Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161825/7/Bi/Se

Linz, 22.01.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn K R, L, vertreten durch RA Mag. R P, L, vom 27. November 2006 gegen das   Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 21. November 2006, S-36834/06 VS1, wegen Übertretungen  der StVO 1960,  aufgrund des Ergebnisses der am 18. Jänner 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung)  zu Recht erkannt:

 

I.    Die Berufung gegen die Strafhöhe im Punkt 1) wird  abgewiesen.

      Im Punkt 2) wird der Berufung im Zweifel Folge gegeben, das Straf­erkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. 

 

II.   Im Punkt 1) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 280 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

      Im Punkt 2) entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 21 Abs.1 iVm 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.400 Euro (14 Tage EFS) und 2) 100 Euro (50 Stunden EFS) verhängt, weil er am 4. Oktober 2006, 17.15 Uhr, in Linz, Wiener Straße in Fahrtrichtung stadteinwärts im Bereich der Kreuzung mit der Muldenstraße den Pkw, Kz. ......,

1) in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe, da bei einer Messung mittels Atemalkoholmessgerätes ein  Alkoholgehalt der Atemluft von 1,28 mg/l festgestellt werden habe können.

2) Er habe, ohne dass es die Verkehrssicherheit erfordert habe, sein Fahrzeug jäh und für den Lenker eines nachkommenden Fahrzeuges überraschend abgebremst, sodass andere Straßenbenützer dadurch gefährdet/behindert worden seien.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 150 Euro auferlegt.

 

2. Gegen die Strafhöhe im Punkt 1) sowie gegen Schuld- und Strafausspruch im Punkt 2) hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 18. Jänner 2007 wurde in Verbindung mit dem ebenfalls beim Unabhängigen Verwaltungssenat anhängigen Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung wegen dieses Vorfalls eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Mag. R P, des Vertreters der Erstinstanz Mag. B sowie des Zeugen I H durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei unverständlich, warum die Erstinstanz im Punkt 1) eine über die Mindeststrafe von 1.162 Euro hinausgehende Geldstrafe verhängt habe. Nur durch Verkettung unglücklicher Umstände sei es dazu gekommen, dass er in alkoholisiertem Zustand den Pkw gelenkt habe. Ihm sei bewusst, dass er dadurch nicht nur sich selbst sondern auch andere Personen gefährdet habe und er bedaure den Vorfall zutiefst.

Im Punkt 2) führt der Bw aus, für ihn sei die von der Erstinstanz angestellte Beweiswürdigung bezüglich seiner Glaubwürdigkeit nicht nachvollziehbar. Dass sich der Zeuge H nicht widersprochen habe, sei wegen des in wenigen Worten beschreibbaren Unfallereignisses klar, ändere aber nichts daran, dass die Behörde zumindest im Zweifel von der Richtigkeit seiner eigenen Angaben ausgehen hätte müssen, dass sich zum Unfallszeitpunkt eine Straßenbahn angenähert habe. Der Zeuge hätte aber nur in einem solchen Abstand zu seinem Fahrzeug fahren dürfen, dass ihm jederzeit ein kollisionsfreies Anhalten möglich sein hätte müssen. Entweder habe der Zeuge den nötigen Tiefenabstand nicht eingehalten und/oder er habe verspätet auf sein keineswegs jähes Abbremsen reagiert. Unverständlich sei, warum die Erstinstanz von einem überraschenden und jähen Abbremsen ausgegangen sei, weil mit Sicherheit anzunehmen sei, dass den Zeugen H das Verschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalls treffe. Beantragt wird die Herabsetzung der Strafe im Punkt 1) auf die Mindeststrafe und Behebung des Punktes 2) nach Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Durchführung eines Ortsaugenscheins am 14.12.2006 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhand­lung, bei der beide Parteien gehört und der Zeuge I H unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bw am 4. Oktober 2006 gegen 17.15 Uhr auf der als Einbahn geführten Wiener Straße stadteinwärts fuhr und bei der Kreuzung mit der Mulden­straße links in diese einbiegen wollte. Dazu reihte er sich auf dem äußerst linken Fahrstreifen ein und hielt nach eigenen Angaben bei Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage an. Als er aus dem Stillstand wegfuhr, begann das Spurensignal der Straßenbahn zu blinken und er hielt seinen Pkw ca 2-3 m vor den Schienen an - dort befindet sich parallel zur Wiener Straße ein selbständiger Gleis­körper und dahinter ein Schutzweg, beides hätte der Bw zu überqueren gehabt. Dort befindet sich keine Haltestelle. Eine Straßenbahn habe sich von hinten genähert, sein Abbremsen sei aus geringer Geschwindigkeit erfolgt und die Straßenbahn unmittelbar nach dem Anstoß des Pkw H an ihnen vorbeigefahren.

