Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161399/13/Br/Bb/Ps VwSen-161400/13/Br/Bb/Ps

Linz, 04.01.2007

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen des Herrn Dr. J K, F, W, gegen die Straferkenntnisse der Bundespolizeidirektion Wels vom 8. Mai 2006, Zlen. 2-S-11.648/05 u. 2-S-15.717/05, wegen Übertretungen nach der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung, nach der am 12. Juli 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung iVm der Erkenntnisse des VwGH v 24.11.2006, 2006/02/0232 und 2006/02/233, zu Recht:

 

I.          Der Berufung wird jeweils Folge gegeben und die angefochtenen Straferkenntnisse behoben und die Verfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 51 und § 51e Abs.1 VStG.

 

II.         Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe: 

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit den o.a. Straferkenntnissen über den Berufungswerber (im Folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung nach § 2 Abs.1 Z1 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung je eine Geldstrafe von 36 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 18 Stunden verhängt,

1.) weil er am 28.7.2005 vor 09.56 Uhr in W, F das Kraftfahrzeug, Kennzeichen in einer Kurzparkzone abgestellt und nicht dafür gesorgt habe, dass dieses für die Dauer des Abstellens mit einem entsprechenden Kurzparknachweis gekennzeichnet war und

2.) weil er am 30.9.2005 zumindest von 10.44 Uhr bis 10.57 Uhr in W, F das Kraftfahrzeug, Kennzeichen in einer Kurzparkzone abgestellt und nicht dafür gesorgt habe, dass dieses für die Dauer des Abstellens mit einem entsprechenden Kurzparknachweis gekennzeichnet wurde. 

 

I.2. Die Behörde erster Instanz stützte die Schuldsprüche jeweils auf Anzeigen von Überwachungsorganen des Magistrates der Stadt Wels sowie auf das Ergebnis des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

 

I.3. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw rechtzeitig nachstehende Berufung eingebracht. Darin vermeint er auszugsweise, dass laut dem integrierenden Plan vom 1.7.1994, der Teil der Kurzparkzonenverordnung sei, sich die südliche Begrenzung der Kurzparkzone am nördlichen Ufer des M und zwar durchgehend von der Brücke mit der T im Osten bis zur westlichen Begrenzung, die durch die Gleisanlagen gebildet wird, befinde. Tatsächlich befände sich daher dieses Vorschriftszeichen "Ende der Kurzparkzone" nicht am Ende der Kurzparkzone und sei auch in umgekehrter Richtung der Beginn der Kurzparkzone erst ca. 10 m nach der Brücke in nördliche Richtung situiert, sodass auch hier das Vorschriftszeichen nicht an der Einfahrt in die Kurzparkzone situiert wäre. Der Argumentation der Behörde, dass somit Beginn und Ende der Kurzparkzone im Bereich der Brücke über den M ordnungsgemäß kundgemacht wäre, sei demnach rechtlich nicht haltbar. Darüber hinaus könne man, wenn man von der M in die F einfahren würde und in südliche Richtung, also in Richtung Brücke über den M weiterfahre, sehr wohl nach links in die Fabrikstraße einbiegen. Dies nachdem die Kurzparkzone durch das entsprechende Vorschriftszeichen aufgehoben werde. Die F sei nämlich als Einbahnstraße von Osten kommend geführt, allerdings nur bis zum Haus 39, die restlichen 25 m der F sind in beide Richtungen dann befahrbar und zwar in West-Ost-Richtung.

Eine nicht ordnungsgemäß kundgemachte Zonenverordnung könne daher seiner Ansicht nach keine Wirkung entfalten, wenn nicht an allen Zu- und Abfahrten die entsprechenden Vorschriftszeichen angebracht sind.

 

Mit diesem Vorbringen kommt dem Bw laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes – wie unten noch auszuführen sein wird – Berechtigung zu.

 

I.4. Die Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Wels und dessen Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben anlässlich der im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Dabei nahm auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil. Der hierzu persönlich erschienene Bw wurde als Beschuldigter gehört.

Dem Akt angeschlossen fanden sich neben der Anzeige auch die Bezug habende Verordnung der verfahrensgegenständlichen Kurzparkzone vom 1.7.1994, GZ: MA 11-VerKR-1068-1994 samt Plan, der einen integrierten Bestandteil der Verordnung der Kurzparkzone bildet sowie aufgenommene Lichtbilder der Vorschriftszeichen, die laut Angabe der belangten Behörde den Beginn und das Ende der Kurzparkzone im Bereich S, P und F kennzeichnen. Ergänzend beigeschafft wurden Landkarten u. Luftbilder mit der entsprechenden Straßennummerierung aus dem System DORIS (digitales Oö. Rauminformations-System).

 

I.6. Der Sachverhalt wurde wie folgt festgestellt:

 

Das  Kraftfahrzeug des Bw, Kennzeichen, fand sich zu den oben angeführten Zeiten an den obgenannten Örtlichkeiten der Kurzparkzone ohne entsprechenden Kurzparknachweis abgestellt.

Diese Feststellung ergab sich aus der unbedenklichen Anzeige in Verbindung mit dem durchgeführten Beweisverfahren. Der Bw selbst bestritt das jeweilige Abstellen seines mehrspurigen Kraftfahrzeuges zu den fraglichen Zeiten – in W, F und – in keinem Stadium des Verfahrens.

