Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251332/15/Gf/Ga

Linz, 27.12.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des M, vertreten durch RA Mag. Sch, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 24. Oktober 2005, Zl. 2115/2005, wegen einer Übertretung des Ausländer­beschäf­tigungs­gesetzes nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 5. Dezember 2006 zu Recht erkannt:

 

I.               Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.             Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungs­senat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 24. Oktober 2005, Zl. 2115/2005, wurde über den Rechtsmittelwerber gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit a des Aus­länder­beschäftigungs­gesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 28/2004, im Folgenden: AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) verhängt, weil er als Blumenhändler vom 14. bis zum 21. Jänner 2005 einen ausländischen Staatsbürger mit dem Verkauf von Rosen in einem Kaffeehaus beschäftigt habe, ohne dass diesem Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt gewesen noch für ihn eine Anzeigebestätigung, eine Arbeitserlaubnis, ein Be­freiungs­schein oder ein Nieder­lassungsnachweis ausgestellt worden sei. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 iVm. § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG be­gangen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Betriebsinhaber für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich gewesen sei. Die Übertretung der Bestimmungen des AuslBG sei auf Grund der Anzeige des Zollamtes Linz und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung habe es sich um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt und die Rechtfertigungsgründe des Beschwerdeführers hätten nicht ausgereicht, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 9. November 2005 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 21. November 2005 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin sowie im Zuge der öffentlichen Verhandlung wurde vorgebracht, dass der Ausländer die Rosen beim Beschwerdeführer gekauft und in der Folge in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung weiterverkauft habe. Dass er von diesem im Zuge des Ausfüllens des Personenblattes anlässlich der behördlichen Kontrolle als 'Chef' bezeichnet worden sei, erkläre sich daraus, dass im arabischen Sprachraum dieser Terminus generell für eine Respektsperson verwendet werde, also auch für ihn, weil er seinem Landsmann die Rosen für einen Freundschaftspreis überlassen habe.  Außerdem habe er in seinem Unternehmen mehrere Ausländer legal beschäftigt und wisse, da er schön öfter kontrolliert worden sei, dass er diesbezüglich unter behördlicher Kontrolle stehe, weshalb es für ihn grundsätzlich keinen Sinn mache, illegal Ausländer zu beschäftigen. Schließlich belaufe sich sein monatliches Nettoeinkommen nicht, wie von der belangten Behörde angenommen, auf 3.000 Euro, sondern je nach Geschäftsgang lediglich auf 1.000 bis 1.500 Euro.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Ver­waltungs­akt des Magistrates Linz zu Zl. 2115/2005 sowie im Wege der Durch­führung einer öffentlichen Verhandlung am 5. Dezember 2006, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter sowie Helmut Hovorka als Vertreter der belangten Behörde und der Vertreter der Amtspartei (Hauptzollamt Linz), Mag. W, sowie der Zeuge M B erschienen sind.

 

2.1.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

Der Zeuge ist kurze Zeit vor dem Vorfallstag mit einer zum Zweck der Absolvierung eines Studiums ausgestellten Aufenthaltsberechtigung nach Österreich gekommen. Er hat im fraglichen Zeitraum zur Bestreitung seines Lebensunterhalts vom Beschwerdeführer bundweise Rosen, und zwar um einen Preis von 7 bis 8 Euro pro Bund, gekauft und diese Rosen dann einzeln in Lokalen bzw. in der Linzer Altstadt weiterverkauft.

 

