Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161837/4/Br/Ps

Linz, 28.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, geb., L, F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21. November 2006, Zl. VerkR96-2903-1-2004, nach der am 27. Dezember 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.     Der Berufung wird im Punkt 1.) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Straßenkilometrierung und damit der erste Halbsatz des Spruches zu entfallen hat und in Abänderung des letzten Halbsatzes von einer teilweisen Unterschreitung des Sicherheitsabstandes bis zu einer Fahrzeuglänge auszugehen ist.

       Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II.    Im Punkt 1.) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 10,-- Euro auferlegt. Im Übrigen entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 64 Abs.1 u. 2 und  66 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber drei Geldstrafen im Umfang von je 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit je 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe ausgesprochen und ihm zur Last gelegt:

"Sie haben am 19.08.2004, um 19.05 Uhr und in den darauffolgenden Minuten den Pkw  auf der B 310 in Richtung Freistadt gelenkt, wobei Sie

1.      bei Straßenkilometer 22,630 der genannten Straße im Ortsgebiet von Loibersdorf, Gemeinde Unterweitersdorf beim Fahren hinter dem Kombi keinen solchen Abstand eingehalten haben, dass Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, weil Sie lediglich einen Sicherheitsabstand von 1,5 m eingehalten haben

2.      bei der Fahrt auf der genannten Straße, kurz vor dem Ende des Ortsgebietes Loibersdorf, den angeführten Kombi auf einer unübersichtlichen Straßenstelle vorschriftswidrig überholt haben, weil Sie dieses Fahrzeug im Bereich einer Fahrbahnkuppe überholten, sowie

3.      bei der Fahrt auf der genannten Straße im Ortschaftsbereich von Matzelsdorf, kurz nach der Kreuzung B310 – Abzweigung Kefermarkt, abermals auf einer unübersichtlichen Straßenstelle vorschriftswidrig überholt haben, weil Sie einen Pkw im Bereich einer Fahrbahnkuppe überholten."

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt steht aufgrund der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für OÖ. - Verkehrsabteilung - Außenstelle 4212 Neumarkt i.M. vom 22.09.2004, die auf der Wahrnehmung einer Privatperson beruht, sowie des Ermittlungsverfahrens fest.

 

Nach den Darstellungen in der betreffenden Anzeige haben Sie am 19.08.2004 um 19.05 Uhr und in den darauffolgenden Minuten den Pkw auf der B 310 in Richtung Freistadt gelenkt, wobei Sie bei Straßenkilometer 22,630 der genannten Straße im Ortsgebiet von Loibersdorf, Gemeinde Unterweitersdorf, beim Fahren hinter dem Kombi keinen solchen Abstand eingehalten haben, dass Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, weil Sie lediglich einen Sicherheitsabstand von 1,5 m eingehalten und den  angeführten Kombi kurz vor dem Ende des Ortsgebietes Loibersdorf auf einer unübersichtlichen Straßenstelle vorschriftswidrig überholt haben, weil Sie dieses Fahrzeug im Bereich einer Fahrbahnkuppe überholten, sowie bei der Fahrt auf der genannten Straße im Ortschaftsbereich von Matzelsdorf, kurz nach der Kreuzung B 310 - Abzweigung Kefermarkt, abermals auf einer unübersichtlichen Straßenstelle vorschriftswidrig überholt haben, weil Sie einen Pkw im Bereich einer Fahrbahnkuppe überholten.

 

Mit der an Sie gerichteten Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.02.2005, in welcher Ihnen die im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt wurden, wurde das ordentliche Verfahren eingeleitet. Bei Ihrer niederschriftlichen Vernehmung als Beschuldigter zu den Ihnen angelasteten Taten, bei der Ihnen der gesamte Akteninhalt mit der Aufforderung zur Rechtfertigung zur Kenntnis gebracht wurde, führen Sie sinngemäß aus, dass es richtig sei, dass Sie zu der in der gegenständlichen Anzeige angeführten Zeit den Pkw der Firma K AG, der das behördliche Kennzeichen führt, auf der B 310 in Richtung Freistadt gelenkt hätten. Wenn Ihnen jedoch nunmehr in der gegenständlichen Aufforderung angelastet werde, dass Sie bei dieser Fahrt zu einem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand eingehalten hätten und dann noch jeweils an zwei verschiedenen unübersichtlichen Straßenstellen vorschriftswidrig überholt hätten sollen, so müssen Sie dies entschieden in Abrede stellen. Der gegenständlichen Anzeige sei zu entnehmen, dass Sie eine Privatperson bei der Verkehrsabteilung-Außenstelle Neumarkt i.M. angezeigt hätte. Sie würden davon ausgehen, dass diese Person bei der Anzeigeerstattung unrichtige Angaben gemacht hätte. Aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes stellen Sie den Antrag, das gegen Sie eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Die Behörde hat folgendes erwogen:

 

Gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Gemäß § 16 Abs. 2 lit. b StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z.B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen nicht überholen; es darf jedoch überholt werden, wenn die Fahrbahn durch eine Sperrlinie (§ 55 Abs. 2) geteilt und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird.

