Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300727/2/WEI/Ps VwSen-300730/2/WEI/Ps

Linz, 28.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufungen des 1) F V, H, B, und des 2) C W, R, V, beide vertreten durch Dr. P R, Rechtsanwalt in I, K, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 22. März 2006, Zl. Pol 96-20-2006, betreffend Beschlagnahme von Eingriffsgegenständen nach dem Glücksspielgesetz – GSpG (BGBl Nr. 620/1989, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 105/2005) zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufungen wird der angefochtene Beschlagnahmebescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 AVG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem an beide Berufungswerber adressierten Bescheid vom 22. März 2006 hat der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck wie folgt abgesprochen:

 

"Bescheid über eine Beschlagnahme

 

Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

 

1.        F H E V wird zur Last gelegt, seit Februar 2005 bis jedenfalls 03.02.2006, 22:15 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle) Glücksspiele der Spielart 'Two Aces' und 'Roulette' im C 'L' in V, R, entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes (GSpG) veranstaltet zu haben, obwohl deren Durchführung dem Bund vorbehalten sind und dadurch § 1 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 4 iVm. §§ 3 u. 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 i.d.g.F., verletzt zu haben.

 

2.        C W hat den Erstbeschuldigten F H E V seit längerer Zeit, bis zumindest 03.02.2006, 22:15 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle) einen Teilbereich des C 'L' in V, R, an den Erstbeschuldigten F H E V verpachtet und diesem dadurch ermöglicht, die unter Punkt 1. angeführte Verwaltungsübertretung zu begehen, und dadurch

a.        Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung zu der unter Punkt 1. angeführten Tathandlungen des F H E V begangen und

b.        einen Glücksspielapparat (nämlich einen Roulette-Tisch) als Inhaber eines Spiellokales zugänglich gemacht und das Poker-Spiel "Texas Hold'em' veranstaltet,

       obwohl die Durchführung dieser Spiele dem Bund vorbehalten sind und dadurch § 1 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 4 iVm. §§ 3 und 52 Abs. 1 Z. 1 u. 5 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 i.d.g.F. iVm. § 7 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) für Punkt a. verletzt zu haben.

 

Zur Sicherung der Strafe des Verfalls werden folgende Gegenstände

in Beschlag genommen:

 

·           ein Stück Roulette-Kessel mit Tisch

·           zwei Stück 'Two Aces'-Tische (welche im Lokal belassen und versiegelt wurden)

·           ein Stück Roulette-Kessel

·           ein Stück Zahlenkranz

·           ein Stück Spielauszahlungsplan (wurden der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck übermittelt)

 

Rechtsgrundlage:

§ 39 Verwaltungsstrafgesetz (VStG 1991)".

 

1.2. Begründend nimmt die belangte Behörde auf die Anzeige der Polizeiinspektion Vöcklabruck vom 7. Februar 2006 betreffend die Kontrolle vom 3. Februar 2005 um 22.15 Uhr im C "L" in V, R-K-Straße, Bezug. Danach betreibe der F H E V (Erstberufungswerber ErstBw) seit Februar 2005 als Mieter einen Teilbereich des C von 75 m2, wobei er, entgegen den gesetzlichen Vorschriften und ohne im Besitz einer Konzession nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zu sein, die Glücksspiele "Roulette" sowie "Two Aces" veranstaltet habe. Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätten fünf Spieler am Roulettetisch gespielt und vom Veranstalter angestellte Bankhalter eingesetzt. Die Einsätze beim Spiel "Two Aces" hätten mindestens fünf Euro bis maximal 200 Euro und beim "Roulette" einen Euro bis maximal 200 Euro betragen.

 

C W (ZweitBw) sei verdächtig Glücksspiele beworben und durch die Vermietung von dem Teilbereich des Lokals den Zugang zu den Spieltischen ermöglicht und dadurch Beihilfe zur Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Weiters habe er auch selbst zumindest am 3. Februar 2006 um 22:15 Uhr das Poker-Spiel "Texas Hold'em" im Lokal veranstaltet.

 

Bei allen Spielen handelte es sich um dem Bund vorbehaltene Glücksspiele (Glücksspielmonopol), deren Durchführung der Strafbestimmung des § 52 GSpG unterliege. Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen werden, unterlägen – sofern sie nicht einzuziehen sind – dem Verfall.

 

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis haben die Berufungswerber mit getrennt ausgeführten Berufungen vom 4. April 2006 rechtzeitig Berufung erhoben und die Aufhebung des Beschlagnahmebescheids beantragt. Als Berufungsgründe werden unrichtige Sachverhaltsfeststellung, unrichtige rechtliche Beurteilung sowie Verfahrensmängel geltend gemacht.

