Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530569/5/Re/RSt

Linz, 10.01.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von A und G R, vom 12. November 2006, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr Umgebung vom 3. November 2006, Ge20-129-2005-Sg/Hd, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 77 GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

Anlässlich der eingebrachten Berufung wird der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3. November 2006, Ge20-129-2005-Sg/Hd, behoben und die Angelegenheit zur (ergänzenden) Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 67a Abs.1 und 66 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG).

§ 359a Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3. November 2006, Ge20-129-2005-Sg/Hd, hat die belangte Behörde "über Antrag der M GmbH vom 5.10.2005 die Errichtung und den Betrieb eines Einkaufsfachmarktes im Standort O, H, auf den Grundstücken Nr.  und , KG  O, gewerbebehördlich genehmigt." Dies nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens im Wesentlichen mit der Begründung, dieses habe ergeben, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften bei entsprechender Auflagenvorschreibung zu erwarten sei, dass durch die Errichtung der Anlage die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen auf ein zumutbares Maß beschränkt würden. Einwendungen der nunmehrigen Berufungswerber wegen Gesundheitsgefährdung und unzumutbarer Lärm-, Staub- und Abgasimmissionen wurden unter Hinweis auf die im Zuge des Lokalaugenscheines eingeholten Sachverständigengutachten abgewiesen und als sachlich nicht gerechtfertigt angesehen. Die Amtssachverständigen für Verkehrstechnik und Anlagentechnik sowie der zuständige Amtsarzt seien zu schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen gekommen, wonach unzumutbare Beeinträchtigungen durch die Immissionsarten Geruch, Lärm, Rauch und Staub durch die Errichtung und den Betrieb des Genehmigungsgegenstandes nicht hervorgerufen würden. Lärm- und Abgasemissionen, die auf öffentlichen Straßen hervorgerufen würden, bilden nicht den Verhandlungsgegenstand.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Nachbarn A und G R, H, O mit Schriftsatz vom 12. November 2006, der Post zur Beförderung übergeben am 17. November 2006, innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, es sei nicht nachvollziehbar, dass durch sämtliche Emissionen keine unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgehen könnten, obwohl nur das Schutzgut Lärm entsprechend untersucht worden sei. Sowohl technischer als auch medizinischer Sachverständiger hätten sich nur auf das Schutzgut Lärm bezogen. Auf Geruch, Rauch, Staub usw. sei nicht eingegangen worden. Die zusätzliche Beurteilung von 110 Parkplätzen im Bezug auf chemische Zusammensetzung, Art und Ausmaß der Stoffe hätten eine Gesundheitsgefährdung ergeben können. Die Anlage hätte nur nicht oder nur durch Vorschreibung zusätzlicher Auflagen genehmigt werden dürfen. Weiters sei nicht schlüssig dargestellt worden, warum es nur zu 300 Zu- und Abfahrten kommen solle, nicht jedoch zu 500 oder 1.000. Zur Beibringung ergänzender Beweismittel werde eine neue Verhandlung gefordert. Das Verfahren sei im Übrigen zur Einleitung eines Feststellungsverfahrens nach dem UVP Gesetz auszusetzen, dies aufgrund der großen Anzahl an bestehenden und noch hinzukommenden Parkplätzen. Warum die Einwendungen in Bezug auf das Zu- und Abfahren zur Betriebsanlage als unzulässig zurückgewiesen worden seien, sei nicht nachvollziehbar. Aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen der Marktgemeinde und der Konsenswerberin in Bezug auf die Errichtung zusätzlicher Abbiegespuren seien die Auswirkungen fast ausschließlich von der Konsenswerberin verursacht. Dass es zu keiner Anhebung der lärmtechnischen Ist-Situation kommen solle, sei nicht nachvollziehbar. Das Lärmgutachten der TAS Schreiner GmbH sei erst nach Bescheidzustellung, nämlich am 10. November 2006 ausgehändigt worden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge20-129-2005-Sg/Hd.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 77 Abs.2 GewO 1994 ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

 

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Belästigung bzw. des Vorliegens einer Gesundheitsgefährdung für die Nachbarn handelt es sich jeweils um die Lösung einer Rechtsfrage.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung für die Neuerrichtung oder Änderung einer Anlage gegeben sind, ob somit grundsätzlich vorhandene Emissionen die bestehende Situation zum Nachteil der Nachbarn belästigend oder gesundheitsgefährdend auswirken, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens.

Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlagen als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartenden Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden. Dem ärztlichen Sachverständigen fällt – fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen – die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend der in diesem Zusammenhang in § 77 Abs.2 enthaltenen Tatbestandsmerkmalen auszuüben vermögen (VwGH 25.9.1990, 90/04/0035; 24.11.1992, 92/04/0119).

Auf Grund dieser Sachverständigengutachten hat sich sodann die Behörde im Rechtsbereich ihr Urteil zu bilden.

 

Zusammenfassend ist vorweg festzustellen, dass eine ausreichende Begutachtung sämtlicher von der gegenständlichen Anlage ausgehenden Emissionen, insbesondere von zum Teil zulässigerweise von Nachbarn im Rahmen rechtzeitig eingebrachter schriftlicher Einwendungen vorgebrachter Emissionsbefürchtungen sowie eine entsprechende darauf aufbauende Feststellung und Beurteilung der bei den Anrainern einwirkenden Immissionen durch technische und medizinische Amtssachverständige im erstinstanzlichen Verfahren nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt wurde.

 

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu bemerken, dass das mit dem Antrag eingereichte Projekt der Antragstellerin zwar ein schalltechnisches Projekt sowie auch eine schalltechnische Ergänzung, weiters auch technische Unterlagen in Bezug auf die Lüftung sowie unter anderem auch Unterlagen einer durchgeführten Verkehrsuntersuchung enthalten, in Bezug auf die von den Anrainern und Berufungswerbern relevierten Geruchs- und Luftschadstoffe durch den über 100 KFZ beinhaltenden Parkplatz, jedoch diesbezüglich keine Emissionsangaben beinhaltet. Die belangte Behörde wiederum hat derartige Emissionswerte weder von der Konsenswerberin nachgefordert, noch selbst durch Einholung von entsprechenden Sachverständigengutachten beigeschafft. Bereits in der ersten durchgeführten mündlichen Verhandlung am 10. November 2005 haben die nunmehrigen Berufungswerber jedoch Einwendungen in Bezug auf Geruchsbelästigungen durch den Verkehr vorgebracht, diese Einwendungen jedoch nicht ausschließlich auf den Verkehr auf öffentlichen Straßen beschränkt, weshalb auch vom Verkehrsaufkommen auf der der Betriebsanlage zuzurechnenden Parkplatzfläche auszugehen ist. Der bei dieser Verhandlung anwesende medizinische Amtssachverständige hat sich in seiner Gutachtenserstellung ausschließliche auf das lärmtechnische Amtssachverständigengutachten gestützt und gefordert, den Forderungen des anlagentechnischen Amtssachverständigen Folge zu leisten. Der beigezogene verkehrstechnische Amtssachverständige hat sich – offensichtlich bezugnehmend auf das ihm vorliegende Beweisthema – auf die Frage betreffend Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen beschränkt. Gefordert wurden von den Amtssachverständigen schließlich die Beibringung ergänzender Projektsunterlagen. Unterlagen in Bezug auf Geruch bzw. Luftschadstoffe, ausgehend von der Parkplatzfläche des Objekts, liegen jedoch auch der am 2. Oktober 2006 durchgeführten weiteren mündlichen Verhandlung nicht zugrunde, obwohl die Berufungswerber und Anrainer auch in Vorbereitung dieser mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 20. September 2006 ihre Einwendungen auf diese Schutzgüter bezogen haben. Auf diese Einwendungen bezieht sich in der mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 2006 lediglich der Rechtsvertreter der Konsenswerberin in seiner abschließenden Stellungnahme und führt dabei aus, dass bezüglich Abgase nur diejenigen der Fahrzeuge der Besucher (Kunden) sowie der Anlieferer, jedoch keinerlei Anhaltspunkte vorlägen, dass damit eine unzumutbare Belästigung verbunden sei.

 

Weitere Ermittlungsergebnisse zu diesen Einwendungen liegen hingegen nicht vor, weshalb schon aufgrund dieses Mangels nach der vorliegenden Aktenlage nicht abschließend entschieden werden kann, ob die beantragte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage im Hinblick auf sämtliche Schutzinteressen des § 74 Abs.2 zu versagen oder – allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen – zu erteilen ist. Die vorliegenden Projekts- bzw. Sachverhaltsgrundlagen sind durch wesentliche Ermittlungen zu ergänzen, für deren Feststellung der Unabhängige Verwaltungssenat eine Verhandlung mit Sachverständigenbeweis für unvermeidlich im Sinne des § 66 Abs.2 AVG hält. Ob neben einem immissionstechnischen auch ein medizinischer Amtssachverständiger beizuziehen sein wird, ist aus dem Ergebnis der lufttechnischen Erhebungen zu folgern, je nachdem, ob die bestehende Ist-Situation, welche nach vorliegendem Akteninhalt derzeit durch die vorbeiführenden Straßen geprägt ist, durch die hinzukommende Parkfläche für 108 Kraftfahrzeuge sowie die Anlieferungen bei Berücksichtigung entsprechender Fahrbewegungen, Ein- und Ausfahrten, zum Nachteil der Anrainer verändert wird oder nicht.

