Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150479/8/Lg/Hue

Linz, 09.02.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 8. Februar 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des R P, 48 R, A, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E H und Dr. R L, 40 L, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 8. August 2006, Zl. BauR96-464-2004/Stu, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Maut­gesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

 

II.                  Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19, 20 VStG.

Zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen BR am 24. Mai 2004 um 8.32 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A, Höhe Km ca. 17, Raststation A in Fahrtrichtung W benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug entrichtet zu haben.

 

In der Berufung wird vorgebracht, dass der Bw zu keiner Zeit den objektiven Tatbestand (i.S. des Fehlens einer Mautvignette am Dienstfahrzeug) bestritten habe. Vom Dienstgeber des Bw sei selbstverständlich zu Jahresanfang 2004 auf das Dienst-Kfz ordnungsgemäß eine Mautvignette angebracht worden. Wenige Tage vor dem gegenständlichen Tattag sei die Windschutzscheibe aufgrund eines Steinschlages ausgetauscht worden. Der Bw habe der Werkstätte den Auftrag erteilt, bei Anbringung der neuen Windschutzscheibe auch eine neue Autobahnvignette aufzukleben. Entgegen dieser ausdrücklichen Anweisung sei dies von der Reparaturwerkstätte nicht durchgeführt worden, wobei der Bw in weiterer Folge auch keine gesonderte Kontrolle hinsichtlich der Vignette mehr durchgeführt habe, da er sich darauf verlassen habe, dass seiner Anordnung Folge geleistet werde. Die Reparaturrechnung sei, da es sich um ein Dienstfahrzeug handle, nicht direkt an den Bw sondern an den Arbeitgeber bzw. dem Leasinggeber ergangen. Dies werde durch die vom Bw vorgelegten Urkunden bescheinigt. Der Bw habe keinesfalls die Absicht gehabt, sich der Mautpflicht zu entziehen, zumal nicht er sondern der Dienstgeber eine Ersatzvignette kaufen bzw. beischaffen hätte müssen. Die Erstbehörde habe nicht berücksichtigt, dass

·                               der Bw ein Dienstfahrzeug gelenkt habe,

·                               an diesem Kfz bis zum Windschutzscheibentausch am 18. Mai 2004 eine Jahresvignette angebracht gewesen sei,

·                               der Bw an die Werkstätte ausdrücklich den Auftrag erteilt habe, eine neue Vignette auf die Windschutzscheibe anzubringen,

·                               dieser Auftrag von der Werkstätte nicht ausgeführt worden sei und

·                               der Bw darauf vertraut habe, dass seinem Auftrage entsprechend eine Ersatzvignette angebracht und deshalb keine Kontrolle bei der Übernahme des Kfz durchgeführt habe.

Es sei weiters unrichtig, dass der Bw seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekannt gegeben habe. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass der Bw neben seiner Unbescholtenheit auch ein Tatsachengeständnis abgelegt habe. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe die Übertretung der Verwaltungsvorschrift keine Folgen nach sich gezogen.

 

Beantragt wird nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die Anwendung der §§ 21 bzw. 20 VStG. 

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Ö/A vom 12. Juli 2004 zugrunde, wonach am Kfz keine Mautvignette vorhanden gewesen sei. Gem. § 19 Abs. 3 BStMG sei am Kfz ein Ersatzmautangebot hinterlassen worden, welchem nicht entsprochen worden sei.

 

Nach Strafverfügung vom 27. August 2004 rechtfertigte sich der Bw wie in der später eingebrachten Berufung und ergänzte, sofort nach der Beanstandung eine Ersatzvignette auf das Kfz aufgeklebt zu haben und dass aus der Werkstättenrechnung ersichtlich sei, dass das gegenständliche Kfz über eine Vignette verfügt habe. Aus der Beilage ist eine Kopie der Rechnung der Werkstätte über den Austausch der Windschutzscheibe des gegenständlichen Kfz und eine Rechnung für den Arbeitgeber des Bw über den Ankauf von 53 Vignetten ersichtlich.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der A vom 18. August 2005 sind im Wesentlichen eine Wiedergabe der Rechtslage und Angaben aus der Anzeige zu entnehmen. Als Beilage ist die Kopie des Ersatzmautangebotes angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie bisher.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Mittels Schreiben vom 1. Februar 2007, eingelangt am 5. Februar 2006, ersuchte der Vertreter des Bw wegen eines beruflichen Auslandsaufenthaltes des Bw den Unabhängigen Verwaltungssenat um terminliche Verlegung der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtete der Vertreter des Bw auf die Einvernahme des Bw unter der Voraussetzung, dass der in der Berufung dargestellte Sachverhalt vom Unabhängigen Verwaltungssenat als glaubwürdig erachtet wird. Dies wurde vom Verhandlungsleiter bejaht.

 

Der Vertreter des Bw verwies darauf, dass das Verschulden des Bw geringfügig sei, da zwei Tage vor dem gegenständlichen Vorfall ein Windschutzscheibenwechsel stattgefunden habe, wobei der Bw die Werkstatt darauf hinwies, eine neue Vignette aufzukleben. Dies sei von der Werkstätte verabsäumt worden. Der Bw habe dies bei der Übernahme des Kfz und vor der gegenständlichen Fahrt nicht überprüft und daher übersehen. Die Tatfolgen seien als so gut wie nicht vorhanden zu erachten. Weiters habe der Bw kein persönliches Interesse daran, die Maut zu hinterziehen, da die Vignetten stets vom Dienstgeber gekauft würden. Sowohl vor dem Windschutzscheibenwechsel als auch wenige Tage danach sei eine Mautvignette angebracht gewesen. Die kurze Unterbrechung sei auf das Versagen der Werkstätte zurückzuführen. Der Bw sei geständig.

 

Beantragt wird die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG, in eventu die Anwendung des § 20 VStG.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG („Ersatzmaut“) bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1). Anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 ist der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 3).

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

5.2. Unbestritten ist, dass der Bw gegenständlich der Lenker, am Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine Mautvignette angebracht war und der gegenständliche Parkplatz mautpflichtig ist. Unstrittig ist ferner, dass die Ersatzmaut gem. § 19 Abs. 3 BStMG angeboten worden ist, diese jedoch nicht beglichen wurde. Die Verwirklichung des gegenständigen Delikts durch den Bw ist unbestritten.

 

Die Tat ist dem Bw daher in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er verabsäumt hat, vor Fahrtantritt das Vorhandensein einer gültigen Vignette auf dem (Dienst-)Kfz zu überprüfen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde, wodurch die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind. Im Hinblick aber darauf, dass zur Unbescholtenheit und dem Tatsachengeständnis als weiterer Milderungsgrund die besonderen Umstände des Falles kommen, im Zweifel zugunsten des Bw davon auszugehen ist, dass er der Werkstätte den Auftrag erteilt hat, nach dem Scheibenwechsel wiederum eine Jahresvignette anzubringen, was von dieser jedoch versäumt worden ist, nicht nur dieser Windschutzscheibentausch sondern auch das Vorhandensein einer Vignette auf der ausgewechselten (zerbrochenen) Scheibe nachgewiesen wurde, erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Unrechtsgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da es grundsätzlich dem Lenker eines Kfz obliegt, für eine ordnungsgemäße Mautentrichtung Sorge zu tragen bzw. vor Fahrtantritt das Vorhandensein einer gültigen Vignette oder die tatsächliche Anbringung der Vignette durch Dritte zu überprüfen. Dies gilt verstärkt auch für (Fremd-)Fahrzeuge, bei denen die Windschutzscheibe ausgewechselt wurde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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