Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161835/3/Br/Ps

Linz, 27.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O K, geb., O, S, vertreten durch RA Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mann­schaft Ried im Innkreis vom 6. Dezember 2006, Zl. VerkR96-7182-2006, zu Recht:

 

I.        Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.      Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 12 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wegen der Übertretungen nach § 24 Abs.1 lit.a StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Stunden verhängt, weil er am 17.8.2006 um 16:53 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in Ried im Innkreis, Kirchenplatz ggü. Nr. 26 in einem dort kundgemachten Halte- u. Parkverbot abgestellt hatte.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:

"Die Stadtpolizei 4910 Ried i.L setzte gegen den Lenker des PKW am 17.08.2006 um 16:53 Uhr mit Organstrafverfügung gemäß § 50 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wegen Übertre­tung nach § 24 Abs. 1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 20,00 Euro fest, weil Ihr KFZ am 17.08.2006, 16:53 Uhr, in Ried i.L, Kirchenplatz gegenüber Nr. 26, im Bereich des Vorschrifts­zeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt war.

Da der durch die Organstrafverfügung festgelegte Strafbetrag binnen der nach § 50 Abs. 6 VStG gegebenen Frist von 2 Wochen nicht einbezahlt wurde und dies als Verweigerung der Zahlung des Strafbetrages gilt, wurden Sie von der Bezirkshauptmannschaft Ried i.L als Zulassungsbesit­zer des PKW mit Schreiben vom 26.09.2006, VerkR96-7182-2006, gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens bekannt zu geben, wer das Fahrzeug zuletzt vor dem 17.08.2006, 16:53 Uhr in Ried i.L, Kirchenplatz gegenüber Nr. 26, im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt hat.

Daraufhin gaben Sie mit schriftlicher Lenkerauskunft vom 02.10.2006 bekannt, dass Sie damals das in Rede stehende Fahrzeug selbst am angefragten Ort abgestellt haben. Die Lenkerauskunft war mit einer umfangreichen Äußerung betreffend eine allfällige Gleich­heitswidrigkeit der im KFG vorgesehenen Geldstrafe 5.000,00 Euro und einen allfälligen Ver­stoß dieser Gesetzbestimmung gegen die EMRK versehen.

Folglich erließ die Bezirkshauptmannschaft Ried i.L gegen Sie wegen der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung die von Ihnen in weiterer Folge mit Schriftsatz vom 13.10.2006 beeinspruchte Strafverfügung vom 10.10.2006, VerkR96-7182-2006, mit der über Sie eine Geld­strafe von 60,00 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt wurde. Mit besagtem, nicht näher begründetem Einspruch ersuchten Sie um Gewäh­rung der Akteneinsicht und Einräumung einer angemessenen Frist ab Akteneinsichtnahme zur Erstattung einer Rechtfertigung.

Daraufhin wurde Ihnen im Wege der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn Akteneinsicht gewährt und wurde Ihnen eine Frist von 3 Wochen ab Akteneinsichtnahme zur Erstattung einer Rechtfertigung eingeräumt.

In der Folge haben Sie jedoch die Ihnen eingeräumte Frist zur Erstattung einer Rechtfertigung bzw. Stellungnahme nicht genützt, weshalb davon auszugehen ist, dass Sie dem Tatwurf nichts Substanzielles entgegen zu setzen haben.

Hierüber hat die Behörde erwogen:

Nach § 24 Abs. 1 lit.a StVO 1960 ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszei­chens "Halten und Parken verboten" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z. 13 b verbo­ten.

Die hs. Behörde sieht die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung, nämlich das vorschriftswidrige Abstellen Ihres PKW im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" auf Grund der Anzeige der Stadtpolizei Ried i.L vom 17.08.2006, Ihrer einem Eingeständnis gleichkommenden Lenkerauskunft vom 02.10.2006 sowie des Umstandes, dass Sie ohne nähere Begründung gegen die in den obigen Ausführungen angeführte Strafverfü­gung Einspruch erhoben und in der Folge trotz Gewährung der Akteneinsichtnahme und Ein­räumung einer Frist von 3 Wochen keine Rechtfertigung bzw. Stellungnahme zu der Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erstattet haben, in objektiver Hinsicht als erwiesen an.

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten ge­nügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Ge­botes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Umstände, welche Ihr Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvor­schrift ausschließen würden, sind von Ihnen im Verfahren nicht vorgebracht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben.

Zu Ihrem weitschweifenden, im gegebenen Fall ohnehin das Thema verfehlenden Vorbringen anlässlich Ihrer Lenkerauskunft, dass die Verfassungsbestimmung des Art. 6 EMRK (fair-trial) verbiete, Beweise gegen sich selbst liefern zu müssen, sei auf die einschlägige- gegenteilige Rechtssprechung des Verwaltungs- sowie Verfassungsgerichtshofes verwiesen. Weitere Ausfüh­rungen zu diesem Thema erübrigen sich.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefahrdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Straf­drohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestim­men, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen.

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung hat keine konkreten nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Dennoch musste zumindest eine geringfügige Geldstrafe verhängt werden, um Sie in Zukunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Der Umstand, dass gegen Sie im Zeitpunkt der Tatbegehung mehrere einschlägige Vormerkungen vorliegen, war als erschwerend einzustufen. Allfällige Milderungs- oder sonstige Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Bemerkt sei, dass vom Vorliegen eines allfälligen besonderen Strafmilderungsgrundes des­halb keine Rede sein kann, weil Sie auf Grund des § 103 Abs. 2 KFG 1967 im Rahmen der Len­kerauskunft zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet waren.

Im Hinblick auf die im § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 vorgesehene Höchststrafe für das gegen­ständliche Delikt von 726,00 Euro bewegt sich die verhängte Geldstrafe von 60,00 Euro ohne­dies im untersten Bereich des Strafrahmens und ist diese somit - wie bereits oben erwähnt - als geringfügig einzustufen. Die Geldstrafe entspricht dabei auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die hs. Behörde im Rahmen einer unwidersprochen gebliebenen Schätzung davon ausgeht, dass Sie über einen monatliches Nettoeinkommen von 1.200,00 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgenpflichten verfügen.

Der Kostenausspruch ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung wird dem Folgendes entgegen gehalten:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 06.12.2006, VerkR96-7182-2006, erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Verteidiger fristgerecht nachstehende

 

B E R U F U N G

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Die über mich verhängte Bestrafung verletzt mich in den nachstehend angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten:

 

-          Verletzung im Gleichheitsrecht nach Art. 7 Abs. 1 B-VG und Art. 2 StGG:

 

Dem Zulassungsbesitzer kommt kein inhaltlich einem Zeugnisverweigerungsrecht entsprechendes Entschlagungsrecht zugute, was gleichheitswidrig ist (VfSlg. 9950, 10.394 und 10.505).

 

-          Verstoß gegen das Rechtsstaats- und demokratische Prinzip:

 

Im Erkenntnis vom 11.10.2001, G 12/00 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof die Verfassungsbestimmung des § 126a des Bundesvergabegesetztes in der damals gegoltenen Fassung als verfassungswidrig aufgehoben.

Unter Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg. 15.215 stellt der VfGH fest, dass die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle als zentrales Element des rechtsstaatlichen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung anzusehen ist.

 

Aus diesem Grund widerspricht die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des § 103 Abs. 2 KFG dem Baugesetz (qualifizierten Verfassungsrecht) des rechtsstaatlichen Prinzips, weil damit nicht nur die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte des Beschuldigten suspendiert und diesbezüglich auch der verfassungsgerichtlichen Kontrolle entzogen werden, weil der (einfache) Verfassungsgesetzgeber mit der Erhebung des letzten Satzes de § 103 Abs. 2 KFG in Verfassungsrang ein zu den Normen, welche verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte einräumen, gleichwertige Norm geschaffen hat, deren Inhalt der Verfassungsgerichtshof somit nicht mehr an diesen Rechten messen kann.

