Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300729/3/BMa/Be

Linz, 29.12.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung der A P, vertreten durch Mag. Dr. M E, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 5. April 2006,

Pol96-19-2006, wegen Übertretung des Oö. PolStG zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Die Berufungswerberin hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002, § 45 Abs.1 Z.3 VStG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.           Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 37 Stunden) gemäß § 10 Abs.1 lit.a OÖ. PolStG verhängt. Der Spruch des Bescheides lautet:

 

"Sie haben es am 11.01.2006 zwischen ca. 13.30 Uhr bis 15.30 Uhr in 4501, unterlassen, Ihren Hund der Rasse "Golden Retriever" zu beaufsichtigen, sodass der Hund über einen längeren Zeitraum bellte und somit im Siedlungsgebiet ungebührlicherweise störenden Lärm erregte.

Diese Lärmbelästigung wäre für Sie zu vermeiden gewesen bzw. wirkte diese störend.

Ihr Handeln verstieß damit gegen ein Verhalten, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und ließ jene Rücksichtnahme vermissen, die die Umwelt verlangen kann

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 3 Abs.1 u. 3 iVm § 10 Abs 1 lit a Oö. PolStG 1979, LGBL. Nr. 36/1979 idgF."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, der der Berufungswerberin zur Last gelegte Sachverhalt sei aufgrund der Anzeige, die durch die zeugenschaftlichen Aussagen bestätigt worden seien, als erwiesen anzusehen. Die Berufungswerberin habe gegenüber den erhebenden Beamten angegeben, dass sie ohnehin bereits viel Geld für den Hund ausgegeben habe und das Hundegebell nicht abstellen könne. Die verhängte Geldstrafe erscheine tat- und schuldangemessen und sei geeignet, die Berufungswerberin in Hinkunft von weiteren gleichartigen Verwaltungs-übertretungen abzuhalten.

Erschwerend wurde bei der Verhängung der Strafe gewertet, dass eine Übertretung nach § 3 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz aufscheine und mit Anzeige vom 21. März 2006 ein weiterer Strafantrag wegen des Verdachtes der Übertretung nach § 3 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingebracht worden sei.

 

1.3. Gegen dieses der Berufungswerberin am 12. April 2006 zugestellte Straf-erkenntnis richtet sich die vorliegende am 19. April 2006 - und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung vom selben Tag.

 

1.4. Darin führt die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen aus, der erhobene Sachverhalt entspreche nicht den Tatsachen. Sie habe den Hund ihrer zukünftigen Schwiegermutter am 11. Jänner 2006 zur Beaufsichtigung an ihrer Wohnadresse überlassen und diese dulde es nicht, dass der Hund im Freien zu lange belle. Dem Hund sei es jederzeit möglich, durch eine Klapptür das Gebäude auf ihrer Liegenschaft zu betreten. Wenn der Hund im Freien sei, belle er, wenn Personen an die Liegenschaftsgrenze treten und freilaufende Katzen das Grundstück queren würden.

Der einschreitende Bezirksinspektor habe Hundegebell gehört, als er an die Liegenschaftsgrenze getreten sei, denn der Hund habe versucht, sein Revier vor Eindringlingen zu schützen indem er diese verbellt habe. Keinesfalls habe aber der einschreitende Beamte zwei Stunden lang an der Grundstücksgrenze gestanden.

 

Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die zeugenschaftliche Einvernahme der künftigen Schwiegermutter der Berufungswerberin, zum Beweis der Unrichtigkeit der gegen sie erhobenen Vorwürfe, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe und die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

2. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. Pol96-19-2006 festgestellt, dass bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z.1 VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. PolStG begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Nach Abs.3 leg.cit ist störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jede Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

 

Nach § 10 Abs.1 lit.a Oö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 3 mit Geldstrafe bis 360 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

§ 3 Abs.2 Z.2 des Landesgesetzes über das Halten von Hunden (Oö. Hundehaltegesetz 2002), LGBl.Nr. 147/2002 (das war die zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), bestimmt, dass ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen ist, dass Menschen und Tiere nicht über zumutbares Maß hinaus belästigt werden.

 

Gemäß § 15 Abs.1 Z.2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Hund entgegen den Bestimmungen des

§ 3 Abs.2 hält. Die Strafdrohung für diese Verwaltungsübertretungen ist eine Geldstrafe bis zu 7.000 Euro (Abs.2 leg.cit.).

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde auf einen Tatvorwurf gemäß § 3 Oö. PolStG iVm. § 10 Oö. PolStG abgestellt. Diese Norm richtet sich einerseits an den Lärmerreger selbst und stellt andererseits auf die Erregung von störendem Lärm in ungebührlicher Weise ab.

 

Die im konkreten Fall richtigerweise anzuwendende speziellere Norm des § 3 Abs.2 Oö. Hundehaltegesetzes 2002 hingegen stellt darauf ab, dass der Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen ist, dass Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden.

 

Zwar wurde im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses angeführt, die Berufungswerberin habe es unterlassen, ihren Hund zu beaufsichtigen, sodass dieser über einen längeren Zeitraum bellte, es wurde aber in der Folge auf die Erregung von störenden Lärm in ungebührlicher Weise gemäß dem Tatbestand des Oö. PolStG abgestellt.

Der Tatbestand des § 3 Abs.2 Oö. Hundehaltegesetzes 2002, die Belästigung von Menschen und Tieren über ein zumutbares Maß hinaus, wurde von der belangten Behörde nicht geprüft.

 

3.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen des § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk verst Sen VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985). Im Bescheidspruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm. 2 zu § 44a VStG).

 

Die belangte Behörde hat die einschlägigen Tatbestandsmerkmale der vorzuwerfenden Rechtsvorschrift des Oö. Hundehaltegesetzes (Belästigung von Menschen über ein zumutbares Maß hinaus) im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses überhaupt nicht angeführt. Einer Deutung dahingehend, dass als Rechtsgrundlage lediglich irrigerweise das OÖ. PolStG und nicht das Oö. Hundehaltegesetzes angeführt wurde, steht die Begründung des angefochtenen Bescheides entgegen.

Durch das Abstellen auf das Oö. PolStG unter Einbeziehung von Tatbestandselementen des Oö. Hundehaltegesetz 2002 (arg. "Sie haben es unterlassen Ihren Hund ... zu beaufsichtigen" hat die belangte Behörde die einschlägigen Tatbestandsmerkmale der beiden Rechtsnormen vermengt und den Tatvorwurf nach der anzuwendenden Rechtsvorschrift des Oö. Hundehaltegesetzes 2002 im Spruch im Sinne des § 44a Z.1 VStG nicht ausreichend konkretisiert.

 

Damit liegt eine mangelhafte Spruchfassung vor, die überdies auf gravierende Erhebungs- und Feststellungsmängel hinsichtlich des richtigerweise anzuwendenden Tatbestandes des Oö. Hundehaltegesetzes zurückzuführen ist. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses leidet somit unter wesentlichen Konkretisierungsmängeln im Sinne des § 44a Z.1 VStG. Dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt kann auch keine taugliche Verfolgungshandlung entnommen werden. Schon aus diesem Grund war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.3 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

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