Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280821/32/Wim/Be

Linz, 31.01.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung von Herrn Kommerzialrat L D vom 27.1.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 21.12.2004, Zl. VerkGe96-61-2004, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) nach öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 7.11.2006 und 29.1.2007, zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

 

Das erstinstanzliche Straferkenntnis wird hinsichtlich des Faktums 1 (Überschreitung der Lenkzeit) bestätigt und hinsichtlich des Faktums 2 (Unterschreitung der Ruhezeit) behoben und diesbezüglich das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag wird auf 60 Euro herab­gesetzt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge im Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 19, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG beide in der jeweils geltenden Fassung.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber auf Grund von Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes gemäß § 28 Abs.1a AZG wegen Überschreitung der Lenkzeit und wegen Unterschreitung der Ruhezeit mit jeweils 600 Euro Geldstrafe bzw. 90 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe bestraft.

Im Einzelnen wurde im vorgeworfen:

 

"1. TATVORWURF – LENKZEIT:

 

Der Arbeitnehmer S H, beschäftigt im Güterbeförderungsbetrieb M Speditions- und Lagerei GmbH., als Lenker eines Kraftfahrzeuges (Kennz.: ..;) im internationalen Straßenverkehr [(innergemeinschaftlich oder Fahrten von bzw. nach Drittländer), (Fahrtstrecke: Potenza – Udine – Anhalteort (A9 – Ardning))] tätig, das der Güterbeförderung dient, und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, wurde laut den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen mit folgenden Lenkzeiten (Gesamtlenkzeiten zwischen zwei täglichen Ruhezeiten) beschäftigt:

 

von                                          bis                                           Lenkzeit

Datum                         Uhrzeit            Datum             Uhrzeit            Std.     Min.

11.03.2004                15:48              12.03.2004    11.45              13        05

 

Dies stellt eine Übertretung des Artikel 6 Abs. 1 EG-VO 3820 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs dar, wonach die tägliche Lenkzeit an zwei Tagen pro Woche 10 Stunden, an den übrigen Tagen 9 Stunden nicht überschreiten darf,

 

 

2. TATVORWURF – RUHEZEIT:

 

Dem Arbeitnehmer S H, beschäftigt im Güterbeförderungsbetrieb M Speditions- und Lagerei GmbH. Als Lenker eines Kraftfahrzeuges (Kennz.: ..;) im internationalen Straßenverkehr [(innergemeinschaftlich oder Fahrten von bzw. nach Drittländer), (Fahrtstrecke: Potenza – Udine – Anhalteort (A9 – Ardning))] tätig, das der Güterbeförderung dient, und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, wurde laut den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen die vorgeschriebene täglichen Ruhezeit innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn nicht gewährt:

 

Arbeitsbeginn bzw.                           Arbeitsende bzw.                              Ruhezeit

Beginn des 24 Std.                           Ende des 24 Std. Zeitraumes

Zeitraumes

Datum                         Uhrzeit            Datum             Uhrzeit                           Std. Min.

12.03.2004                15:48              13.03.2004    11.45                              4      03

 

Dies stellt eine Übertretung des Artikel 8 Abs. 1 der EG-VO 3820 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs dar, wonach innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzuhalten ist. Diese Ruhezeit darf bei entsprechendem Ausgleich verkürzt werden, und zwar auf nicht weniger als 9 Stunden."

 

2.        Dagegen hat der Berufungsweber rechtzeitig Berufung erhoben und darin vorgebracht, dass er Herrn I C nachweislich als den nach außen hin Befugten und zur ordnungsgemäßen Einhaltungen der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verantwortlich Beauftragten namhaft gemacht habe.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 7.11.2006 hat der Berufungswerber dann noch weiters vorgebracht, dass der Lenker H zwar beim Güterbeförderungsunternehmen M beschäftigt war, ihm jedoch im konkreten Fall nicht als Dienstnehmer zuzurechnen sei, da er Dienstleistungen für die T – Transport GesmbH in ihrem Auftrag und Namen durchgeführt hat und er daher als Dienstnehmer und Erfüllungsgehilfe der Firma T anzusehen sei.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung von öffentlich mündlichen Verhandlungen am 7.11.2006 und 29.1.2007, bei welchen der Berufungswerber sowie mehrere Zeugen einvernommen wurden.

 

3.2.   Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Lenker S H hat die im Spruchfaktum 1 angeführten Überschreitungen der Lenkzeiten vorgenommen. Er war zu dieser Zeit bei der M Speditions- und Lagerei GmbH mit Sitz in Bad Hall beschäftigt. Der Berufungswerber war im Zeitraum der vorgeworfenen Tat handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser GmbH. Eine Mitteilung der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten beim zuständigen Arbeitsinspektorat Linz hat zu dieser Zeit nicht vorgelegen.

 

Bei der Unterschreitung der gesetzlichen Ruhezeit hat der maßgebliche 24-Stundenzeitraum am 11.3.2004 begonnen und am 12.3.2004, 15.48 Uhr geendet.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zum Teil schon aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt, insbesondere aus der dort vorliegenden Sozialversicherungsauskunft bezüglich des Beschäftigungsverhältnisses des Lenkers S H sowie der sonstigen Beilagen (Anzeige des LGK für Steiermark, insb. CMR-Frachtbrief).

 

So war der Lenker zu dieser Zeit sozialversicherungsrechtlich eindeutig bei der M Speditions- und Lagerei GmbH angemeldet. Er fuhr mit einem Fahrzeug, das auf diese Gesellschaft zugelassen war. Auch der Frachtbrief lautete auf diese Gesellschaft als Frachtführer.

Überdies hat der Berufungswerber in wechselnder Verantwortung im Erstverfahren angegeben, dass zunächst eine Überlassung an die Firma C KEG, bzw. nach Vorhalt der Erstbehörde, dass diese keine Güterbeförderungskonzession besitze, an die T - Transport GmbH erfolgt sei. Bei den Abrechnungen für die Vermietung mit diesen Firmen sei der Anteil des Lenkers in Abzug gebracht worden.

 

Die Bestellungsschreiben (=Überlassungserklärungen) für die verantwortlichen Beauftragten konnten nicht im Original vorgelegt werden. Der Schriftzug der Unterschrift von Herrn C und der Stempelaufdruck der T – Transport GesmbH sowie deren Verhältnis zueinander bei den Bestellungen von Herrn C einerseits vom 20. Jänner 2004 und 2. Februar 2004 (diesmal für die T – Transport GesmbH) sind völlig identisch. Beide Bestellungen konnten nur in Kopie und nicht im Original vorgelegt werden. Vor Berufungswerber wurde auch zugestanden, dass es sich dabei um Blankoerklärungen gehandelt haben könnte, die anschließend kopiert und dann für den jeweiligen LKW ausgefertigt worden sind.

Nur auf Grund der in sich nicht sehr schlüssigen Aussagen des Zeugen C, die seine Zustimmung zu dieser Vorgehensweise nicht zweifelsfrei ausschließen lassen, sieht der Unabhängige Verwaltungssenat diesbezüglich noch von einer Strafanzeige gegen den Berufungswerber wegen eines Urkundendeliktes ab.

 

Eine Mietvereinbarung für den LKW mit dem gegenständlichen Kennzeichen bzw. der dazugehörigen Fahrgestellnummer, die aus der Zulassungsdatei der BH Steyr-Land ermittelt wurde, konnte vom Berufungswerber nicht einmal im Berufungsverfahren in Kopie vorgelegt werden. Die vorgelegten Mietverträge betrafen allesamt andere Fahrzeuge.

 

Aufgrund dieser Beweisergebnisse steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat fest, dass der Lenker eindeutig dem Unternehmen des Berufungswerbers zuzurechnen ist und erscheint die Verantwortung des Berufungswerbers grundsätzlich als Schutzbehauptung bzw. als bloßer (untauglicher) Versuch sich hier von der Verantwortung für diesen Lenker zu entziehen.

 

Auf die Einvernahme des wiederholt als Zeugen geladenen Lenkers S H konnte aufgrund der Beweisergebnisse verzichtet werden, da der maßgebliche Sachverhalt bereits  auf Grund der bisherigen Beweisergebnisse aufgeklärt ist und überdies auch der Berufungswerber sowie das Arbeitsinspektorat auf seine ausdrückliche Einvernahme (sogar zweimal) verzichtet haben.

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Um Wiederholungen zu vermeiden kann zu den gesetzlichen Vorschriften zunächst auf die Ausführungen im Ersterkenntnis verwiesen werden.

 

4.1.   Hinsichtlich des Faktums 1 wurde vom Berufungswerber der objektive Tatbestand nicht bestritten und ergibt sich dieser auch eindeutig aus den Unterlagen.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz wird die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten erst rechtswirksam mit dem Einlagen beim zuständigen Arbeitsinspektorat.

Der Berufungswerber hat jedoch eine solche Mitteilung an das Arbeitsinspektorat niemals übersendet, sodass von seiner grundsätzlichen Verantwortlichkeit für die Übertretung auszugehen ist.

 

Auf der subjektiven Tatseite wurden vom Berufungswerber keinerlei Ausführungen getätigt, die ihn in irgendeiner Weise gemäß § 5 Abs.1 VStG entlasten würden, sodass auch hier von seiner Verantwortlichkeit für die Übertretung des Faktums 1 auszugehen ist.

 

Zur Strafbemessung nach den Grundsätzen des § 19 VStG ist anzuführen, dass der Berufungswerber hiezu auf einen Einkommenssteuerbescheid verwiesen hat nachdem sich seine Einkünfte entgegen der Schätzung der Erstbehörde nicht auf 2.000 sondern derzeit auf 700 bis 800 Euro beschränken. Weiters bestünden keine Sorgepflichten und er habe auch kein sonstiges Vermögen.

Auch bei Annahme des Zutreffens dieser Angaben muss doch ausgeführt werden, dass der Berufungswerber um die 30 rechtskräftige Vorstrafen wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes aufweist und daher bei einem Strafrahmen von 72 bis 1.815 Euro mit bloß 33 % der Höchststrafe extrem milde behandelt wurde. General- und vor allem spezialpräventive Gründe lassen hier keine weitere Strafherabsetzung mehr zu.

 

Angesichts dieser Umstände und des Fehlens der dafür geforderten gesetzlichen Voraussetzungen kommt auch eine außerordentliche Milderung der Strafe oder ein Absehen von der Strafe gemäß §§ 20 und 21 VStG keinesfalls in Betracht.

 

4.2.   Die Zeiträume betreffend der Verstöße wegen der Ruhezeit im Faktum 2 wurden offenbar aufgrund eines Versehens bereits bei der Anzeige durch das Arbeitsinspektorat falsch angeben und entsprechen nicht den tatsächlichen Verstößen sondern sind praktisch um einen Tag nach hinten versetzt.

 

Da im vorgeworfenen Tatzeitraum diese Tat somit nicht begangen wurde, musste diesbezüglich der Berufung Folge gegeben werden und war aufgrund der nunmehr eingetretenen Verfolgungsverjährung hier das Strafverfahren für diesen Teil auch einzustellen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  Wimmer

 

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