Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106325/9/BR

Linz, 25.05.1999

VwSen-106325/9/BR Linz, am 25. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über Berufung des Herrn R gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 12. März 1999, Zl. Verkr96-3884-1999, nach der am 25. Mai 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der letzte Halbsatz im Spruch (die Wortfolge: ", die Ihnen von der Bezirkshauptmannschaft Schärding gemäß § 75 Abs.2 KFG entzogen wurde") zu entfallen hat.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, , § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 2.000 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 1 Abs.3 iVm § 23 Abs.1 und § 37 Abs.3 Z1 iVm § 37 Abs.1 Führerscheingesetz - FSG eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Nichteinbringungsfall vierzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 11. März 1999 um 09.55 Uhr den Lkw mit dem Kennzeichen auf der A 7 und in weiterer Folge auf der A 1 (Westautobahn) Richtungsfahrbahn Wien bis km 168,500 gelenkt habe, ohne im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung gewesen zu sein, da ihm diese von der Bezirkshauptmannschaft Schärding gemäß § 75 Abs.2 KFG entzogen worden sei.

1.1. Die Erstbehörde erließ diesen Bescheid gegenüber dem zu dieser Amtshandlung vorgeführten Berufungswerber, nachdem sich dieser eingangs zu der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bekannt hatte.

Die Rechtsmittelbelehrung wurde ihm mündlich erteilt. Ein Berufungsverzicht wurde seitens des Berufungswerbers nach dieser protokollierten Amtshandlung nicht unterfertigt.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber durch seinen ag. Rechtsvertreter mit der fristgerecht erhobenen Berufung.

Darin bestreitet er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und beruft sich diesbezüglich auf die ihm auf Grund der österreichischen Lenk(er)berechtigung von Deutschland erteilte Fahrerlaubnis für die Klassen drei, vier und fünf. Bei dem von ihm gelenkten Lkw habe es sich um einen Mercedes 709 mit der Fahrgestellnummer WDB mit einer höchstzulässigen Gesamtmasse von 6.500 kg gehandelt.

Die ihm von der Stadt Passau und somit von einer zuständigen Behörde eines EWR-Staates ausgestellte Lenkerberechtigung (gemeint Fahrerlaubnis), welche einer österreichischen Lenkberechtigung nach § 1 Abs.3 FSG gleichgestellt sei, beinhalte auch die Berechtigung, Lastkraftwagen mit einem Gesamtgewicht bis zu 7.5 t zu lenken. Die Erstbehörde habe daher den Sachverhalt einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterzogen.

Abschließend beantragt der Berufungswerber neben der Aufhebung des Straferkenntnisses, die vorherige Durchführung einer Berufungsverhandlung. Eine Kopie der deutschen Fahrerlaubnis mit der Nr. , ausgestellt am 4. September 1984, wurde der Berufung angeschlossen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war neben dem gesonderten Antrag auch aus gesetzlichen Gründen durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde. Beigeschafft wurde der Führerscheinakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding, VerkR20-20441-1-1977. Ferner wurde Beweis erhoben durch Einholung einer Meldeauskunft vom Gemeindeamt St. Marienkirchen und Asten, sowie durch Erörterungen der Sach- u. Rechtslage anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu welcher auch der Berufungswerber geladen wurde jedoch wegen eines angeblichen Geschäftstermines in Rumänien zur Verhandlung nicht erschienen ist. Auszugsweise verlesen wurde der Führerscheinentzugsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding, insbesondere der Spruch des Entzugsbescheides und des Vollstreckungsbescheides hinsichtlich der Einziehung des von der Bezirkshauptmannschaft Schärding ausgestellten Führerscheines.

4.1. Unbestritten ist hier die Lenkereigenschaft und die Tatsache, daß dem Berufungswerber die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 9.8.1977 erteilte Lenkberechtigung mit Bescheid vom 26. November 1996, Zl. VerkR20-20441-1-1977, dem Berufungswerber zugestellt am 3.12.1996, entzogen und bislang nicht wieder erteilt wurde. Der Berufungswerber unterhält seinen Hauptwohnsitz seit 5.6.1989 in Österreich, nämlich in . Ein Hinweis hinsichtlich eines weiteren Wohnsitzes - etwa in Deutschland - wurde im Rahmen dieses Verfahrens nicht dargetan bzw. erbrachten weder die diesbezüglich angestellten Nachforschungen noch ergeben sich aus dem Akt diesbezügliche Anhaltspunkte.

Dem dahingehend erst in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag auf Vertagung der Verhandlung zwecks Vernehmung des Berufungswerbers im Hinblick auf einen allfälligen weiteren Wohnsitz in Deutschland war nicht nachzukommen, weil der Berufungswerber bislang einen solchen nicht einmal behauptet hatte.

4.1.1. Die auf Grund dieser Berechtigung dem Berufungswerber am 4.9.1984 laut Mitteilung der Polizeiinspektion Passau vom 8.7.1998 von der deutschen Kraftfahrbehörde erteilte Fahrerlaubnis der Klasse 3, L.Nr. , scheint von der deutschen Behörde, wie aus dem Führerscheinakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding ersichtlich ist, zumindest am 8. Juli 1998 in Deutschland noch aufrecht erachtet worden zu sein.

Der diesbezüglich ausgestellte Führerschein wurde dem Berufungswerber jedoch über Weisung der Bezirkshauptmannschaft Schärding bereits am 8.2.1998 von der Gendarmerie H abgenommen. Er erliegt im obgenannten Führerscheinakt. Diese Abnahme erfolgte offenbar im Zuge einer vom GP H gegen den Berufungswerber geführten Amtshandlung, anläßlich welcher dieser wegen Verdachtes einer gefährlichen Drohung über untersuchungsrichterliche Verfügung vorläufig in Haft genommen wurde.

