Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150421/30/Lg/Hue

Linz, 19.12.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 13. Dezember 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des S U, 46 S, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R S, 46 L, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 28. Februar 2006, Zl. BauR96-338-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 23. Juni 2005 um 17.28 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen RO die mautpflichtige I A, ABKm 48, Gemeinde P, Bezirk G, in Fahrtrichtung V benützt habe, ohne dass die für die Benützung der Autobahn vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Es sei festgestellt worden, dass die GO-Box über ein ungenügendes Mautguthaben verfügt habe.

 

2.      In der Berufung wird vom Bw die Tätereigenschaft bestritten. Zum Beweis dafür sei erstbehördlich die Vorlage einer Frontaufnahme des Kfz beantragt worden, damit man so den Lenker identifizieren könne. Es sei vom Bw unvorhersehbar gewesen, dass aufgrund einer Spiegelung der Frontscheibe der Lenker unkenntlich gewesen sei. Zur beantragten Vorlage des Tachographenblattes habe der Zeuge A in dessen Einvernahme angegeben, dass der Bw zwar die Fahrzeugpapiere und die Frachtbriefe nicht jedoch das "Schaublatt" im Kfz belassen hätte. Diese Aussage sei völlig unglaubwürdig, da in keiner Weise nachvollziehbar sei, weshalb der Bw das Tachographenblatt aus dem Kfz entnommen, die Fahrzeugpapiere und Frachtbriefe jedoch ausgehändigt habe. Es sei davon auszugehen, dass dieses Tachographenblatt sich nach wie vor im Besitz des Zeugen befindet, da dieses Tachographenblatt beweisen würde, dass nicht der Bw das Kfz gelenkt habe. Die Gründe für eine Falschaussage des Zeugen A könnten darin liegen, dass er damit hoffte, von einem Verwaltungsstrafverfahren verschont zu werden und er überdies verärgert darüber gewesen sei, dass das erhoffte Arbeitsverhältnis mit dem Bw nicht zustande gekommen sei. Weiters sei zwischenzeitlich über das Vermögen der A GmbH das Konkursverfahren eröffnet worden. Bei der gegebenen Situation sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bereits zum Zeitpunkt der Einvernahme des Zeugen A die finanzielle Situation erdrückend gewesen sei und dieser deshalb jede Möglichkeit gesucht habe Kosten zu sparen.

 

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Zurückverweisung an die Erstbehörde sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 10. August 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die GO-Box über ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Weiters sei gem. § 19 Abs. 4 BStMG der Zulassungsbesitzer schriftlich zur Bezahlung einer Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen worden. In der Anzeige sind zusätzlich die Fahrzeugdaten angegeben: Sattelzugfahrzeug, blau, R, Erstzulassung am X 2001.

 

Anlässlich der Lenkererhebung durch die belangte Behörde teilte der Zulassungsbesitzer (Fa. A GmbH) am 30. August 2005 mit, dass der Bw zum Tatzeitpunkt das Kfz gelenkt habe.

 

Nach Strafverfügung vom 7. September 2005 bestritt der Bw die Lenkereigenschaft, da er nie für den Zulassungsbesitzer gearbeitet hätte. Der Bw habe sich lediglich als Kraftfahrer beworben, ein Vorstellungsgespräch geführt, die Arbeit jedoch nicht angenommen, da der besichtigte LKW nicht verkehrstauglich gewesen sei.

 

Im Verwaltungsakt liegen Kopien einer Krankenstandsbescheinigung, eines Versicherungsdatenauszuges der Oö. Gebietskrankenkasse vom 15. September 2005 sowie ein Beweisfoto ein. Diesen ist  u.a. zu entnehmen, dass der Bw vom 15. Dezember 2004 bis zum 24. Juli 2005 aufgrund eines Arbeitsunfalles arbeitsunfähig gewesen sei.