Die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes spricht im Zusammenhang mit Art. 18 B-VG vom Rechtsstaatsprinzip, aus dem insbesondere auch das Erfordernis eines Rechtsschutzsystems abzuleiten ist (vgl. VfSlg. 11.196 und 13.003).

Im Fall einer Gesamtänderung der Bundesverfassung ist die Durchführung einer Volksabstimmung nach Art. 44 Abs. 3 B-VG obligatorisch. Ob ein solcher Fall vorliegt, hat unter der nachprüfenden Kontrolle des VfGH gemäß Art. 140 B-VG der Nationalrat zu bestimmen; eine Gesamtänderung liegt vor, wenn eine Änderung der verfassungsrechtlichen Grundordnung erfolgt (vgl. VfSlg. 2455 und auch das in der BRD im Grundgesetz verankerte Intabulationsverbot).

Im Zusammenhang mit den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg. 10.091 ist im gegebenen Zusammenhang festzuhalten, dass der Gesetzgeber durch die Erhebung des letzten Satzes des § 103 Abs. 2 KFG mit der 10. Novelle im Jahr 1986 in Verfassungsrang ganz bewusst auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 9950, 10.394 sowie 10.505, reagiert und es klar darauf angelegt hat, es dem Verfassungsgerichtshof in der Zukunft unmöglich zu machen, die vom Zulassungsbesitzer verpflichtend und unter sonstiger Strafsanktion abzugebende Lenkerauskunft nochmals auf ihre Verfassungsgemäßheit hin zu überprüfen; dies – wie VfSlg. 11.829 zeigt – mit Erfolg.

 

Damit liegt auf der Hand, dass es der Gesetzgeber mit diesem „Schachzug“ dem VfGH unmöglich gemacht hat, diese Bestimmung auf ihre Verfassungsgemäßheit hin zu  überprüfen; der Gesetzgeber schaltet somit mit einer derartigen Verfassungsbestimmung die Überprüfungsbefugnis und somit eine wesentliche Funktion des Verfassungsgerichtshofes als Höchstgericht aus, was baugesetzwidrig ist. Einer solchen gesetzgeberischen Vorgangsweise hat der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 10.091 eine klare Absage erteilt.

Das in der BRD geltende Intabulationsverbot findet seine Berechtigung unter anderem in der Hintanhaltung eines solchen gesetzgeberischen Vorgehens.

 

Damit geht aber auch die noch auszuführende Verletzung des Art. 13 EMRK einher, weil der Betroffene (Beschuldigte) eine „wirksame“ Beschwerde nicht (mehr) einlegen kann.

 

Zu diesem Ergebnis kommt man aber auch, wenn man die Verfassungsbestimmung des Art. 17 EMRK berücksichtigt, wonach der Staat keine Tätigkeit ausüben oder eine Handlung begehen darf, die auf die Abschaffung der in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende Beschränkungen dieser Rechte und Freiheiten als in der Konvention vorgesehen, hinzielt (vgl. dazu auch Art. 54 der Grundrechte –Charta der EU).

 

-          Verstoß gegen den Anklagegrundsatz nach Art. 90 Abs. 2 B-VG:

 

Nach dieser Verfassungsbestimmung gilt im Strafverfahren der Anklageprozess, wozu auch das Verwaltungsstrafverfahren zählt (VfSlg. 9950 u.a. sowie EGMR vom 20.12.2001 im Fall Erwin Baischer gegen Österreich).

 

Aus Art. 90 Abs. 2 B-VG leitet der Verfassungsgerichtshof ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes, subjektives Recht ab, welches darin besteht, dass niemand unter Strafsanktion verhalten werden darf, sich im Strafverfahren oder in einem Stadium vor Einleitung eines solchen selbst einer strafbaren Handlung zu bezichtigen (materielles Anklageprinzip; VfSlg. 9950, 11.829, 11.923, 12.454. 14.988 und VfGH vom 26.06.2000, B 460/00).

 

In VfSlg. 14.987 stellt der VfGH klar, dass aus dem Anklageprinzip in seiner materiellen Bedeutung das sowohl an die Gesetzgebung als auch die Vollziehung gerichtete Verbot abgeleitet wird, den Rechtsunterworfenen auch schon im Stadium vor Einleitung eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens durch Androhung oder Anwendung rechtlicher Sanktionen dazu zu verhalten, Beweise gegen sich selbst zu liefern.

 

Nach § 33 Abs. 2 VStG kann der Beschuldigte zur Beantwortung der an ihn gestellten Fragen nicht gezwungen werden, eine Mutwillensstrafe darf gegen ihn nicht verhängt werden (Abs. 3 leg.cit).

 

Verwaltungsübertretungen sind mit Ausnahme des Falles des § 56 von Amts wegen zu verfolgen (§ 25 Abs. 1 VStG).

Der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit ergibt sich aus § 37 AVG und wird in § 25 Abs. 2 VStG besonders hervorgehoben (VwGH Vom 05.10.1976, Zl. 1306/76 sowie vom 16.10.2001, 2001/09/0071).

 

Der Anklagegrundsatz ist auch in der StPO lückenlos verwirklicht; nach § 2 Abs. 1 tritt die gerichtliche Verfolgung der strafbaren Handlung nur auf Antrag eines Anklägers ein. Das Urteil des Strafgerichtes darf über die Anklage nicht hinausgehen.

Verweigert der Beschuldigte die Aussage, so darf er zu dieser nicht gezwungen werden (§§ 203 und 245 Abs. 2 StPO), sagt der Beschuldigte wahrheitswidrig aus, so kann er dafür strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden, dies selbst dann nicht, wenn er die belastenden Aussagen eines Zeugen oder Sachverständigen als unrichtig bezeichnet; vgl. auch § 202 leg.cit.

Es gibt keinen Wahrheits- und Aussagezwang (EvBl. 1966/438), die Verweigerung von Angaben ist das Recht des Beschuldigten, sie unterliegt der richterlichen Würdigung nach § 258 Abs. 2 StPO (SSt 56/92).

Zu den Rechten des Angeklagten gehört auch das Recht zu schweigen und sich nicht selbst zu beschuldigen (nemo tenetur), welches im deutschen Recht in § 136 Abs. 1 dStPO positiviert ist und in der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes wurzelt. Dieser Grundsatz ist zwar in Art. 6 EMRK nicht ausdrücklich erwähnt, wird vom EGMR aber zum Kernbereich eines fairen Verfahrens gerechnet, wobei dieser stets auf den engen Zusammenhang mit der Unschuldsvermutung gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK hinweist. Es obliegt der Strafverfolgungsbehörde, den Beschuldigten zu überführen, ohne hiefür auf Beweismittel zurückzugreifen, die durch Zwangs- oder Druckmittel ohne den Willen des Beschuldigten erlangt wurden. Diese Garantie ist nicht nur auf Aussagen beschränkt, sondern umfasst auch den Zwang zur Herausgabe von Beweismitteln (vgl. Christoph Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, S. 385 und die dort zitierte EGMR-Judikatur).

 

-          Verstoß gegen ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK:

 

Der Grundsatz eines fairen Verfahrens („in billiger Weise“) verlangt unter anderem, dass der Betroffene seine Rechte effektiv vertreten kann (VfSlg. 10.291). Ein Beschuldigter darf insbesondere nicht gezwungen werden, Beweise gegen sich selbst zu liefern (VfSlg. 12.454 sowie EGMR vom 25.02.1993 im Fall Funke gegen Frankreich, vom 17.12.1996 im Fall Saunders gegen das Vereinigte Königreich, vom 03.05.2001 im Fall J.B. gegen die Schweiz, vom 04.10.2005 im Fall William Shannon gegen das Vereinigte Königreich sowie vom 25.10.2005 in den Fällen Gerard O´Halloran und Idris R. Francis v.UK).

