Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530564/5/Bm/Sta

Linz, 04.01.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn J F, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W L, B, 10 W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.9.2005, Zl. Ge20-8597-78-2006, betreffend Antrag auf Akteneinsicht hinsichtlich gewerbebehördlicher Genehmigungsverfahren "E" sowie Zustellung der ergangenen Betriebsanlagengenehmigungsbescheide, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird hinsichtlich Spruchpunkt I. insofern stattgegeben, als dem Antrag auf Akteneinsicht zu den gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungs­verfahren Ge20-8597-51-2002, Ge20-8597-55-2003 und Ge20-8597-60-2006, Folge gegeben wird.

Hinsichtlich Spruchpunkt II. wird der Berufung keine Folge gegeben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 67 Abs.4, 67a Abs.1, 67d Abs.1 sowie § 17 Abs.1, 41 Abs.1 und 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG).

§§ 356 Abs.1 und 359a Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Eingabe vom 31. März 2006 wurde vom Berufungswerber Akteneinsicht in die bei der belangten Behörde aufliegenden Unterlagen hinsichtlich der Genehmigungsver­fahren der P und des dazugehörenden Parkhauses begehrt. Mit weiterer Eingabe vom 29. Juni 2006 wurde dieser Antrag insofern präzisiert, als Akteneinsicht und Zustellung der Bescheidausfertigung hinsichtlich der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren Ge20-8597-51-2002, Ge20-8597-55-2003 sowie Ge20-8597-60-2005, beantragt wurde.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 31. Juli 2005 wurde der Berufungswerber aufgefordert, den Antrag auf Akteneinsicht näher zu begründen, andernfalls der Antrag zurückgewiesen werde. In der hiezu ergangenen Replik des Berufungswerbers vom 11. September 2006 wurden die Beweggründe für den ursprünglich eingebrachten Antrag auf Akteneinsicht näher dargelegt und um bescheidmäßigen Abspruch über den Antrag ersucht. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. September 2006 wurde daraufhin die Verweigerung der beantragten Akteneinsicht ausgesprochen.

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das Recht auf Akteneinsicht nach rechtkräftigem Abschluss eines Verwaltungsverfahrens sei zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, allerdings sei dieses Recht nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit zu gestatten, als deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich sei. Das Recht auf Akteneinsicht stelle also ein prozessuales Recht der Partei dar und erstrecke sich dieses nur auf jene Unterlagen, die für die Erledigung der Angelegenheit maßgeblich seien. Der Antrag des Nachbarn F sei mit der Verletzung seiner Nachbarrechte begründet worden. Eine Parteistellung könne aber nur aus den in § 74 Abs.2 GewO normierten subjektiv-öffentlichen Schutzinteressen der Nachbarn abgeleitet werden. In den Verfahren Ge20-8597-51-2002 und Ge20-8597-60-2006 seien die Einwendungen des Nachbarn F eingehend geprüft und die Genehmigungsverfahren mit der Entscheidung der Berufungsbehörde rechtskräftig abgeschlossen worden. Eine Parteistellung sei somit nicht mehr aufrecht. Auf die behördliche Aufforderung, konkret darzulegen, in welchen subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten sich der Antragsteller durch den Betrieb des E beschwert erachte, habe dieser in seiner Eingabe vom 11. September 2006 in nur allgemeiner Weise auf eine immense Beeinträchtigung und Gesundheitsgefährdung durch Lärm, Staub und Abgase, durch den stetig wachsenden Verkehr rund um die Betriebsanlage sowie durch zu- und abfahrende Pkw hingewiesen. Das Verkehrsgeschehen rund um die Betriebsanlage unterliege aber nicht dem Gewerberegime.

 

Gegen diesen Bescheid hat Herr J F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W L, mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2006, bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 11. Oktober 2006 eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht, Berufung erhoben. Darin wird beantragt, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass

1.      Akteneinsicht in die gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren Ge20-8597-51-2002, Ge20-8597-85-2003, Ge20-8597-60-2006, gewährt und