 

Der Zulassungsbesitzer (Fa. A GmbH) teilte daraufhin der Erstbehörde auf Anfrage mit, dass der Bw vom 23. Juni 2005 bis zum 13. Juli 2005 für dieses Unternehmen gefahren sei. Als der Bw aufgefordert worden sei, die genaueren Personaldaten bekannt zu geben, habe er den beladenen LKW einfach stehen lassen und mit dem Spesengeld, das er für die nächste Fahrt benötigt hätte, verschwunden. Anlässlich der Lenkererhebung sei die Adresse des Bw über Herrn K eruiert worden. Dass der Bw tatsächlich für den Zulassungsbesitzer gefahren sei, beweise eine von ihm selbst geschriebene Spesenabrechnung.

Als Beilagen sind Kopien des Spesenzettels, die Adresse und Telefonnummer von Herrn Kaiser sowie eine Kopie des Frachtbriefes mit der (angeblichen) Unterschrift des Bw angeschlossen.

 

Dazu brachte der Bw vor, dass der Zulassungsbesitzer die Anmeldung des Bw bei der Gebietskrankenkasse sowie die Tachoscheibe des LKW vorlegen solle. Diese würden beweisen, dass der Bw nicht der Lenker gewesen sei. Mit Ausnahme des Handzettels betreffend Vor- und Zuname sowie Adresse und Telefonnummer des Herrn K würden alle übrigen Notizen bzw. Unterschriften nicht von der Hand des Bw stammen. Auf dem vorgelegten Beweisbild könne der Lenker des Kfz nicht identifiziert werden.

 

Am 4. November 2005 teilte Herr G A telefonisch der belangten Behörde mit, dass eine Tachoscheibe für den gegenständlichen LKW nicht existieren würde, da der Bw diese nicht abgegeben habe. Anlässlich seiner Zeugeneinvernahme werde Herr A die Originalfrachtbriefe mit der Unterschrift des Bw vorlegen sowie weitere Zeugen benennen, die den Bw wahrgenommen hätten.

 

Anlässlich einer Zeugeneinvernahme der Erstbehörde am 13. Jänner 2006 brachte Herr G A folgendes vor:

"Ich habe einen Chauffeur über das Arbeitsamt R gesucht. Herr S U hat sich daraufhin tel. gemeldet. Er habe Interesse an diesem Job. Er suche Arbeit als Transporteur für längere Zeit. Er sei vorher bei der Fa. H in L gefahren. Mir ist wegen Krankenstand ein Chauffeur ausgefallen und habe daher kurzfristig einen Lenker gebraucht. Daher kam mir der Anruf von U entgegen. Der Anruf war ca. 4 Tage vor dem 23.6.2005. Herr U kam noch am Tag des Anrufes (früher Nachmittag) nach Pasching (Standort des Lkws/der vorhergehende Fahrer hat den Lkw dort stehen gelassen). Dort haben wir uns getroffen. Ich habe mir den Führerschein von U zeigen lassen. Der Führerschein war in Ordnung. Ich wollte mir den Führerschein kopieren, damit ich U Daten habe. Herr U sagte jedoch, er müsse am gleichen Tag noch zu Hause wegen einer dringenden Erledigung vorbeischauen und schlug vor, Abends eine Kopie des Führerscheins zu meiner Firma zu faxen. Ich willigte zu dieser Vorgangsweise ein und gab ihm ca. um die 800 Euro Spesengeld auf die Fahrt mit. Darüber gab es keine Quittung. Daraufhin fuhr Ulbin mit meinem Lkw weg in Richtung L und es war vereinbart danach die Fahrt Richtung E anzutreten. Er war dann die 4 Tage unterwegs und hatte es bei der Rückfahrt offensichtlich verabsäumt die Go-Box rechtzeitig aufzuladen. Herr Ulbin muss die Grenze in Suben passiert haben.

Herr U hat den Lkw in Pasching (beim Speedy-Trans/Spedition) abgestellt. Bei dieser Tankstelle tankt unsere Firma auf Lieferschein. Bei der Ankunft des Lkws war von unserer Firma keiner anwesend. Am 23.6.2005 nach dem Fahrt hat mich U angerufen und mir mitgeteilt, dass er keine weitere Fahrt für mich übernehmen will, weil er familiäre Probleme hat. Das restliche Spesengeld nähme er als Lohn. Dies akzeptierte ich notgedrungen. Ich habe Herrn U ersucht, er möge Tachoscheibe, Fahrzeugpapiere und Ablieferbelege im Lkw liegen lassen. Er hat die Tachoscheibe offensichtlich mitgenommen, die restlichen Papiere waren im Lkw. Auf dem Ablieferbeleg ist in der Mitte unten die Unterschrift von U zu sehen.