Im Urteil vom 04.10.2005 im Fall Shannon gegen das Vereinigte Königreich hat der EGMR besonders hervorgehoben, dass das Argument der englischen Regierung nicht akzeptiert wird, die Komplexität von Betrugshandlungen im Bereich von Wirtschaftsgesellschaften und das vitale öffentliche Interesse an der Ermittlung solcher Betrügereien und die Bestrafung der dafür Verantwortlichen könnte eine signifikante Abweichung von den Grundsätzen eines fairen Verfahrens, wie sie im vorliegenden Fall geschehen ist, rechtfertigen.

Sowie die Kommission ist der EGMR der Auffassung, dass die allgemeinen Erfordernisse der Fairness, wie sie in Art. 6 enthalten sind, einschließlich des Rechtes, sich nicht selbst beschuldigen zu müssen, auf Strafverfahren aller Typen strafbarer Handlungen ohne Unterscheidung von den einfachsten bis hin zu den am meisten komplexen Anwendung finden. Das öffentliche Interesse kann nicht ins Treffen geführt werden, um die Verwertung von Aussagen, die zwangsweise erlangt wurden, zur Belastung des Angeklagten zu rechtfertigen.

Wenn der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 11.829 den Standpunkt vertritt, diese Verfassungsbestimmung sei „in seiner innstaatlichen Maßstabsfunktion“ anzuwenden, so steht dem die Verfassungsbestimmung des Art. 1, 15 und 17 EMRK entgegen und ist in diesem Zusammenhang auf die obigen Ausführungen zum Rechtsstaatsprinzip hinzuweisen, ebenso auf die Erkenntnisse des UVS des Landes Oberösterreich vom 18.10.2005, VwSen-160878 und vom 05.01.2006, VwSen-161052 u.a.

 

Die von der Erstbehörde unter Strafandrohung ausgesprochene Verpflichtung, den Lenker meines Fahrzeuges wahrheitsgemäß bekanntzugeben, stellt einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren dar, weil ich mich selbst belasten musste.

 

Im Erkenntnis vom 07.11.2006, UVS 30.11-105/2006-4, weist der UVS für die Steiermark die Berufung des Johann Landrichinger gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 19.09.2006 betreffend eine Bestrafung wegen Verweigerung der Lenkerauskunft nach § 103 Abs. 2 iVm § 134 Abs. 1 KFG mit der Begründung ab, dass im Sinne der Judikate des EGMR vom 08.04.2004 und 03.05.2005 in den Fällen Weh und Fischbach-Mavronatis gegen Österreich auch im gegenständlichen Verfahren nicht ersichtlich ist, inwieweit ein Verstoß gegen das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung bzw. ein Verstoß gegen ein faires Verfahren iSd Art. 6 EMRK vorliegen sollte.

 

Auf Seite 5 dieses Erkenntnisses führt der UVS für die Steiermark wie folgt aus:

 

„Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn die Behörde zunächst eine Strafverfügung wegen der Geschwindigkeitsübertretung gegen den Zulassungsbesitzer erlassen hätte und erst aufgrund des Einspruchs eine Lenkeranfrage an den Zulassungsbesitzer gerichtet hätte. Ist nämlich gegen einen Beschuldigten ein Strafverfahren wegen einer Geschwindigkeitsübertretung anhängig und erfolgt die Lenkeranfrage gemäß

§ 103 Abs. 2 KFG erst, nachdem er im Einspruchsvorbringen darauf hingewiesen hatte, er könne den Fahrzeuglenker zum maßgeblichen Zeitraum nicht nennen, so verstößt die Bestrafung wegen einer nicht ordnungsgemäßen Beantwortung der Lenkeranfrage gegen das Recht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen (vgl. UVS Vorarlberg vom 10.06.2005, UVS-1-774-2004). Ein derartiger Fall liegt aber nicht vor, weil ein Strafverfahren wegen der Geschwindigkeitsübertretung im Zeitpunkt der Lenkeranfrage eben nicht anhängig war“.

 

Besondere Beachtung verdient weiters die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 25.10.2005 in den Fällen O´Halloran und Francis gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde-Nr. 15.809/02 und 25624/02 betreffend Bestrafung wegen Verweigerung der Lenkerauskunft bzw. Bestrafung wegen des Grunddeliktes nach verpflichtend abzugeben gewesener Lenkerauskunft.

Diese beiden Beschwerden wurden für zulässig erklärt (vgl. auch meine in gleich gelagerten Fällen eingebrachten Beschwerden, welche vom EGMR zu den Geschäftszahlen 3364/06 und 36.777/06 registriert wurden, Zulässigkeitsentscheidungen bzw. Urteile liegen dazu noch nicht vor).

 

In Parallelfällen hat der Verfassungsgerichtshof in einer Reihe von Ablehnungsbeschlüssen, vgl. etwa jenen vom 11.03.2005, B 210/05, betreffend die Bescheidbeschwerde gegen das Erkenntnis des UVS des Landes Oberösterreich vom 26.01.2005, VwSen-160124, neben dem Erkenntnis VfSlg. 11.829, auch das Urteil des EGMR vom 08.04.2004 im Fall Weh gegen Österreich zitiert.

Jener Sachverhalt, welcher dieser Entscheidung des EGMR zugrundelag, unterscheidet sich vom gegenständlichen aber in seinen wesentlichsten Aspekten.

Darin ruft der EGMR in Erinnerung, dass das Recht zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten, voraussetzt, dass die Behörden beim Versuch, den Beschuldigten zu überführen, nicht auf Beweise zurückgreifen, die durch Zwang oder Druck gegen den Willen des Verdächtigen erlangt wurden.

Der dortige Beschwerdeführer hat die ihm abverlangte Lenkerauskunft nicht verweigert, sondern sich damit entlastet, dass er der Behörde eine dritte Person als Lenker bekanntgab. Dieser wurde nur deshalb nach § 103 Abs. 2 KFG bestraft, weil seine Informationen wegen der fehlenden Adresse des Lenkers unzureichend waren. Weder im innerstaatlichen Verfahren noch vor dem EGMR hat dieser jemals behauptet, das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsübertretung selbst gelenkt zu haben. In diesem Fall bestand nur ein schwacher und hypothetischer Zusammenhang zwischen der Verpflichtung des Beschwerdeführers, den Lenker seines Fahrzeuges preiszugeben und einem möglichen Strafverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung gegen ihn. Ohne ausreichend konkreter Verbindung zu diesem Verfahren wirft die Anwendung von Zwang (Verhängung einer Geldstrafe) zu Erlangung von Informationen kein Problem bezüglich des Rechtes zu schweigen bzw. sich nicht selbst zu bezichtigen, auf, weswegen der EGMR im dortigen Fall (mit 4 : 3 Stimmen) keine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK erblickte.

 

Der gegenständliche Fall ist völlig anders gelagert.

 

Ich habe ich mich nicht etwa durch Bekanntgabe einer dritten Person als Lenker meines Kfz entlastet, sondern mich belastet, indem ich (wahrheitsgemäß) der Behörde auf ihre Anfrage hin dahingehend geantwortet habe, dass ich damals selbst der Lenker war.

Ich hatte keine andere Möglichkeit als die mir abverlangte Lenkerauskunft wahrheitsgemäß zu erteilen, weil ansonsten, was mir in der Lenkererhebung angedroht wurde, ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Verweigerung der Lenkerauskunft eingeleitet worden wäre, wobei dieses Delikt einer bedeutend strengeren Strafnorm, nämlich jener des § 134 Abs. 1 KFG unterliegt, welche Geldstrafen bis € 5.000,-- vorsieht.