 

Nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes, oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Bei der zeugenschaftlichen Vernehmung von Herrn H Z verweist dieser auf seine niederschriftlichen Angaben vom 19.08.2004, die er im Zuge der Anzeigeerstattung bei der VAAST Neumarkt i.M. gemacht hat und erhebt diese zum Gegenstand seiner Zeugenaussage, weil die darin abgegebenen Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Demnach hätte er am 19.08.2004 gegen 19.11 Uhr den Komi T C, Kennzeichen, auf der Mühlviertler Straße B 310 aus Richtung Linz kommend in Richtung Freistadt gelenkt. Im Fahrzeug hätte sich weiters sein Bruder W Z am Beifahrersitz befunden. Er hätte den Kombi im Ortschaftsgebiet von Loibersdorf mit einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 50 km/h gelenkt. Er hätte bereits seit dem zweispurigen Fahrstreifenbereiche in Unterweitersdorf bemerkt, dass ein schwarzer F F mit Kennzeichen sich unmittelbar hinter seinem Kombi eingereiht hätte. Dieser Pkw hätte bereits sehr stark gedrängelt und zu seinem Pkw einen Sicherheitsabstand von ca. 1,5 m eingehalten. Kurz vor dem Ortsgebiet Ende Loibersdorf hätte dieser Pkw zum Überholvorgang unmittelbar vor einer starken Fahrbahnkuppe abgesetzt. Die Sichtweite hätte in diesem Bereich etwa 70 m betragen. Der Pkw hätte trotzdem überholt und sich anschließend vor seinem Pkw wieder eingereiht. Sie seien bereits in erweiterter Fahrzeugkolonne, bestehend aus etwa 3 bis 4 Fahrzeugen, gefahren. Auch zu diesen Fahrzeugen hätte dieser Pkw-Lenker nur einen minimalen Abstand (1 - 1,5 m) eingehalten und wiederum sehr stark gedrängelt. Im Bereich Matzelsdorf kurz nach der Kreuzung B 310 - Abzweigung Kefermarkt hätte dieser Fahrzeuglenker vor einer Fahrbahnkuppe (Linkskurve) wieder zum Überholvorgang trotz Gegenverkehr angesetzt und wieder einen Pkw überholt. Dabei sei der überholende Pkw von diesem Pkw-Lenker sehr stark "geschnitten" worden. Anschließend seien diese 3 Fahrzeuge vor ihm bei der Kreuzung nach Kefermarkt abgebogen. Der Pkw-Lenker sei dann in Richtung Freistadt weitergefahren.

 

Die Behörde hegt keinen Zweifel an der Richtigkeit und der Glaubwürdigkeit der Aussage des einvernommenen Zeugen, zumal dieser seine Angaben unter Wahrheitspflicht und unter der strafrechtlichen Sanktion des § 289 StGB stehend gemacht hat, während es Ihnen dem gegenüber frei steht, sich als Beschuldigter in Verwaltungsstrafverfahren beliebig zu verantworten, ohne irgendwelche nachteiligen Folgen befürchten zu müssen.

 

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes steht für die erkennende Behörde fest, dass Sie die Ihnen angelasteten Taten zu verantworten haben."

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren "§§ 40 bis 46" sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes, sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Taten schädigten im erheblichen Maß das Interesse der Verkehrssicherheit und anderer Verkehrsteilnehmer. Deshalb ist auch der Unrechtsgehalt der Taten an sich – selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen – nicht gering.

 

Mangels konkreter Angaben über die Höhe des Einkommens wurde dieses auf 1090,00 Euro monatlich geschätzt und der Strafbemessung zugrunde gelegt.

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit kommt Ihnen nicht zugute. Ein sonstiger Milderungsgrund wurde nicht gefunden; ebenso kein Erschwerungsgrund.

 

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen wurden dem Unrechtsgehalt der Taten entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

 

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen und den Tatvorwurf bestreitenden Berufung. Sinngemäß vermeint er unter Hinweis auf seine Rechtfertigung vom 4.11.2005, dass es sich damals vor dem Ortsgebiet Loibersdorf um einen Kolonnenverkehr gehandelt habe. Möglicherweise habe der Anzeiger den Abstand durch eine Fehleinstellung des Rückspiegels falsch eingeschätzt, wobei dieser niemals nur 1,5 m betragen habe. Nach dem Ortsgebiet habe das zweite vor ihm fahrende Fahrzeug beschleunigt, nicht jedoch das unmittelbar vor ihm Fahrende. Dieses habe er daher überholt. Dort habe weder ein Überholverbot noch eine Geschwindigkeitsbeschränkung und auch keine Fahrbahnkuppe bestanden. Auch die Darstellung eines anschließenden "Schneidens" eines überholten Fahrzeuges nach der Abzweigung Kefermarkt sei unzutreffend.