In Luxenburg bei der Ladestelle (sh. links oben/Absender Transport) hat er Geld für die Heimfahrt bekommen. Diese Fa. hat den Spediteur in W (E, Disponent ist Herr D, Tel. X) angerufen, für die wir fahren und diese mich und ich habe zugestimmt, dass U Geld für die Heimfahrt bekommt. Bei der Ladestelle in Luxenburg müssten Papiere mit der Unterschrift von Ulbin aufliegen. Dies könnte allenfalls über die W Firma erhoben werden.

Es existieren keine Unterlagen über die Aufnahme von Herrn S U als Chauffeur in meinem Betrieb in S."

 

Dazu brachte der Bw vor, dass die Angaben des Zeugen A absolut unrichtig seien. Richtig sei lediglich, dass sich der Bw einst mit dem Zeugen im Beisein von J F bei der BP-Tankstelle bei der Autobahnabfahrt W getroffen habe, da er an einer Beschäftigung im Betrieb interessiert gewesen sei. Im Zuge dieses Gesprächs habe der Bw dem Zeugen mitgeteilt, dass er Inhaber eines Behindertenausweises sei. Herr A meinte daraufhin, dass dann ohnehin keine Beschäftigung möglich sei. In weiterer Folge meinte der Zeuge jedoch, dass man unter Umständen eine Lösung finden könne und der Bw habe etwa zwei Tage später mit J F jenes Kfz in Augenschein genommen, welches der Bw im Falle einer Lösungsfindung fahren hätte sollen. Dieses Kfz (R) habe sich in einem derart desolaten Zustand befunden, dass der Bw kein Interesse mehr gehabt habe, beim Zeugen zu arbeiten. Der Bw habe daher für Herrn A keine Fahrten durchgeführt, deshalb weder Spesengeld erhalten, noch die Tachoscheibe mitgenommen. In diesem Zusammenhang sei besonders auffällig, dass dem Bw vorgeworfen werde, die Tachoscheibe mitgenommen zu haben, wofür überhaupt kein Grund bestanden hätte. Andererseits hätte sich der Bw aber insofern rechtstreu verhalten, als er die für den Zeugen viel wichtigeren Fahrzeugpapiere im Kfz belassen hätte. Die Behauptungen des Zeugen würden deshalb eine reine Schutzbehauptung darstellen um zu verhindern, dass Herrn A die Vorlage der Tachoscheibe aufgetragen werde. Die Vorlage dieser Tachoscheibe könne den untrüglichen Nachweis liefern, dass der Bw den LKW zum Tatzeitpunkt nicht gelenkt habe. Weiters habe der Bw zwischenzeitlich recherchiert, dass er zur Tatzeit mit einem Arbeitskollegen in Rumänien unterwegs gewesen sei.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Auf Anfrage erhielt der Unabhängige Verwaltungssenat von der Oö. Gebietskrankenkasse am 5. Dezember 2006 einen Versicherungsdatenauszug des Bw übermittelt. Diesem ist zu entnehmen, dass der Bw zur Tatzeit von der Fa. H, L, angemeldet und Krankengeld bezogen habe. Eine Anmeldung bei der Fa. O sei erst am 1. August 2005 erfolgt.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde zunächst festgestellt, dass der Zeuge G A im Morgen sein Nichterscheinen telefonisch entschuldigt hat und eine Ladung von J F mangels bekannter Adresse nicht möglich war. Der Bw gab daraufhin bekannt, dass ihm Herr F bekannt sei und auf eine Einvernahme verzichtet wird und diese auch nicht beantragt wurde.

 

Der Bw legte seinen Reisepass vor. In diesem ist ein rumänischer Grenzübertrittsstempel vom Tattag ersichtlich. Die Frage, weshalb er im erstinstanzlichen Verfahren eine Krankenstandbescheinigung vorgelegt habe, anstatt sein Arbeitsverhältnis mit der Fa. O darzulegen, beantwortete der Bw dergestalt, dass er damals tatsächlich im Krankenstand gewesen sei, sich für Fahrten von Schwertransporten interessiert und sich deshalb an die Fa. O gewandt habe. Dort habe er dann eine Probefahrt bekommen.