Aus dem Führerscheinentzugsakt ergeben sich mehrere auf eine mangelhafte Verkehrsanpassungsneigung schließen lassende zum Teil schwerwiegende Verstöße gegen Verkehrsvorschriften bzw. sehr auffällige Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Verkehrsteilnehmern.

Diese Auffälligkeiten führten letztlich zum Entzug der Lenkberechtigung in Österreich.

Der Berufungswerber hat hier offenbar zu Unrecht mit zwei Dokumenten (gegenständlich nur mehr mit einer Kopie des offenbar zu Unrecht nicht zurückgelegten Dokumentes) agiert um damit offenbar ein begründet ausgesprochenes Verbot bzw. die Rechtsfolgen der ihm entzogenen Lenkberechtigung zu umgehen gesucht.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 3 Abs.1 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt.

Da dem Berufungswerber als österreichischen Staatsbürger mit Hauptwohnsitz in Österreich, die von Österreich ausgestellte Lenkberechtigung rechtskräftig entzogen wurde, kann hier dahingestellt sein, ob die ihm - auf Grund seiner ehemaligen österreichischen Berechtigung in Deutschland erteilte Fahrerlaubnis - ihn allenfalls noch berechtigt entsprechende Kraftfahrzeuge in Deutschland zu lenken. Die "deutsche Fahrerlaubnis" konnte naturgemäß vom Entzug der Bezirkshauptmannschaft Schärding nicht berührt werden. Eine Disposition über ein allenfalls in Deutschland noch bestehendes Recht, auf welches sich der Berufungswerber hier - wohl zu Unrecht - beruft, kann einer österreichischen Behörde mangels Fehlens jeglicher Zuständigkeit nicht zukommen (vgl. VwGH 19.5.1992, 92/11/0037). In diesem Sinn kann auch der im Führerscheinakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding in einem Schreiben vom 7.8.1998 vertretenen Rechtsansicht, wonach der deutsche Führerschein bloß einzuziehen gewesen ist und jedenfalls mit diesem Papier nicht gleichsam eine zweite Lenkberechtigung begründet sein konnte, durchaus gefolgt werden.

Daher ist es verfehlt, wenn sich der Berufungswerber als österreichischer Staatsbürger mit Hauptwohnsitz in Österreich über das Europäische Gemeinschaftsrecht (EG) auf die deutsche Fahrerlaubnis berufen zu können glaubt. Dabei kann auch dahingestellt sein, ob der diesbezügliche Führerschein und der die Einziehung desselben bedingende Sachverhalt (noch) nicht an die deutsche Behörde zwecks Disposition über die dort scheinbar noch aufrecht erachtete Berechtigung übermittelt wurde (§ 30 Abs.3 FSG).

Im übrigen hat eine Person, die im Besitz mehrerer in einem EWR-Staat ausgestellter Führerscheine ist, alle bis auf den zuletzt ausgestellten Führerschein bei ihrer Wohnsitzbehörde abzuliefern.

Die abgelieferten Führerscheine sind der jeweiligen Ausstellungsbehörde zurückzustellen (§ 14 Abs.7 FSG). Dieser Verpflichtung kam der Berufungswerber nicht nach.

Auch diese Bestimmung läßt klar erkennen, daß eine Lenkberechtigung nicht mehrfach, gleichsam der Anzahl der diesbezüglich urkundlichen Bescheinigungen als Recht vorliegen kann (vgl. VwGH 16.12.1992, 92/02/0223 uvm, sowie Walter-Mayr, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Aufl. RZ 404 - über die konstitutive Wirkung v. Bescheiden).

Mit der Argumentation des Berufungswerbers würde die im Raum der Europäischen Gemeinschaft angestrebte Vereinheitlichung der "Fahrerlaubnis" - deren Behördenzuständigkeit immer auf den Hauptwohnsitz des Betroffenen abstellt - genau ins Gegenteil verkehrt werden (siehe § 15 FSG).

Aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Straßenverkehrs sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben ihre innerstaatlichen Bestimmungen über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung einer Fahrerlaubnis auf jeden Führerscheininhaber anzuwenden, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet begründet hat (vgl. 391L0439 Richtlinie des Rates Nr. 91/439/EWG vom 29. Juli 1991 über den Führerschein Amtsblatt Nr. L237 vom 24.08.1991, mit Hinweis auf Art.8 der RL 80/1263/EWG).

Der Berufungswerber vermochte mit seiner Verantwortung bzw. Rechtsansicht daher nicht durchzudringen. Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes liegen auch keine Anhaltspunkte hinsichtlich eines - in Ansehung dieser geänderten wie umfangreichen Rechtsmaterie - entschuldbaren Rechtsirrtums vor. Der Berufungswerber hat daher den Tatvorwurf, ohne im Besitz einer Lenkberechtigung zu sein ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, zu verantworten.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Wenn die Erstbehörde die Mindeststrafe verhängt hat, so kann ein Fehler bei der Strafzumessung - selbst bei ungünstigen Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers - nicht erblickt werden. Die Anwendung des § 20 VStG kam hier schon wegen des Fehlens eines bloß geringen Verschuldens nicht in Betracht. Darüber hinaus ist das Lenken ohne Lenkberechtigung im Falle des Entzuges wegen hier offenkundig mangelnder Verkehrsanpassungsneigung wohl auch von nachteiligen Folgen begleitet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

deutscher Führerschein, Entzug, Gültigkeit

 

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