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im Rahmen eines Ortsaugenscheins war angesichts des im Ablauf strittigen Sachverhaltes in Wahrung der durch Art. 6 intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes und durch Beweisaufnahme im Rahmen der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Dabei wurden als Zeugen der Anzeiger und dessen damaliger Beifahrer, H und W Z, sowie der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung entschuldigt nicht teil. Der Bereich des nördlichen Ortsendes von Loibersdorf wurden mit drei Übersichtsaufnahmen dokumentiert.

 

4. Zum Sachverhalt:

Eingangs ist festzustellen, dass hier der Vorfall bereits mehr als zwei Jahre zurückliegt. Der Anzeiger H. Z erklärte im Rahmen der unmittelbar am nördlichen Ortsende von Loibersdorf, am Rande der B310 im Bereich des Strkm 22,8  durchgeführten Berufungsverhandlung, dass er sich von der Fahrweise des Berufungswerbers bereits vor dem und durch das gesamte Ortsgebiet bedrängt gefühlt habe. Im Bereich der südlichen Ortseinfahrt von Loibersdorf, im Bereich des bergwärts verlaufenden Straßenzuges und der Verjüngung von zwei auf einem Fahrstreifen, sei er – der Zeuge H. Z – mit etwa 55 km/h unterwegs gewesen. Dabei ist das Angezeigtenfahrzeug auf weniger als eine Fahrzeuglänge auf sein Fahrzeug aufgefahren. Dieses Drängen wurde schließlich mehr oder weniger knapp während der gesamten Ortsdurchfahrt beibehalten. Knapp vor dem Ortsende überholte ihn schließlich der Berufungswerber.

Der Verlauf der B 310 gestaltet sich ca. 100 m vor dem Ortsende in einer Linkskurve und deutlich kupiert, wobei knapp vor dem Scheitelpunkt der Kuppe die Sicht in den Gegenverkehr doch mit deutlich über 200 m angenommen werden kann.

Zum weiteren im Punkt 3.) erhobenen Tatvorwurf konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern, wobei insbesondere nicht als erwiesen gelten kann, dass ca. 300 m nach dem Ortsgebiet bei der Abzweigung nach Kefermarkt von einer unübersichtlichen Straßenstelle die Rede sein könnte.

Zusammenfassend waren die Aussagen des H Z glaubwürdig. Der Zeuge hätte sich wohl kaum zu einer Anzeige entschlossen, wenn ihm nicht tatsächlich die Fahrweise des Berufungswerbers sehr bedenklich erschienen wäre. Sein Motiv zur Anzeigeerstattung erklärte der Zeuge mit seiner Tätigkeit als Rettungsfahrer sehr anschaulich, wenn er bei der Berufungsverhandlung erklärte, "solche Fahrer müssten nach einem Unfall dann vom Rettungsdienst aus dem Fahrzeug geklaubt" werden. Dieser wohl sehr drastischen Aussage ist objektiv nichts entgegen zu setzen. Darüber hinaus machte der Zeuge einen sehr sachlichen Eindruck, wobei ihm nicht zugesonnen wird den Berufungswerber etwa durch Übertreibungen zu Unrecht belasten zu wollen. Ebenfalls vermag dem Zeugen eine Abstandschätzung von weniger als einer Fahrzeuglänge zugemutet werden.

Keine konkreten Erinnerungen an den damaligen Vorfall vermochte der Beifahrer W. Z darzutun. Ob er dies nicht wollte oder nicht mehr konnte, muss auf sich bewenden. Er verwies nur mehr auf seine Angaben im Rahmen seiner Rechtshilfeeinvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach. Diese wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung verlesen. Inhaltlich ist darin von einem Überholen eines schwarzen F F von einer Fahrbahnkuppe und einer  Nachfahrtdistanz von nur 1,5 m die Rede. Ebenfalls von einem gefährlichen Überholvorgang bei der Abzweigung Kefermarkt.

Der Berufungswerber bestreitet wohl die zur Last gelegte Fahrweise, wobei ihm aber weniger Glaubwürdigkeit als dem Anzeiger zugebilligt wird. Er kann sich frei verantworten, während der Zeuge seine Aussage unter Wahrheitspflicht abzulegen hatte. Wie oben schon erwähnt, wird sich der Zeuge nicht ohne ausreichenden Grund der Mühe einer Anzeigeerstattung unterzogen haben. Seine Motive waren durchaus ernsthaft und wohl begründet und in sich schlüssig dargetan.

