Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161748/6/Zo/Da

Linz, 19.01.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J C, geb. X, vertreten durch S, S Rechtsanwälte GmbH, G, vom 13.10.2006 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 4.10.2006, Zl. S‑19767/06-4, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet sowie Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.1.2007 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt lautet:

 

  1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 20.9.2006 hinsichtlich der Versäumung der Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung vom 10.7.2006, Zl. S-19767/06, wird als unbegründet abgewiesen.
  2. Der Einspruch vom 20.9.2006 gegen die Strafverfügung vom 10.7.2006, Zl. S‑19767/06, wird als verspätet zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e VStG sowie § 71 Abs.1 Z1 AVG und § 49 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die BPD Linz den Einspruch des Herrn C gegen die Strafverfügung vom 10.7.2006 gem. § 49 Abs.1 VStG als verspätet zurückgewiesen. Sie hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13.6.2006 als unbegründet abgewiesen.

 

2. Der Berufungswerber hat dagegen rechtzeitig eine Berufung eingebracht und in dieser vorerst darauf hingewiesen, dass die BPD Linz formal zuerst über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erst danach über den Einspruch gegen die Strafverfügung hätte entscheiden müssen. Die Behörde habe die angebotene persönliche Einvernahme des Berufungswerbers sowie die Einvernahme der Zeugin C R ohne Angabe von Gründen nicht durchgeführt und daher die Frage, ob dem Beschuldigten mehr als ein minderer Grad des Versehens vorzuwerfen sei, nicht geklärt. Sie habe zu dieser Feststellung auch das Parteiengehör nicht gewahrt.

 

Die Behörde habe festgestellt, dass das vermutete Übersehen der Hinterlegungsanzeige unter den Werbesendungen bzw. dem Reklamematerial nicht bloß einen minderen Grad des Versehens darstelle. Sie begründe aber nicht, auf welches Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sie diese Feststellung stütze und lege auch nicht dar, weshalb sie die in der eidesstattlichen Erklärung abgegebene Darstellung des Berufungswerbers für unrichtig halte. Die Behörde gehe davon aus, dass das vermutete Übersehen der Hinterlegungsanzeige in den Werbesendungen bzw. dem Reklamematerial nicht bloß einen minderen Grad des Versehens darstelle. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt betreffend die einlangende Post angewendet habe. Die Behörde habe damit die Einwände des Beschuldigten als unglaubwürdig abgetan, ohne sich im Einzelnen damit auseinander zu setzen.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Ereignis dann unvorhergesehen, wenn sein Eintritt auch bei zumutbarer Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht zu erwarten ist und daher nicht einberechnet werden kann. Ein Ereignis sei dann unabwendbar, wenn ein Durchschnittsmensch den Eintritt dieses Ereignisses nicht verhindern konnte. Die Versäumung sei nicht voraussehbar gewesen und hätte auch durch ein dem Beschuldigten zumutbares Verhalten nicht abgewendet werden können, weshalb ein Wiedereinsetzungsgrund vorliege.

 

Der Berufungswerber habe der Zeugin C R weder den Auftrag erteilt, die eingehenden Poststücke vorzusortieren, noch habe diese das tatsächlich getan. Sie habe lediglich entsprechend der Anweisung sämtliche Poststücke auf den Schreibtisch des Beschuldigten gelegt. Allein die Tatsache, dass der Berufungswerber das während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit zugestellte Reklamematerial nicht genauestens durchgesehen bzw. durchgeblättert habe, rechtfertige keinesfalls die Annnahme, dass sein Verschulden den minderen Grad des Versehens übersteige.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.1.2007. Zu dieser ist lediglich ein Vertreter des Berufungswerbers erschienen. Dazu ist anzuführen, dass die mündliche Verhandlung gerade deshalb anberaumt wurde, weil der Berufungswerber ausdrücklich das Fehlen seiner persönlichen Einvernahme durch die Erstinstanz gerügt hat. Dennoch ist er zur Berufungsverhandlung nicht erschienen. Die als Zeugin namhaft gemachte C R wurde deshalb nicht geladen, weil das Vorbringen des Berufungswerbers zur Tätigkeit dieser Zeugin ohne weiteres glaubwürdig ist und diesbezüglich ohnedies nur das schriftliche Vorbringen des Berufungswerbers der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber wurde wegen zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen vom 27.5.2006 zur Anzeige gebracht. Von der BPD Linz wurde am 10.7.2006 deswegen eine Strafverfügung zu Zl. S-19767 erlassen. Diese wurde nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 13. und 14.7.2006 am 17.7.2006 beim Postamt G hinterlegt. Die Strafverfügung wurde jedoch nicht behoben, weshalb sie letztlich an die BPD Linz zurückgesendet wurde.