Schon in dieser enormen Strafdrohung liegt eine Verletzung des fairen Verfahrens, zumal die hier in Rede stehende Geschwindigkeitsüberschreitung mit einer maximalen Geldstrafe von € 726,-- geahndet werden kann, die Strafdrohung wegen Verweigerung der Lenkerauskunft ist sage und schreibe sieben Mal höher.

Darin liegt auch ein wesentlicher Unterschied zu § 172 der englischen StVO, wonach Derjenige, der die Lenkerauskunft verweigert, mit derselben Strafe zu belegen ist, die über ihn wegen des Grunddeliktes verhängt worden wäre (vgl. Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 25.10.2005 in den Fällen O´Halloran und Francis v. UK).

Es würde wohl jedem rechtsstaatlich denkenden Menschen undenkbar erscheinen, wenn etwa das StGB eine Norm enthielte, welche unter Strafe stellt, dass der Beschuldigte bzw. Angeklagte verpflichtet ist, seine Tätereigenschaft einzugestehen, ansonsten er mit einer Strafe zu belegen ist, die er bekommen hätte, wäre er der Täterschaft betreffend des in Rede stehenden Strafdeliktes überführt worden oder - umgelegt auf die Strafdrohung des § 134 Abs. 1 KFG – eine Strafbestimmung zur Anwendung kommt, welche um ein Vielfaches strenger ist als jene zur Straftat gehörige.

 

Da auch das Verwaltungsstrafverfahren eine strafrechtliche Anklage (criminal charge) iSd Art. 6 EMRK ist, ist hier eine Differenzierung nicht zulässig.

 

Nach § 64 Abs. 2 VStG ist der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen.

Diese Bestimmung stellt einen Verstoß gegen das faire Verfahren dar, zumal in Strafverfahren das Verschlimmerungsverbot gilt.

Wird eine Berufung gegen einen erstinstanzlichen Strafbescheid abgewiesen, bedeutet dies für den Beschuldigten, dass er in Summe 30 % der Strafe als Verfahrenskosten zu bezahlen hat, was bereits strafrechtlichen Charakter aufweist und den Beschuldigten wesentlichen belastet. Bei sehr geringen Strafen ist ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 30 % in absoluten Zahlen sicherlich kein hoher Betrag, bei der gegenständlich verhängten Strafe sind 30 % aber schon ein empfindlicher Betrag, welcher geeignet ist, den Beschuldigten davon abzuhalten, ein Rechtsmittel einzubringen um seine Rechte zu wahren.

Da auch die Gewährung der Verfahrenshilfe nicht von der Leistung dieser Verfahrenskostenbeiträge befreien kann, würde ein Beschuldigter, welcher sich zwar im Recht wähnt, von der Einbringung des Rechtsmittels abgehalten werden, weil er diese nicht bezahlen kann. Die Rechtsprechung des EGMR betreffend die Möglichkeit der Beantragung der Verfahrenshilfe kann hier somit nicht angewendet werden.

 

-          Verstoß gegen die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK:

 

Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.

 

Diesen „gesetzlichen Nachweis der Schuld“ hat die Verwaltungsstrafbehörde im abgeführten Verfahren nicht erbracht.

 

Wegen einer Verwaltungsübertretung darf eine Strafe nur aufgrund eines nach diesem Bundesgesetz durchgeführten Verfahrens verhängt werden (§ 23 VStG).

 

Verwaltungsübertretungen sind von Amts wegen zu verfolgen, die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände sind in gleicher Beweise zu berücksichtigen wie die belastenden (Grundsätze der Gesetzmäßigkeit – Legalitätsprinzip, der Amtswegigkeit (Offizialmaxime) sowie der materiellen Wahrheit (vgl. § 25 Abs. 2 VStG).

 

Nach Lehre und Rechsprechung gilt im österreichischen Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz das Inquisitionsprinzip (Vereinigung der Anklage – und Entscheidungsfunktion im selben Organ).

 

Eine Verletzung der Unschuldsvermutung liegt im vorliegenden Fall deshalb vor, weil der gesetzliche Nachweis der Schuld, meiner Täterschaft, nicht geführt worden ist,

zumal im Sinne des Anklageprinzips nach Art. 90 Abs. 2 der österreichischen Bundesverfassung die Behörde die Beweislast für das Begehen einer Verwaltungsübertretung und somit auch für die Lenkereigenschaft trifft. Diese Beweislastregel hat die Bezirkshauptmannschaft als Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz dadurch missachtet, dass sie mich unter Strafsanktion verpflichtet hat, wahrheitsgemäß den damaligen Lenker meines Pkw, also mich selbst, bekanntzugeben.

Die Verwaltungsstrafbehörde ist somit mit Druck und Zwang zu einem Beweis, nämlich meiner Lenkereigenschaft, gelangt, welchen sie nicht zur Verfügung hätte, hätte sie mich nicht unter Strafsanktion (Geldstrafe bis € 5.000,--!) unter Anwendung des § 103 Abs. 2 KFG gezwungen, die Lenkerauskunft zu erteilen. Ich hatte keine vernünftige Alternative, als dieser Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft nachzukommen, ansonsten eine Strafdrohung zur Anwendung gekommen wäre, welche einen weitaus höheren Strafrahmen aufweist als das Grunddelikt.

 

Allein in der enormen Strafdrohung des § 134 Abs. 1 (iVm § 103 Abs. 2) KFG liegt ein Verstoß gegen Art. 6 EMRK (vgl. dazu etwa die in der Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 25.10.2005 in den Fällen O´Halloran und Francis gegen das Vereinigte Königreich zitierte englische Rechtslage, nach welcher bei Verweigerung oder unrichtiger Erteilung der Lenkerauskunft jene Strafdrohung zur Anwendung kommt, welche das Grunddelikt bestimmt).

 

Wäre eine derartige Strafnorm verfassungs- bzw. EMRK-konform, wäre der Gesetzgeber aufgerufen, eine Bestimmung in das Strafgesetzbuch aufzunehmen, welche vorsieht, dass der Beschuldigte bzw. Angeklagte mit einer Strafe zu belegen ist, wenn sich dieser weigert, ein Geständnis abzulegen, ist doch der Unrechtsgehalt der StGB-Delikte in aller Regel bedeutend höher als im Verwaltungsstrafrecht.

Dass eine derartige Strafnorm in einem Rechtsstaat untragbär wäre, dürfte unbestritten sein.

Da nach der EGMR- und VfGH-Judikatur auch das Verwaltungsstrafverfahren eine strafrechtliche Anklage (criminal charge) iSd Art. 6 EMRK ist, verbietet sich hier eine differenzierende Betrachtung zwischen Kriminal- und Verwaltungsstrafrecht (vgl. dazu die Ausführungen des EGMR in den Fällen Funke gegen Frankreich und Saunders gegen das Vereinigte Königreich sowie im Urteil vom 04.10.2005 im Fall William Shannon gegen das Vereinigte Königreich und in den bereits mehrfach zitierten Zulässigkeitsentscheidungen vom 25.10.2005 in den Fällen O´Halloran und Francis gegen das Vereinigte Königreich).

 

Es liegt somit ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK vor.

 

-          Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK:

 

Nach dieser Verfassungsbestimmung hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens.

 

Der Begriff „Privatleben“ ist besonders unscharf, der EGMR hält ihn für eine erschöpfende Definition nicht zugänglich (vgl. EGMR vom 25.03.1993, ÖJZ 1993, 707 im Fall Costello-Roberts gegen das Vereinigte Königreich).

 

Einen Eingriff in dieses Recht sehe ich darin, dass ich durch § 103 Abs. 2 KFG und das erstbehördliche Lenkerauskunftsersuchen verpflichtet werde, mich selbst als Lenker zu bezeichnen und somit dem Verwaltungsstrafverfahren auszusetzen.