 

Die belangte Behörde sei von der Anwendbarkeit des § 53 Abs 2 GSpG ausgegangen, wonach die Gegenstände nach § 53 Abs 1 leg.cit. durch Beamte der Polizeidienststelle Vöcklabruck auch aus eigener Macht in Beschlag genommen werden könnten, um sicherzustellen, dass Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs 1 GSpG nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden.

 

§ 53 Abs 2 GSpG setze aber voraus, dass am besagten Ort Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG betrieben werden. Diesen stünden sog. Beobachtungs- und Geschicklichkeitsspiele gegenüber, bei denen der Gewinn nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall, sondern vielmehr vom Geschick und der Beobachtungsgabe der Spieler abhänge.

 

Um derartige Spiele habe es sich bei den an der Adresse V, R, durchgeführten Spielen gehandelt. Diese Eigenschaft wäre mehrfach durch verwaltungsbehördliche und richterliche Entscheidungen bestätigt worden. Außerdem lägen eindeutige Gutachten der J K U L sowie ein Erlass des BMWA vom 18.10.2002 vor, welche der belangten Behörde bereits mit Schreiben vom 8. März 2005 vorgelegt worden wären. Mit weiterem Schreiben vom 29. März 2005 wären jeweils ein Urteil des Bezirksgerichts Landeck und des Landesgerichts Innsbruck sowie Entscheidungen der UVS des Landes Kärnten und des Landes Tirol übermittelt worden. Auf die vorgelegten Beweise sei die Behörde im Beschlagnahmebescheid überhaupt nicht eingegangen.

 

Die belangte Behörde hätte die vorgelegten Unterlagen berücksichtigen müssen und wäre dann zu einem anderen Ergebnis gelangt, nämlich dass es sich bei den am 3. Februar 2006 in V, R, beschlagnahmten Gegenständen (ein Roulette-Kessel mit Tisch, zwei "Two-Aces"-Tische, ein Roulette-Kessel, ein Zahlenkranz, ein Spielauszahlungsplan) zweifellos um Hilfsmittel (nicht Apparate etc) handelte, mit denen lediglich Geschicklichkeits- und Beobachtungsspiele und keinesfalls Glücksspiele durchgeführt werden. Die Subsumierung unter das GSpG habe sohin "ins Leere" getroffen.

 

Was das Veranstalten des Pokerspiels "Texas Hold'em" anbelangt, sei bisher nicht abschließend geklärt, ob es sich um ein Beobachtungs- und Geschicklichkeitsspiel handle. So liege ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. August 1998, Zl. 97/16/0387, vor, wonach in jeder Spielerzusammensetzung immer auch der Fall denkbar sei, dass ein geschickt bluffender Spieler alle anderen (bzw den anderen) Spieler dazu bewegt, das Spiel zu verlassen, womit für den Bluffer auf Grund seines Geschicks der Spielgewinn gesichert sei, auch wenn die letzte Karte nicht aufgedeckt wird.

 

Die vorgeworfene Verwaltungsübertretung sei auch nicht hinreichend konkretisiert, da die Tatzeitbeschreibung "seit längerer Zeit, bis zumindest 03.02.2006, 22.25 Uhr" unzureichend sei und es die Behörde verabsäumt habe anzugeben, ab wann der Beschuldigte die Übertretung begangen haben soll. Der Beschlagnahmebescheid sei sohin mangelhaft geblieben.

 

2.2. Die belangte Behörde erstattete mit Schreiben vom 6. April 2006, eingelangt am 10. April 2006, eine Gegenschrift mit Akten- und Berufungsvorlage. Begründend verweist sie zur eigenen rechtlichen Beurteilung auf eine Entscheidung des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 24. Mai 2004, Zl. 18 U 194/01b, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. September 2005, Zl. 2000/17/0201-7. Laut Erlass des Bundesministers für Finanzen vom 30. März 2004, Zl. 261100/23-III/5/04, handle es sich bei den Spielen "Two Aces" und "Eurolet" eindeutig um Spiele im Sinne des GSpGes. Die nachgeordneten Behörden hätten sich grundsätzlich an der Rechtsansicht der Oberbehörde zu orientieren.

 

3.1. Abgesehen von der Frage der Glücksspieleigenschaft der im C "L" in V durchgeführten Spiele wurde der von der belangten Behörde im Beschlagnahmebescheid dargestellte Sachverhalt ansonsten nicht bestritten. Insoweit kann daher auf die Feststellungen der belangten Behörde verwiesen werden.

