Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106318/2/BR

Linz, 30.04.1999

VwSen-106318/2/BR Linz, am 30. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H gegen den seinen Wiederaufnahmeantrag abweisenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 31. März 1999, Zl. VerkR96-13142-1998-Shw, zu Recht:

I. Die Berufung wird als unbegründet

a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4, § 69 Abs.1 Z2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber 4.000 S (20% der Geldstrafe des vom Wiederaufnahmeantrag umfaßten Bescheides) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.6 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Wiederaufnahme des unter gleicher Aktenzahl erlassenen Straferkenntnisses vom 14.1.1999 abgewiesen.

1.1. Begründet wurde der Antrag des Berufungswerbers im Ergebnis damit, daß er nach Rechtskraft dieses Straferkenntnisses am 16.2.1999 in den Besitz eines Beweismittels gelangt sei, welches alleine oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens geeignet wäre, voraussichtlich im Hauptinhalt des Spruches einen anders lautenden Bescheid herbeizuführen.

Dieses Beweismittel schließt der Berufungswerber seinem Antrag an. Dieses besagt seinem Inhalt nach, daß es unwahrscheinlich erscheine mit dem Konsum von Bier einen Atemalkoholgehalt von 1,46 mg/l (was drei Promillen entspricht) erreichen zu können. Im übrigen wird in diesem Schreiben (Email) der Medizinerin an den Rechtsvertreter offenkundig auch auf der Beweiswürdigung vorbehaltene Annahmen Bezug genommen, was den Schluß auf die Beweiswürdigung betreffende Vorgaben des Anfragers zuläßt.

2. Die Erstbehörde wies den Wiederaufnahmeantrag im Ergebnis unter Hinweis auf die vorgenommene Beweiswürdigung ab. Dies insbesondere, weil sie der Nachtrunkverantwortung des Berufungswerbers nicht zu folgen geneigt war. Sie sei vom verfahrensrelevanten Alkoholkonsum vor der im erstbehördlichen Strafverfahren relevanten Fahrt und von einem Nachtrunk von bloß eines halben Liters Bier ausgegangen. In der vom Berufungswerber im Antrag vorgetragenen medizinischen Stellungnahme vermochte die Erstbehörde eine nach § 69 Abs.1 Z2 qualifizierbare Tatsache nicht erblicken.

2.1. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung vermeint der Berufungswerber die Begründung der Erstbehörde nicht ansatzweise für eine Abweisung seines Wiedereinsetzungsantrages geeignet qualifizieren zu können. Es ginge darum, so der Berufungswerber im Ergebnis, die Erstbehörde von ihrer Beweiswürdigung abzubringen.

Sehr wohl sei das ihm mit dem oben bezeichneten Email angekündigte (mögliche) Sachverständigengutachten zu einem für ihn günstigeren Sachausgang zu gelangen.

Der Berufungswerber verweist in diesem Zusammenhang auf die Bewilligung einer Wiedereinsetzung durch den Oö. Verwaltungssenat vom 12.10.1998, VwSen-105790/Le/Km.

Bereits im Verlaufe des erstbehördlichen Verfahrens habe er in einer Stellungnahme (v. 8.1.1999) bereits einen Beweisantrag dahingehend gestellt, wonach mit dem Konsum von Bier der hier vorliegende Meßwert von 1,46 mg/l AAG nicht erklärbar wäre. Dieser Beweis sei nicht aufgenommen worden sondern habe die Erstbehörde diesen Antrag als Schutzbehauptung hinsichtlich seiner Trinkverantwortung abgetan. Durch die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages verweigere die Erstbehörde nunmehr auch die diesbezügliche eigene Beweisführung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Daraus ergibt sich der für die Klärung der hier aufgeworfenen Rechtsfrage entscheidungswesentliche Sachverhalt.

Für diese verfahrensrechtliche Entscheidung ist ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (VwGH 25.2.1993, 92/18/0175). Eine Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages gemäß § 51e Abs.3 Z4 VStG unterbleiben.

4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen.

4.1. § 69 Abs.1 AVG lautet:

Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder.......