 

Eine Kopie von Teilen des Reisepasses wurde zum Akt genommen.

 

Die als Zeugin einvernommene G O sagt aus, dass sie damals das Vorhandensein eines Arbeitsverhältnisses mit dem Bw aufgrund eines Transportaktes bestätigt habe. Für jeden Transport werde ein Akt angelegt, in dem alle Frachtpapiere, Ladetermine, Entladetermine etc. kommen würden. Aufgrund dessen habe die Zeugin gesehen, dass der Bw für ihre Firma am 23. Juni 2005 nach Rumänien gefahren sei. Die Zeugin O konnte keine Auskunft über die Uhrzeit des Fahrtantrittes geben. Die Frage, woraus sich ergebe, dass tatsächlich der Bw gefahren sei und nicht vielleicht eine andere Person, antworte die Zeugin, dass mit dem Lenker, nachdem die Ladung und der LKW weggefahren seien, für spätere Rückfragen festgestellt werde, welcher Fahrer den LKW und die Ladung bekomme. Die Zeugin wisse nicht, ob jedesmal penibel geprüft werde, welcher der 30 Fahrer der Firma tatsächlich in den LKW einsteige, wobei gegenständlich eine 99%ige Sicherheit bestehe, dass der Bw der Lenker gewesen sei. Im Transportakt befinde sich aber keine Notiz etwa in die Richtung, dass jemand von der Firma mit dem Bw telefoniert habe oder woraus mit 100%iger Sicherheit hervorginge, dass tatsächlich der Bw gefahren sei. Nach Vorhalt des Versicherungsdatenauszuges der Oö. G, aus dem sich ergibt, dass der Bw vom 29. März 2005 bis zum 24. Juli 2005 für eine Fa. H gearbeitet und außerdem Krankengeld bezogen habe, sagte die Zeugin O, dazu nichts sagen zu können, da ihr dies unbekannt sei. Das Arbeitsverhältnis des Bw mit der Fa. O. scheine deshalb erst ab 1. August 2005 auf, da er zuvor als Aushilfsfahrer beschäftigt gewesen sei.

Es sei unmöglich, dass der Bw am Tattag um 17.28 Uhr am Tatort gewesen sei und noch am selben Tag die Strecke mit einem LKW bis zur rumänischen Grenze bewältigt haben könnte.

 

Der Bw brachte vor, dass er sich aufgrund einer Zeitungsannonce bei der Fa. A gemeldet und einen Termin in ca. 2 bis 3 Wochen beim BP-A in W vereinbart habe, wobei sein Schwager J F auch anwesend gewesen sei. Herr A habe dort dem Bw dann mitgeteilt, ihn wegen seiner Behinderung (Bandscheibenoperationen) nicht brauchen zu können. Dann habe Herr A jedoch gesagt, vielleicht doch eine Lösung finden zu können. In der Hoffnung Arbeit zu bekommen, habe der Bw Herrn A seine Daten und die Telefonnummer von Herrn K vom Bundessozialamt bekannt gegeben. Im Falle einer Anstellung hätte das Bundessozialamt an Herrn A eine Unterstützung bezahlt. Damals sei der Bw noch bei der Fa. H gemeldet gewesen. Mit dieser Firma habe es glaublich im Dezember 2004 jedoch Schwierigkeiten wegen der Erkrankung des Bw gegeben.