Er wendet aber generell ein, wonach der Beginn und Ende der Kurzparkzone im Bereich der Brücke über den M nicht ordnungsgemäß kundgemacht sei.

Strittig ist somit lediglich, ob die in Rede stehende Kurzparkzone in seiner Gesamtheit gesetzmäßig kundgemacht wurde.

Die Kurzparkzone gilt laut der genannten Verordnung für die Gebiete zwischen der H (südlich der D) – M (westlich der H) – T – F – P – S – F – G – M (siehe Planauszug) mit dem Zusatz "werktags, von Montag bis Freitag, von 08.00 Uhr bis 18.00 Uhr, an Samstagen von 08.00 bis 12.00 Uhr". Die Parkdauer in der Kurzparkzone beträgt 180 Minuten.

Aus dem Ergebnis des Lokalaugenscheines anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung wurde von der Erreichung dieser Stellpositionen über die östliche Zufahrt aus Richtung der P ausgegangen. Diesen Annahmen trat der Bw nicht entgegen. Wie aus dem im Akt erliegenden Bildmaterial ersichtlich, fanden sich dort die entsprechenden Verkehrszeichen iSd § 52 lit.a Z13 StVO mit den entsprechenden zeitlichen Hinweisen deutlich sichtbar angebracht. Ebenfalls behauptete der Bw nicht, dass er diese jeweiligen Stellpositionen von einer von der Kundmachung dieser Zone nicht erfassten Position erreicht hätte.

Mit dem Hinweis, dass am westlichen Ende dieses Zonenbereiches diesbezüglich keine Klarheit bestand, wurden zwei weitere Verfahren eingestellt (Erkenntnisse v. 13.7.2006, VwSen-161397 u. VwSen-161398).

 

I.7. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat im ersten Rechtsgang in rechtlicher Hinsicht im Ergebnis die Auffassung vertreten, dass es laut Rechtsprechung des VwGH genügte, wenn von der Kurzparkzone ein größeres Gebiet erfasst werde, dass an allen Einfahrts- und Ausfahrtsstellen Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13d und 13e StVO angebracht sein müssen, nicht jedoch an solchen, an denen eine Einfahrt nicht zulässig ist.  Gemäß dem Erkenntnis des VfGH, VfSlg 8894/1980, wäre eine über die Kennzeichnung der Kurzparkzone durch die genannten Vorschriftszeichen hinausgehende Kenntlichmachung der Kurzparkzone zur Gesetzmäßigkeit der Kundmachung nicht erforderlich (VwGH vom 29.3.2004, 2005/17/0056; VfGH vom 10.3.1995, B 291/94, ua).

Kurz gesagt, schade es der Rechtmäßigkeit einer solchen Verordnung nicht, wenn keine, bzw. wie hier eine fehlerhafte Kundmachung an einer Stelle vorhanden war, die mit der jeweiligen (verfahrensgegenständlichen) Zufahrt in die Zone, an der sich jeweils eine ordnungsgemäße Kundmachung befunden hat, 250 m weit entfernt war (Hinweis auf VwGH vom 25.10.1997, 96/17/0456 sowie vom 26.4.1999, 94/17/0404 und vom 4.8.2005, 2005/17/0056).

 

I.8. Diese Auffassung teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Er scheint unter Hinweis auf VwGH v. 3.9.2003, Zl. 2001/03/0388 die Auffassung zu vertreten, dass von einer "gehörigen Kundmachung" iSd § 25 StVO (nur) dann ausgegangen werden könne, wenn die Zeichen nach § 52 Z13d StVO und § 52 Z13e StVO aufgestellt sind und wenn von der Kurzparkzone ein größeres Gebiet umfasst werden soll, an allen Einfahrt- u. Ausfahrtstellen die besagten Zeichen angebracht sind.

Eine nicht mit der laut Verordnung die Grenzen bezeichnenden nicht übereinstimmenden Aufstellung der Vorschriftszeichen, welche hier in einer Abweichung von vielleicht 10 m bei der westlichen Einfahrt beim M angenommen wurde, macht die gesamte Zone daher ungültig.

Einem Feststellungsirrtum scheint jedoch das Höchstgericht zu unterliegen, wenn es im letzten Absatz seines Erkenntnisses zu vermeinen scheint, "die belangte Behörde habe Feststellungen darüber unterlassen ob das Vorbringen des Berufungswerbers betreffend die von ihm behaupteten (nicht) gehörigen Kundmachungen zutreffe oder nicht", keine Feststellungen getroffen habe. Das Gegenteil ist laut Verhandlungsprotokoll vom 12. Juli 2006, ab der 12. Zeile vielmehr der Fall.

Die Rechtsansicht oder die Wirkungsweite des Kundmachungsmangels wurde von der belangten Behörde wohl in einem vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Umfang beurteilt.

Daher waren nunmehr die Straferkenntnisse zu beheben und die Verwaltungsstrafverfahren mangels Strafbarkeit der vom Bw dem Anschein wissentlich gegen die offenkundige Absicht des Normgebers über die Regelung des ruhenden Verkehrs gesetzte Verhalten einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

                                                                Dr.  B l e i e r