 

Der Begriff „Familienleben“ wird von der Judikatur weit verstanden und schließt auch das Recht ein, einen Familienangehörigen nicht einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen zu müssen, wie sich dies auch aus § 49 AVG und § 38 VStG ergibt.

 

Nach § 49 Abs. 1 Z.1 AVG – diese Bestimmung ist im Sinne des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden – darf ein Zeuge die Aussage über Fragen verweigern, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Ehegatten, seinem Verwandten oder Verschwägerten in auf- oder absteigender Linie, seinem Geschwisterkind oder einer Person, die mit ihm noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert ist, ferner seinen Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekindern, seinem Vormund oder Pflegebefohlenen einen unmittelbaren bedeutenden Vermögensnachteil oder die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung zuziehen oder zur Schaden gereichen würde.

 

Nach § 38 VStG geht das Zeugnisentschlagungsrecht weiter, die dort genannten Personen sind von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses auch dann befreit, wenn die im § 49 Abs. 1 Z.1 AVG vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Gerade die Pflicht des Zulassungsbesitzers zur Bekanntgabe des Lenkers seines Fahrzeuges betrifft in den allermeisten Fällen entweder den Zulassungsbesitzer selbst oder dessen Familienangehörige.

 

Dasselbe Entschlagungsrecht sieht die österreichische StPO in § 152 vor.

 

Danach sind von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses Personen befreit, die sich durch ihre Aussage der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würden oder die im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten Strafverfahren Gefahr liefen, sich selbst zu belasten auch wenn sie bereits verurteilt worden sind.

Weiters Personen, die im Verfahren gegen einen Angehörigen (§ 72 StGB) aussagen sollen und deren Aussage die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung eines Angehörigen mit sich brächte, wobei die durch eine Ehe begründete Eigenschaft einer Person als Angehöriger aufrecht bleibt, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht.

 

Entschlagungsrechte eines Zeugen müssen auch für den in einem Strafverfahren Beschuldigen gelten, eine andere Gesetzauslegung wäre unsachlich und somit gleichheitswidrig.

 

Da ich im abgeführten Verfahren unter Strafandrohung verpflichtet wurde, wahrheitsgemäß den Lenker eines Fahrzeuges bekanntzugeben, musste ich mich selbst bezichtigen und mich als diejenige Person bekannt geben, welche mein Fahrzeug damals am angeführten Ort gelenkt hat, womit ein unzulässiger Eingriff in mein Privatleben vorliegt und somit eine Verletzung des Art. 8 Abs. 1 EMRK, zumal dieser Eingriff zwar gesetzlich vorgesehen ist aber keine Maßnahme darstellt, die im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung bzw. zur Verhinderung von strafbaren Handlungen notwendig ist (vgl. die bereits zitierte EGMR-Judikatur)

 

Die Richtigkeit meiner Rechtsansicht belegt auch das Urteil des EGMR vom 28.4.2005 im Fall Jürgen Buck gegen Deutschland, BeschwNr. 41.604/98, worin auch auf das Urteil des EGMR im Fall Funke gegen Frankreich vom 25.2.1993 Bezug genommen wird.

Diesem Urteil lag eine Hausdurchsuchung betreffend Aufklärung eines Verkehrsdelikts (Geschwindigkeitsüberschreitung) zugrunde.

Es war iSd Art. 8 Abs.2 EMRK zu prüfen, ob der Eingriff gerechtfertigt, also gesetzlich vorgesehen war, ein legitimes Ziel verfolgte und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig war, um dieses Ziel zu erreichen.

Die aufgrund der Anordnung des AG Bad Urach erfolgte Durchsuchung der Geschäftsräume und der Wohnung war gesetzlich vorgesehen, durch die Bestimmungen des § 103 Abs.1 dStPO iVm § 46 OWiG, § 24 StVG und §§ 3 und 49 StVO gedeckt und verfolgte auch ein legitimes Ziel (Verhütung von Straftaten und Schutz des Lebens und der körperlichen Integrität anderer Verkehrsteilnehmer)

Dieser Eingriff in die Privatsphäre war aber in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig, weil dieser Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen nicht verhältnismäßig war, es ging „nur“ um eine Ordnungswidrigkeit.

Da der EGMR eine Verletzung des Art. 8 EMRK festgestellt hat, hat er die weiters relevierte Konventionsverletzung nach Art. 6 EMRK nicht mehr geprüft.

Abgestellt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine einer Ordnungswidrigkeit nach deutschem Recht vergleichbare Übertretung in Form einer Verwaltungsübertretung nach dem VStG vorliegt, der hier relevierte Verstoß gegen Art. 6 EMRK wiegt nicht weniger schwer als ein solcher nach Art. 8 EMRK, davon abgesehen, dass ich in der über mich verhängten Strafe auch eine Verletzung dieser (in Österreich im Gegensatz zur BRD in Verfassungsrang stehenden) Bestimmung erblicke.

 

-          Verletzung im Recht auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK:

 

Nach dieser Verfassungsbestimmung hat dann, wenn die in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten verletzt wurden, der Verletzte das Recht, eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, selbst wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.

Im gegenständlichen Strafverfahren wurde ich unter Strafandrohung verpflichtet, wahrheitsgemäß bekanntzugeben, wer zum angefragten Zeitpunkt das auf meinen Namen zugelassene Fahrzeug gelenkt hat.

 

Da ich damals selbst der Lenker meines Fahrzeuges war, musste ich mich aufgrund der verpflichtend abzugebenden Lenkerauskunft selbst belasten und hatte ich keine Möglichkeit, gegen die dadurch bewirkten Rechtsverletzungen eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, zumal die derzeitige Rechtsprechung der Höchstgerichte darin besteht, die Behandlung solcher Beschwerden unter Verweis auf VfSlg. 11.829 abzulehnen.

 

Der Gesetzgeber hat somit die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes auf die einzige Frage reduziert, ob die in Rede stehende Bestimmung zu einer Gesamtänderung der Bundesverfassung führt, welche nach Art. 44 Abs. 3 B-VG einer Volksabstimmung zu unterziehen ist.

 

Im Gegensatz zur Rechtslage vor der 10. KFG-Novelle ist eine derartige Bescheidbeschwerde nun somit kein wirksames Rechtsmittel iSd Art. 13 EMRK mehr.

 

Damit habe ich keine Möglichkeit, mich wirksam gegen diese Konventionsverletzungen zur Wehr zu setzen, weswegen eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK vorliegt.

 

 

-          Verstoß gegen Art. 14 EMRK:

 

Nach dieser Konventionsbestimmung (Verbot der Benachteiligung) ist der Genuss der in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten ohne Benachteiligung zu gewährleisten.

 

Einen Verstoß gegen diese Konventionsbestimmung leite ich daraus ab, dass die gesetzlichen Bestimmungen im österreichischen Verwaltungsstrafverfahren zwar die Zeugen iSd Art. 6 EMRK davor schützen, sich selbst belasten zu müssen, nicht aber den Beschuldigten; diese Differenzierung ist unsachlich und somit diskriminierend.

 

Die Aussage darf von einem Zeugen nach § 49 Abs. 1 Z. 1 AVG (diese Bestimmung ist iSd § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) über Fragen verweigert werden, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Ehegatten und anderen im Gesetz genannten nahen Familienangehörigen einen unmittelbaren bedeutenden Vermögensnachteil oder die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung zu ziehen oder zur Schaden gereichen würde.

Derartige Zeugnisentschlagungsrechte sehen auch an Verfahrensgesetze (StPO, ZPO, u.a.) vor.