 

3.2. Der Anzeige der Polizeiinspektion Vöcklabruck ist ergänzend zu entnehmen:

 

3.2.1. Das Bezirkspolizeikommando Vöcklabruck hat eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet, um einem Erhebungsauftrag der Staatsanwaltschaft Wels zu Zl. 30 BAZ 1225/05f aus Anlass einer Sachverhaltsdarstellung und Anzeige des Bundesministers für Finanzen (BMF) nachzukommen. In dieser Anzeige vom 1. September 2005, Zl. BMF-180200/0049-III/5/"005, wird angeführt, dass nach Informationen des BMF im C "L" in V Pokervarianten, Two Aces und Beobachtungsroulette (Eurolet) angeboten wird. Dabei handle es sich um gewerbsmäßig veranstaltete Ausspielungen, die nur in konzessionierten Spielbanken angeboten werden dürften und daher nicht unter die Monopolausnahmen des § 4 GSpG fielen. Es bestünde der Verdacht des Tatbestandes gemäß § 168 StGB sowie einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG.

 

Aus der Lichtbildbeilage zur Anzeige (Beilage 3) ergibt sich ohne Zweifel ein äußeres Erscheinungsbild wie bei einem Spielcasino. Die Begrüßungstafel "CASINO" V beim Eingang und das rechts danach aufgelistete Spielangebot (36er Roulette, Two Ace`s, Poker Hold`em und Stud, Caribean Poker) sowie die gesamte Einrichtung des Lokals sprechen für sich. Es werden auch Jetons im Wert von bis zu 1000 Euro (vgl Lichtbildbeilage, Seiten 14 und 22) ausgegeben.

 

3.2.2. Zum Zeitpunkt der Kontrolle waren laut Anzeige, Seite 4, neben dem Personal mindestens 40 Gäste anwesend. Die Polizeibeamten stellten Spielbetrieb am Roulettetisch und am Pokertisch fest. Fünf Spieler am Roulettetisch und acht Spieler am Pokertisch beteiligten sich aktiv und machten ihre Einsätze. Der Spieler H P K war sogar im Besitz von Jetons im Wert von 7.400 Euro (vgl Anzeige, Seite 6 und Lichtbildbeilage, Seite 22). Er gab an, Jetons um 5.000 Euro gewechselt und in Höhe von 2.400 Euro gewonnen zu haben.

 

Die Veranstaltung des Roulette mit 38-teiligem Zahlenkranz (1 bis 36 sowie 0 und X) wurde von Polizeiorganen zu Beginn der Kontrolle beobachtet (vgl Anzeige, Seiten 5 ff). Ein angestellter Croupier wirft die Kugel am oberen Rand des Kessels ein und sie landet nach einer Laufzeit im Kessel von ca 40 Sekunden in einem der Zahlenfächer. Einsätze können gemacht werden bevor der Croupier die Kugel eingeworfen hat, woraus nach der Anzeige (vgl Seite 7) zu schließen sei, dass dem Spieler im Vorhinein eine Beobachtung des Kugellaufes überhaupt nicht möglich sei und der Gewinn ausschließlich von Zufall abhänge. Der Mindesteinsatz habe 1 Euro, der Höchsteinsatz auf eine Zahl 25 Euro betragen. Beim Spiel rot/schwarz habe der Mindesteinsatz 10 Euro und der Höchsteinsatz 200 Euro betragen. Der Gewinn könne je nach Spielvariante das 2 bis 36-fache des Einsatzes betragen.

 

Das Kartenspiel "Two Aces" werde unter der Leitung eines vom Casino angestellten Bankhalters mit 5 Kartenpaketen zu 52 Blatt gespielt. Nach Darstellung der Anzeige bestehe der Unterschied zum Glücksspiel "Black Jack" nur darin, dass "Two Aces" bis 22 gespielt werde und somit zwei Asse das bestmögliche Spielergebnis darstellen. Nach Angaben von Auskunftspersonen hätten die Einsätze mindestens 5 Euro und höchstens 200 Euro pro Spiel betragen.

 

Das Kartenspiel Poker Hold'em (auch Texas Hold'em) sei eine Variante des Seven-Card-Stud-Poker Spiels. Dabei erhalte jeder Spieler zwei verdeckte Karten und in der Mitte des Tisches werden Karten offen aufgelegt, die von jedem Spieler verwendet werden können. Ein Angestellter des Casinos bzw des ZweitBw habe als Kartengeber und Spielleiter (Dealer) fungiert. Von den Gewinnen werde pro Spiel eine Abgabe ans Casino erstattet. Über die Höhe der Einsätze und Gewinne lagen unterschiedliche Angaben vor.