 

Eine mangelhafte Emissionsfeststellung bzw. Immissionsbeurteilung liegt auch in Bezug auf den als Teil der gegenständlichen Betriebsanlage geplanten Gastgarten vor. Dieser soll parkplatzseitig mit 24 Sitzplätzen entstehen. Der technische Amtssachverständige verweist in seinem Gutachten vom 2. Oktober 2006 auf § 112 Abs.3 der Gewerbeordnung, wonach für einen solchen Gastgartenbereich mit einer Öffnungszeit von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr keine schalltechnische Beurteilung erforderlich sei. Diese Rechtsauffassung, welche auch von der belangten Behörde zur Anwendung gebracht wird, entspricht jedoch nicht der geltenden Rechtslage, insbesondere der zu dieser Rechtslage bestehenden Judikatur der Unabhängigen Verwaltungssenate, welche wiederum auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gestützt ist. Demnach betrifft der zitierte § 112 Abs.3 GewO (früher § 148 Abs.1) lediglich die tägliche Betriebszeit in Gastgärten, bietet aber keine Rechtsgrundlage für den Betrieb eines genehmigungspflichtigen, aber nicht genehmigten Gastgartens (VwGH 21. Mai 1996, Zl. 95/04/0219).

 

Der oben genannte § 112 Abs.3 GewO 1994 regelt die Gewerbeausübung in Gastgärten. Wie der Verwaltungsgerichtshof, auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes wiederholt dargelegt hat, ist auch ein dem § 148 Abs.1 GewO 1994 (jetzt: § 112 Abs.3) zu unterstellender Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig und daher gemäß § 77 Abs.1 leg.cit. "erforderlichenfalls" unter Auflagen zu genehmigen. Das bedeutet - auch unter Bedachtnahme auf die bereits vorliegende Judikatur der Unabhängigen Verwaltungssenate – dass der Betrieb eines solchen Gastgartens nur genehmigt werden kann, wenn durch die gleichzeitige Vorschreibung allenfalls erforderlicher Auflagen sichergestellt ist, dass ausgehend von den im Gesetz festgelegten Betriebszeiten die im § 74 Abs.2 Z1–5 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen vermieden werden können (UVS Oberösterreich vom 21.10.2003, VwSen-530031/2; UVS Steiermark vom 23.03.2005, GZ. 43.19-31/2004). Auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind somit die von einem dem § 112 Abs.3 unterliegenden Gastgarten ausgehenden auf die Nachbarn einwirkenden Lärmimmissionen im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen und erforderlichenfalls Auflagen zur Erreichung der sich aus § 74 Abs.2 ergebenden Schutzzwecke vorzuschreiben (VwGH 17. März 1998, 96/04/0078)

 

Dieser Judikatur hat sich offensichtlich auch der Gesetzgeber in der Gewerberechtsreform von 2002 insofern angeschlossen, als der mit der Novelle 1998 dem damaligen § 148 Abs.1 angefügte letzte Satz „Im Rahmen eines Verfahrens zur Genehmigung einer Betriebsanlage oder ihrer Änderung, das sich auch oder nur auf einen Gastgarten erstreckt, der die Voraussetzungen des ersten oder zweiten Satzes erfüllt, dürfen in Ansehung des Gastgartens keine Auflagen für den Lärmschutz vorgeschrieben werden und ist auch die Versagung der Genehmigung dieses Gastgartens auf Gründen des mit seinem Betrieb ursächlich im Zusammenhang stehenden Lärms unzulässig“ in die entsprechende Nachfolgeregelung des § 112 Abs.3 nicht übernommen wurde. Der AB 1998 führt hiezu aus, dass dieser Satz als eine dem Sinn und der Zielsetzung des § 148 entsprechende ausdrückliche Klarstellung in das Gesetz aufgenommen wird, um allfällige Vollzugsschwierigkeiten hintan zu halten. Die Gewerberechtsform 2002 hat eben diesen Satz des § 148 Abs.1 in die Nachfolgeregelung des § 112 Abs.3 nicht übernommen. Obgleich seinerzeit nach dem zitierten Ausschlussbericht 1998 nur als Klarstellung dienend, darf bezweifelt werden, dass der Entfall dieses Satzes noch zur Interpretation des verbleibenden Textes des § 112 Abs.3 erster und zweiter Satz berechtigt, dass im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren hinsichtlich Lärmschutz (auch) für den der Betriebszeitengarantie unterliegenden Zeitraum keinerlei Auflagen vorgeschrieben werden dürfen (siehe Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, 2. Auflage, Springer Verlag, § 112 Abs.3 Rz25).

 

Ausgehend von der im Rahmen der mündlichen Verhandlung angesprochenen vermeintlichen Betriebszeitengarantie des § 112 Abs.3 der Gewerbeordnung wurden keine weiteren Ermittlungsschritte im Bezug auf Emissionen, ausgehend vom Gastgarten, veranlasst.

 

Die vorliegenden Verfahrensakte des durchgeführten Ermittlungsverfahrens weisen jedoch darüber hinaus noch weitere Ergänzungsnotwendigkeiten bzw. Mängel auf, welche – auch aus verfahrensökonomischen Gründen – bereits hier festzuhalten sind.

 

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass bereits der dem durchgeführten Verfahren zugrundeliegende Genehmigungsantrag jedenfalls ergänzungsbedürftig ist. Wenn auch im Briefkopf des Antrages vom 5. Oktober 2005 die M GmbH als Antragstellerin angeführt ist, fehlt eine firmenmäßige Unterfertigung dieses Antrages und scheint hier lediglich eine nicht vollständig leserliche Unterschrift einer Einzelperson auf. Formalrechtlich ist daher die firmenmäßige Fertigung nachzuholen.

 

Als weitere Unklarheit verblieb im erstinstanzlich durchgeführten Ermittlungsverfahren die Tatsache, dass von der Antragstellerin ein "normaler" Genehmigungsantrag zur Errichtung und zum Betrieb einer Betriebsanlage für Handelsbetriebe (Einkaufsfachmarkt) im Standort O, H, beantragt wurde. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 2006 stellt der anlagentechnische Amtssachverständige in seinem Befund auf Seite 3 fest, dass der beantragte Einkaufsfachmarkt einen L-Markt sowie einen Verkaufsmarkt 1 und ein Kaffee beinhalte. Zum Verkaufsmarkt 1 werde festgehalten, dass detaillierte Angaben über die Art des Geschäftes derzeit nicht vorlägen, jedoch eine Generalgenehmigung im Sinne der Gewerbeordnung für diese Geschäftseinheit beantragt worden sei. Um die Spezialgenehmigung für diese Geschäftseinheit 1 werde unter Vorlage eines geeigneten Projektes gesondert um die gewerbebehördliche Genehmigung anzusuchen sein. Festzustellen ist, dass der vom Sachverständigen zitierte Antrag um Generalgenehmigung (im Grunde des § 356e GewO) im vorliegenden Verfahrensakt nicht aufscheint. Die Anwendbarkeit des § 356e hat jedoch jedenfalls zur Voraussetzung, dass sich das Genehmigungsansuchen auf eine Gesamtanlage bezieht, es sich dabei um eine dem § 356 Abs.1 unterliegende Betriebsanlage handelt und im Genehmigungsansuchen ausdrücklich nur eine Generalgenehmigung beantragt wird. Dies liegt im gegenständlichen Verfahren nicht vor. Der Amtssachverständige ist daher bei seiner Beurteilung zu Unrecht vom Vorliegen eines Antrages auf Erteilung einer Generalgenehmigung ausgegangen. Die Behörde jedoch hat im darauf ergehenden Bescheid eine "normale" Betriebsanlagengenehmigung erteilt und weder von einer zu erteilenden Generalgenehmigung, noch von einer noch erforderlichen Spezialgenehmigung gesprochen. Dies wiederum würde bedeuten, dass für den Verkaufsmarkt 1 eine vollständige Betriebsanlagengenehmigung erteilt worden ist, obwohl detaillierte Projektsunterlagen für diesen Teil der Anlage nicht vorgelegen sind. Auch diesbezüglich ist im Rahmen des ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens eine eindeutige Klarstellung herbeizuführen und darauf zu achten, dass sich die bescheidmäßige Genehmigung auf Sachverständigengutachten stützt, welche für sich wiederum ausschließlich den beantragten Verfahrensgegenstand betreffen.

 

Insgesamt war daher aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen wie im Spruch zu entscheiden und war ein Abschluss des Genehmigungsverfahrens aus diesen Gründen noch nicht möglich.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

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