 

Nach § 38 VStG sind die Verwandten und Verschwägerten des Beschuldigten in auf- und absteigender Linie sowie die dort genannten anderen Familienangehörigen von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses auch dann befreit, wenn die in § 49 Abs. 1 Z. 1 AVG vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Dies bedeutet, dass die in § 38 VStG genannten Personen die Zeugenaussage in einem Verwaltungsstrafverfahren gegen einen Beschuldigten selbst dann verweigern können, wenn sich diese nicht der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen oder ihnen die Aussage zur Schaden gereichen oder einen unmittelbaren bedeutenden Vermögensnachteil mit sich bringen würde.

 

Genau mit diesen Argumenten hat der Verfassungsgerichtshof in den Erkenntnissen aus dem Jahr 1984 und 1985, VfSlg. 9950, 10.394 und 10.505 die damals auf einfachgesetzlicher Stufe gestandene Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG insoweit aufgehoben, als diese den Zulassungsbesitzer zur Abgabe der Lenkerauskunft auch dann verpflichtet hat, wenn er sich damit selbst oder einen nahen Familienangehörigen belasten müsste.

 

Die im zweiten Satz des (damaligen) § 103 Abs. 2 KFG unter Strafsanktion des § 134 enthaltene Regelung der Auskunftspflicht bewirkt gegebenen falls materiell auch einen Zwang zur Selbstbeschuldigung im Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung; weiters kommt dem Zulassungsbesitzer kein inhaltlich einem Zeugnisverweigerungsrecht entsprechendes Entschlagungsrecht zugute, was unsachlich uns somit gleichheitswidrig und iSd Art. 14 EMRK diskriminierend ist.

 

-          Verstoß gegen Art. 17 EMRK und Art. 9 Abs. 1 B-VG:

 

Keine Bestimmung dieser Konvention darf dahin ausgelegt werden, dass sie unter anderem für einen Staat das Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf die Abschaffung der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende Beschränkungen dieser Rechte und Freiheiten, als in der Konvention vorgesehen, hinzielt.

 

Mit Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 59/1964 wurde die MRK und ihr erstes ZP in Verfassungsrang erhoben, die EMKR steht in Österreich seit 03.09.1958 in Geltung.

 

Die Hohen Vertragsschließenden Teile sichern allen ihrer Jurisdiktion unterstehenden Personen die in Abschnitt I. dieser Konvention niedergelegten Rechte und Freiheiten zu (Art. 1 EMRK).

 

Seit dem genannten Zeitpunkt war es Österreich als Mitgliedsstaat des Europarates und Unterzeichner der EMRK nach dessen Art. 17 untersagt, Maßnahmen zu ergreifen, welche auf die Abschaffung der Konventionsrechte und –freiheiten oder auf deren Einschränkung abzielen.

 

Mit der Schaffung des letzten Satzes des § 103 Abs. 2 KFG (als Verfassungsbestimmung), nach welcher Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurücktreten, hat Österreich gegen die

ebenfalls auf Verfassungsstufe stehenden Verpflichtungen nach Art. 1 und 17 EMRK verstoßen und damit die Anwendbarkeit der EMRK eliminiert, zumindest aber den Anwendungsumfang der Art. 6, 8 (und 14) EMRK unzulässigerweise eingeschränkt, sodass dieser nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg. 11.829 „nur mehr in seiner innerstaatlicher Maßstabsfunktion“ gilt.

Dieser gesetzgeberische Schritt wurde einzig und allein deshalb gesetzt, um einer Norm Bestand zu verschaffen, welche der VfGH bereits zweimal aufgehoben hat (VfSlg. 9950 und 10.394), was den Verfassungsbestimmungen der Art. 1 und 17 EMRK und Art. 9 B-VG widerspricht (vgl. auch VfSlg. 10.091 zur Vereitelungsabsicht des Gesetzgebers).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Auffassung vertreten, dass zu den durch Art. 9

B-VG rezipierten Regeln vor allem der Grundsatz der Vertragstreue zählt (98/17/0333 vom 18.09.1999 im Zusammenhang mit der Lenkerauskunftspflicht - Selbstbezichtigung). Innerstaatliche Vorschriften sind daher so auszulegen, dass sie mit den zwischenstaatlichen Verpflichtungen Österreichs nicht im Widerspruch geraten (94/16/082 vom 24.11.1994).

Es liegt demnach auch ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 B-VG und Art. 17 EMRK vor.

 

-          Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art. 5 StGG und Art. 1 des 1. ZP zur EMRK:

 

Primäre Strafzumessungsgründe sind nach § 19 Abs. 1 VStG das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Im ordentlichen Verfahren ist nach Abs. 2 leg.cit auch das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Das zuletzt genannte Strafzumessungskriterium der persönlichen Verhältnisse kommt in der Praxis – um es offen auszusprechen - so gut wie nicht zum Zug.

 

Im Gegensatz zum gerichtlichen Strafprozeß kennt das VStG das Tagessatzsystem nicht.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner jüngsten Judikatur etwa zur Bestimmung des § 100 Abs. 5 StVO betreffend die Anwendbarkeit der §§ 20 und 21 VStG dem Vergleich zwischen Verwaltungsstrafrecht und gerichtlichem Strafrecht maßgebliche Bedeutung zugemessen, zumal das Verwaltungsstrafrecht im Vergleich in unsachlicher Weise strengere Maßstäbe anlegt wie das gerichtliche Strafrecht.

 

Das Tagessatzsystem des § 19 StGB ist eine tragende Säule einer gerechten Strafrechtspflege. Dieses leistet Gewähr, dass Geldstrafen jeden Rechtsbrecher mit annähernd der selben Härte treffen.

Die in der Geldstrafe alter Prägung gelegene „Opferungleichheit“ wird durch das im skandinavischen Rechtskreis seit langem bestehende System der Tagessätze vermindert. Danach wird im Urteil als erster Schritt eine tatschuldangemessene bestimmte Anzahl von Tagessätzen ausgesprochen. Im selben Urteil wird dann als zweiter Schritt die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz bemessen.

Geldstrafen sollen nicht konfiskatorisch wirken (vgl Foregger Fabrizy, StGB 7, S. 94 ff).

 

Meines Erachtens ist das Tagessatzsystem für eine gerechte Strafrechtspflege unverzichtbar und in einem modernen Rechtstaat unabdingbar.

Die Nichtanwendung des Tagessatzsystems bewirkt auch eine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK, wonach die Strafe zur Straftat in einem angemessenen Verhältnis stehen muss (vgl. auch Art. 49 der EU-Grundrechtecharta).

 

Ein Blick in die BRD zeigt, dass es selbstverständlich ist, dass nicht nur im Kriminalstrafrecht, sondern auch im Bußgeldverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten das Tagessatzsystem gilt, das Bußgeldverfahren ist mit dem österreichischen Verwaltungsstrafverfahren vergleichbar.

 

Einen Spitzenverdiener trifft die hier ausgesprochene Geldstrafe so gut wie nicht, Derjenige, welcher etwa Notstandshilfe bezieht oder ein geringes Einkommen samt Sorgepflichten hat, trifft diese hart, diese „Opferungleichheit“ ist ungerecht und eines modernen Rechtsstaats unwürdig.

 

Die von der Bezirkshauptmannschaft vorgenommene Einschätzung meiner persönlichen Verhältnisse wird akzeptiert; zur Strafbemessung ist auszuführen, dass die Bezirkshauptmannschaft unberücksichtigt gelassen hat, dass ich durch mein Verhalten (Abgabe einer wahrheitsgemäßen Lenkerauskunft) wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen habe und im Fall der Verweigerung der Lenkerauskunft das Grunddelikt nicht hätte bestraft und der staatliche Strafanspruch nicht befriedigt hätte werden können, was einen wesentlichen Strafmilderungsgrund darstellt (§ 34 Abs. 1 Z. 16 und 17 StGB).

