Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280949/29/Kl/Pe

Linz, 16.01.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn W W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.9.2006, Ge96-41-1-2006, wegen einer Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 11.1.2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 145 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 14,50 Euro. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.9.2006, Ge96‑41-1-2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 95 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs.1 AM-VO iVm § 130 Abs.1 Z16 ASchG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der W-I GmbH mit Sitz in, zu verantworten hat, dass er als Hubstaplerfahrer am 26.6.2006 um 14.30 Uhr auf der Baustelle T D, Herrn W S, mit dem Hubstapler Jungheinrich ETV 216 auf einer Palette stehend in eine Höhe von ca. 1,6 m gehoben hat, um Montagearbeiten bei Regalen durchführen zu können, wobei er selbst zum Zeitpunkt des Hebevorganges auch noch mit dem Mobiltelefon telefoniert hat, obwohl für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden dürfen. Dazu gehören insbesondere Hubarbeitsbühnen, Mastkletterbühnen, Fassadenbefahrgeräte, Hängebühnen, Hebeeinrichtungen von Bühnen und vergleichbare Arbeitsmittel. Auf Arbeitsmittel, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, dürfen ArbeitnehmerInnen nur befördert werden, wenn sie über gesicherte Einrichtungen für Personen verfügen, insbesondere Arbeitskörbe. Über solche Einrichtungen verfügte der gegenständliche Hubstapler nicht.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht mündlich Berufung eingebracht und vorgebracht, dass der Arbeitsinspektor zu Beginn der Amtshandlung sehr unfreundlich und unkorrekt war, weshalb der Berufungswerber auch nicht so reagiert habe, wie dies in der Regel der Fall wäre. Der Berufungswerber begründete die Berufung damit, dass er sonst immer Hebebühnen verwende, die angezeigte nicht gesetzeskonforme Handlung aus Not und nur ausnahmsweise erfolgte. Außerdem wurde nur ungefähr einen Meter hochgehoben. Die Palette auf dem Hubstapler war mit einem Holz-Zwischenstück und einer Schraubzwinge gegen ein Kippen gesichert. Der Hubstapler ist gestanden. Die Firma führt ausschließlich Montagearbeiten durch und der Berufungswerber wisse sehr wohl über die einschlägigen Arbeitnehmerschutzvorschriften Bescheid. Er käme nie auf die Idee, die Arbeitnehmer einer unnötigen Gefahr auszusetzen und ist meist auch selbst auf den Baustellen. Bei der Beschuldigtenniederschrift wurde nur ein Teil der Aussagen wiedergegeben. Zur Richtigkeit der Angaben werden die Zeugen W S und C K geführt. Auch liegen Sorgepflichten für drei Kinder vor. Der Berufungswerber ersucht, von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu welcher der Berufungswerber und das zuständige Arbeitsinspektorat geladen wurden. Der Berufungswerber ist persönlich erschienen. Das Arbeitsinspektorat wurde durch das Arbeitsinspektorat Linz vertreten. Weiters wurden die Zeugen W S und C K geladen und einvernommen. Der weiters geladene Zeuge HR DI H M vom Arbeitsinspektorat Salzburg ist trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Von einer weiteren Einvernahme wurde einvernehmlich Abstand genommen.

 

3.1. Die einvernommenen Zeugen bestätigten die Angaben des Berufungswerbers, nämlich dass der Arbeitnehmer W S auf dem Hubstapler stand und ein Regal um ca. 30 cm herunterhängen sollte. Vom Boden aus konnte er dieses Regal nicht ganz erreichen. Er wurde daher durch den Hubstapler ca. 60 bis 80 cm in die Höhe gehoben. Es waren ca. vier oder sechs Regale herunterzuhängen. Diese Arbeit wurde vom Berufungswerber als Arbeitgeber angeordnet. Eine Leiter stand nicht zur Verfügung. Es handelte sich bei der Arbeit um nachträglich angeschaffte Arbeit. Die eigentliche Baustelle war schon beendet; es waren nämlich schon alle Regale aufgestellt und fertig und die vorher verwendeten Hebebühnen schon weg. Üblich ist die Verwendung von Hebebühnen oder Staplern mit Korb. Letzterer war aber nicht vorhanden. Allerdings nahm das Umhängen der Regale nur etwa vier bis fünf Minuten in Anspruch. Das Regal hatte ein Gewicht von ca. 12,5 kg und eine Länge von ca. 2,69 m.

