Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161799/2/Kei/Ps

Linz, 29.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des S M, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6. November 2006, Zl. VerkR96-7449-2006-Kb, zu Recht:

 

I.           Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

Statt „haben Sie im Ortsgebiet“ wird gesetzt „haben Sie die im Ortsgebiet“.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

 

II.         Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 22 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

„Sie lenkten am 26.08.2006, um 12.22 Uhr, das Motorrad, Kennzeichen, im Gemeindegebiet Lohnsburg am Kobernaußerwald, im Ortsgebiet Stelzen, auf der L 508, bei Strkm. 17.430, und haben Sie im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 32 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 20 Abs. 2 StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

110 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

32 Stunden

Gemäß

§ 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

11,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 121,00 Euro“.

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor:

„Bei Erlassung der Strafverfügung hat die Bezirkshauptmannschaft gewusst, dass ich Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen bin, nicht aber – es erfolgte keine Anhaltung und enthielt die Anzeige der Landesverkehrsabteilung die Fahrzeug- und Zulassungsdaten laut Kennzeichenregister bzw. behördliche Zulassungsdatenbank – wer der damalige Lenker dieses Fahrzeuges war.

Aus diesem Grund fordert mich die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, an welche das Verwaltungsstrafverfahren abgetreten wurde, in der Lenkererhebung vom 16.10.2006 nach § 103 Abs. 2 KFG auf, der Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens mitzuteilen, wer dieses Kfz damals am angeführten Ort gelenkt hat und weist mich darauf hin, dass das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar ist.

Da mir bekannt ist, dass die Verweigerung der Lenkerauskunft mit einer Geldstrafe bis € 5.000,-- bedroht ist, das Grunddelikt (Geschwindigkeitsübertretung) aber nur mit einer solchen bis € 726,--, hatte ich keine vernünftigere Alternative, als die mir abverlangte Lenkerauskunft zu erteilen, ansonsten eine bedeutend strengere Strafnorm zur Anwendung gekommen wäre.“

Es erfolgten auch Ausführungen des Bw in verfassungsrechtlicher Hinsicht.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 27. November 2006, Zl. VerkR96-7449-2006-Kb, Einsicht genommen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nach Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird – ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor – als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

Die Gestaltung des letzten Satzes der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen der Bundesverfassung und nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf das in dieser Bestimmung normierte rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft (iSd § 103 Abs.2 KFG 1967) nachkommen zu können glaubt. Sehr wohl hob der Verfassungsgerichtshof auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gemäß Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hervor (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985, VfGH vom 29.9.1988, Zl. G72/88 u.a. Erkenntnisse).

Hingewiesen wird darauf, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Grundsatz „nemo tenetur“ als unvereinbar hervorhob, wenn ein Gesetz die Partei zwingt, etwa ein allenfalls den Gegenstand einer Beschlagnahme bildendes Beweismittel zu schaffen, welches im Verfahren gegen die Partei selbst verwendet werden kann. Dies – so der Verfassungsgerichtshof – würde im Ergebnis einer unfreiwilligen Selbstbeschuldigung gleichkommen. Laut Verfassungsgerichtshof gilt für den Anklageprozess, dass der Beschuldigte nicht Objekt des Verfahrens sondern Subjekt, also Prozesspartei, ist. Dem Anklageprinzip würde es demnach widersprechen, den Beschuldigten durch Zwang zu einem Geständnis der strafbaren Handlung zu veranlassen. Dies sei mit der Parteistellung des Beschuldigten unvereinbar. Aus den dargelegten Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass etwa eine Regelung des Finanzstrafgesetzes über die Beschlagnahme im Ergebnis dem aus Art. 90 Abs.2 B-VG abzuleitenden Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung widersprach (VfSlg. 10291 mit Hinweis auf VfSlg. 5235/1966). Nach bisher ständiger Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofes liegt aber der Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG 1967 in der jederzeitigen Feststellungsmöglichkeit eines KFZ-Lenkers (siehe z.B. VwGH vom 29.9.1993, Zl. 93/02/0191).

 

Zur Strafbemessung:

Es liegen drei die Person des Bw betreffende Vormerkungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen sind und die noch nicht getilgt sind, vor. Darunter ist eine, die einschlägig ist. Dies wird als erschwerend gewertet. Ein weiterer Erschwerungsgrund liegt nicht vor. Ein Milderungsgrund liegt nicht vor.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitung wird wegen der durch die potentielle Gefährdung von Menschen beeinträchtigten Verkehrssicherheit als beträchtlich qualifiziert.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird ebenfalls berücksichtigt.

Die Höhe der durch die belangte Behörde verhängten Strafe ist insgesamt – auch unter Berücksichtigung der in der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten Angaben über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw – angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Keinberger

 

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