Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150502/9/Re/Hue

Linz, 15.02.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger nach der am 9. Februar 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G L, S, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 27. September 2006, Zl. BauR96-695-2004/STU/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der (Straf-)Berufung wird Folge gegeben, die Geldstrafe wird auf
200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt. 

 

II.                  Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro. 

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19, 20 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt, weil er am 9. Juli 2004, 7.12 Uhr, als Lenker des Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen  die mautpflichtige A1 bei km 172.020 im Gemeindegebiet von Ansfelden in Fahrtrichtung Wien benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

 

2. In der Berufung wird auf die bisherigen Vorbringen verwiesen und betont, dass eine Strafe dieser Größenordnung überhöht sei.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 2. September 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges (3) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät (2). Der Zulassungsbesitzer sei gem. § 19 Abs. 4 BStMG am 10. Juli 2004 zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 25. Oktober 2004 brachte der Bw vor, dass er täglich die eingestellte Achsenzahl kontrolliere und es für ihn unerklärlich sei, weshalb lediglich eine Kategorie von "2" abgebucht wurde, obwohl die GO-Box die Kategorie "4" angezeigt habe. Eine zweimalige Strafzahlung für Delikte um 7.12 Uhr und 12.13 Uhr sei für den Bw kaum finanzierbar.

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der A vom 4. Februar 2005, in der auf die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers hingewiesen wird, ist zu entnehmen, dass die Vorwürfe hinsichtlich der vorgeblichen Verstellung der Achsenzahl nicht neu seien. Weder im Labor noch nachweislich bei den Nutzern des LKW-Mautsystems sei diese vorgebliche Verstellung der Achsenzahl festgestellt worden. Die GO-Boxen seien unter Berücksichtigung aller zu erwartenden Einflüsse designt, entwickelt, geprüft, gefertigt und getestet worden und würden den derzeit gültigen Vorschriften (z.B. R&TTE 99/5/EC) entsprechen. Es gebe bislang keine objektiven Anhaltspunkte für die diesbezüglichen Behauptungen des Bw. Als Beilage wurden zwei Beweisbilder und eine Einzelleistungsinformation vom Tattag angeschlossen.  

 

Dazu wurden vom Bw seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt gegeben und ergänzt, dass er von seinem Arbeitgeber (Zulassungsbesitzer) keine Möglichkeit erhalten habe, die Ersatzmaut zu entrichten bzw. das Vergleichsangebot der A anzunehmen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass er täglich in der Früh vor Fahrtantritt einen Fahrzeugrundgang vornehme, eine Tachoscheibe einlege und die eingestellte Achszahl bei der GO-Box kontrolliere. Tagsüber, somit nach Fahrtunterbrechungen, werde die eingestellte Achsenzahl nicht kontrolliert. Im Übrigen sei die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe bei weitem überhöht und könne der Bw als Lenker nicht wissen, dass er bei jeder Fahrt die GO-Box kontrollieren müsse.   

