraft oder Anzeigebestätigung, eine gültige Arbeitserlaubnis bzw. ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis vorlägen.

 

Die Zeuginnen seien ausdrücklich befragt worden, wer ihnen am Morgen die Gagen bzw. den Lohn für Table-Dance ausbezahlen würde; übereinstimmend hätten die Damen angegeben, dass die Auszahlung durch die Kellnerin erfolgen würde. Zudem sei den Tänzerinnen gratis ein Zimmer zur Verfügung gestellt worden. Somit sei von einem Beschäftigungsverhältnis gemäß § 2 AuslBG auszugehen. Dies werde zusätzlich durch die Tatsache untermauert, dass die Kellnerin im Falle von Table-Dance 30 Euro vom jeweiligen Gast kassiert habe. Bei den Damen könne keineswegs von Selbständigkeit ausgegangen werden; vielmehr handle es sich ein­deutig um Beschäftigungsverhältnisse, die nach den Bestimmungen des AuslBG be­willigungspflichtig sind. Festgestellt werde auch, dass die typischen Merkmale einer Selbständigkeit bei den angetroffenen Damen fehlen würden. Frau G habe sogar angegeben, dass die Dienstzeiten vertraglich geregelt sind. Weiters habe den Damen keine eigene Betriebsstätte zur Verfügung gestanden und ihnen sei eine Gratisunterkunft zur Verfügung gestellt worden.

 

Aufgrund der Feststellungen des Zollamtes Wels und der Zeugenaussagen der beschäftigten Ausländerinnen sei der Tatbestand somit in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

 

Zur subjektiven Tatseite werde festgestellt, dass dem Bw als Gewerbetreibenden die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bekannt sein müssten und er diese entsprechend zu beachten habe.

 

Grundsätzlich sei festzustellen, dass der Sinn der Bestimmungen des Aus­länder­be­schäftigungs­ge­setzes die Regulierung des Arbeitsmarktes und der Schutz vor Über­flutung durch ausländische Arbeitnehmer mit dem damit ver­bundenen Abbau sozialer Errungenschaften (zB. Lohnniveau) sei. Eine Über­tretung solcher Vorschriften könne daher nicht als "Kavaliersdelikt" angesehen werden. Hiezu komme nach, dass diese Leute zu sozialen Bedingungen beschäftigt würden, die in keiner Weise mit der österreichischen Rechts- und Sozialordnung in Einklang zu bringen seien und sich der Arbeitgeber die sonst höheren Sozial- und Lohnkosten ersparen und sich so einen Wettbewerbsvorteil verschaffen würde.

 

Weiters als erschwerend müsse bewertet werden, dass die unerlaubte Beschäftigung von Ausländern auch schwerwiegende sicherheitspolizeiliche Auswirkungen nach sich ziehen würde, da sich diese Personen entgegen den Bestimmungen der Fremdengesetze und des Meldegesetzes unerlaubt im Bundesgebiet aufhalten würden und dadurch eine nicht unerhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würden.

 

Milderungsgründe seien nicht vorhanden, da die absolute Unbescholtenheit des Bw nicht vorliege.

 

Die verhängte Geldstrafe entspreche dem Unrechts- und Schuldgehalt der be­gangenen strafbaren Handlung. Der Bw habe seine Einkommens- und Ver­mögens­ver­hältnisse trotz Aufforderung nicht nachgewiesen. Im Hinblick auf die Tatumstände sowie die Milderungs- und Erschwerungsgründe erscheine die Verhängung der Geld­strafen unter Hinweis auf den gesetzlichen Strafrahmen als angemessen. Die Höhe der ausgesprochenen Strafe ist dem wirtschaftlichen Vorteil gegenüberzustellen, den sich ein gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstoßender Arbeitgeber infolge der diesfalls zu erzielenden Ersparnis an Lohn- und Lohnnebenkosten verschaffe. Die Höhe der Strafe befinde sich im unteren Bereich des im Gesetz vorgesehenen Strafrahmens und erscheine ausreichend, um den Bw in Zukunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw durch Hinterlegung zu eigenen Handen am 21. Oktober 2005 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende – recht­zeitige (Datum des Poststempels: 2. November 2005) – Berufung. Darin wird das Straf­er­kenntnis in seinem gesamten Umfang angefochten und der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzu­heben.