 

 

Aus den genannten Gründen stelle ich höflich den

 

A N T R A G ,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 06.12.2006  aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

M, am 13.12.2006                                                                 O K"

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Behörde erster Instanz. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers verzichtete mit Schreiben v. 22.12.2006 ausdrücklich auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Mit Blick auf die nicht nur unbestritten gebliebene, sondern vielmehr zugestandene Abstellung des Kraftfahrzeuges an der fraglichen Örtlichkeit gab es ferner im Sinne der Wahrheitsfindung objektiv auch keinen Grund eine Berufungsverhandlung durchzuführen (§ 51e Abs.3 Abs.1 u. 2 VStG).

 

4. Die Faktenlage und deren Würdigung:

 

4.1. Dem Berufungswerber kann in seinem Berufungsvorbringen wohl auch in diesem Verfahren wieder dahingehend gefolgt werden, dass er sich angesichts der im § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 für die Verweigerung der Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers normierten Strafdrohung, möglicherweise zu dieser Auskunftserteilung und somit im Ergebnis zur präsumtiven Selbstbeschuldigung veranlasst gesehen hat.

Dies tat er hier bereits im Rahmen der Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers kund, wenn er in Befolgung der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers angab, dieses zuletzt vor dem 17.8.2006 um 16:53 Uhr verwendet zu haben, sodass es um diese Zeit auf dem Kirchenplatz 26, in 4910 Ried im Innkreis im Halteverbot abgestellt war.

Unter Darlegung der oben vollumfänglich wiedergegebenen Rechtsauffassung erklärte der Berufungswerber "ich habe meinen Pkw damals selbst dort abgestellt". Damit wurde der Intention des § 103 Abs.2 KFG entsprochen und eine in der Folge die Ahndung des Tatbestandes nach § 24 Abs.1 lit.a StVO ermöglichende Grundlage gesetzt.

Ob dieser über den Umweg des § 103 Abs.2 KFG ermöglichten Verfolgung seiner Person erblickt er sich jedoch einer unzulässigen Selbstbeschuldigung ausgesetzt und vermeint offenbar darin ein Verbot einer Verwertung des dadurch erlangten Tatbeweises bzw. dessen Verwertung im Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn zu erblicken.

Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers verweist diesbezüglich abermals auf die in diesem Zusammenhang von ihm beim EGMR gegen die Republik Österreich anhängig gemachten Beschwerdeverfahren.

Mit seinem Vorbringen, sich letztendlich wegen einer höheren Strafsanktion zu dieser Lenkerauskunft entschlossen zu haben und sich damit im Ergebnis selbst beschuldigt zu haben, vermag jedoch für ihn angesichts der herrschenden Rechtslage nichts gewonnen werden.

Auf das Grunddelikt bzw. die Kundmachung des Verbots an der genannten Örtlichkeit braucht hier mangels eines bestreitenden Vorbringens nicht mehr näher eingegangen werden. Diesbezüglich kann auch in diesem Fall wieder auf die Feststellungen im Akt bzw. die Behörde erster Instanz verwiesen werden.

Hinsichtlich der die Strafzumessung bedingenden wirtschaftlichen Verhältnisse ist zu bemerken, dass diese einerseits auf Grund der Vielzahl anderer Verfahren als der Berufungsbehörde zumindest durchschnittlich bekannt sind. Die zahlreichen einschlägigen Vormerkungen sind ebenfalls evident.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

5.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten  Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem  bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte,  welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der  Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er  die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht,  diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne  entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück." 

 

5.1.1. Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art. 6 MRK. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt. Sehr wohl hebt er gleichzeitig auch kritisch die Problematik der  Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion  ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hervor (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.).

Hinzuweisen ist im Zusammenhang auch, wonach es der Verfassungsgerichtshof mit dem Grundsatz "nemo tenetur" als unvereinbar erkannte, wenn ein Gesetz die Partei zwingt, ein allenfalls den Gegenstand der Beschlagnahme bildendes Beweismittel zu schaffen, das im Verfahren gegen die Partei selbst verwendet werden kann. Dies – so der Gerichtshof – würde im Ergebnis einer unfreiwilligen Selbstbeschuldigung gleichkommen. Laut Verfassungsgerichtshof gilt für den Anklageprozess, dass der Beschuldigte nicht Objekt des Verfahrens, sondern Subjekt, also Prozesspartei ist. Dem Anklageprinzip würde es widersprechen, den Beschuldigten durch Zwang zu einem Geständnis der strafbaren Handlung zu veranlassen. Dies sei mit der Parteistellung des Beschuldigten unvereinbar. Aus den dargelegten Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass etwa eine Regelung des Finanzstrafgesetzes über die Beschlagnahme im Ergebnis dem aus Art. 90 Abs.2
B-VG abzuleitenden Verbot es eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung widersprach (VfSlg 10291 mit Hinweis auf VfSlg. 5235/1966).

Nach bisher ständiger Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofes liegt  aber der Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG in der jederzeitigen Feststellungsmöglichkeit eines Kfz-Lenkers (vgl. u.a. Erk. vom 29. September 1993, 93/02/0191).

Der unabhängige Verwaltungssenat übersieht abermals nicht, dass dieses Staatsziel zwischenzeitig allenfalls verstärkt in unlösbarem Spannungsverhältnis zu verfassungsrechtlich garantierten Werten stehen mag. Ebenfalls kann davon ausgegangen werden, dass dieses der europäischen Rechtskultur allenfalls fremde Rechtsinstitut mit Blick auf den sich aus dem Gemeinschaftsrecht ableitenden Harmonisierungsbedarf zwischenzeitig zu einer anderen rechtlichen bzw. rechtspolitischen Wertigkeit geführt haben mag.

Diesbezüglich ist etwa festzustellen, dass auf dieses Rechtsinstitut gestützte Bestrafungen etwa in Deutschland nicht vollstreckt werden, weil es dem deutschen Grundgesetz widerspricht.

So hat etwa selbst der Verfassungsgerichtshof schon im Zuge der Aufhebung einer früheren Fassung dieser Rechtsvorschrift, die unter Wahrheitspflicht gegebene Antwort des Zulassungsbesitzers, er habe das Fahrzeug zum betreffenden Zeitpunkt nicht einem Dritten zum Lenken überlassen,  den dahinter stehenden materiellen Zwang zu einer Selbstbeschuldigung im Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung, die unter Hinweis auf die im Verfahren zu G7/80 näher dargelegten Gründe als verfassungsrechtlich verpönt erachtet (VfSlg. 10394).

In der nachfolgend geänderten Fassung dieser Rechtsvorschrift wollte der Verfassungsgesetzgeber mit der Ermächtigung zur Einholung bestimmter Auskünfte in § 103 Abs.2 KFG idF der 10. KFG-Novelle (versehen mit einer Verfassungsbestimmung), die Realisierung eines bestimmten rechtspolitischen Anliegens ermöglichen, von dem er – ob zu Recht oder zu Unrecht, was der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen hatte – annahm, diesem nur durch die sogenannte Lenkerauskunft entsprechen zu können.

Der Verfassungsgesetzgeber durchbrach mit dieser Ermächtigung den aus dem Anklageprinzip des Art. 90 Abs.2 B-VG – auch für Verwaltungsstrafverfahren – erfließenden Grundsatz, dass niemand unter Strafsanktion gezwungen werden dürfe, ein Geständnis seines strafbaren Verhaltens abzulegen (Hinweis auf VfSlg. 9950/1984, 10394/1985). Er nahm damit die Durchbrechung von an sich verfassungsrechtlich geschützten Prinzipien in Kauf. Auf eine Verpflichtung zur Selbstbeschuldigung liefen nämlich die damals in Prüfung gezogenen Bestimmungen ebenso hinaus, wie die bereits durch VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 aufgehobenen Vorgängerbestimmungen des § 103 Abs.2 KFG idF BGBl. 106/1986; Der Verfassungsgerichtshof blieb zuletzt bei seinem in der bisherigen Judikatur (VfGH 23.06.88, V29/88 ua.) eingenommenen Standpunkt, dass – angesichts der Verpflichtung zur baugesetzkonformen Interpretation einer Verfassungsbestimmung (Hinweis auf VfGH 01.07.87, G78/87) – im Zweifel kein Inhalt beizumessen ist, der sie in Widerspruch zu den leitenden Grundsätzen des Bundesverfassungsrechts (Art. 44 Abs.3 B-VG) stellen würde.