Der Zeuge H schilderte den Vorfall so, dass er nicht bei Rotlicht anhalten habe müssen, sondern beide Pkw seien bei Grünlicht in einem Vorgang durchgefahren. Plötzlich habe der Bw aus für ihn nicht nachvollziehbaren oder vorhersehbaren Gründen gebremst - dass man dort wegen des Linkseinbiege­vorgangs  bremsen müsse, hat der Zeuge bestätigt, nur die Intensität der Bremsung sei für ihn über­raschend gewesen. Er habe einen solchen Nachfahrabstand einge­halten, dass mindestens ein Pkw dazwischengepasst hätte, den Anstoß aber nicht verhindern können und sei mit geringer Geschwindigkeit, schätzungsweise 10-15 km/h, aufge­fahren. Eine Straßenbahn sei nie da gewesen, weder habe sich eine angenähert noch sei eine vorbeigefahren; das sei erst einige Minuten nach dem Anstoß gewesen. Das Spurensignal habe nicht geblinkt.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zur Strafhöhe in Punkt 1):

Der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 reicht von 1.162 bis 5.813 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Zugrundegelegt wird ein BAG von 1,6 %o oder mehr bzw ein AAG von 0,8 mg/l oder mehr.

Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw wurde laut Begründung des angefochtenen Straferkentnisses berücksichtigt und nichts als erschwerend gewertet.

Der Bw hat den um 18.04 Uhr des 4. Oktober 2006 erzielten geringsten und dem Tatvorwurf (rechtskräftig) zugrundegelegten AAG von 1,28 mg/l nicht bestritten. Der festgestellte AAG liegt um 0,48 mg/l über der Untergrenze des § 99 Abs.1 lit.a StVO, wobei dabei eine Rückrechnung auf den Lenkzeitpunkt noch nicht erfolgt ist. Der beim Bw tatsächlich festgestellte hohe AAG ist bei der Strafbemessung insofern zu berücksichtigen, als zwar ein solcher nicht erschwerend zu werten ist, aber der Unrechtsgehalt der Übertretung mit der Höhe des AAG zunimmt. Aus dieser Überlegung stellt auch die Verhängung einer über der Mindeststrafe liegenden Geldstrafe - bei verhängter Mindestersatzfreiheitsstrafe - keine Überschreitung des der Erstinstanz bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraumes dar. Die Argumente des Bw gehen daher diesbezüglich ins Leere. Der von der Erst­instanz vorgenommenen Einkommensschätzung hat der Bw nicht widersprochen. Diesbezüglich steht es ihm frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit der Bezahlung der Geldstrafe in Teilbeträgen anzusuchen.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:             

Gemäß § 21 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker das Fahrzeug nicht jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, dass es die Verkehrssicherheit erfordert.

 

Auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens war eine Klärung der grundsätzlichen Frage, ob sich tatsächlich zum Vorfallszeitpunkt eine Straßenbahn angenähert bzw das Spurensignal zu blinken begonnen hat, objektiv nicht möglich. Dass an einem Werktag um 17.15 Uhr dort Straßenbahnen stadteinwärts in kurzen Zeitintervallen unter­wegs sind, klärt diese Frage ebensowenig, wobei es keine weiteren Zeugen gibt. Beide Darstellungen der beteiligten Lenker sind glaubhaft, schließen aber einander vollständig aus. Der Zeuge H (Schadenshöhe über 2.000 Euro) hat ein nachvollziehbares Interesse am Verschulden des Bw am Zustandekommen des Verkehrsunfalls aus Überlegungen des § 18 Abs.1 StVO, der Bw (Schadenshöhe über 1.000 Euro) aus Gründen des § 21 Abs.1 StVO. Die Unfallörtlichkeit wurde nicht vermessen, dh auch diesbezüglich sind die Angaben nicht zB durch einen Sachver­ständigen klärbar. Das Vorhandensein von Brems­spuren haben beide Lenker wegen der geringen Geschwindigkeit ausgeschlossen, es gibt keine Fotos. Dass ein Linkseinbieger dort bremsen, dh ein dahinter befindlicher Lenker damit auch rechnen muss, steht außer Frage. Ob der Bw "jäh" gebremst hat - was eng mit der Frage der Annäherung einer Straßenbahn zusammen­hängt - konnte nicht geklärt werden, sodass eine objektive Aussage im Hinblick auf den zu beurteilenden Tatvorwurf nicht möglich ist.

Aus diesen Überlegungen war gemäß § 45 Abs.1 Z1 1.Alt. VStG im Zweifel zugunsten des Bw zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall im Punkt 2) ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

AAG von 1,28 mg/l rechtfertigt Höhe der Mindestgeldstrafe (1.400€), Tatvorwurf § 2 (§ 2 Abs. 1 StVO) objektiv nicht erklärbar => Einstellung im Zweifel

 

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