 

Am 8.9.2006 erhielt der Berufungswerber wegen dieser Strafverfügung eine Mahnung, woraufhin er am 20.9.2006 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einbrachte und gleichzeitig einen Einspruch erhob.

 

Der Berufungswerber befand sind vom 13. bis 18.7.2006 mit seiner Familie in Tirol auf Urlaub. In dieser Zeit hat die Großmutter seiner Ehegattin, Frau C R, mehrmals den Haushalt des Berufungswerbers zur Versorgung der Haustiere aufgesucht. Dabei leerte sie auch den Postkasten, wobei sie sämtliche Poststücke auf den Küchentisch legte. Entsprechend dem im Akt befindlichen Rückschein muss sich darunter auch die Hinterlegungsanzeige vom 14.7.2006 befunden haben. Frau C R führte keinerlei Vorsortierung der Post durch sondern legte die gesamte einlangende Post auf den Tisch. Nach der Rückkehr an die Abgabestelle am 18.7.2006 sortierte der Berufungswerber die in seiner Abwesenheit zugestellten Poststücke dahingehend, dass er persönlich adressierte Poststücke und Benachrichtigungen offiziellen Charakters von dem in Fülle vorhandenen Reklamematerial trennte. Dieses Reklamematerial entsorgte er ohne weiteres Bearbeiten. Dabei konnte er nicht feststellen, dass die Hinterlegungsanzeige betreffend der Strafverfügung dabei gewesen wäre. Der Berufungswerber lebt in einem 6-Personen-Haushalt, weshalb sich bei den Poststücken umfassendes Reklamematerial befunden hat. Nach den Angaben des Berufungswerbers könne die Hinterlegungsanzeige nur dadurch in Verstoß geraten sein, dass diese zwischen Werbesendungen bzw. Reklamematerial gerutscht ist. Eine Verwechslung mit Reklamematerial bzw. ein bloßes Übersehen auf Grund der farblichen Gestaltung der Hinterlegungsanzeige könne er ausschließen, weil er bei der Durchsicht der Poststücke besonders sorgfältig vorgehe.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich zur Gänze aus dem Vorbringen des Berufungswerbers in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. der eidesstattlichen Erklärung vom 20.9.2006 sowie dem Berufungsvorbringen. Der Umstand, dass die Hinterlegungsanzeige tatsächlich in den Postkasten eingelegt wurde, ergibt sich aus dem unbedenklichen Rückschein.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

5.2. Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass die Hinterlegungsanzeige vermutlich zwischen Werbesendungen gerutscht ist und er sie deshalb übersehen hat, ist durchaus glaubwürdig. Dieser Umstand bildet auch ein unvorhersehbares Ereignis. Zu prüfen ist, ob den Berufungswerber daran ein Verschulden trifft, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt. Dazu ist anzuführen, dass der Berufungswerber zwar die Post sortiert hat, danach aber nach seinen eigenen Angaben das Werbematerial ohne weiteres Bearbeiten entsorgte. Beim Sortieren der Post hätte der Berufungswerber aber das Werbematerial zumindest so weit auseinanderfalten bzw. durchblättern müssen, dass ihm die zwischen das Werbematerial gerutschte Hinterlegungsanzeige aufgefallen wäre. Dies hat er offenbar nicht gemacht, weil nur so erklärbar ist, dass er die Hinterlegungsanzeige nicht wahrgenommen hat. Das Verschulden des Berufungswerbers übersteigt damit den minderen Grad des Versehens, weshalb die Erstinstanz den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht abgewiesen hat.

 

Dazu wird auf die Entscheidung des VwGH vom 28.3.2006, Zl. 2005/06/0308 verwiesen, wobei im Falle eines mit Werbematerial angefüllten Postkastens die Durchsicht des Inhaltes des Postkastens besonders genau zu erfolgen hat, um nichts zu übersehen. Hier ist auch noch anzuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof in jener Entscheidung, welche der Berufungswerber in der Verhandlung zur Stützung seiner Rechtsansicht auszugsweise vorgelegt hat, die Beschwerde gegen die Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages ebenfalls abgewiesen hat.

 

Richtig ist, dass die Erstinstanz zweckmäßigerweise zuerst über den Wiedereinsetzungsantrag und erst dann über den Einspruch hätte entscheiden sollen. Dies wurde aber durch die Spruchkorrektur ohnedies abgeändert. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde zu Recht abgewiesen, weshalb im Ergebnis auch die Zurückweisung des Einspruches als verspätet zu Recht erfolgte. Dazu ist noch anzuführen, dass nach dem Vorbringen des Berufungswerbers die Strafverfügung jedenfalls mit 19.7.2006 als zugestellt gilt.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 2007/02/0058-3

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