Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251296/20/Gf/Ga

Linz, 27.12.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Perg vom 25. August 2005, Zl. Sich96-178-2005/KG/KB, wegen einer Übertretung des Ausländer­beschäf­tigungs­gesetzes nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 12. Dezember 2006 zu Recht erkannt:

 

I.               Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.             Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungs­senat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Perg vom 25. August 2005, Zl. Sich96-178-2005/KG/KB, wurde über den Rechtsmittelwerber gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit a des Aus­länder­beschäftigungs­gesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 28/2004, im Folgenden: AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 144 Stunden) verhängt, weil er als KFZ-Händler am 26. März 2005 einen ausländischen Staatsbürger mit der Über­stellung eines PKW beschäftigt habe, ohne dass diesem Ausländer eine Beschäftigungs­bewilligung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt gewesen noch für ihn eine Anzeigebestätigung, eine Arbeitserlaubnis, ein Be­freiungs­schein oder ein Nieder­lassungsnachweis ausgestellt worden sei. Dadurch habe er eine Ver­waltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 iVm. § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG be­gangen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Betriebsinhaber für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich gewesen sei. Die Übertretung der Bestimmungen des AuslBG sei auf Grund der Anzeige des Zollamtes Linz und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung habe es sich um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt und die Rechtfertigungsgründe des Beschwerde­führers hätten nicht ausgereicht, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 30. August 2005 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 13. September 2005 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird zunächst vorgebracht, dass das AuslBG im gegenständlichen deshalb nicht zur Anwendung hätte kommen können, weil der Ausländer zum Vorfalls­zeitpunkt Asylwerber gewesen sei. Außerdem habe es sich nicht um eine Arbeitsleistung, sondern bloß um einen Freundschaftsdienst gehandelt, für den er keinerlei Entgelt erhalten habe. Schließlich belaufe sich sein monatliches Nettoeinkommen lediglich auf 800 bis 900 Euro, wobei er für seine Gattin und drei Kinder sorgepflichtig sei.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe oder die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Ver­waltungs­akt der BH Perg Sich96-178-2005 sowie im Wege der Durch­führung einer öffentlichen Verhandlung am 12. Dezember 2006, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und der Vertreter der Amtspartei (Hauptzollamt Linz), Mag. W, sowie die Zeugen F S und D M (der Bruder der Rechtsmittelwerbers) erschienen sind.

 

2.1.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

Am 26. März 2005 ersuchte der Beschwerdeführer, der einen KFZ-Handel betreibt und seit längerer Zeit mit den beiden Zeugen im selben Miethaus wohnt, den ersten Zeugen darum, einen PKW aus Niederösterreich in seinen Betrieb zu überstellen. Der Grund dafür, dass er diese Arbeit nicht selbst erledigen konnte, lag darin, dass der Rechtsmittelwerber selbst seine schwangere Frau zum Arzt bringen musste und auch sein Bruder – der zweite Zeuge –, der sonst gelegentlich im Unternehmen aushalf, an diesem Tag in dessen Arbeitsstätte (einer Reinigungsfirma) unabkömmlich war, weil dort ein Kollege erkrankt war. Der erste Zeuge, dem der Beschwerdeführer zu einer Wohnung in seinem Miethaus verholfen hatte, sodass sich zwischen diesen beiden seither ein gutes freundschaftliches Verhältnis entwickelt hatte, entsprach daher diesem Ersuchen und führte die Überstellung des KFZ durch. Dafür erhielt der erste Zeuge, der allseits unstrittig über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügte, weder Geld noch eine sonstige Gegenleistung. Außer dieser einmaligen Aushilfe hat dieser Zeuge weder davor noch danach im Betrieb des Rechtsmittelwerbers irgendwelche Tätigkeiten ausgeführt.

 

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus den insoweit übereinstimmenden und glaubwürdigen Aussagen der in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen.

 

2.2. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch ein Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG durfte ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundes­ge­setz nicht anderes bestimmt war, einen Ausländer nur dann beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsende­bewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden ist, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeits­erlaubnis oder einen Be­freiungs­schein oder einen Niederlassungsnachweis besaß.