 

3.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat auf Grund der Aktenlage und unter Berücksichtigung der Beschwerde festgestellt, dass die bekämpfte Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht dem Beschuldigten jedenfalls gemäß § 51 Abs 1 iVm § 39 Abs 6 VStG das Recht der Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid ohne Rücksicht darauf zu, ob er Eigentümer der beschlagnahmten Gegenstände ist (vgl u.a. VwGH 31.8.1999, 99/05/0039; VwGH 17.3.1998, 96/04/0264; VwGH 28.1.1997, 96/04/0215).

 

Nach der Verfahrensvorschrift des § 53 Abs 3 GSpG hat die Behörde in den Fällen der vorläufigen Beschlagnahme nach § 53 Abs 2 GSpG durch Organe der öffentlichen Aufsicht unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters oder Inhabers zu führen. Kann keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden, so kann auf Beschlagnahme selbständig erkannt und der Bescheid durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat aus dieser Bestimmung abgeleitet, dass das Gesetz auch die beschlagnahmerechtliche Position des Veranstalters und des Inhabers berücksichtigt wissen will, um ihnen die Stellung von Parteien iSd § 8 AVG zu gewähren, kommen sie doch auch als Subjekte der Straftat in Frage (VwGH 24.6.1997, 94/17/0388).

 

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid erkennbar davon aus, dass der ErstBw und ZweitBw Glücksspiele außerhalb einer Spielbank veranstaltet haben, womit ihnen jedenfalls als Beschuldigte Parteistellung zukam.

 

4.2. Nach § 53 Abs 1 GSpG kann die Behörde, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, die Beschlagnahme der Glücksspielapparate, Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, wenn

1.      der Verdacht besteht, dass

a)      mit Glücksspielapparaten, Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird, oder   

b)      durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs 1 Z 7 GSpG verstoßen wird oder

2.      fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielapparaten, Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Z 1 lit a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird oder

3.      fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs 1 Z 7 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 53 Abs 2 GSpG können die Organe der öffentlichen Aufsicht die im Abs 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden.

 

Nach § 39 Abs 1 VStG kann die Behörde zur Sicherung der Strafe des Verfalls die Beschlagnahme der dem Verfall unterliegenden Gegenstände anordnen, wenn der (bloße) Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt. § 39 Abs 2 VStG sieht eine vorläufige Beschlagnahme solcher Gegenstände durch Organe der öffentlichen Aufsicht bei Gefahr im Verzug vor.

 

Die belangte Behörde, die die Beschlagnahme ausdrücklich nur auf die Rechtsgrundlage des § 39 VStG gestützt hat, hätte im vorliegenden Fall richtigerweise auf die speziellere Regelung des § 53 Abs 1 GSpG Bezug nehmen müssen.

 

4.3. Gemäß § 52 Abs 1 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen,

 

  1. wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet, diese bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht;
  2. ... ;
  3. ... ;
  4. ... ;
  5. wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);
  6. ... ;
  7. ... ;
  8. ... .

 

Gemäß § 52 Abs 2 GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, dem Verfall, sofern sie nicht gemäß § 54 GSpG einzuziehen sind.

 

Nach der Legaldefinition des § 1 Abs 1 GSpG sind Glücksspiele im Sinn des Glücksspielgesetzes Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.

 

Ausspielungen sind nach § 2 Abs 1 GSpG Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt. Diese Begriffsbestimmung verlassend bestimmt § 2 Abs 4 GSpG, dass eine Ausspielung auch dann vorliege, wenn die Möglichkeit zur Erlangung der Gegenleistung (Abs 1) zwar nicht vom Unternehmer (Veranstalter) erbracht wird, aber von diesem oder einem Dritten entsprechend organisiert, veranstaltet oder angeboten wird.

 

Gemäß § 2 Abs 2 GSpG liegt eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig, herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird. Mit dieser Neufassung wurde die Abgrenzung zwischen elektronischen Lotterien unter Zuhilfenahme modernster technischer Kommunikationsmittel und Ausspielungen mittels Glücksspielapparaten festgeschrieben, aber inhaltlich keine Ausweitung des Glücksspielmonopols bewirkt (vgl. RV zu BGBl I Nr. 69/1997, 680 BlgNR 20. GP, 5 – Zu § 2 Abs 2 und § 12a und 12b).

 

§ 2 Abs 3 GSpG definiert den Glücksspielautomaten als einen Glücksspielapparat, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbständig herbeiführt oder den Gewinn selbsttätig ausfolgt.

 

Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten unterliegen nach § 4 Abs 2 GSpG nicht dem Glücksspielmonopol, wenn

1.      die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 0,50 Euro nicht übersteigt und

2.      der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 20 Euro nicht übersteigt.