Die Zeugen erschienen glaubwürdig und konnten daher die Aussagen der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Sie decken sich im Übrigen auch mit der Rechtfertigung des Berufungswerbers. Es steht daher für den Oö. Verwaltungssenat fest, dass zum Tatzeitpunkt (Kontrollzeitpunkt) der Arbeitnehmer W S auf dem Hubstapler hochgehoben wurde, um ein Regal herunterzuhängen, also Montagearbeiten durchzuführen. Diese gesamten Arbeiten nahmen nur vier bis fünf Minuten in Anspruch. Der Hubstapler stand. Die Montagearbeiten auf der Baustelle waren aber schon beendet und die Hebebühnen nicht mehr vorhanden. Die Anordnung kam vom Berufungswerber. Dieser verfügt über einen Staplerausweis und Kenntnisse über die Sicherheits- und Arbeitnehmerschutzbestimmungen.

Weiters steht aufgrund des Firmenbuchauszuges fest, dass der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der W-I GmbH in ist. Er verfügt über eine Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe Zusammenbau von vorgefertigten Metallstellagen aus vorgefertigten Stahlprofilen sowie Zusammenbau und Montage von vorgefertigten Bauelementen für Förderanlagen. Der Berufungswerber ist unbescholten und hat ein Einkommen von ca. 1.600 Euro monatlich. Er ist sorgepflichtig für drei Kinder und hat sonst kein Vermögen.

 

3.2. Das Arbeitsinspektorat stimmte einer Strafherabsetzung zu und führte aus, dass mit einer Ermahnung nicht das Auslangen gefunden werden könne. Gerade Improvisationen bergen Unfallsgefahr. Auch sind die Regale von nicht unerheblicher Größe.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 21 Abs.1 AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2002, dürfen für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden. Auf Arbeitsmitteln, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, dürfen ArbeitnehmerInnen nur befördert werden, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 113/2006, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

4.2. Im Grunde des Beweisverfahrens ist der Sachverhalt erwiesen. Danach hat der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer die Tat verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten und den objektiven Tatbestand der zitierten Verwaltungsübertretung erfüllt, indem zum Tatzeitpunkt auf der angeführten Baustelle sein näher genannter Arbeitnehmer durch einen Hubstapler, der zum Heben von Lasten bestimmt ist, ohne Arbeitskorb hochgehoben wurde, um Montagearbeiten bei Regalen durchzuführen. Dies widerspricht § 21 Abs.1 AM-VO.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Ungehorsamsdelikten, zu welchen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, dann ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass die Arbeiten schon beendet waren und es sich um eine Notlage handelte, Leitern nicht zur Verfügung waren, und der Hubstapler stand, kann den Berufungswerber grundsätzlich nicht entlasten. Vielmehr ist von einer Sorgfaltsverletzung auszugehen und daher Fahrlässigkeit anzunehmen. Es hat der Berufungswerber nicht nachweisen können, dass er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der gebotenen Verwaltungsvorschrift gewährleisten. Es war daher von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen. Im Übrigen bestritt der Berufungswerber die Tat nicht. Es war daher vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen und das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

 

4.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd, die Uneinsichtigkeit als straferschwerend gewertet. Sie hat das angegebene Einkommen von 1.600 Euro monatlich netto und kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Auch hat sie zum Unrechtsgehalt der Tat die massive Gefährdung von Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers gewertet.

 

Im Grunde der glaubwürdigen Aussage des Berufungswerbers war bei den persönlichen Verhältnissen aber die Sorgepflicht für drei Kinder zu berücksichtigen. Dies rechtfertigt eine wesentliche Herabsetzung der festgelegten Geldstrafe. Auch zeigte sich der Berufungswerber einsichtig und konnte vor dem Oö. Verwaltungssenat – auch im Einklang mit den Zeugen – darlegen, dass er grundsätzlich bemüht ist, die Arbeitnehmerschutzvorschriften einzuhalten und auch die entsprechenden Geräte wie Hebebühnen vorhanden sind. Im Hinblick auf die dargelegte nicht vorhersehbare Arbeit, die nach Abschluss der eigentlichen Montagearbeiten durchgeführt wurde und der nur kurz andauernden Situation war dies beim Unrechtsgehalt der Tat wesentlich zu berücksichtigen. Auch musste berücksichtigt werden, dass der Berufungswerber schon zehn Jahre mit Montagearbeiten beschäftigt ist und immer selbst auf der Baustelle auch tätig ist und es noch nie zu einem diesbezüglichen Vorfall und einer Übertretung gekommen ist. Es kann daher im Hinblick auf die erstmalige Tatbegehung und die besonderen Umstände des Falles mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Allerdings ist die Verhängung dieser Strafe erforderlich, um den Berufungswerber zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen und ihn zu veranlassen, in Hinkunft die Arbeitnehmerschutzbestimmungen auch bei kurzfristigen Arbeiten und ungewöhnlichen Situationen nicht außer Acht zu lassen.

Im Hinblick auf die Herabsetzung der Geldstrafe war auch die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG nicht vorzuschreiben. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe und beträgt daher 14,50 Euro (§ 64 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Hubstapler nicht zum Anheben von Lasten, kurzfristige Verwendung, Notlage; persönliche Verhältnisse

 

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