Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521541/2/Bi/Se

Linz, 22.02.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau M P, G, vom 6. Februar 2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 19. Jänner 2007, VerkR21-822-2006-Lai, wegen einer Aufforderung zur Beibringung einer zur Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen psychiatrischen Facharztstellungnahme und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung dagegen, zu Recht erkannt:

 

      Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die Berufungswerberin (Bw) gemäß § 24 Abs.4 letzter Satz FSG zum Zweck Beurteilung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (Klasse B) aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides den zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen psychiatrischen Facharztbefund zu erbringen. Die aufschiebende Wirkung einer allenfalls einzubringenden Berufung dagegen wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 24. Jänner 2007.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie sei sich keiner Schuld bewusst, eine falsche Aussage gemacht zu haben, und wüsste nicht, warum sie einen Psychiater wegen ihres Führerscheines aufsuchen sollte. Sie habe ausgesagt, "mal" bei einer Freundin in Wien etwas geraucht zu haben. Ihre Urinprobe sei negativ gewesen, sie rauche kein Marihuana, verkaufe auch keines und sei noch nie mit Marihuana im Blut "oder sonst was" im Auto angehalten worden. Darum verstehe sie "sowieso schon mal gar nicht", warum es um ihren Führerschein gehen solle. Bei eindeutiger Beweislage werde sie einen Psychiater aufsuchen, wenn nicht nur nicht der Wahrheit entsprechende Vermutungen im Raum stünden. Da noch kein gerichtlicher Beschluss, dass sie schuldig oder unschuldig gesprochen worden sei, gekommen sei, ersuche sie um Rücklegung des Aktes, bis sich die Sache aufgeklärt habe.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass die Bw laut Niederschrift vom 29. Oktober 2006 vor der PI Gmunden ausgesagt hat, dass sie noch nie wegen eines Suchgiftdeliktes angezeigt worden sei. Zum nunmehr angezeigten Vorwurf, im abgelaufenen Jahr Cannabis­produkte erworben, besessen, konsumiert und weitergegeben zu haben, sei sie sich keiner Schuld bewusst. Sie habe zwar bereits mehrmals im Leben Cannabis in Form von Joints konsumiert, zuletzt im Februar in Wien, aber seither nicht mehr. Einer Harnabgabe zwecks Untersuchung auf suchtgiftverdächtige Substanzen stimme sie nicht zu.

P G gab laut Niederschrift vom 11. Oktober 2006 vor der PI Gmunden an, er habe im November 2005 auf einer Party bei "M" - die er als Schwes­ter eines Freundes vom Jugendheim in Altmünster kenne - zu Hause an einem Joint ange­zogen. Im Spätsommer 2006 habe er sie wieder getroffen und sie habe ihn gefragt, ob er "etwas brauche". Er habe ein kleines Stück Cannabisharz, schätzungsweise 1g, um 10 Euro abgekauft und Reste weitergegeben.

Laut Strafanzeige der PI Gmunden vom 2. Februar 2007 ist S B verdächtig, am 16. Jänner 2007 zu einem näher genannten Zeitpunkt P G  gefähr­lich bedroht und damit in Furcht und Unruhe versetzt zu haben, wobei die Bw verdächtig sei, S B zur gefährlichen Drohung angestiftet und ihm dazu ihr Handy überlassen zu haben.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die gesundheitliche Eignung (zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Gruppe oder Klasse) noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzu­schränken oder zu entziehen. ... Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen keine Folge, so ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides nach § 24 Abs.4 FSG sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzt. Hierbei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann; es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120).

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-Gesundheitsverordnung darf Personen, die ua von einem Suchtmittel abhängig sind oder den Konsum dieses Mittels nicht so weit einschrän­ken können, dass sie beim Lenken von Kraftfahrzeugen nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht gemäß Abs.4 medizinische Gründe vorliegen, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht ua einer Suchtmittelab­hän­gig­keit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellung­nahme beizu­bringen.

Gemäß § 14 Abs.3 FSG-GV darf Personen, die ohne abhängig zu sein in einem durch ua Suchtmittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt haben, darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, es sei denn, die haben ihre Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen.

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die ua suchtmittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärzt­lichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Die Erstinstanz ging nach der Begründung des angefochtenen Bescheides offen­sicht­lich davon aus, dass die Bw, die bislang nicht als Lenkerin eines Kraftfahr­zeuges in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand angetroffen worden war und bei der nichts aktenkundig ist, was für eine bestehende oder vergangene Suchtmittelabhängigkeit spricht, "Drogenmissbrauch" im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV begangen hat. Dagegen spricht jedoch, dass die Bw zwar zugegeben hat, in der Vergangenheit Cannabis konsumiert, nämlich Marihuana in Form eines Joints geraucht zu haben, allerdings zuletzt im Februar 2006. P G hat seine Aussage auf November 2005 bezogen und beim Kauf des Cannabisharzes im Spätsommer 2006 ist von einer die gesundheitlichen Eignung beeinflussenden Konsumation der Bw keine Rede. Daraus folgt aber, dass bei der Bw höchstens von  gelegentlichem Konsum auszugehen sein kann, der aber von einem gehäuften Missbrauch im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV weit entfernt ist.

 

Der VwGH geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. 24.8.1999, 99/11/0092; 23.5.2000, 99/1170340; 20.3.2001, 2000/11/0264; 28.6.2001, 99/11/0243; 24.10.2001, 2000/11/0198; 4.7.2002, 2001/11/0024; uva) davon aus, dass geringfügiger Sucht­mittel­genuss (wie auch geringfügiger Alkoholgenuss) ohne Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges die gesundheitliche Eignung (noch) nicht berührt. Erst wenn dieser Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist oder wenn die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahr­zeugen nicht (mehr) beeinträchtigt ist, läge ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten - wenn auch verbotenen - Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen. Aus der Aktenlage geht aber derartiges nicht hervor. Die Bw verweist in der Berufung zudem auf einen negativen Harnbefund, der im Akt zwar nicht dokumentiert ist, aber es ergibt sich auch nichts Gegenteiliges.

 

Aus diesen Überlegungen zur in den Aktenunterlagen dokumentierten Drogenvor­geschichte der Bw war die Vorschreibung einer psychiatrischen FA-Stellungnahme zur Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens auf der Grundlage des § 14 FSG-GV ebenso wenig gerechtfertigt wie der Ausschluss der aufschie­benden Wirkung der Berufung, auch wenn der Bw auffällig daran gelegen zu sein scheint, eventuelle Nachweise für (k)einen Suchtmittelkonsum tunlichst zu umgehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Kein Hinweis auf gehäuften Missbrauch von Suchtmitteln, gelegentliches (im übrigen nicht beweisbares) Rauchen von Joints berührt gesundheitliche Eignung nicht => Aufhebung

 

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