 

Nach Einsicht der von Herrn A vorgelegten Frachtpapiere der P sagte der Bw, dass ihm die Fa. P bekannt sei, L kenne er nur vom Durchfahren her. Es sei möglich, dass die Unterschrift auf diesem Dokument von ihm stamme. Dazu sei aber folgendes zu sagen: Als der Bw mit Herrn A zusammen gesessen sei, habe er dem Bw einen Frachtbrief zum Unterschreiben mit der Begründung gegeben, er brauche diese Unterschrift unbedingt wegen der Abladetätigkeit für eine Firma. In der Hoffnung, dass es damit zu einem Arbeitsverhältnis kommt, habe der Bw dem Drängen von Herrn A nachgegeben. Wenn somit die Unterschrift auf diesem Frachtbrief der Fa. P vom Bw stamme, dann könne dies nur so wie eben geschildert zugegangen sein, nämlich, dass der Bw aus Gefälligkeit gegenüber Herrn A einen Frachtbrief für eine Fahrt unterschrieben habe, mit der er eigentlich gar nichts zu tun gehabt habe. Der Vorteil bei dieser Unterschrift könnte für Herrn A darin liegen, dass, falls ein Schaden eintrete, der Lenker für die Versicherung dokumentiert sein müsse. Ausdrücklich habe der Bw Herrn A mitgeteilt, dass er eine Fahrt nach Rumänien habe und er sich nach Rückkunft bei Bedarf melden solle. Da sich Herr A aber nicht gemeldet habe, habe der Bw nachgefragt, wobei ihm gesagt worden sei, dass er ihn nicht brauchen könne.

 

Der als Zeuge einvernommene K D sagte aus, dass ihm die Firmen A und H bekannt, die Fa. O jedoch nicht bekannt sei. Der Zeuge arbeite für die Speditionsfirma E Interfracht, die Transporte in alle Richtungen für bestimmte Firmen übernehme. Für diese Transporte brauche man die Frächter. Für so kleine Frächter wie für die Fa. A sei die gesamte Verantwortung für den LKW übernommen und somit auch viel mit den Fahrern telefoniert worden. Der Zeuge habe den Bw persönlich noch nie gesehen, habe aber mit ihm telefoniert bzw. nehme an, dass es der Bw war. Konkret sei ein Telefonat erinnerlich. Es sei um einen Transport vom F L zum F H gegangen. Dem LKW sei der Diesel ausgegangen. Der Fahrer habe daraufhin im Namen der Express Interfracht getankt, wobei auf der Rechnung kein Name verzeichnet sei. Dies ist deshalb erinnerlich, weil solche Fälle nicht alltäglich seien. Der damalige Lenker sei namentlich nicht in Erinnerung; meistens würden sich die Fahrer mit dem LKW-Kennzeichen melden. Dies sei dann für Herrn D entscheidend. Herr A könne nicht selbst der Anrufer gewesen sein, da dieser dem Zeugen bekannt sei.

 

Der Zeuge legte Kopien des Ladeauftrages, der Tankrechnung und des Frachtbriefes der L-Fahrt vor, welche zum Akt genommen wurden.

 

K D legte zur Tankrechnung dar, dass am 22. Juni 2005  250 Liter Diesel getankt worden seien und der Geldbetrag von der Firma W vorgestreckt und später mit E verrechnet worden sei. Zum Frachtbrief sagte der Zeuge aus, dass er sich nicht vorstellen könne, dass dieser im Vorhinein unterschrieben worden sei oder sich daraus ein Vorteil für Gerhard A ergeben würde. Diesen Frachtbrief habe die Fa. P ausgestellt, welche vom Fahrer in L zu unterschreiben sei, um damit die Übernahme der Ware zu quittieren. Im Vorhinein sei eine solche Unterschrift gar nicht möglich, da die Fa. A diesen Frachtbrief nicht im Vorhinein bekomme sondern erst nach Abladen des LKW.

Die Frage, ob es möglich sei, dass die Unterschrift des Bw erst im Nachhinein geleistet hätte werden können, bejahte der Zeuge. Ein CM-Brief bestehe aus 4 Teilen. Normalerweise unterschreibe diesen der Fahrer nach der Warenübernahme; ein Durchdruck verbleibe bei der Firma – im gegenständlichen Fall: die Fa. P L. Die restlichen drei Ausfertigungen nehme der Fahrer mit, um sich darauf eine Bestätigung bei der Entladestelle (gegenständlich: Fa. P) geben zu lassen. Ein nachträgliches Einholen der Unterschrift wäre nur vor Eintreffen des Fahrers in H möglich gewesen.

