Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251453/9/Kü/Hu

Linz, 25.01.2007

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn D T, S, O, vom 20. Juli 2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 13. Juli 2006, Sich96-73-2006-Sk, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Jänner 2007, zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 13. Juli 2006, Sich96-73-2006-Sk, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von 1.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, verhängt, weil er den türkischen Staatsangehörigen C I, geb. …, zumindest am 6.4.2006 auf der Baustelle seines Wohnhauses in S, F, mit dem Verputzen der Außenfassade beschäftigt hat, obwohl für diesen ausländischen Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c AuslBG) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

 

Begründend wurde nach Darstellung der Rechtslage und des Verfahrensganges ausgeführt, dass zur Frage, ob es sich im gegenständlichen Fall um ein zumindest arbeitnehmerähnliches Arbeitsverhältnis gehandelt habe, die Behörde zur Überzeugung gekommen sei, dass ein solches vorgelegen sei, zumal auch eine Naturalentlohnung erfolgt sei und zumindest für den Bw die Tätigkeit des Herrn C mit einem entsprechenden wirtschaftlichen Vorteil verbunden war. Das Vorliegen einer lediglich kurzfristigen unentgeltlichen „Aushilfe“ muss hingegen vermeint werden, da sämtliche festgestellten Umstände dagegen sprechen.

 

Wenn der Bw behaupte, er sei der Meinung gewesen, dass ein „Angehöriger“ ohne Weiteres aushelfen dürfe, er aber offenbar schon gewusst habe, dass es arbeitsmarktrechtliche Vorschriften für die Beschäftigung von Ausländern und insbesondere Asylwerbern gäbe, sei dem entgegen zu halten, dass der Bw sich auf jeden Fall bei den zuständigen Behörden (AMS) erkundigen hätte müssen. Das Nichteinholen einer entsprechenden Auskunft müsse jedenfalls als fahrlässig gewertet werden.

 

Zur Strafbemessung führte die Erstinstanz aus, dass über den Bw im Zeitraum von Juli 2001 bis Dezember 2004 insgesamt 10 Verwaltungsvorstrafen (StVO, KFG, FremdenG) aufscheinen, sodass eine Anwendung des § 20 VStG (Herabsetzung der gesetzlichen Mindeststrafe) bzw. des § 21 VStG (Ermahnung) nicht in Betracht komme. Im Hinblick auf die Tatumstände, die Milderungs- und Erschwernisgründe sowie die festgestellten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erscheine die Verhängung der angeführten Geldstrafe unter Hinweis auf den gesetzlichen Strafrahmen als angemessen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung, in der vorgebracht wird, dass Herr C I ihm im Zuge der Fassadenerneuerung am 6.4.2006 als zukünftiges Familienmitglied geholfen habe. Die Mitarbeit von Herrn C I sei nicht in Form eines Arbeitgeber- Arbeitnehmerverhältnisses erfolgt, sondern sei eine Familienzusammenarbeit für die Erneuerung der Fassade am Haus S gewesen. Herr C sei Mitglied seiner Großfamilie durch die Heirat mit seiner Nichte. Als Nachweis des nunmehrigen Verwandtschaftsverhältnisses sei die Heiratsurkunde und der Personalausweis der Berufung beigelegt. Abschließend beantragte er die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Schreiben vom 17. August 2006 die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Jänner 2007, an der der Bw sowie Vertreter des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr teilgenommen haben.

 

Danach steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bw ist seit Ende 2002/Anfang 2003 Eigentümer des Hauses F, S. Im Jahr 2004 hat der Bw damit begonnen, dieses Haus zu sanieren. Da dieses Haus unter Denkmalschutz steht, wurde die Renovierung nach den Vorschriften des Magistrates Steyr durchgeführt. Mit den Sanierungsarbeiten im Bereich Installationen, Elektrik und Dach wurden diverse Firmen beauftragt. Der Bw ist selbst gelernter Maurer und hat die sonstigen Sanierungsarbeiten selbst durchgeführt. Bei diesen Arbeiten haben regelmäßig seine beiden Söhne, aber auch andere Verwandte, mitgeholfen.