 

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die drei fraglichen Aus­länderinnen entgegen der Ansicht der belangten Behörde bei der P GmbH nicht unselbständig beschäftigt gewesen seien; vielmehr seien sie auf­grund eines mündlich abgeschlossenen Werkvertrages selbständig als Tänzerinnen tätig gewesen. Für den Abschluss von Werkverträgen würden von der P GmbH üblicherweise Formulare verwende, die von der Bundes­polizei­direktion Innsbruck als einer selbständigen Tätigkeit entsprechend beurteilt worden wären. Im konkreten Fall seien – entgegen der Aussage der Zeugin G – auf­grund der Kurzfristigkeit der Tätigkeit der drei Tänzerinnen (noch) keine schriftlichen Werkverträge abgeschossen worden. Allerdings hätten die drei Tänzerinnen gemäß diesen – hier nur mündlich abgeschlossenen – Werkverträgen keine vertraglichen Dienstzeiten gehabt, insbesondere nicht von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Es sei ihnen freigestanden, in dieser Zeit ihre Showtänze vorzuführen oder nicht und nach freier Zeiteinteilung zu kommen und zu gehen, was auch praktisch vorkomme.

 

Für das Vorführen von Showtänzen auf der Bühne sei mit den Zeuginnen B und G ein Werklohn von je 30 Euro pro Nacht, mit der Zeugin P ein Werk­lohn von 40 Euro pro Nacht vereinbart gewesen; die Auszahlung sei nach erfolgter Werk­leistung durch Frau B M erfolgt. Die Bezahlung von Table-Dance-Vor­führungen erfolge hingegen durch den jeweiligen Gast, der diesen direkt bei der jeweiligen Showtänzerin bestelle. Es sei üblich, dass die Tänzerinnen dem Gast pro Table-Dance 30 Euro verrechnen würden. Aus rein praktischen Gründen – schließlich könnten die Tänzerinnen aufgrund ihrer (Nicht-)Bekleidung keine Geldbörse oder dergleichen mit sich führen – würde der Gast dafür nicht direkt an die jeweilige Showtänzerin bezahlen. Vereinbarungsgemäß würde daher dieser vom Gast zu bezahlende Betrag – ohne, dass die P GmbH damit etwas zu tun hätte – von der Kellnerin für die jeweilige Tänzerin in Empfang genommen und der Tänzerin am Ende ihrer Tätigkeit ausbezahlt.

 

Richtig sei, dass die P GmbH jeder Tänzerin eine Schlaf­ge­legen­heit (nicht jeweils ein Zimmer) zur Verfügung stelle. Dieses werde nicht gesondert berechnet, sei aber bei der Vereinbarung des Werklohnes von 30 Euro bzw. 40 Euro für die Tanzaufführung bereits berücksichtigt.

 

Die hier vertretene Rechtsansicht, dass Showtänzerinnen Selbständige sind, entspreche der Behördenpraxis in zahlreichen anderen Bundesländern und auch der Rechtsansicht des Arbeitsmarktservice Oberösterreich. Eine höchstgerichtliche Entscheidung zu dieser Frage fehle. Solange diese Frage nicht ausjudiziert sei und in anderen Bundesländern dasselbe Verhalten wie das des Bw als rechtmäßig bzw. Sachverhalte, wie sie oben dargestellt worden seien, als selbständige Tätigkeit beurteilt würden, sei dem Bw ein Verschulden nicht vorzuwerfen.

 

Zum Beweis dafür, dass das Arbeitsmarktservice die hier vertretene Rechtsansicht einer Selbständigkeit von Showtänzerinnen teile, werde das Schreiben des Arbeits­markt­service vom 23. August 2005 vorgelegt. In der Folge wird weiters die Ein­ver­nahme mehrerer Zeugen beantragt.