 

Die Annahme der belangten Behörde im Punkt 2.b. des Straferkenntnisses, wonach der ZweitBw einen Glücksspielapparat, nämlich einen Roulettetisch, zugänglich gemacht habe, ist von vornherein verfehlt, weil ein Roulettetisch nach der Definition des Glücksspielapparates im § 2 Abs 2 GSpG die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht selbst allein durch mechanische oder elektronische Vorrichtung herbeiführt, vielmehr auch ein Croupier eine Kugel tangential einwirft und die Spielmöglichkeiten und Einsätze durch den Spieler variiert werden können.

 

4.4. Zur Frage der Glücksspieleigenschaft der gegenständlichen Spiele:

 

4.4.1. Was die Glücksspieleigenschaft des am Standort Casino V gespielten "Eurolet 36", das auf dem ganz ähnlichen Spiel "24er Kugelkarussell oder Optisches Kugelkarussell" beruht (vgl dazu das vorgelegte Gutachten des Dr. O vom 24. April 2005 mit beigelegtem Gutachten über das 24er Kugelkarussell, vermutlich aus dem Jahr 1976), kann dem vorgelegten Gutachten entnommen werden, dass die Einhaltung der vom Gutachter aufgestellten Regeln, die Voraussetzung für ein Geschicklichkeitsspiel wären, nur vom Spielleiter bestätigt, nicht aber vom Gutachter selbst überprüft wurde, weil die Begutachtung außerhalb der Betriebszeit des Casinos stattfand. Schriftliche Regeln über den Spielbetrieb lagen auch nicht vor. Die Art der konkreten Durchführung des Spielbetriebs konnte demnach gar nicht begutachtet werden. Außerdem können auch nach Meinung des Gutachters nur gegenüberliegende Sektoren als Endpunkte der Kugelbahn vorausgesagt werden, die Voraussage einer bestimmten Farbe aus der Beobachtung sei nicht möglich. Deshalb dürfe nicht auf Farbe gesetzt werden.

 

Mit Vorlage dieses Gutachtens ist nach h. Ansicht noch kein tatsächlicher Spielbetrieb im Casino V nachgewiesen, der nach den Ausführungen des Gutachters Voraussetzung für die Annahme eines Geschicklichkeitsspiels wäre. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof schon in früheren Erkenntnissen (vgl VwGH vom 27.04.1981, Zl. 17/0982/80 und VwGH 17.04.1991, Zl. 91/01/0010) darauf hingewiesen, dass Spiele vom Typ "Optisches Kugelkarussell" – um ein solches handelt es sich auch beim gegenständlichen Eurolet 36 – zwar im theoretischen Idealfall, nämlich unter Laborbedingungen, Geschicklichkeitsspiele sein können, jedoch im praktischen Betrieb wegen Störanfälligkeit und anderen Unzulänglichkeiten nicht als Geschicklichkeitsspiele anzusehen sind. Die besonderen Umstände des konkret verwendeten Kugelkarussells, die eine von dieser Einschätzung abweichende Beurteilung erforderlich gemacht hätte, wären nach dieser Judikatur von den Berufungswerbern darzulegen gewesen.

 

4.4.2. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. September 2005, Zl. 2000/17/0201, wurde diese Auffassung zum Spiel "Optisches Kugelkarussell" abermals bekräftigt. Außerdem ging der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage des im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens (Univ.-Prof. Dr. U L vom Institut für Statistik und Operations Research der K F U G) auch davon aus, dass die Kartenspiele "7 Card Stud Poker, "Texas Hold'Em" und "5 Card Draw" als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG anzusehen sind, weil die Wahrscheinlichkeiten, eine gewünschte oder erhoffte Kartenkombination zu erhalten, enorm klein seien. Der Umstand, dass allenfalls ein Spieler beim Bluffen selbst bei schlechten Karten ein günstiges Spielergebnis erreichen könnte und dass er seine Entscheidungen nicht allein von mathematischen Wahrscheinlichkeiten, welches Blatt Mitspieler angesichts der bekannten (offen zugeteilten) Karten haben könnten, sondern auch von deren Verhalten während des Spiels abhängig machen könnte, nehme diesen Kartenspielen nicht den Charakter als Glücksspiel. Denn bei den von der Sachverständigen dargestellten kleinen Wahrscheinlichkeiten hinsichtlich bestimmter Kartenkombinationen, entscheide letztlich vorwiegend der Zufall über den Ausgang des Spieles. Dies werde auch durch das Fehlen von anerkannten Verhaltensanordnungen bei diesen Spielen im Gegensatz zu den Spielen "Tarock", "Schnapsen" und "Bridge" bestätigt.

