Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161474/5/Kei/Ps

Linz, 22.01.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des N Z, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. N N, R, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 19. Juni 2006, Zl. VerkR96-3551-2005, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. Jänner 2007, zu Recht:

 

I.           Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

 

II.         Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 14 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

„Sie haben als Zulassungsbesitzer des PKW, Kennzeichen:, trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Ried/I., Zl. VerkR96-3551-2005, zugestellt am 20.05.2005, nicht binnen zwei Wochen, das war bis 03.06.2005, der Behörde Auskunft darüber erteilt, wer dieses Fahrzeug am 02.04.2005 um 13.31 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 103 Abs. 2 iVm. § 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

70,00

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

21 Stunden

Gemäß §

134 Abs.1 KFG 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

7,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 77,00 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) bestritt in der Berufung das Vorliegen der ihm vorgeworfenen Übertretung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 10. Juli 2006, Zl. VerkR96-3551-2005, Einsicht genommen und am 18. Jänner 2007 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

§ 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nicht am Vorliegen des Sachverhaltes, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird.

Der Bw hätte dem gegenständlichen Auskunftsverlangen nachkommen müssen und eine Antwort in Entsprechung der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 geben müssen. Allenfalls hätte der Bw – um dem entsprechen zu können – entsprechende Aufzeichnungen führen müssen.

 

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird – ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor – als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

 

Die Gestaltung des letzten Satzes der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen der Bundesverfassung und nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf das in dieser Bestimmung normierte rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft (iSd § 103 Abs.2 KFG 1967) nachkommen zu können glaubt. Sehr wohl hob der Verfassungsgerichtshof auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gemäß Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses hervor (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985, VfGH vom 29.9.1988, Zl. G72/88 u.a. Erkenntnisse).

Hingewiesen wird darauf, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Grundsatz „nemo tenetur“ als unvereinbar hervorhob, wenn ein Gesetz die Partei zwingt, etwa ein allenfalls den Gegenstand einer Beschlagnahme bildendes Beweismittel zu schaffen, welches im Verfahren gegen die Partei selbst verwendet werden kann. Dies – so der Verfassungsgerichtshof – würde im Ergebnis einer unfreiwilligen Selbstbeschuldigung gleichkommen. Laut Verfassungsgerichtshof gilt für den Anklageprozess, dass der Beschuldigte nicht Objekt des Verfahrens sondern Subjekt, also Prozesspartei, ist. Dem Anklageprinzip würde es demnach widersprechen, den Beschuldigten durch Zwang zu einem Geständnis der strafbaren Handlung zu veranlassen. Dies sei mit der Parteistellung des Beschuldigten unvereinbar. Aus den dargelegten Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass etwa eine Regelung des Finanzstrafgesetzes über die Beschlagnahme im Ergebnis dem aus Art. 90 Abs.2 B-VG abzuleitenden Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung widersprach (VfSlg. 10291 mit Hinweis auf VfSlg. 5235/1966). Nach bisher ständiger Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofes liegt aber der Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG 1967 in der jederzeitigen Feststellungsmöglichkeit eines KFZ-Lenkers (siehe z.B. VwGH vom 29.9.1993, Zl. 93/02/0191).

 

Zur Strafbemessung:

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: ca. 1.000 Euro netto pro Monat, Vermögen: der Bw ist Eigentümer des gegenständlichen Autos, Sorgepflicht: keine.

 

Durch die Tatsache, dass ein Lenker nicht bekanntgegeben wird, ist es der Behörde nicht möglich, die Person, die das Grunddelikt begangen hat, festzustellen. Dadurch wird der Strafanspruch des Staates beeinträchtigt. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung ist erheblich.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Höhe der durch die belangte Behörde verhängten Strafe ist insgesamt angemessen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Keinberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum