Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280769/21/Wim/Pe/Be

Linz, 18.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn C S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. M E, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20.10.2004, Ge96-123-3-2004-Brot, wegen einer Übertretung des Arbeitszeitgesetzes (AZG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.11.2006 zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Tatvorwurf den 15.3.2004 betreffend zu entfallen hat und die verhängte Geldstrafe auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 144 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.                  Der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 80 Euro. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG und §§ 19, 45 und 51c VStG.

zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber  (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG iVm Art.6 Abs.1 der EG-Verordnung Nr. 3820/85 sowie iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatz­freiheitsstrafe in der Dauer von 180 Stunden verhängt.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet 100 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben als verantwortlich Beauftragter der Firma T GmbH in G, B, und somit als strafrechtlich Verantwortlicher Folgendes zu vertreten:

 

Der Arbeitnehmer, Herr G H, beschäftigt im obgenannten Güterbeförderungsbetrieb als Lenker eines Kraftfahrzeuges im internationalen Straßenverkehr, das der Güterbeförderung dient und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, wurde laut den bei der ha. Behörde in Kopie vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen mit folgenden Lenkzeiten beschäftigt:

 

Im Zeitraum vom 15.3.2004 von 08.45 Uhr bis zum 16.3.2004 um 01.30 Uhr

10 Stunden 00 Minuten.

Im Zeitraum vom 16.3.2004 von 12.10 Uhr bis zum 17.3.2004 um 23.30 Uhr

20 Stunden 20 Minuten.

Im Zeitraum von 18.3.2004 von 09.45 Uhr bis zum 19.3.2004 um 17.50 Uhr

22 Stunden 40 Minuten.

 

Gemäß Art.6 Abs.1 der EG-Verordnung Nr. 3820/1985 darf die genannten Gesamtlenkzeit zwischen 2 täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf 2x pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

 

Da die Gesamtdauer der Lenkzeit

vom 15.3.2004 von 08.45 Uhr bis zum 16.3.2004 um 01.30 Uhr 10 Stunden 00 Minuten; vom 16.3.2004 von 12.10 Uhr bis zum 17.3.2004 um 23.30 Uhr 20 Stunden 20 Minuten und vom 18.3.2004 von 09.45 Uhr bis zum 19.3.2004 um 17.50 Uhr 22 Stunden 40 Minuten dauerte, haben Sie als Arbeitgeber den obgenannten Lenker in dieser Zeit über die gemäß Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 zulässige Lenkzeit eingesetzt.

Der Lenker lenkte folgendes Kraftfahrzeug:

Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen UU-

Sattelanhänger mit dem amtlichen Kennzeichen UU-.

Der Lenker legte folgende Fahrtstrecke zurück:

Gallneukirchen – Wertheim – Dover – Birmingham – Calais – Diendorf – Gallneukirchen.

Die Auswertung der Schaublätter wurde mittels ADAS (automationsunterstütztes Diagrammscheibenauswertesystem) durchgeführt.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter des Bw Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Begründend bringt der Bw vor, dass die Erstbehörde die vom Lenker eingelegten Lenkpausen und sonstigen Ruhepausen/Erholungspausen, welche das gesetzlich geforderte Mindestausmaß nicht erreichen, nicht berücksichtigt habe und es dadurch so scheine, als habe der Lenker durchgehend den Lkw gelenkt. Weiters sei festzuhalten, dass alle im Verantwortungsbereich des Bw stehenden Lkw-Fahrer über die Ruhezeiten und die EG-VO entsprechend informiert seien. Verlasse jedoch ein Lkw den Firmenstandort, könne der Bw nur hoffen, dass sich die Fahrer an die Einhaltung der Ruhezeiten halten. Es bestehe keine bzw. kaum eine Kontrollmöglichkeit über das Verhalten des jeweiligen Fahrers. Der gegenständliche Lenker habe sich nicht an die ihm aufgetragenen Vorgaben zur Einhaltung der Ruhepausen gehalten und habe der Bw keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Verhaltensweisen des Lenkers. Weiters wird ausgeführt, dass der gegenständliche Lenker erst eine Woche vor Tatbegehung sein Beschäftigungsverhältnis beim Bw begonnen habe und noch nicht klar gewesen sei, dass Verstöße gegen das AZG bzw. die EG-VO auch mit Kündigung sanktioniert werden. Es habe keine dezidierte Einschulung des Lenkers bis zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung gegeben. Weiters habe es keine Duldung oder Aufforderung zur Nichteinhaltung der Ruhezeiten gegeben und sei der Lenker unmittelbar nach den Vorfällen vom Bw eingeschult und auf die arbeitsrechtlichen Konsequenzen im Wiederholungsfall aufmerksam gemacht worden. Bei dem gegenständlichen Transport handle es sich um keine Eilfracht und wurde der Lenker vom Bw eingeschult und seither überwacht. Es sei dem Bw nicht möglich alle Fahrer ständig zu kontrollieren, er sei aber sehr bemüht soweit als möglich die Kontrolle über die Fahrer auszuüben.

Weiters wird ausgeführt, dass die Erstbehörde die Einkommensverhältnisse bei der Strafbemessung hätte berücksichtigen müssen. Der Bw verdiene monatlich ca. 2.000 Euro und erweise sich die Strafbemessung als unverhältnismäßig hoch. Weiters wurde die Anwendung des § 21 VStG angeregt, da – wenn überhaupt – nur geringes Verschulden vorliege.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.11.2006, an welcher der Bw, sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

3.2. Der Bw hat anlässlich der mündlichen Verhandlung die Berufung hinsichtlich des Tatvorwurfs den 15.3.2004 betreffend aufrecht erhalten. Hinsichtlich der übrigen Tatvorwürfe wurde die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt eine Strafe von 800 Euro beantragt. Da somit hinsichtlich letzterer der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der EG-VO Nr. 3820/1985 darf  die Gesamtlenkzeit 2 x pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

Da der 15.3.2004 zudem ein Montag war, kann dem Bw. eine Lenkzeit von 10,00 Stunden nicht als Verstoß vorgeworfen werden. Er war daher das Straferkenntnis hinsichtlich dieses Tatvorwurfes zu beheben.

 

4.2. Gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gemäß Art.6 Abs.1 Unterabsatz 1 oder Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde, von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

4.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Bw eine Gesamtgeldstrafe von 1.000 Euro gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG verhängt. Milderungsgründe lagen keine vor, vielmehr wurden von der belangten Behörde als straferschwerend zahlreiche Übertretungen nach dem AZG gewertet. Da der erste Tatvorwurf entfallen ist war auch die Strafe entsprechend herabzusetzen. Die nunmehr verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 800 Euro erscheint dem Oö. Verwaltungssenat noch tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten. Bei weiteren Übertretungen wäre jedoch mit der Verhängung empfindlich höherer Geldstrafen zu rechnen.

 

Mangels Vorliegens konkreter Angaben hinsichtlich der persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ist die belangte Behörde von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten, ausgegangen. Damit entspricht sie den vom Bw. in seiner Berufung gemachten Angaben, weshalb sie auch der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden konnte.

 

4.4. Von der Anwendung der Bestimmungen des §§ 20 und 21 VStG bzw. einer weitergehenden Herabsetzung war abzusehen, zumal die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen sind.

 

Die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen waren entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

 

Zu II:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  Wimmer

 

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