Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150493/2/Lg/Gru/Hue

Linz, 14.02.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des P A I, S, 40 H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 16. August 2006, Zl. BauR96-853-2004/STU/Je, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.        Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Ersatzfrei­heits­strafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

II.      Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er es als Lenker des PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen L zu vertreten habe, dass er am 10. September 2004 um 13.01 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A, W, T, unmittelbar nach Autobahnabfahrt Wl benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette entrichtet zu haben.

 

In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass sein monatliches Einkommen nicht 2.000 Euro, sondern 1.300 Euro betrage und er Sorgepflichten für ein Kind habe. Die Ersatzmaut habe er nicht entrichten können, weil er vom zuständigen Beamten über diese Möglichkeit nicht informiert worden sei. Den Vorwurf, die Bundesstraße A (W) PKW-Parkplatz A benützt zu haben, weise er aufs Schärfste zurück, da er dies erstens nicht gemacht habe und dies als Unterstellung sehe, da es mit diesem Fall absolut nicht in Zusammenhang stehe. Der Bw habe den damaligen Vorwurf nicht abgestritten und erklärt, dass es ein Missgeschick gewesen sei. Er habe eine Stellungnahme zu diesem Fall gewollt, wie man sich in dieser Situation richtig verhalte. Stattdessen habe er einen neuen Vorwurf bekommen. Er bitte abermals um Stellungnahme, da seine telefonischen Angaben (Gehalt 1.300 Euro und Sorgepflicht für ein Kind) nicht berücksichtigt bzw. falsch eingetragen worden seien.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Wels vom 10.9.2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Weiters habe der Lenker zu seiner Rechtfertigung vorgebracht: "Ich bin nur kurz ohne Vignette auf der Autobahn gefahren. Ich weiß, dass dies verboten ist. Ich pendle derzeit zwischen A und S. Auf dem Weg nach Hause habe ich mich bei W verfahren und bin auf die Autobahn geraten. Meinen Führerschein habe ich in einem anderen Fahrzeug. Sie können mich doch abmahnen, denn wenn ich ein Geld hätte, hätte ich ja auch eine gültige Vignette. Bezahlen kann ich ohnehin nicht".

Der Bw sei angewiesen worden, die Autobahn ohne Vignette nicht mehr zu benützen. Weiters sei er von der Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt worden.

 

Nach Strafverfügung vom 29. Oktober 2004 brachte der Bw vor, dass er am Tattag um 13.01 Uhr auf der Bundesstraße A, W, T, ohne mautpflichtige Vignette gefahren sei. Er sei jedoch bei einer Auffahrt falsch aufgefahren und habe keine Möglichkeit mehr gehabt umzudrehen, da er sonst als Geisterfahrer unterwegs gewesen wäre. Da er sonst immer mit Firmenautos unterwegs sei, die mit einer Vignette ausgestattet seien, sei ihm erst auf der Autobahn bewusst geworden, dass er für seinen Privat-Pkw keine Vignette besitze. Daraufhin habe er bei der Abfahrt T sofort die Autobahn verlassen und lege hiermit einen Einspruch gegen das hohe Ausmaß der Strafe ein.

 

Die Erstbehörde ging bei der Strafbemessung von einem Einkommen von 1.200 Euro, keinem Vermögen und Sorgepflichten für 1 Kind aus. Dazu äußerte sich der Bw - trotz eingeräumter - Möglichkeit nicht.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Auszugehen ist von folgendem – unstrittigen – Sachverhalt:

Der Bw hat – unbestritten – am 10.9.2004 um 13.01 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A, W, T, unmittelbar nach der Autobahnabfahrt W benützt, ohne dass die für die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes vorgeschriebene zeit­abhängige Maut ordnungsgemäß (d.h. mit vorschriftsmäßig angebrachter Vignette) entrichtet wurde.