Das Datum 22. Juni 2005 auf dem Frachtbrief bedeute, dass die Papiere an diesem Tag ausgefertigt bzw. der LKW an diesem Tag beladen wurden. Der Vergleich mit dem Datum auf dem Ladeauftrag (23. Juni 2005) ließe nur den Schluss zu, dass der Ladevorgang in der Nacht vom 22. auf den 23. Juni 2005 gewesen sei. Aus den gegenständlichen Frachtbriefen gehe das Datum der tatsächlichen Entladung nicht hervor. Die Termine auf dem Ladeauftrag seien geplante und keine faktischen Termine. Es gehe aus den Papieren nicht hervor, ob die Beladung am 22. oder am 23. Juni 2005 erfolgt sei. Der Zeuge wisse aus seiner Erinnerung nur, dass der LKW um ca. 19.00 Uhr in Hörsching gewesen sei; ob am 22. oder 23. Juni 2005 sei nicht erinnerlich. Wenn die Beladung in L und die Entladung in H am 22. Juni 2005 erfolgt sei, sei auch ohne Weiteres möglich, dass der Bw am 23. Juni die Grenze nach Rumänien überschritten habe. Wenn die Beladung jedoch am 23. Juni 2005 und die und Entladung am selben Tag um 19.00 Uhr erfolgt sei, sei es unmöglich, dass der Bw an diesem Tag noch die rumänische Grenze erreicht habe.

Die Frage, ob es möglich sei, dass der Bw den gegenständlichen Frachtbrief unterschrieben habe, ohne mit dieser Fahrt etwas zu tun gehabt zu haben, beantwortete der Zeuge dahingehend, dass theoretisch Vieles möglich sei. Es würde aber nicht einer regulären Vorgangsweise entsprechen. Die Darstellung des Bw wäre nur so möglich gewesen, wenn sich der Bw vor dem Entladen mit Herrn A getroffen und drei Durchschriften unterschrieben worden wären. In so einem Fall wäre für die Fa. A ein anderer Fahrer in L gewesen, wobei dort auf die Unterschrift vergessen worden sei. Daraus würden sich für G A auch keine Nachteile erwachsen. Es gehe bei einem Fehlen der Ladung nur um die Nachvollziehbarkeit der Verantwortlichkeit; ansonsten sei diese Unterschrift sowieso ohne besonderen Wert. Bei solchen Fahrten müsse der Fahrer immer einen Tourenbericht schreiben.

 

Der Bw gab an, dass er für das graphologische Gutachten in G Originalschriften liefern habe müssen. Im Verfahren in Graz gegen Gerhard A seien von diesem Papiere vorgelegt worden. Dies sei die Vergleichsbasis für die Schriftprobe gewesen.

 

Abschließend brachte der der Bw vor, dass der Tatvorwurf schon dadurch widerlegt sei, dass erwiesen sei, dass er am 23. Juni 2005 einen Grenzübertritt nach Rumänien gehabt habe und dies deshalb von den zeitlichen Verhältnissen unvereinbar sei, dass der Bw zur angegeben Tatzeit am Tatort gewesen sei. Dies sei von zwei Fachleuten bestätigt worden. Im Übrigen werde auf Widersprüche der Äußerungen G A verwiesen. Auch dass 800 Euro ohne Quittung übergeben worden seien, erscheine lebensfremd.

 

5.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die ASFINAG den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Scheidet auch eine schriftliche Aufforderung gem. Abs. 4 aus, so ist anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, der Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 5).

 

5.2. Das Argument des Bw, wonach es zeitlich unmöglich ist, am 23. Juni 2005 um 17.28 Uhr die gegenständliche Tat verwirklicht und am selben Tag noch (mit einem LKW) die rumänische Grenze überschritten zu haben ist stichhältig. Dies wurde von den einvernommenen Zeugen O und D unabhängig voneinander bestätigt. Der Grenzübertritt des Bw am Tattag ist nicht nur belegt durch einen Stempel der rumänischen Grenzbehörden im vorliegenden Reisepass des Bw sondern auch durch die Bestätigung dieser Auslandsfahrt durch die Zeugin O.

 

Es konnte somit die Täterschaft des Bw nicht zweifelsfrei erwiesen werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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