Ein solcher möglicher Widerspruch wäre in Eingriffen erblickbar – so der Verfassungsgerichtshof – die Grundprinzipien der Bundesverfassung, wie etwa eine Einschränkung dessen Gesetzesprüfungskompetenz oder nicht nur zu einer Durchbrechung der Grundrechtsordnung führten, wenn schwerwiegende und umfassende Eingriffe in die Grundprinzipien vorgenommen würden (Hinweis auf VfGH 23.06.88, V29/88 ua.).

Wenn – wie der VfGH in B 210/05-3 unverändert urteilte – diese Bestimmung abermals keinen Anlass für ein Gesetzesprüfungsverfahren bildete, gilt weiterhin das schon vor zwanzig Jahren mit der Verfassungsbestimmung definierte rechtspolitische Ziel dieses Rechtsinstituts, wonach eben das Interesse des Staates an einer effizienten Verfolgung von Verkehrsdelikten, insbesondere die des ruhenden Verkehrs, rechtspolitisch höher gehalten werden, als das Interesse des Bürgers an seiner Ausforschung als Verwaltungsübertreter zwecks nachfolgender Strafverfolgung  nicht aktiv mitwirken zu müssen. Ein Beweisverwertungsverbot kann vor diesem Hintergrund einer Auskunft nach § 103 Abs.2 KFG daher gerade nicht zugedacht werden. Eine verfassungskonforme Auslegung kann hier nicht entgegen dem dezidierten Sinn der Verfassungsbestimmung erfolgen (vgl. VfSlg. 10291).

Auf ein solches läuft das Vorbringen des Berufungswerbers aber hinaus.

Die Lenkerauskunft ist – wie ebenfalls durch die Höchstgerichte gesichert – am Maßstab der innerstaatlichen Verfassungsordnung zu beurteilen. Neue Sachargumente gegen diese rechtliche Beurteilung mit Blick auf die Konvention greifen daher bislang nicht innerhalb der österreichischen Rechtsordnung.

Mit der Bestätigung dieses Schuldspruches ist der Berufungsbehörde anderseits aber durchaus evident, dass die Dispositionen betreffend die rechtlichen Bedenken des Berufungswerbers ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müss(t)en, ob auf eine möglichst leichte Überführung von Verwaltungsstraftätern durch deren Selbstbenennung "Täter" mit gleich- oder höherwertigen Staatszielen im Einklang gesehen werden kann, oder ob darauf aus den genannten Überlegungen verzichtet werden muss.

So könnte etwa auch mit der verpflichtenden Führung eines Fahrtenbuches – wie dies etwa in Deutschland angeordnet werden kann – eine nachfolgende Lenkereigenschaft eines vom Zulassungsbesitzer verschiedenen Lenkers sachgerechter für die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit angesehen werden. Dies würde zu keiner präsumtiven Selbstbeschuldigung führen, ein Lenker aber könnte sich dennoch über entsprechende Aufzeichnungen in Erfahrung bringen lassen. Durchaus legitim muss die Frage gestellt werden, ob sich unter Bedachtnahme auf die Einzigartigkeit dieses Rechtsinstitutes in Europa die faktische verfassungsrechtliche Durchbrechung des Selbstbeschuldigungsverbotes mit dem Hinweis auf das Staatsziel auch heute noch rechtfertigen lässt.  

Für den ruhenden Verkehr wird im Gegensatz zu Delikten im fließenden Verkehr ein ohne die Mitwirkung des Fahrzeughalters auskommendes Sanktionssystem beträchtlich schwerer umsetzbar sein.

Bereits im Begutachtungsverfahren zu BGBl. Nr. 289/1982 wurde mit einer vom ÖAMTC erstatteten Stellungnahme an das damalige BMöWV (heute BMVIT), unter Hinweis auf die in der Bundesrepublik Deutschland bzw. der Schweiz bestehenden Regelungen vorgeschlagen, wohl eine Verpflichtung des Zulassungsbesitzers zur Erteilung der Lenkerauskunft einzuführen, wobei aber dem Zulassungsbesitzer in Übereinstimmung mit den vom VfGH anerkannten verfassungsmäßig gewährleisteten Grundrechten ein Zeugnisverweigerungsrecht eingeräumt werden sollte, jedoch, falls der Zulassungsbesitzer durch seine Auskunft sich oder seine nahen Angehörigen belasten müsste, ein Entschlagungsrecht einzuführen. Es sei nämlich nicht zu erwarten, dass die Mehrheit der Kfz-Lenker von diesem Zeugnisverweigerungsrecht wahrheitswidrig Gebrauch machen würden.

Daneben – so der damalige Vorschlag – sollte durch verstärktes, nötigenfalls zwangsweise durchgeführtes Anhalten von Fahrzeuglenkern, die eine strafbare Handlung begangen haben, vorgegangen werden und sogenannte "Kennzeichenanzeigen" sollten möglichst reduziert werden. Diese Maßnahme hätte einen nicht zu unterschätzenden pädagogischen Wert, der weitaus größer wäre als die Ahndung von Verwaltungsübertretungen einige Monate nach Begehung der Tat mittels Strafverfügung (Anonymverfügung) oder Straferkenntnis auf Grund sogenannter  "Kennzeichenanzeigen" (s. Messiner, Die Lenkerauskunft und das "fair trial", in ZVR 1985, 290, mit Hinweis auf ZVR 1984/183 und ZVR 1985/137);

Dies damals schon im Sinne eines vermeidbaren Grundrechtseingriffes liegt nun mehr als zwanzig Jahre zurück, wobei zwischenzeitig Überwachungs- und Täterermittlungsmethoden verfügbar sind, welche auf ein Zurückgreifen auf ein System, welches dem Bürger mit einer Strafandrohung zwischenzeitig bis zu 5.000 Euro zur Selbstbeschuldigung verpflichtet, in einem geänderten Sachlichkeitszusammenhang stehen.

Da hier jedoch die verfassungsrechtlich abgesicherte Rechtslage nicht in Frage zu stellen und in diesem Rahmen die Bestrafung als zu Recht festzustellen ist, muss die Behauptung der Konventionsverletzung abermals auf sich bewenden. Dies aufzugreifen wird – unter Hinweis auf den o.a. Beschluss des Verfassungsgerichtshofes – letztlich jedoch den europäischen Instanzen anverwahrt zu bleiben haben, ob – anders als im Fall Weh – der Berufungswerber hier durch die wegen der "erzwungenen Lenkerauskunft" gegen ihn möglich gewordenen Bestrafung in einem von der EMRK geschützten Recht verletzt wurde.

Mit Blick darauf muss das diesbezügliche durchaus substanzvolle rechtliche Vorbringen des Berufungswerbers dennoch auf sich bewenden.

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Konkret ist daher zur Strafzumessung auszuführen, dass mit Blick auf die zahlreichen und zum Teil auch einschlägigen Vormerkungen des schätzungsweise zumindest durchschnittlich verdienenden Berufungswerbers, die wegen eines sogenannten Parkdeliktes von der Behörde erster Instanz in der Höhe von 60,-- Euro verhängte Geldstrafe ein Ermessensfehler nicht erblickt und daher auch der  Strafhöhe grundsätzlich nicht mit Erfolg entgegen getreten werden kann (vgl. h. Erk. v. 9. Mai 2005.VwSen-160476/5/Br/Sta).

 

Der Berufung musste somit ein Erfolg zur Gänze versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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