 

4.2. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG („Ersatzmaut“) bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1). Anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 ist der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

 4.3. Die Tat ist dem Bw in objektiver und, da kein Entschuldigungsgrund vorliegt, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Insbesondere wirkt nicht entschuldigend, dass der Bw irrtümlich auf eine Mautstrecke gelangte (Auszugehen ist deshalb von Fahrlässigkeit. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997).

 

Wenn der Bw vorbringt, ihm sei die Ersatzmaut nicht angeboten worden, so setzt er offenbar voraus, dass das Angebot zur Leistung der Ersatzmaut Strafbar­keitsvoraussetzung ist. Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend: Der Verwaltungs­gerichtshof hat zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG) in mehreren Erkenntnissen (vgl. u.a. Zl. 97/06/0242 v. 18.12.1997 und Zl. 98/06/0105 v. 9.9.1999) festgestellt, dass der Strafaufhebungsgrund des § 13 Abs. 3 BStFG die tatsächliche Entrichtung der Ersatzmaut voraussetzt, nicht jedoch die Aufforderung dazu. "Die erfolglose Aufforderung (ist) nicht Voraussetzung für die Strafbarkeit; die Tat wird vielmehr auch dann nicht straflos, wenn die zuvor genannten Beträge nicht entrichtet werden, mag auch die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben sein".

 

Gestützt auf die im Vergleich zum BStFG größere Detailgenauigkeit der Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) über die Vor­gangsweise der Organe im Zusammenhang mit dem Ersatzmautangebot (dies trifft insbesondere auch auf die einschlägigen Passagen der als Verordnung einzustufenden Mautordnung zu) vertrat Wessely, ZVR 07/08, 2004, Seiten 229ff, 232 – entgegen der Rechtsprechung des VwGH zum BStFG – die Auffassung, dass ein Rechtsanspruch auf die Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut besteht und verwaltungsstrafrechtliche Ahndung der Mautprellerei ohne vorhergehende Aufforderung nicht in Betracht kommt. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist dieser Auffassung aus pragmatischen Gründen gefolgt (vgl. u.a. VwSen-150253/7/Lg/Hue/Hu v. 19.7.2005), ohne die durch diese Auslegung bedingten, die Vollzugspraxis belastenden Auslegungsprobleme zu übersehen – so etwa war unklar, unter welchen genauen Voraussetzungen von einem wirksamen Ersatzmautangebot auszugehen ist.

 

Mit der Novelle zum BStMG, BGBl. I Nr. 26/2006, wurden nicht nur die Bestimmungen über die Durchführung eines Ersatzmautangebotes abgeändert, sondern auch ausdrücklich festgehalten: "Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht" (§ 19 Abs. 6). Die EB, 1262 Blg. NR 22 GP, Seite 5, führen dazu aus: "Mit der Änderung des § 19 wird klargestellt, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt". Dies bedeutet (arg. "klargestellt"), dass in den EB davon ausgegangen wird, dass die einschlägigen Regelungen des BStMG bereits vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 26/2006 nicht anders auszulegen waren, als die entsprechenden Regelungen des BStFG und zwar nach der maßgeblichen Rechtsprechung des VwGH. Aufgrund dieser gewissermaßen authentischen Interpretation des Gesetzgebers geht der Unabhängige Verwaltungssenat nunmehr ebenfalls davon aus, dass die in der Novelle BGBl. I Nr. 26/2006 explizit gemachte Rechtslage auch auf Sachverhalte anzuwenden ist, die sich vor Inkrafttreten dieser Novelle ereignet haben, somit auch im gegenständlichen Fall das Ersatzmautangebot keine Voraussetzung der Strafbarkeit ist.

Das diesbezügliche Vorbringen des Bw geht deshalb ins Leere.

 

Die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw sind ohne Bedeutung, da ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das Verschulden als nicht gering zu veranschlagen, da dem Bw die Mautpflicht bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht entgehen durfte. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen; dies erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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