 

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG beging, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildete, ua. derjenige eine Ver­waltungs­über­tretung und war von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, der entgegen § 3 AuslBG einen Ausländer beschäftigte, für den weder eine Be­schäftigungs­be­willigung noch eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt worden ist.

 

3.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfasst der Begriff "Beschäftigung" iSd § 3 Abs. 1 AuslBG nicht nur Arbeitsverhältnisse im formal-zivil­rechtlichen Sinn. Die Verpflichtung zur Einholung einer entsprechenden Bewilligung vor der Beschäftigung eines Aus­länders trifft vielmehr jeden Inhaber eines Betriebes, der Leistungen einer als arbeitnehmerähnlich zu qualifizierenden Arbeitskraft entgegen nimmt (vgl. zB VwGH vom 3. Juni 2004, 2002/09/0198).

 

Entscheidend für das Vorliegen einer derartigen Beschäftigung ist stets deren Entgeltlichkeit. Dieses Merkmal ist grundsätzlich auch dann erfüllt, wenn seitens des Beschäftigers andere als geldmäßige Gegenleistungen erfolgen, etwa das Erbringen von Naturalleistungen (vgl. VwGH vom 26. Mai 1999, 97/09/0089). Dabei muss jedoch – manifestiert auch durch die Gegenleistung – ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft bestehen, um insgesamt vom Vorliegen einer Beschäftigung sprechen zu können (vgl. VwGH vom 14. November 2002, 2001/09/0103), wobei auch bloß kurzfristige und aus­hilfsweise Beschäftigungsverhältnisse dem AuslBG unterliegen (vgl. zB VwGH vom 14. November 2002, 2001/09/0175).

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, fallen Gefälligkeitsdienste dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung des § 2 Abs. 2 AuslBG, wenn sie kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich auf Grund einer spezifischer Bindung zwischen dem Leistende und dem Leistungsempfänger erbracht werden (vgl. z.B. jüngst VwGH vom 6. November 2006, 2005/09/0112, sowie vom 22. Februar 2006, 2005/09/0020). Eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG wird jedoch gegeben sein, wenn auf Grund der gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG gebotenen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts und nicht der äußeren Erscheinungsform ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft besteht (vgl. etwa VwGH vom 22. Jänner 2003, 2001/09/0135, m.w.N.). Die bloße Behauptung, es handle sich "gute Freunde", ist für sich genommen noch nicht ausreichend, um einen freiwilligen unentgeltlichen Freundschaftsdienst, der im Rahmen eines besonderen Naheverhältnisses erbracht wird, anzunehmen. Gegen das Vorliegen eines Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienstes spricht jedenfalls auch, wenn es sich um eine nicht bloß kurzfristige Beschäftigung (nämlich um eine von etwa einem Monat) handelte.

 

3.3. Im gegenständlichen Fall konnte das von den einvernommenen Zeugen bestätigte Vorbringen des Beschwerdeführers, dass der in Rede stehende Ausländer von ihm seit seiner Ankunft als Asylwerber in Österreich im April 2004 stets unterstützt wurde, insbesondere, indem er diesem in dem von ihm selbst bewohnten Miethaus eine Wohnung vermittelte, eben sowenig widerlegt werden wie der Umstand, dass sich dadurch im Verlauf eines Jahres eine freundschaftlich-nachbarliche Beziehung aufgebaut hatte, auf Grund der der Ausländer über entsprechendes Ersuchen die Überstellungsfahrt durchführte, ohne dafür irgendeine Gegenleistung zu erhalten, weil er darauf finanziell nicht angewiesen war (er lebt[e] von der Sozialhilfe) und infolge Arbeitslosigkeit auch über die entsprechende Zeit verfügte.

 

Damit konnte aber nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden, dass eine Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs. 2 AuslBG vorlag; vielmehr war im Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK vom Nichtvorliegen einer Verwaltungsübertretung auszugehen.

 

3.4. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 VStG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

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