Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240596/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 26.01.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der B, vertreten durch RA Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 23. Oktober 2006, Zl. SanLA-47/05, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

 

I.               Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.             Die Berufungswerberin hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 23. Oktober 2006, Zl. SanLA-47/05, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil sie es als verantwortliche Beauftragte einer KG zu vertreten habe, dass von dieser am 2. August 2005 eine Eiskristall­bildungen und zerronnene Masse aufweisende und dadurch wertgeminderte Packung Speiseeis zum Verkauf bereit gehalten und somit in Verkehr gebracht worden sei, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich erkenntlich gemacht gewesen sei. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 7 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 8 lit. g und i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 1 des Lebensmittel­gesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 69/2003 (im Folgenden: LMG), begangen, weshalb sie nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihr zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund der Wahrnehmungen des einschreitenden Lebensmittelaufsichts­organs sowie eines Gutachtens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (im Folgenden: AGES) als erwiesen anzusehen sei und sie auf Grund ihrer Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG dafür einzustehen habe.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Die von der Rechtsmittelwerberin bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses ihr am 31. Oktober 2006 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 13. November 2006 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt die Beschwerdeführerin vor, dass das Prüfergebnis der AGES infolge einer Unterbrechung der Kühlkette anlässlich der Probenahme verfälscht worden sei. Denn das beanstandete Produkt könne deshalb nicht mehr tiefgefroren bei der Untersuchungsanstalt eingetroffen sein, weil zwischen der Probeziehung in der Filiale und dem Einlangen der Probe mehr als 12 Stunden vergangen seien. Sie selbst habe das beanstandete Produkt jedenfalls bei mindestens minus 19˚C gelagert gehabt und alle Frischbereiche mehrmals täglich kontrolliert.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Steyr zu Zl. SanLA-47/05; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach § 74 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. b und § 8 lit. g  LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 7.300 Euro zu bestrafen, der wertgeminderte Lebensmittel in Verkehr bringt, ohne diesen Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht zu haben.

 

3.2.1. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde ihr Straferkenntnis auf das Gutachten der AGES vom 12. September 2005, Zl. 004760/2005, gestützt, in dem angeführt wird, dass bei ihr am 2. August 2005 zwei beanstandete Produkte abgegeben und die Untersuchung noch am selben Tag begonnen wurde. Dabei sei festgehalten worden, dass bei einer Packung eine massenhafte Eiskristallbildung vorgelegen sowie die Eismasse auf einer Seite geschmolzen bzw. ca. 3 cm Boden mit nur mehr wenig geschmolzener und wieder eingefrorener Eis- und Schokolademasse bedeckt sowie der Inhalt an einer Ecke leicht angetaut und wieder eingefroren gewesen sei. Beide Proben seien mit Fotos vom 5. bzw. vom 7. September 2005 dokumentiert worden.

 

3.2.2. Im Hinblick auf das Vorbringen der Rechtsmittelwerberin dahin, dass die Kühlkette nach der Probenahme unterbrochen worden sein müsse, ist nach Einsichtnahme in den behördlichen Akt festzustellen, dass das einschreitende Lebens­mittel­aufsichtsorgan am 2. August 2005 um 11.31 Uhr auf Grund einer telefonischen Beschwerde Probeziehungen in Gegenwart der Beschwerdeführerin vorgenommen hat, wobei mittels Infrarotthermometer festgestellt wurde, dass die Ware eine ordnungsgemäße Temperatur von minus 19˚C aufwies. Allerdings lässt sich weder nachvollziehen, welche Beschaf­fenheit das Produkt zum Zeitpunkt der Kontrolle vor Ort aufwies und zu welchem Zeitpunkt es an diesem Tag tatsächlich an die AGES übergeben wurde, weil diesbezügliche Angaben sowohl in der Anzeige als auch im Gutachten fehlen.

 

Selbst wenn die AGES in ihrer Stellungnahme vom 10. Mai 2006, Zl. 001929/2006, in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass auf Grund des üblichen "Probenbegleitsystems" auch die gegenständliche Probe als "tiefgefroren" im Institut eingelangt ist, kann nicht daraus geschlossen werden, dass die Kühlkette nicht erst während des Transportes zur Untersuchungsanstalt oder danach unterbrochen worden ist, weil weder aus dem Probeziehungsblatt vom 2. August 2005, Zl. 4002HACK0116/05, noch aus dem Untersuchungszeugnis der AGES vom 12. September 2005, Zl. 004760/2005, und den diesbezüglich durchgeführten behördlichen Ermittlungen hervorgeht, wann und in welchem Zustand die Ware tatsächlich an das Institut übergeben worden ist. Dass die dem Untersuchungs­zeugnis beigelegten Fotos, die die Beschaffenheit des Produktes dokumentieren, mit "5. September 2005" bzw. "7. September 2005" datiert sind, obwohl die Untersuchung der Probe bereits am 2. August 2005 begonnen hatte, ist ebenfalls unstimmig.

 

Demgegenüber hätte wohl nichts dagegen gesprochen, einerseits bereits bei der Kontrolle vor Ort die beanstandete Ware bildlich zu dokumentieren bzw. deren Beschaffenheit niederschriftlich festzuhalten und anderseits auch die Uhr­zeit der Übergabe an die AGES aufzuzeichnen. Schließlich wäre auch der Beginn der Untersuchung am Untersuchungszeugnis zu dokumentieren gewesen, um jeden Verdacht dahin, dass die Kühlkette erst nach der Probenziehung unterbrochen wurde, verlässlich ausschließen zu können.

 

3.2.3. Aus allen diesen Gründen konnte damit aber nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Gewissheit das Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Handlung der Rechtsmittelwerberin angenommen werden, sodass im Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK von deren Unschuld auszugehen war.

 

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher im Ergebnis gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

3.4. Selbst wenn aber annähme, dass die Tat erwiesen und die Beschwerdeführerin strafbar wäre, hätte die belangte Behörde im Sinne des § 21 Abs.1 VStG zu überprüfen gehabt, ob nicht von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen und stattdessen bloß eine Ermahnung auszusprechen ist, da das vorliegende Ver­schulden offenkundig als geringfügig einzustufen und die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen wären, sodass eine Ermahnung ausgereicht hätte, um sie von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Ver­wal­tungs­senat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

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