Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106306/2/BR

Linz, 28.04.1999

VwSen-106306/2/BR Linz, am 28. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24. März 1999, Zl. VerkR96-2679-1996-Br, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998- VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider die Berufungswerberin insgesamt drei auf § 45 Abs.4 iVm § 134 Abs.1 KFG gestützte Geldstrafen in der Höhe von je 500 S und für den Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je zwölf Stunden verhängt. Zur Last gelegt wurden drei Fahrten mit dem PKW, Renault 21, mit dem Probefahrtkennzeichen , am 20. Mai 1996 um 17.45 Uhr, am 21. Mai 1996 um 19.40 Uhr und am 12. Juni 1996 um 21.35 Uhr auf der B125, nächst Strkm 55,250 bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz, Gemeinde Leopoldschlag, Fahrtrichtung Freistadt, die keine Probefahrten gewesen wären.

2. Den Beweis der Übertretung stützte die Erstbehörde auf die Anzeige der Gendarmerie vom 11. Juli 1996. Daraus ergibt sich inhaltlich, daß in dem von der Berufungswerberin gelenkten Fahrzeug auch weitere Personen im Zuge der Einreise aus Tschechien mitfuhren und auch diverse Waren im Fahrzeug transportiert wurden. Daraus wurde seitens der Gendarmerie der Schluß der widerrechtlichen Verwendung des Probefahrtkennzeichens abgeleitet und der Verdacht der Verwaltungsübertretung als begründet erblickt.

2.1. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung, worin sie die Tatbegehung bestreitet. Sie vermeint insbesondere, daß sie auch bei einer Probefahrt Personen mitführen dürfe.

Diesem Vorbringen kommt wohl auch inhaltliche Berechtigung zu!

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat den Verwaltungsakt am 19. April 1999 vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf § 51e Abs.2 Z1 VStG unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

5.1. Die von der Erstbehörde angezogene Gesetzesbestimmung regelt unter Hinweis auf § 45 Abs.1 KFG die Ausgestaltung der Bewilligung und die Führung des entsprechenden Kennzeichens, die nur bei Probefahrten geführt werden dürfen. Ebenfalls beinhaltet diese Bestimmung die auszustellende Bescheinigung (den Probefahrschein). In § 102 Abs.5 lit.c KFG werden dann die Pflichten des Lenkers eines Fahrzeuges im Rahmen einer Probefahrt normiert.

Diesen gesetzlichen Bestimmungen kann das in der Anzeige umschriebene und den Gegenstand des Strafverfahrens bildende Verhalten der Berufungswerberin nicht subsumiert werden. Wie die Berufungswerberin zutreffend ausführt, ist darin nicht ableitbar, daß im Rahmen einer Probefahrt nicht auch Personen mitgeführt werden oder anläßlich einer solchen Fahrt nicht auch Einkäufe besorgt werden dürften. Der

Beweis, daß hier keine Probefahrt vorlag läßt sich weder aus der Anzeige noch aus dem erstbehördlichen Ermittlungsverfahren ableiten. Ein allfälliger Verstoß gegen Pflichten - die etwa in § 102 Abs.5 lit.c KFG normiert sind - fand weder in das Ermittlungsverfahren Eingang noch wurde ein solcher von der Gendarmerie festgestellt.

Grundsätzlich entbehrt der Tatvorwurf hier den spezifischen materiellrechtlichen Elementen im Sinne des § 44a VStG.

5.2. Dem Spruch des Straferkenntnisses ist im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis Z5 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zuzuerkennen. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 VStG erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er

a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob eine auf den Tatvorwurf bezogene Verfolgungshandlung und der Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt. Es ist jeweils an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messen. Hier ist weder dem Tatvorwurf noch der Anzeige ableitbar, warum diese Fahrt keine Probefahrt gewesen sein soll.

Das erstbehördliche Ermittlungsergebnis und der darauf basierende Tatvorwurf wird den genannten Anforderungen nicht gerecht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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