 

4.4.3. Das weiters vorgelegte Gutachten von Univ.-Prof. Dr. G L (Abteilung Finanzmathematik der J. K U L) vom 9. Jänner 2002 über das Spiel "EUROLET(neu)" in F mit zusätzlichen Beobachtungsmarkierungen kommt zum Ergebnis, dass dieses Spiel bei einwandfreier Durchführung als Geschicklichkeits- bzw. Beobachtungsspiel mit Glücksspielanteilen zu klassifizieren sei. Dabei setze die Spielstrategie eine ausführliche Vorbeobachtung voraus. In der Zusammenfassung der Untersuchung wird die Strategie wie folgt angegeben:

 

"Beobachte den ziemlich eindeutig erkennbaren Ablösepunkt der Kugel von der zweiten Markierungslinie am Kessel von innen gesehen.

Setze das Segment der sechs Zahlen um den Beobachtungspunkt und das diametral gegenüberliegende Segment bestehend aus sechs Zahlen.

Es besteht genügend Zeit für den Setzvorgang (gegebenenfalls sollte ein Partner des Spielers die Setztätigkeit übernehmen)."

 

Für den kurzen Beobachtungszeitraum von 56 gespielten Würfen ergab sich eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 80 %. Dabei wurden die Versuche allerdings unter idealen Beobachtungsbedingungen mit Hilfe einer Videokamera durchgeführt! Aus Punkt 3.2. "Allgemeine Bemerkungen" des Gutachtens geht hervor, dass Untersuchungen an einem Kessel in den Details nicht auf Kessel an anderen Orten umgelegt werden können. Es müsse auch unbedingt darauf geachtet werden, dass der Kessel regelmäßig gereinigt wird. In den Experimenten sei beobachtet worden, dass schon nach 40 Würfen durch Verschmutzung bedingte Unregelmäßigkeiten auftreten. Die Verschiebung der Hauptachsenrichtungen sei eine andere als bei gut gesäuberter Bahn, wo zwei aufeinanderfolgende Ellipsen als beinahe konzentrisch zu betrachten seien.

 

Schon aus diesen Ausführungen des Gutachters ist ableitbar, dass die Versuche weitgehend unter idealen Bedingungen (Videokamera und durchgehend gut gereinigter Kessel) durchgeführt wurden und dass die Ergebnisse auch sonst nicht auf den Kessel in V übertragen werden könnten. Besondere Umstände für eine abweichende Beurteilung im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs liegen daher nicht vor.

 

4.4.4. Im vorgelegten undatierten Gutachten des Univ.-Prof. Dr. G L über das Kartenspiel "TWO ACES", das große Ähnlichkeit mit dem in Spielcasinos angebotenen "Black Jack" hat, wird der Geschicklichkeitsgrad dieses Spieles aus wahrscheinlichkeitstheoretischer und statistischer Sicht mit Computerunterstützung analysiert und versucht zu quantifizieren. Dabei werden eine durchschnittliche und eine extreme Geschicklichkeitsbandbreite unterschieden. Im Ergebnis der Untersuchung geht der Gutachter davon aus, dass auf einer angenommenen Geschicklichkeits- bzw Zufallsskala von 0 bis 100 reine Geschicklichkeitsspiele wie zB. Schach hinsichtlich ihrer durchschnittlichen Geschicklichkeitsbandbreite bei einem Punktemaximum von 100 und reine Zufallsspiele wie zB. Roulette beim Punkteminimum von 0 liegen. Das Kartenspiel "TWO ACES" weise im Vergleich dazu einen durchschnittlichen Geschicklichkeitsanteil von mindestens 36,8 Punkten auf. Ein optimaler Spieler könne theoretisch durch Abwarten geeigneter Kartenverteilungen und Verfolgung optimaler Strategien seine Gesamtge-winnwahrscheinlichkeit auf weit über 50 %, nämlich mindestens 57,5 % erhöhen. Auf Grundlage der angenommenen Referenzskala nimmt der Gutachter daher für das Kartenspiel "TWO ACES" eine extreme Geschicklichkeitsbandbreite von mindestens 57,5 % und damit einen extremen Geschicklichkeitsanteil von beträchtlich mehr als 50 % an.

