Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 18.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn P H, geboren , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H O, Dr. L B, Dr. R M, Dr. K O,  L, vom 11.09.2006 gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23.08.2006, Ge96-30-10-2006 sowie vom 24.08.2006, Ge96-31-10-2006 und Ge96-32-10-2006 wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28.11.2006 zu Recht erkannt:

 

 

               I.      Den Berufungen wird stattgegeben, die Straferkenntnisse aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

             II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z2 VStG

zu II.: §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wirft dem Berufungswerber im Straferkenntnis zu Zl. Ge96-30-10-2006 vor, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T GmbH in U, B, als Arbeitgeber des M A nicht dafür gesorgt habe, dass dieser das Schaublatt vor dem Ende der täglichen Arbeitszeit nicht unzulässigerweise entnimmt. Am 25.11.2005 sei das Schaublatt um 10.33 Uhr entnommen und ein zweites Schaublatt um 10.36 Uhr eingelegt worden. Am 02.12.2005 sei das Schaublatt um 08.37 Uhr entnommen worden. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1b Z2 AZG begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde.

 

Im Straferkenntnis zu Zl. Ge96-31-10-2006 wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GmbH als Arbeitgeber des Herrn A nicht dafür gesorgt habe, dass dieser die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes ordnungsgemäß bedient. Der Zeitgruppenschalter des Kontrollgerätes sei auf den Schaublättern vom 22.11.2005 bis 02.12.2005 auf das Symbol "Bereitschaft" gestellt gewesen, sodass nur Lenk- und Bereitschaftszeiten aber keine Arbeitszeiten bzw. Ruhezeiten aufgezeichnet wurden.

 

Zu Zl. Ge96-32-10-2006 wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GmbH als Arbeitgeber des Herrn A nicht dafür gesorgt habe, dass dieser auf dem Schaublatt die Eintragungen gemäß Artikel 15 Abs.5 der EG-Verordnung 3821/85 vornimmt. Die jeweils fehlenden Eintragungen auf den Schaublättern vom 23.11.2005 bis 02.12.2005 sind angeführt.

 

Der Berufungswerber habe in allen drei Fällen das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen UU- im internationalen Straßenverkehr auf der Fahrtstrecke von Wien – Klognitz – Wien – Kornsburg – Vöesendorf – Wien – Gümrund – Vrenberg bis zum Anhalteort (Wien 22, Genochplatz) gelenkt.

 

Der Berufungswerber habe dadurch drei Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs.1b Z2 AZG iVm Artikel 15 Abs.2 der EG-Verordnung 3820/85 begangen, weshalb über ihn drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 36 Stunden) verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung von Verfahrenskostenbeiträgen von dreimal 20 Euro verpflichtet.

 

2. In den dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufungen bringt der Berufungswerber vor, dass sich dem Tatvorwurf weder die Schuld noch die Schuldform entnehmen lasse. Eine Bestrafung ohne Schuld sei aber unzulässig. Er habe nicht einmal fahrlässig gehandelt. Der Lenker A habe offenbar aus Schlampigkeit und entgegen den Belehrungen und Anweisungen die Schaublätter nicht richtig verwendet, den Zeitgruppenschalter nicht ordnungsgemäß bedient und die Eintragungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Das würde aber noch nicht bedeuten, dass den Berufungswerber daran ein Verschulden trifft. Kein noch so ausgeklügeltes, effizientes und streng eingehaltenes Kontroll- und Maßnahmensystem könne verhindern, dass im Einzelfall ein diesem System unterworfener Lenker bewusst oder aus Schlampigkeit oder Unfähigkeit dagegen verstößt, insbesondere bevor noch Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen überhaupt greifen können, also bei den ersten Fahrten.

 

Herr A sei erst seit 18.11.2005, also unmittelbar vor den Tatzeitpunkten beim Berufungswerber beschäftigt gewesen und habe sich als erfahrener LKW-Lenker ausgegeben. Trotzdem sei er vom Berufungswerber persönlich ausführlich geschult, belehrt und unterwiesen worden, insbesondere auch was die Handhabung der Schaublätter betrifft. Er sei auf die Wichtigkeit dieser Vorschriften hingewiesen und für den Fall der Nichtbeachtung arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Entlassung angedroht worden. Weiters sei ihm mitgeteilt worden, dass der Berufungswerber oder sein Fuhrparkleiter ausnahmslos alle Schaublätter kontrollieren werde.

 

Herr A habe dennoch die angelasteten Verstöße begangen, was für ihn aber weder vorhersehbar noch zu verhindern gewesen sei, da dies ja bei den ersten Fahrten passiert sei und er noch gar keine Gelegenheit hatte, Überprüfungen durchzuführen und Verstöße aufzudecken bzw. zu ahnden. Es habe auch keine Anhaltspunkte für eine generelle Unzuverlässigkeit des Herrn A gegeben.