2.      die Zustellung der ergangenen gewerbebehördlichen Genehmigungs­bescheide dieser Verfahren bewilligt werde.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, gegen die gewerbebehördlichen Bescheide vom 23. Dezember 2002, Ge20-8597-51-2002, 3. Februar 2006, Ge20-8597-60-2006, habe der Berufungswerber Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben. Die Genehmigungsverfahren seien durch die Entscheidungen der Berufungsbehörde rechtskräftig abgeschlossen. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land habe im Bescheid vom 14. September 2006 das Nichtvorliegen des Rechtes auf Akteneinsicht damit begründet, dass mit rechtskräftigem Abschluss des Verwaltungsverfahrens keine Parteien mehr existent seien. Gemäß § 63 Abs.5 AVG habe nur die Partei das Recht Berufung zu erheben. Der Berufungswerber habe in den angesprochenen gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren von Beginn an durch Erhebung von Einwendungen als Nachbar Parteistellung gehabt. Mit Einbringung der Berufung durch den Berufungswerber bestünde daher kein Zweifel daran, dass der Berufungswerber während des gesamten Verfahrens Parteistellung gehabt habe. Die Wirkungen eines Bescheides würden in bestimmten objektiven und subjektiven Grenzen eintreten. In objektiver Hinsicht bestünden sie darin, dass mit dem Bescheid über eine bestimmte Verwaltungssache entschieden werde, während die subjektiven Wirkungen eines Bescheides darin bestünden, dass sich diese grundsätzlich nur auf die Parteien des Verfahrens beziehen würden. Es sei nicht möglich, dass die Bescheidwirkungen in subjektiver Hinsicht mit dem rechtkräftigen Abschluss des Verfahrens plötzlich aufhören, weil kein Adressatenkreis mehr gegeben sei. Folge man der Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land würde genau dieser Fall eintreten und somit die Wirkungen des Bescheides – da es mit Rechtskraft des Bescheides ja keine Parteien mehr gebe, ins Leere gehen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes würden Parteien auch nach rechtskräftigem Abschluss eines Verwaltungsverfahrens Anspruch auf Akteneinsicht haben. Es solle den Parteien dadurch ermöglicht werden, vom Gang des Verfahrens und den Entscheidungsgrundlagen der Behörde in diesem Verfahren Kenntnis zu erlagen. Das Recht auf Akteneinsicht nach rechtskräftigem Abschluss ergebe sich auch aus der Möglichkeit einer allfälligen Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Auch in dem Genehmigungsverfahren Ge20-8597-55-2003, sei der Berufungswerber durch die Erhebung von Einwendungen als Nachbar Partei. Die Tatsache, dass der Verfahrensakt dem Bezirksgericht Traun übermittelt worden sei, ändere nichts am Bestehen der Parteistellung und sei für die Beurteilung des Rechtes auf Akteneinsicht nicht relevant. Im Übrigen werde auf das Vorgesagte verwiesen. Da der Berufungswerber in jedem der drei genannten Genehmigungsverfahren erwiesenermaßen Partei sei, gehe die Feststellung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, dass in diesem Verfahren von einer Präklusion gemäß § 42 AVG auszugehen sei, vollkommen ins Leere, zumal eine Präklusion gemäß § 42 AVG nur zu Beginn des Verfahrens im Falle der Nichterhebungen von Einwendungen eintreten könne.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land stelle im angefochtenen Bescheid fest, dass ein Recht auf uneingeschränkte Akteneinsicht den Parteien nicht zukomme und sich das Recht auf Akteneinsicht nur auf Aktenteile beschränke, die die Behauptung einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte zum Gegenstand hätten. Der Berufungswerber habe auf konkrete Anforderung allerdings nur in allgemeiner Weise eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte behauptet. Durch das Bestehen der Parteistellung sei aber schon die Möglichkeit einer Verletzung eines im § 74 Abs.2 GewO 1994 genannten subjektiv-öffentlichen Rechts indiziert, daher sei ein nochmaliger Nachweis einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte jedenfalls entbehrlich. Der Berufungswerber verlange ohnedies nur die Einsicht in Aktenteile, die der Rechtsverfolgung in seiner Sache dienen würden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die gegenständliche Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

Aus § 67a Abs.1 AVG ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates durch Einzelmitglied für die gegenständliche Angelegenheit.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

 

Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG hat eine gemäß § 41 Abs.1 2.Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs.5  2.Satz ist nicht anwendbar. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im 1. Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 2.Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Gemäß § 17 Abs.1 AVG hat die Behörde, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten; die Parteien können sich davon an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten kann Akteneinsicht auch im Wege des Zugriffs über das Internet auf die zur Einsicht bereitgestellten Akten oder Aktenteile gewährt werden, wenn die Identität (§ 2 Z2 E-GovG BGBl. I Nr. 10/2004) des Einsichtswerbers und die Authentizität (§ 2 Z5 E-GovG) seines Begehrens elektronisch nachgewiesen wurden.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass der Berufungswerber Eigentümer der dem Einkaufszentrum benachbarten Liegenschaft H, P ist und in dieser Eigenschaft Nachbarstellung besitzt.