 

Mit diesem Gutachten wird also belegt, dass ein optimaler Spieler beim Spiel "TWO ACES" theoretisch eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 57,5 % erreichen kann. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats kann deshalb aber noch nicht von einem Geschicklichkeitsspiel ausgegangen werden. In der Realität des Spielbetriebs eines Casinos herrschen nicht optimale "Laborverhältnisse" und spielen auch regelmäßig keine optimalen Spieler. Es kann daher nur von einem durchschnittlichen Spieler mit ebensolchen Fähigkeiten ausgegangen werden. Der im Gutachten ausgewiesene durchschnittliche Geschicklichkeitsanteil in der gewählten Referenzskala von 0 bis 100 Punkten beträgt beim Spiel "TWO ACES" 36,8 Punkte und damit deutlich weniger als 50 %. Somit belegt das vorgelegte Gutachten, dass bei einem durchschnittlichen Spieler die Zufallskomponente bei 63,2 Punkten und damit weit über 50 % liegt. Es muss sich demnach um ein Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG handeln, bei dem für gewöhnlich Gewinn und Verlust vorwiegend vom Zufall abhängen.

 

4.5. Obwohl auch der Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Fall den dringenden Verdacht der Veranstaltung von Glücksspielen im Casino "L" trotz der vom Rechtsvertreter der Berufungswerber vorgelegten Unterlagen für begründet hält, konnte nicht allein deshalb ein Strafverfahren wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 52 Abs 1 Z 1 und Z 5 GSpG durchgeführt werden. Die Strafbehörde hat nämlich nicht beachtet, dass beim gegebenen Anzeigesachverhalt in erster Linie an eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB und damit an ein gerichtliches Strafverfahren zu denken war. § 52 GSpG erklärt Verhaltensweisen zu Verwaltungsübertretungen, die auch unter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB fallen, wobei die Verwaltungsstrafbestimmung materiell subsidiär ist (vgl Kirchbacher/Presslauer in Wiener Kommentar2 Rz 21 zu § 168 StGB).

 

Im § 168 Abs 1 StGB werden das Veranstalten eines Glücksspiels oder die Förderung einer Zusammenkunft zur Abhaltung eines Glücksspiels als strafbare Begehungsweisen geregelt, wobei der Täter daraus die Zuwendung eines Vermögensvorteils für sich oder einen anderen beabsichtigen muss (dazu näher Kirchbacher/Presslauer in Wiener Kommentar2 Rz 14 ff zu § 168 StGB).

 

Es kann wohl kaum bezweifelt werden, dass die den Berufungswerbern angelasteten Tathandlungen unter diese Begehungsweisen des § 168 Abs 1 StGB fallen. Bekanntlich ist gegenständlich auch die Staatsanwaltschaft Wels tätig geworden und wurde die Polizeianzeige auch an das Bezirksgericht Vöcklabruck übermittelt. Wer in seinem nicht konzessionierten Spielcasino Ausspielungen nach der Art von Roulette sowie diverse Pokerspielvarianten und das dem Glücksspiel "Black Jack" verwandte Spiel "TWO ACES" um beträchtliche Einsätze professionell anbietet, der steht in Verdacht dies vorsätzlich mit zumindest Eventualvorsatz und zwecks Erzielung von Vermögensvorteilen zu tun. Straffreie Spiele bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge können bei der Höhe der möglichen Einsätze von bis zu 200 Euro nicht angenommen werden (vgl dazu Punkt 3.2.2.). Ein Spiel um geringe Beträge – im Einzelnen ist diese Frage teilweise strittig – wird in der strafrechtlichen Literatur etwa noch bei einem Einsatz von 10 Euro angenommen (vgl mwN Kirchbacher/Presslauer in Wiener Kommentar2 Rz 12 zu § 168 StGB).

 

Auch nach dem bekannten Kommentar von Leukauf/Steininger, StGB3, § 168 Rz 19, ist die Frage, ob nur um geringe Beträge gespielt wird, grundsätzlich so lange am Einzelspiel orientiert zu beantworten, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet. Allerdings wird keine einheitliche Grenze angegeben, bis zu der noch von geringen Beträgen gesprochen werden kann (vgl mwN Leukauf/Steininger, StGB3, § 168 Rz 20: Neben allgemeinen Formulierungen wie "wenige Schilling" oder "wesentlich unter der Grenze des § 141" wird in der Literatur eine Richtgrenze von S 100,-- genannt).

 

4.6. In seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134-5, schloss sich der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Juni 1998, G 275/96, zum Verhältnis von § 52 Abs 1 Z 5 GSpG und § 168 Abs 1 StGB an. In dieser Entscheidung führte der Verfassungsgerichtshof mit näherer Begründung aus, dass durchaus Fallkonstellationen denkbar seien, die nur unter die Strafdrohung der erstgenannten, nicht aber auch unter die der zweitgenannten Bestimmung fallen. Dies folge schon aus der Ausnahme von der Strafbarkeit nach § 168 Abs 1 StGB, wenn bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

 