 

Der Berufungswerber machte ein umfangreiches effizientes Kontroll- und Maßnahmensystem geltend, und erläuterte dies näher. Er habe aber das Fehlverhalten des Lenkers nicht erkennen und damit auch nicht verhindern können.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Auswertung der im Akt befindlichen Schaublätter sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates teilgenommen haben. Weiters wurden dem Berufungswerber abgeänderte Tatvorwürfe mit Schreiben vom 30.10.2006 zur Kenntnis gebracht.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Herr A war vom 18.11.2005 bis 17.02.2006 im Unternehmen des Berufungswerbers beschäftigt. Er führte Fahrten im nationalen Verkehr durch und war bis zur Kontrolle am 06.12.2005 noch nicht ins Unternehmen des Berufungswerbers zurückgekehrt.

 

Die mangelhaften Eintragungen in den Schaublättern, die fehlerhafte Bedienung des Zeitgruppenschalters sowie die unzulässige Entnahme der Schaublätter ergibt sich aus den im Akt befindlichen Kopien und wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten.

 

Hinsichtlich der vom Berufungswerber getroffenen Maßnahmen zur Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes ist Folgendes anzuführen:

 

Der Berufungswerber machte eine umfangreiche Belehrung und Unterweisung des Lenkers geltend, wobei diese teilweise vom Fuhrparkleiter und teilweise auch von ihm selber durchgeführt worden sei. Diesbezüglich legte er auch entsprechende schriftliche Unterlagen vor, wobei Herr A die Durchführung der Einschulung bestätigte. Diese Belehrungen würden in weiterer Folge auch immer wiederholt, wobei der Berufungswerber in der Regel am Samstag Vormittag mit maximal drei Fahrern derartige Besprechungen durchführe. Herr A habe sich bei seiner Einstellung als erfahrener LKW-Fahrer zu erkennen gegeben.

 

Der Berufungswerber machte weiters eine Überwachung seiner Fahrer mittels Satelitennavigationssystem und Auswertung der Schaublätter im Nachhinein geltend. Sowohl die Überwachung mit dem GPS-System als auch die Auswertung der Schaublätter erfolge stichprobenartig. Wenn dabei Fehler bzw. Überschreitungen der Lenkzeit, Unterschreitungen der Ruhezeit, falsches Ausfüllen oder sonstige Handhabungsfehler auftauchen, dann würde er mit den Fahrern reden und sie darauf hinweisen, dass derartiges nicht mehr vorkommen dürfe. Wenn er Übertretungen feststellt, so werden die Fahrer abgemahnt und arbeitsrechtliche Sanktionen angedroht. Wenn es trotzdem wiederholt zu Fehlern kommt, dann müsse er das Dienstverhältnis auch beenden. Dies sei auch bei Herrn A der Fall gewesen.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Artikel 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3820/85 überprüft das Unternehmen regelmäßig, ob diese beiden Verordnungen eingehalten worden sind. Bei Zuwiderhandlungen ergreift es die erforderlichen Maßnahmen, damit sie sich nicht wiederholen.

 

Artikel 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3821/85 regelt die Verwendung der Schaublätter durch den Fahrer, Artikel 15 Abs.3 legt fest, dass die Fahrer die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes entsprechend betätigen müssen und in Artikel 15 Abs.5 sind die vom Fahrer durchzuführenden Eintragungen auf den Schaublättern festgelegt.

 

Gemäß § 28 Abs.1b Z1 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Pflichten gemäß § 15d Satz 2 dieser Verordnung oder gemäß Artikel 12 Satz 2 oder Artikel 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 verletzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 218 bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 360 bis 3.600 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Es ist jedenfalls bewiesen, dass Herr A die Schaublätter zum Teil unzulässigerweise entnommen hat, den Zeitgruppenschalter nicht ordnungsgemäß bedient hat und die erforderlichen Eintragungen teilweise nicht durchgeführt hat. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Berufungsverhandlung, wonach der Berufungswerber einräumen musste, dass zum Beispiel die Betätigung des Zeitgruppenschalters bis zur Verhandlung vom Großteil der Fahrer nicht ordnungsgemäß erfolgte, ist auch als erwiesen anzusehen, dass er die Einhaltung der EG-Verordnung 3821/85 nicht regelmäßig überprüfte.

 

Bezüglich des Verschuldens ist dieser Vorfall aber besonders gelagert, als der Kraftfahrer A bis zur Kontrolle am 06.12.2005 noch nicht ins Unternehmen des Berufungswerbers zurückgekehrt ist und daher dort auch keine Schaublätter abliefern konnte. Erst mit der erstmaligen Ablieferung von Schaublättern konnte dem Berufungswerber die mangelhafte Schaublattführung zum ersten Mal auffallen. Er hätte daraufhin für die Zukunft geeignete Maßnahmen ergreifen müssen, um die ordnungsgemäße Schaublattführung auch bei Herrn A sicherzustellen. Bis zu jenem Zeitpunkt, als Herr A erstmals die Schaublätter vorlegte, konnte er aber aufgrund seiner Belehrungen bei Dienstantritt und des Umstandes, dass Herr A über eine jahrelange Erfahrung als Berufskraftfahrer verfügt, davon ausgehen, dass dieser die Schaublätter ordnungsgemäß führt. Insoweit trifft den Berufungswerber wegen dieser Übertretungen aufgrund der konkreten Umstände des Falles tatsächlich kein Verschulden, weshalb seinen Berufungen stattzugeben war.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

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