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte aus, dass für die verwendeten GO-Boxen eine Konformitätserklärung vorliege. Die einschlägigen Vorschriften der Nahfeldkommunikation seien somit dokumentiert und geprüft. Alle in der Europäischen Union verpflichtend vorgeschriebenen Überprüfungen seien nachgewiesen. Weiters sei vor Inbetriebnahme des österreichischen Mautsystems ein sechsmonatiger Probebetrieb durchgeführt worden, bei dem einige Fehlerquellen hervorgetreten seien. Diese Fehlerquellen seien als Bedienungs- bzw. Montagefehler identifiziert worden. Durch Eigenversuche habe festgestellt werden können, dass es  auch unter so genannten Extrembedingungen (rasches Anfahren, Beschleunigen, Überfahren von Eisenbahnschwellen, Schlaglöchern etc.) zu keiner Verstellung der eingestellten Achsenzahl komme. Auch könne dezidiert ausgeschlossen werden, dass On-Board-Geräte (Kaffeemaschine, Mikrowellenherd, GPS, CD-Player etc.) in die Kommunikation eingreifen, da diese in einem anderen Frequenzbereich agieren. Aufgrund der verschlüsselten Kommunikation mittels 16-Bit-Code zwischen GO-Box und Mautbalken könne auch aus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es durch mobile Geräte (freigegebener CB-Funk, Handy), welche zufällig im selben Zeitabschnitt (etwa 0,3 Sekunden) parallel verwendet werden, durch irgendwelche Überlagerungen zu einer Fehlabbuchung komme. Wenn ein Signal als unvollständig (gestört) empfangen werde, komme es zu einer Nichtabbuchung. In der Praxis sei es bereits mehrmals vorgekommen, dass es durch unbeabsichtigtes Betätigen des Drucktasters durch ein Buch o.ä., das sich im Bereich der GO-Box befunden habe, unbeabsichtigt zu einer Verstellung der Achsenzahl kommt, weil es länger als zwei Sekunden auf den Drucktaster drückt. Allerdings solle laut Mautordnung der GO-Box-Bereich von solchen Gegenständen freigehalten werden. Aufgrund des Kommunikationsablaufs (es bestehe in der Kommunikation zwischen zwei, drei oder vier Achsen ein Unterschied) sei es nicht möglich, dass ein bestimmter verschlüsselter Code sozusagen verändert beim Empfänger ankomme. Eventuelle Beeinflussungen würden zu einer Nichtabbuchung führen. Aufgrund des Aufbaues der GO-Box sei festzustellen, dass die beleuchtete Achseinstellung im Schaltplan so zu sehen sei, dass zuerst die entsprechende Kommunikation über die eingestellte Achsenzahl stattfinde und dann die entsprechende Anzeige beleuchtet werde. Dazwischen würden keine mechanischen Elemente, außer Leitungen von Schaltplatinen, liegen. Wenn aufgrund eines Produktionsfehlers ein Schaltgreif einer falschen Anzeige zugeordnet wäre, würde der Fehler permanent auftreten; z.B. bei Einstellung der Achsenzahl "4" würde beispielsweise die Ziffer "2" aufleuchten. Dieser Fehler könne sich nicht selbständig korrigieren. Wenn die GO-Box weiter verwendet werde und keine Fehlabbuchung zustande gekommen sei, könne von einem korrekten Funktionieren der GO-Box ausgegangen werden. Ein mechanischer Defekt sei daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Überdies könne der Lenker die GO-Box bei jeder Vertriebsstelle kontrolliert lassen.

 

Auf die Frage, ob es mit dem gegenständlichen LKW öfter Abbuchungsprobleme gegeben habe, antwortete der Bw, dass er für 8. Juli 2004 auch eine Anzeige bzw. eine Strafverfügung erhalten habe. An den anderen Tagen seien bei der GO-Box keine Unauffälligkeiten festgestellt worden. Die gegenständliche GO-Box sei auch an den darauffolgenden Tagen verwendet worden; Anzeigen seien dann keine mehr eingelangt.

Der Bw schränkte daraufhin ausdrücklich die Berufung auf die Strafhöhe ein und beantragte aufgrund der vorhandenen Milderungsgründe die Herabsetzung der Strafe auf die mögliche Mindesthöhe.  

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die A den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker war und die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer im Sinne des § 19 Abs. 4 BStMG zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist, diese jedoch nicht geleistet wurde. Die Verwirklichung des gegenständlichen Delikts durch den Bw ist unbestritten. Die Berufung wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde, wodurch die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Dass diese finanzielle Situation durch weitere einschlägige Verwaltungsstrafverfahren mitbedingt ist, kann sich für den Bw nicht im Sinne eines Arguments für die Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe auswirken. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG), die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Unrechtsgehalt als nicht geringfügig zu bewerten, da die Überprüfung der korrekt eingestellten Achsenzahl bei der GO-Box vor Fahrtantritt im gegenständlichen Fall die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

 

Wenn der Bw vorbringt, das Ersatzmautangebot sei ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden, verkennt er, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG der Zulassungsbesitzer (im gegenständlichen Fall: der Dienstgeber) schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern ist. Dies ist erfolgt und wurde zudem auch nicht bestritten. Die Ersatzmaut wurde nicht zeitgerecht beglichen, damit entfällt der Strafaufhebungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG. Es wird in diesem Zusammenhang auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2006, Zl. B 1140/06-6, hingewiesen, wonach es sachlich gerechtfertigt ist, lediglich den Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs zur Zahlung der Ersatzmaut aufzufordern.

 

Der Bw moniert die seiner Ansicht nach unangemessen hohe gesetzliche Mindeststrafe für die gegenständliche Verwaltungsübertretung. Damit ist keine Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses aufgezeigt. Allfällige verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese gesetzliche Regelung teilt der Unabhängige Verwaltungssenat nicht; sie wären vom Bw auf dem von der Rechtsordnung dafür vorgesehenen Weg geltend zu machen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

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