Im Fall der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung werde in der Regel davon auszugehen sein, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt des Delikts des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG vollständig erschöpfe. Eine das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 7. ZP zur EMRK berücksichtigende, verfassungskonforme Interpretation sei möglich und ergebe, dass die Bestrafung eines Verhaltens nach § 168 Abs 1 StGB eine solche nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließe. Das Urteil des EGMR vom 30. Juli 1998 im Fall O gegen die Schweiz (abgedruckt in JBl 1999, 102 f) scheine – so der Verwaltungsgerichtshof – dem nicht zwingend entgegenzustehen. Auch vor dem Hintergrund dieses Urteiles des EGMR könnte die Vermeidung einer kumulativen Bestrafung und der unterschiedlichen Beurteilung einer einzigen Tat durch verschiedene Behörden für die vom Verfassungsgerichtshof gewählte Interpretation sprechen.

 

Gebietet aber eine den Art 4 Abs 1 7. ZP zur EMRK berücksichtigende, verfassungskonforme Auslegung die Annahme einer unechten Idealkonkurrenz in der Erscheinungsform der stillschweigenden Subsidiarität, so folge daraus, dass eine Bestrafung nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG zu unterbleiben habe, wenn sich der Täter nach § 168 StGB strafbar gemacht hat. Selbst der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Tatbestand durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung könne die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes nicht neu begründen, handle es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden.

 

Im oben zitierten Erkenntnis gab der Verwaltungsgerichtshof ferner die im Urteil vom 28. Juni 1983, Zl. 11 Os 109/83, vertretene Rechtsansicht des OGH wieder, wonach die Beantwortung der Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, grundsätzlich am Einzelspiel  bzw am einzelnen, jeweils über Gewinn und Verlust entscheidenden Spielgang zu orientieren sei. Das Korrektiv bilde die negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Der Unterhaltungscharakter eines Spieles gehe erst verloren, wenn das Gewinnstreben so weit in den Vordergrund tritt (zB bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) spielt.

Der Verwaltungsgerichtshof stellte in seinem oben zitierten Erkenntnis unter Hinweis auf das Urteil des OGH vom 14. Dezember 1982, Zl. 9 Os 137/82, darauf ab, ob für einen Spieler die Möglichkeit bestand, in einem einzigen Spielgang mehr als S 200,-- einzusetzen. In so einem Fall wäre die Annahme, dass bloß um geringe Beträge gespielt wurde, ausgeschlossen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, ist selbst bei Wegfall der Strafbarkeit nach § 168 StGB infolge des Strafaufhebungsgrundes der Verjährung eine Bestrafung nach dem subsidiären Verwaltungsstraftatbestand unzulässig.

 

4.7. Die Aussagen im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sind auch auf den vorliegenden Fall sinngemäß anzuwenden. Da das Verhalten des Bw nach richtiger Ansicht unter § 168 Abs 1 StGB zu subsumieren ist, kann bei verfassungskonformer Interpretation nicht gleichzeitig auch die Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs 1 Z 1 oder Z 5 GSpG vorliegen, weil dieses Ergebnis mit dem Verbot der Doppelverfolgung und Doppelbestrafung des Art 4 Abs 1 7. ZP zur EMRK nicht vereinbar wäre.

 

Im Hinblick auf die gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhaltes wegen des Vergehens nach dem § 168 StGB liegt infolge stillschweigender Subsidiarität keine strafbare Verwaltungsübertretung vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, ausgesprochen, dass schon im Zweifel, ob nicht eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung vorliegt, nach § 30 Abs 2 VStG vorzugehen und das Verwaltungsstrafverfahren bis zur gerichtlichen Entscheidung auszusetzen sei.

 

Kann aber wegen materieller Subsidiarität bei verfassungskonformer Interpretation keine Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs 1 GSpG angenommen werden oder wäre zumindest im Zweifel nach § 30 Abs 2 VStG vorzugehen gewesen, so war die belangte Behörde nicht berechtigt auf der Grundlage des § 53 GSpG (oder auch § 39 VStG) die Beschlagnahme von Eingriffsgegenständen anzuordnen. Denn sowohl der Verfall als auch die Einziehung nach dem GSpG setzen eine strafbare Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 GSpG voraus (vgl näher §§ 52 Abs 2, 53 Abs 1 und 54 Abs 1 GSpG). Die belangte Behörde hätte das Verfahren dem Bezirksgericht Vöcklabruck als zuständigem Strafgericht überlassen müssen, das eine Beschlagnahme nach § 143 iVm § 452 StPO zu Beweiszwecken oder zur Sicherung von Verfall oder Einziehung hätte anordnen können.

 

Im Ergebnis ist festzustellen, dass der angefochtene Beschlagnahmebescheid rechtswidrig ergangen ist. Er war daher aus Anlass der Berufungen ersatzlos aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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