 

Aus der zuletzt zitierten Bestimmung geht eindeutig hervor, dass ein subjektives Recht auf Akteneinsicht ausschließlich den Parteien eines Verwaltungsverfahrens zusteht.

Ob einer die Akteneinsicht begehrenden Person im betreffenden Verfahren Parteistellung zugekommen ist, ist über die Regelung des § 42 Abs.1 iVm § 356 GewO 1994 zu klären. Demnach hat ein Nachbar in einem Betriebsanlagengenehmi­gungsverfahren Parteistellung, verliert diese Stellung jedoch, wenn er nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.

Unbestritten ist, dass dem Berufungswerber in sämtlichen in Rede stehenden Betriebsanlagengenehmigungsverfahren durch die Erhebung von Einwendungen die Parteistellung nicht verloren gegangen ist. Diese Parteistellung gründet auf die Erhebung zulässiger Einwendungen und geht auch nicht verloren, wenn diese Einwendungen im erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid als unbegründet abgewiesen werden bzw. der gegen diesen Genehmigungsbescheid erhobenen Berufung keine Folge gegeben wird.

Keine rechtlichen Zweifel bestehen auch darüber, dass Parteien auch nach rechtskräftigem Abschluss eines Verwaltungsverfahren das Recht auf Akteneinsicht zusteht. Davon geht in ständiger Judikatur auch der Verwaltungsgerichtshof davon aus und begründet dies mit der allfälligen Stellung eines Wiederaufnahmeantrages (siehe VwGH 30.11.2003, 2002/09/0093 und die darin zitierte Vorjudikatur).

 

Steht das Recht auf Akteneinsicht zu, so bestimmt sich der Umfang dieser Akteneinsicht nach § 17 Abs.1 und Abs.3 AVG.

Das Recht auf Akteneinsicht stellt ein wesentliches prozessuales Recht der Partei des (abgeschlossenen) Verwaltungsverfahrens dar und erstreckt sich grundsätzlich auf alle Unterlagen, die sich auf ihre Sache beziehen; anderes, nämlich eine Beschränkung der Akteneinsicht bestimmt im Wesentlichen nur § 17 Abs.3 AVG. Wenn nun von der belangten Behörde ausgeführt wird, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Recht auf Akteneinsicht nur insoweit zu gestatten ist, als deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist, so kann sich das nur auf Judikate des Verwaltungsgerichtshofes vor dem Jahre 1982 beziehen, wo diese Formulierung noch im § 17 Abs.1 AVG enthalten war. Durch die Novelle 1982 ist jedoch die Einschränkung auf solche Akten oder Aktenteile, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen der Partei erforderlich ist, weggefallen. In den EB zur Novelle 1982 wurde hiezu ausgeführt:

"Die Beschränkung, die durch die Formulierung 'deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist' umschrieben wird, kann als verzichtbar angesehen werden. Es ist dies eine Frage, die nicht der Beurteilung durch die Behörde obliegen soll. Die Partei soll vielmehr das Recht haben, die Akten oder Aktenteile, die sich auf ihre Sache beziehen, unabhängig davon, ob ihre Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist oder nicht, einzusehen. Die die Einsicht betreffenden Akten und Aktenteile sind somit jene des betreffenden Verwaltungsverfahrens."

Dem Berufungswerber steht sohin das Recht auf Akteneinsicht hinsichtlich der genannten Genehmigungsverfahren zu und war aus diesem Grund der Berufung in diesem Punkt stattzugeben.

In diesem Zusammenhang wird noch festgehalten, dass der Umstand der Übermittlung eines Verfahrensaktes an das Bezirksgericht Traun das Recht auf Akteneinsicht nicht ausschließt.

 

Was nun die beantragte Zustellung der ergangenen gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheide betrifft, so ist dem entgegenzuhalten, dass aus § 17 Abs.1 AVG kein Recht der Partei abzuleiten ist, den Akt bzw. Aktenteile in Kopie von der Behörde zugesandt zu erhalten. Vermeint der Berufungswerber aber mit der Zustellung die Erlassung der Bescheide zu bewirken, so ist darauf zu verweisen, dass die genannten gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheide dem Berufungswerber gegenüber bereits mit der ursprünglichen Zustellung nach Abschluss der jeweiligen Verfahren erlassen worden sind.

 

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

Beschlagwortung:

Parteistellung, Akteneinsicht

 

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