Andererseits konnten hinsichtlich des beschriebenen Überholvorganges im Bereich der Ortsausfahrt und bei der Abzweigung nach Kefermarkt keine so hinreichend deutliche Wahrnehmungsmöglichkeit des Zeugen angenommen werden, als auch darauf ein Schuldspruch in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit gestützt werden könnte. Vor dem Ortsende von Loibersdorf könnte der überwiegende Teil des Überholvorganges durchaus bereits im Bereich der bis zur Abzweigung nach Kefermarkt reichenden Gefahrensichtweite ausgeführt worden sein. Es mag im Sinne der Wahrnehmung des Zeugen durchaus zutreffen, dass der Überholvorgang noch vor der Kuppe und auch noch knapp im Ortsgebiet eingeleitet wurde. Aber selbst dort liegt die Sichtweite in den Gegenverkehrsbereich kaum unter 100 m, sodass sich diesbezüglich der Tatvorwurf als nicht ausreichend tragfähig erweist. Dieses gilt auch für die Wahrnehmung im Bereich der Abzweigung Kefermarkt und die auf diesem Punkt vorliegende Umschreibung des Verhaltensablaufes und die Örtlichkeit.

Damit sei aber keineswegs festgestellt, dass diesen Überholvorgängen nicht trotzdem eine suboptimale und intolerante Fahrweise zu Grunde lagen. Insbesondere stand das lange Zurückliegen der Tat und die nicht in einem wirkungsorientierten Verwaltungshandeln gründende lange Liegezeit des Aktes einer substanziellen Beweisführung entgegen.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h ein Abstand von zwei Meter bis vier Meter nur einer Wegzeit im Bereich von 0,13 bis 0,26 Sekunden entspricht. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Situation wohl zwingend zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der geringsten Reaktionszeit auf ein solches Manöver nicht mehr rechtzeitig und wirkungsvoll reagiert werden könnte (unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443).

Der Spruchpunkt 1.) war jedoch gemäß § 44a Abs.1 VStG im Sinne des Ergebnisses des Beweisverfahrens zu korrigieren, weil sich die Unterschreitung des Sicherheitsabstandes, teilweise nur bis unter eine Fahrzeuglänge und örtlich bis knapp vor dem Überholen unmittelbar vor Ortsende, zumindest über das gesamte Ortsgebiet erstreckte. Die Tatortsbezeichnung "Strkm 22,630" schließt diesen Bereich noch ein, greift jedoch für die Umschreibung eines typischen Distanzdelikts iSd § 18 Abs.1 StVO zu kurz. Mit Blick darauf galt es den Spruch zu korrigieren.

 

5.1. Zur Strafzumessung ist für den Punkt 1.) grundsätzlich festzustellen, dass insbesondere angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials eines in diesem Umfang knappen Sicherheitsabstandes durchaus die Festsetzung einer empfindlichen Geldstrafe rechtfertigen würde. In diesem Zusammenhang kann beispielsweise auf ein in jüngerer Zeit von einem Gericht in Deutschland erlassenes Urteil wegen unfallskausalen Drängens iVm anderen gefährlichen Verhaltensmustern im Straßenverkehr illustrativ hingewiesen werden. In diesem Zusammenhang wurde eine Freiheitsstrafe von 1½ Jahren ausgesprochen. Mit Blick darauf erweist (erwiese sich) sich die hier verhängte(n) Geldstrafe(n) nicht annähernd mit der Tatschuld im Einklang. Ob so geringe Geldstrafen bloß darin motiviert gewesen sein mögen, möglichst ein Rechtsmittel zu vermeiden, muss auf sich bewenden.

Dennoch soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass etwa numerisch festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitungen, welche etwa angesichts eines sich verkehrsleer und sich völlig übersichtlich gestaltenden Straßenverlaufs, ein ungleich geringeres abstraktes Gefahrenpotenzial in sich bergen, jedoch mit deutlich höheren Geldstrafen als die hier verhängten 50 Euro geahndet werden.

Einer sachgerechten Festlegung der Geldstrafe, welche wohl in einer Verdreifachung der Geldstrafe Rechnung zu trage wäre, steht der Grundsatz der reformatio in peius (Verschlechterungsverbot) im Berufungsverfahren entgegen.

 

6. Hinsichtlich der Punkte 2.) und 3.) ist zu bemerken, dass schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung der Tatbeweis als nicht erbracht gilt und demnach das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a. mit Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof   erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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