4.2. Mit seinem Vorbringen vermag der Berufungswerber einen Wiederaufnahmegrund nicht darzutun. Es ist an sich nur schwer nachvollziehbar, worin der Berufungswerber in einem Gutachten, welches zum Ergebnis führen soll, daß mit Bierkonsum nicht ein bestimmter Atemluftalkoholgehalt überschritten werden könnte, 'neue' Tatsachen - die nicht schon vor dieser "Erkenntnis" zugänglich gewesen wären - erblicken will. Darin können keine wie immer gearteten neuen Befundtatsachen erblickt werden (vgl. VwGH 25.10.1994, 93/08/0123). Unerfindlich ist aber vor allem warum er es offenkundig versäumte diese vermeintliche Verfahrensrelevanz, die nun als Verfahrensfehler gesehen werden will, nicht bereits im Rahmen eines Berufungsverfahrens geltend zu machen.

Daher vermag der Erstbehörde vollinhaltlich gefolgt werden, wenn diese vermeint, der Berufungswerber rüge mit seinem Vorbringen nur die Beweiswürdigung und der Hinweis auf eine letztlich nicht verfahrensspezifische Frage stelle eben keine neu hervorgekommene Tatsache dar.

Ginge man davon aus, daß mit bloßem Bierkonsum tatsächlich kein so hoher Alkoholisierungsgrad erreicht werden könnte, stellt dies wohl kaum die Richtigkeit der Messung noch die Beweiswürdigung der Erstbehörde im Hinblick auf die Nachtrunkverantwortung in Frage. Das Trinkverhalten des Antragstellers vor der Messung bliebe durch eine allfällige Klärung der von ihm als "neue Tatsache" bezeichneten Umstände doch gänzlich unberührt. Warum sollte der Berufungswerber vorher nicht etwa auch harte Getränke konsumiert haben?

Nichts gewonnen ist für den Berufungswerber mit dem Hinweis auf das obzit. h. Erkenntnis. Dort wurde einem Wiederaufnahmeantrag Folge gegeben, weil ursprünglich bei einem untersuchten Material vom Gutachter die Möglichkeit einer DNA-Analyse ausgeschlossen wurde. Dieses Beweismittel sohin in einer spezifischen Fallagerung im Verfahren nicht berücksichtigt werden konnte. In der Folge wurde aber vom Gutachter dann doch eine Möglichkeit einer Verwertung des entsprechenden Spurenmaterials nicht ausgeschlossen. Hervorzuheben ist, daß dies nach wohl spezifischer Sachverhaltsschilderung gegenüber dem Gutachter seitens des h. Berufungswerbervertreters so beurteilt wurde. Aus diesem Grunde - weil man ja vorher auf diese Beweismethode im Hinblick auf einen potentiell möglichen Ausschluß einer Täterschaft - gesetzt hatte, mußte wohl dem Wiederaufnahmeantrag im Hinblick auf eben diese Beweisführung Folge gegeben werden. Schließlich stellte sich auch beim neuerlichen Versuch einer Untersuchung dieses Spurenmaterials heraus, daß - so wie beim ersten Versuch der entsprechenden Analyse - eine Auswertung nicht mehr möglich war.

Hier liegen aber weder Spuren noch sonstige Tatsachen vor die nicht schon auch im erstbehördlichen Verfahren vorgelegen hätten (= ein unbestritten hoher Atemluftalkoholgehalt). Auf den Punkt gebracht: Die Frage, ob mit Bierkonsum 1,46 mg/l AAG erreichbar sind oder nicht, hätte der Berufungswerber auch schon vorher stellen können (vgl. VwGH 23.1.1996, 94/08/0290). Hätten demnach "neue Tatsachen? " iSd § 69 Abs.1 Z2 AVG schon im seinerzeitigen Verfahren durch eine ordnungsgemäße Begutachtung festgestellt werden können, steht das seinerzeitige Ermittlungsergebnis, selbst unter einem fehlerhaften Ermittlungsverfahren - worauf hier darüber hinaus nichts hindeutet - der Annahme einer unverschuldeten Unkenntnis einer Tatsache auf seiten der Behörde und damit der Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter Berufung auf § 69 Abs 1 Z 2 AVG entgegen (Hinweis E 22.3.1983, 83/05/0038, VwSlg 11013 A/1983).

Der Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages mußte daher der Erfolg versagt bleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

neue Tatsachen, Gutachter

 

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