Am 28. Jänner 2005 wurde er von Kontrollorganen bei einer derartigen Verkaufstätigkeit in einem Kaffeehaus betreten. Infolge mangelnder Sprachkenntnisse rief er den Beschwerdeführer an, der in der Folge ins Lokal kam und dem Zeugen beim Ausfüllen des sog. "Personenblattes" behilflich war. (In der öffentlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass das Personenblatt teilweise vom Rechtsmittelwerber und teilweise vom Kontrollorgan ausgefüllt und vom Zeugen unterschrieben wurde.) Darin findet sich auch (lediglich) der Hinweis: "Mein Chef hier heißt: E", wobei das letzte Wort handschriftlich eingefügt, der Rest hingegen vorgedruckt ist. Übersetzungen finden sich zwar in Serbokroatisch, Tschechisch und Polnisch, nicht aber auch in Ägyptisch. In einer am selben Tag aufgenommenen Niederschrift des Zollamtes Linz findet sich eine offensichtlich von einem Kontrollorgan handschriftlich abgefasste "Stellungnahme des Beschäftigers", in der der Beschwerdeführer angegeben haben soll, dass der Zeuge die Rosen für 7 bis 8 Euro von ihm bekommen und ihm bei deren Verkauf geholfen hat, wobei diese um 12 bis 15 Euro pro Bund verkauft und nur am Wochenende gearbeitet hat. Aus diesen beiden Urkunden lässt sich jedoch nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates weder zwingend ableiten, dass der Zeuge die Rosen nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, sondern im Auftrag des Rechtsmittelwerbers verkauft hat, noch, dass dem Beschwerdeführer und dem Zeugen bewusst war, welche Bedeutung jene Erklärungen haben, die sie unterschrieben hatten. Denn in diesem Zusammenhang ist allseits unstrittig, dass der behördlichen Kontrolle kein Dolmetscher zugezogen war und im Zuge der öffentlichen Verhandlung konnten sich sämtliche Beteiligten davon überzeugen, dass weder der Beschwerdeführer noch der Zeuge über zureichende Deutschkenntnisse – geschweige denn jene der Behördensprache – verfügen. Insbesondere ist es nachvollziehbar, dass ihnen die arbeitsrechtliche Dimension des Wortes "Chef" nicht in deren voller Tragweite bewusst war.

 

Aus der niederschriftlichen, nunmehr im Beisein eines Dolmetschers erfolgten Einvernahme des Zeugen im erstbehördlichen Ermittlungsverfahren vom 24. Mai 2005 ergibt sich schließlich zweifelsfrei, dass dieser die Rosen nicht für den Beschwerdeführer, sondern auf eigene Rechnung – wenngleich ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung – verkauft hat.

 

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus den insoweit übereinstimmenden und glaubwürdigen Aussagen des in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Beschwerdeführers und des Zeugen.

 

2.2. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch ein Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG durfte ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundes­ge­setz nicht anderes bestimmt war, einen Ausländer nur dann beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsende­bewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden ist, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeits­erlaubnis oder einen Be­freiungs­schein oder einen Niederlassungsnachweis besaß.

 

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG beging, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildete, ua. derjenige eine Ver­waltungs­über­tretung und war von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, der entgegen § 3 AuslBG einen Ausländer beschäftigte, für den weder eine Be­schäftigungs­be­willigung noch eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt worden ist.

 

3.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfasst der Begriff "Beschäftigung" iSd § 3 Abs. 1 AuslBG nicht nur Arbeitsverhältnisse im formal-zivil­rechtlichen Sinn. Die Verpflichtung zur Einholung einer entsprechenden Bewilligung vor der Beschäftigung eines Aus­länders trifft vielmehr jeden Inhaber eines Betriebes, der Leistungen einer als arbeitnehmerähnlich zu qualifizierenden Arbeitskraft entgegen nimmt (vgl. zB VwGH vom 3. Juni 2004, 2002/09/0198).

 

Entscheidend für das Vorliegen einer derartigen Beschäftigung ist stets deren Entgeltlichkeit. Dieses Merkmal ist grundsätzlich auch dann erfüllt, wenn seitens des Beschäftigers andere als geldmäßige Gegenleistungen erfolgen, etwa das Erbringen von Naturalleistungen (vgl. VwGH vom 26. Mai 1999, 97/09/0089). Dabei muss jedoch – manifestiert auch durch die Gegenleistung – ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft bestehen, um insgesamt vom Vorliegen einer Beschäftigung sprechen zu können (vgl. VwGH vom 14. November 2002, 2001/09/0103), wobei auch bloß kurzfristige und aus­hilfsweise Beschäftigungsverhältnisse dem AuslBG unterliegen (vgl. zB VwGH vom 14. November 2002, 2001/09/0175).

 

3.3. Im gegenständlichen Fall konnte das vom einvernommenen Zeugen bestätigte Vorbringen des Beschwerdeführers, dass Ersterer lediglich die Rosen bei ihm gekauft und dann auf eigene Rechnung weiterverkauft hat, eben sowenig widerlegt werden wie der Umstand, dass beide nur über kursorische Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und deshalb ihre Angaben im Zuge der behördlichen, ohne Dolmetscher erfolgten Kontrolle nicht in jeder Beziehung den Tatsachen entsprachen; dies insbesondere auch deshalb, weil dem Personenblatt keine Übersetzung in einer dem Zeugen verständlichen Sprache (nicht einmal in Englisch) beigegeben war.

 

Damit konnte aber letztlich nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden, dass eine Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs. 2 AuslBG vorlag; vielmehr war unter diesen Umständen im Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK vom Nichtvorliegen einer Verwaltungsübertretung auszugehen.

 

3.4. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 VStG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

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