 

 

2.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Gmunden hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 2006. Die ordnungsgemäß geladenen Zeuginnen Z B, K G und O P sind unentschuldigt nicht erschienen. Ebenfalls nicht erschienen ist der Vertreter des Zollamtes Wels.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bw war zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der P GmbH.

 

Die ungarische Staatsangehörige Z B arbeitete am 20. und am 21. August 2005, die ungarische Staatsangehörige K G von 20. bis 22. August 2005 und die ukrainische Staatsangehörige O P von 19. bis 22. August 2005 als Tänzerin im genannten Lokal.

 

Z B und K G erhielten für das Vorführen von Showtänzen auf der Bühne pro Abend 30 Euro, O P 40 Euro. Die drei Damen arbeiteten an den oben angeführten Tagen jeweils von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr.

 

Für Table-Dance-Vorführungen wurde pro Tänzerin 30 Euro an den jeweiligen Gast verrechnet, wobei der Gast nicht direkt bei der jeweiligen Dame bezahlte, sondern bei der Kellnerin des Lokals. Die so zusammengekommene Summe wurde den Damen nach "Dienstschluss" von der Kellnerin der Bar ausbezahlt.

 

Den Damen wurde von der P GmbH eine Schlafgelegenheit zur Verfügung gestellt, für die diese nichts bezahlen mussten.

 

Keine der drei Damen verfügte über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung.

 

Mit Schreiben vom 23. August 2005, GZ. LGSOÖ/Abt.1/08104/030/2005, teilte das A Oberösterreich, namentlich der Zeuge Dr. L A, dem Bw folgendes mit: "Aufgrund ihrer telefonischen Anfrage teile ich Ihnen mit, dass laut Rechtsansicht des Arbeitsmarktservice Oö. ShowtänzerInnen, Go-Go-Girls und dgl. Angesichts der Werkverträge, auf deren Grundlage sie in aller Regel tätig sind, Selbständige sind und daher das AuslBG für deren Zulassung von vornherein nicht zur Anwendung kommt.

 

Es wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Aufenthaltsbehörden im Zusammenhang mit der Erteilung von Aufenthaltstiteln für diesen Personenkreis die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit selbst durchzuführen haben und vom AMS dazu keine Stellungnahmen bzw. Feststellungsbescheide einzuholen sind."

 

2.4. Unstreitig ist, dass der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer der P GmbH war; auch der Zeitraum, in dem die fraglichen Damen in seinem Lokal aufgetreten sind, wurde nicht bestritten.

 

Auch das Entgelt, dass die drei Damen pro Abend für ihre Tanztätigkeiten erhielten, wurde nicht bestritten und vom Bw selbst in der Berufung auch in dieser Höhe ange­geben; auch die Zahlungsmodalitäten hat der Bw selbst in seiner Berufung so ge­schildert. Gleiches gilt für die Tatsache, dass den Damen gratis eine Schlaf­ge­legen­heit zur Verfügung gestellt wurde.

 

Die festgestellten Arbeitszeiten ergeben sich aus den Aussagen der fraglichen Damen im erstinstanzlichen Verfahren. Sie erscheinen insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Bw ein Lokal führt, das wirtschaftlich bestehen können muss, glaubwürdig.

 

Das Schreiben des A Oberösterreich wurde vom Bw vorgelegt und dessen Inhalt vom Zeugen Dr. A bestätigt.

 

2.5. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Ent­schei­dung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt steht zweifelsfrei fest, dass der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer das zur Vertretung nach außen berufene Organ und somit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich ist.

 

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 126/2002, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 28/2004, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde bei unbe­rechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 10.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 25.000 Euro, zu bestrafen wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Be­schäftigungs­be­willigung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG) ausgestellt wurde.