 

Am 6.4.2006 wurde die Baustelle F von Organen des Zollamtes Linz auf Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes überprüft. Von den Zollorganen wurde an diesem Tag der türkische Staatsangehörige I C bei Verputzarbeiten angetroffen. C ist ein Verwandter des Bw und hat am 6.4.2006 dem Bw freiwillig seine Hilfe bei den Verputzarbeiten angeboten. Der Bw war zwar davon in Kenntnis, dass C die Verputzarbeiten nicht beherrscht hat, aber trotzdem dessen Hilfe angenommen. Bei diesen Hilfstätigkeiten wurde C vom Bw auch Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt. In der Folge hat C von 11.00 Uhr bis ca. 14.30 Uhr bei den Arbeiten mitgeholfen. Da er auch um die Mittagszeit an der Baustelle anwesend war, hat er wie sonstige Aushilfen zu essen und zu trinken bekommen. Entgelt hat C für seine Tätigkeit nicht bekommen. Er hat sowohl vor 6.4.2004 als auch danach nicht auf der Baustelle des Bw ausgeholfen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich zum einen aus den glaubwürdigen Ausführungen des Bw im Zuge der mündlichen Verhandlung zum anderen ist aus dem Akteninhalt ersichtlich, dass der Bw von Anfang an den Sachverhalt widerspruchsfrei in dieser Weise dargestellt hat. Auch der türkische Staatsangehörige C selbst hat im Zuge der Kontrolle angegeben, dass er nur am 6.4.2006 in der Zeit von 11.00 bis 15.00 Uhr als Hilfe beim Verputzen gearbeitet hat. Insgesamt ergeben sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat daher keine Zweifel an den Ausführungen des Bw.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Von einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs.2 AuslBG kann im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht gesprochen werden, wenn Gefälligkeitsdienste ohne jegliche Rechtspflicht geleistet werden. Als Gefälligkeitsdienste, die nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes fallen, können nur die vom Leistenden aufgrund bestehender spezifischer Bindungen zwischen ihm und den Leistungsberechtigten erbrachten kurzfristigen, freiwilligen und unentgeltlichen Dienste anerkannt werden (VwGH 29.11.2000, 2000/09/0121).

 

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der türkische Staatsangehörige I C ein Verwandter des Bw ist, weshalb unbestritten eine spezifische Bindung zwischen dem Ausländer und dem Bw anzunehmen ist. Ebenso glaubwürdig wurde vom Bw dargestellt, wie auch vom Ausländer selbst in seinen Angaben bei der Kontrolle bestätigt, dass dieser nur am 6.4.2006 in der Zeit von 11.00 bis 15.00 Uhr bei Verputzarbeiten geholfen hat. Insofern ist jedenfalls von einer kurzfristigen Aushilfstätigkeit auszugehen. Der Bw hat den Ausländer auch nicht zur Arbeitsleistung aufgefordert, sondern hat dieser vielmehr freiwillig angeboten, bei den Verputzarbeiten zu helfen und wurde dies vom Bw angenommen. C hat vom Bw kein Entgelt für seine Hilfsleistungen bekommen, die Verpflegung vor Ort ist mit familiärer Gastfreundschaft zu erklären. In Gesamtbetrachtung der Umstände des gegenständlichen Falles kommt der Unabhängige Verwaltungssenat zum Schluss, dass es sich bei den Arbeitsleistungen des türkischen Staatsangehörigen C um einen Gefälligkeitsdienst gehandelt hat. Aus diesen Gründen hat der Bw den Ausländer nicht im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG beschäftigt. Der Bw hat daher die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb der Berufung stattzugeben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger

 

Beschlagwortung:

Gefälligkeitsdienst

 

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