 

3.3. Im vorliegenden Verfahren steht zweifelsfrei fest, dass keine Beschäftigungs­be­willigungen nach dem AuslBG vorliegen. Der Bw bestreitet allerdings die Anwendbar­keit des AuslBG, da die fraglichen Ausländerinnen seiner Ansicht nach einer selb­ständigen Tätigkeit nachgingen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mehrere Kriterien ausgearbeitet um festzu­stellen, ob es sich um selbständig oder unselbständig beschäftigte Personen handelt. Zu prüfen ist dabei, ob das konkrete und genau erhobene Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, dass sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befindet, wie dies bei einem persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist oder darüber hinaus eine persönliche Abhängigkeit vorliegt. Die Kriterien, die zur Bestimmung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit relevant sind, müssen nicht lückenlos vorliegen. Die Gewichtung der vorhandenen Merkmale im Gesamtbild entscheiden darüber, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das Fehlen sowie auch eine schwache Ausprägung des einen Merkmals kann durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen werden (VwGH vom 14. Jänner 2002, 1999/09/0167).

 

Wie sich aus dem oben festgestellten Sachverhalt zweifelsfrei ergibt, erhielten die fraglichen Ausländerinnen einen im Vorhinein festgesetzten Betrag pro Nacht. Auch war eine fixe Arbeitszeit vereinbart und es wurde ihnen eine Schlafgelegenheit zur Verfügung gestellt. Weiters wurden sämtliche Beträge, die den Ausländerinnen zukommen sollten, zuerst bei einer Kellnerin des Bw bezahlt und erst im Nachhinein den Ausländerinnen ausbezahlt. Es ist daher aus dem Gesamtbild der Tätigkeit zweifelsfrei erschließbar, dass sich die Ausländerinnen wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befanden, wie dies bei einem persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist; auch lag eine gewisse persönliche Abhängigkeit vor.

 

3.4. Die objektive Tatseite ist damit gegeben.

 

3.5. Das AuslBG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­lässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

3.6. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Un­kenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0293; vom 17. Dezember 1998, 96/09/0311).

 

Die Rechtsauskunft eines Behördenorgans kann auf die Beurteilung der Schuldfrage Einfluss ausüben; eine unrichtige Auskunft von einem Organ der zuständigen Behörde vermag Straflosigkeit nach § 5 Abs. 2 VStG zu bewirken (VwGH vom 19. November 2002, 2002/21/0096; vgl. in diesem Sinn auch VwGH vom 19. November 1998, 96/15/0153).

 

Im vorliegenden Fall liegt eine schriftliche Stellungnahme des A Oberösterreich (in der Folge: AMS) vor; darin teilt das AMS mit, dass nach seiner Rechtsansicht Show-Tänzerinnen "[…] angesichts der Werkverträge, auf deren Grundlage sie in aller Regel tätig sind, Selbständige sind und daher das AuslBG für deren Zulassung von vornherein nicht zur Anwendung kommt."

 

Der Bw hat sich bei der für die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen maß­geb­lichen Stelle erkundigt, ob er für die fraglichen Ausländerinnen eine solche benötigt. Darauf hin hat er – zu erst telefonisch und dann, schon nach dem gegenständlichen Vorfall auch schriftlich – die Auskunft bekommen, dass er keine arbeits­markt­rechtliche Bewilligung benötigt. Der Bw hat sich somit bei einer zuständigen Stelle erkundigt; er ist somit seiner Erkundigungspflicht nachgekommen.

 

3.7. Dem Bw ist somit die Entlastung gelungen. Vor diesem Hintergrund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich allerdings noch zu dem Hinweis veranlasst, dass sich der Bw ab dem Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Straf­be­scheides, insbesondere auch in weiteren gleich gelagerten Verfahren nicht mehr mit Erfolg auf diesen oben dargestellten Entlastungsgrund stützen wird können, da er ab diesem Zeitpunkt begründete Zweifel an der vorher angenommenen Rechtsansicht haben musste und damit verbunden weitere Erkundigungen einzuholen hatte.

 

 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

 

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