Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-120042/2/BR

Linz, 20.06.1997

VwSen-120042/2/BR Linz, am 20. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn K vertreten durch Dr. Karl Rechtsanwälte, H, gegen das Straferkenntnis des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Mai 1997, Zl. VerkR - 890.047/2-1995/Au, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z.1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 (erster Halbsatz) Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe: 1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich als Strafbehörde I. Instanz nach dem Luftfahrtgesetz hat wider den Berufungswerber wegen der Übertretung des Luftfahrtgesetzes, der Zivilflugplatzverordnung und der Zivilluftfahrtbetriebsordnung zwei Geldstrafen im Ausmaß von 7.000 S und 5.000 S und für den Nichteinbringungsfall sieben und fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er als Stellvertreter des Flugplatzbetriebsleiters (folglich kurz Betriebsleiter genannt) nicht für die Einhaltung der Rechtsvorschriften gesorgt habe, da sich beim Hangarfest auf dem Zivilflugplatz R am 9. Juli 1994 nachmittags, 1.) zahlreiche Personen, die nicht mit den Gefahren auf Flugplätzen vertraut waren, auf den nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzes (z.B. im Sicherheitsstreifen, bei den abgestellten Luftfahrzeugen neben dem Hangar) befunden hätten, weil keine ausreichenden Absperrungen vorhanden waren und ein Ordnerdienst gefehlt habe; 2.) die Mindestbreite des Sicherheitsstreifens parallel zum linken Rand der Piste "30" im Ausmaß von 30 Metern von der Pistenmittellinie aus, nicht freigehalten worden sei, indem zumindest ein parallel zum Pistenrand abgestelltes Luftfahrzeug (eine zweite Antonov) mehrere Meter in den Sicherheitsstreifen hineinragte (Pistenkategorie "F", § 24 Abs.1 Zivilflugplatz-Verordnung - ZFV).

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung im Ergebnis auf die zeugenschaftlichen Angaben des RevInsp. H und des RevInsp. W sowie die Aussage des Zeugen M, welche dargelegt hätten, daß einerseits der Zuschauerbereich von der Parkposition der Flugzeuge nur mit einem rot-weiß-roten Plastikband abgegrenzt gewesen wäre. Andererseits laut Zeugen M, diesem bei der Ankunft auf dem Flugplatz, niemand eine Anweisung über das Verhalten am Flugplatz erteilt hätte. Diese Plastikbänder seien auch nicht hoch gespannt gewesen, so daß sie leicht übersteigbar gewesen seien. Ebenfalls seien keine Ordner oder Aufsichtspersonen eingeteilt gewesen. Vom Hangar hätte man ungehindert zu den abgestellten Flugzeugen gelangen können. Zwischen dem Hangarende und dem Hangarvorfeld sei ein ca. 1,5 m breiter Durchgang gewesen und habe man von dort direkt die Antonov aus einer Entfernung von 10 bis 20 Meter bei der Landung beobachten können. Die nach der Landung ausbrechende Antonov sei direkt auf die abgestellten Flugzeuge zugerollt, wo die Familie des dabei verunfallten Kindes gestanden sei. Die Nichteinhaltung des Sicherheitsstreifens durch eine zweite Antonov stützte die Erstbehörde auf das vom ORF angefertigte Video und die darauf basierende fotogrammetrische Auswertung und die von der Gendarmerie vorgenommene Vermessung.

Darin erblickte die Erstbehörde den Tatvorwurf gegen den Berufungswerber hinreichend erwiesen und erachtete die Vernehmung der diesbezüglich beantragten Zeugen K, W, Ing. W als entbehrlich.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung.

2.1. Er rügt wesentliche Verfahrensmängel und die Unterlassung der Einvernahme der Zeugen S, S und L. Insbesondere wird aber gerügt, daß nicht zur Kenntnis genommen worden sei, daß er seine Betriebsleiterfunktion bereits zu Mittag beendet gehabt habe, wobei er dafür auch Beweise angeboten habe. Er beantragt abschließend die Verfahrenseinstellung.

3. Da keine 10.000,- S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da einerseits im Hinblick auf die Aktenlage in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen die Tatvorwürfe nicht als erwiesen angenommen werden können, andererseits nur noch im Rahmen eines unmittelbar vor dem unabhängigen Verwaltungssenat aufgenommenen Beweisverfahrens erhärtet werden könnten, der Akt jedoch erst am 13. Juni 1997, also drei Wochen vor dem Eintritt der absoluten Verjährung vorgelegt wurde und daher eine Berufungsverhandlung unter Abführung der beantragten Beweise nicht möglich ist (§ 51e Abs.1 [erster Halbsatz] VStG), andererseits aber die Entscheidungsgrundlage aus der Aktenlage hier ohnedies evident ist, war die Entscheidung ohne einer Berufungsverhandlung zu fällen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt sowie unter Bezugnahme auf das im Ergebnis inhaltsgleiche, unter VwSen-120031, bereits am 1. Februar 1996 gegen den Vertreter des Flugplatzhalters abgeführte Berufungsverfahren. Bei der Staatsanwaltschaft Ried wurde am 17. Juni 1997 noch fernmündlich der Verfahrensstand der dort anhängigen Strafverfahren in Erfahrung gebracht. 5. Folgender Sachverhalt wird als erwiesen erachtet:

5.1. Am Nachmittag des 9. Juli 1994 veranstaltete der Sportfliegerclub R ein sogenanntes Hangarfest. Der Berufungswerber fungierte am Vormittag dieses Tages als Betriebsleiter, während an diesem Tag noch zwei weitere Betriebsleiter, nämlich der ebenfalls in diesem Zusammenhang Beschuldigte J - als sogenannter Hauptbetriebsleiter - und F. S eingeteilt waren.

Um 13.37 Uhr (Ortszeit), also zum Zeitpunkt der Landung des hier zum Gegenstand des Tatvorwurfes im Hinblick auf die Abstellposition im Punkt 2. gelangenden Luftfahrzeuges, versah der Berufungswerber offenbar nicht Dienst am Tower, d. h. er übte zu diesem Zeitpunkt die Funktion des Betriebsleiters nicht aus. Wer diese Funktion zu diesem Zeitpunkt ausübte, stellte die Erstbehörde nicht fest. In der Startkladde findet sich die Landung der "zweiten Antonov" aus Salzburg unter der laufenden Nr. 572 (Lokalzeit 13.37 Uhr) und der Start dieses Flugzeuges nach Salzburg wieder mit der laufenden Nr. 594 eingetragen. In der rechten Rubrik findet sich die Paraphe (vermutlich) des Betriebsleiters. Nur bis zur Nr. 561 findet sich im leserlichen Schriftzug der Name "H" (vermutlich der Berufungswerber) in der Startkladde eingetragen. Die letzte vom Berufungswerber vermerkte Flugbewegung (laufende Kladden-Nr. 560) war die Landung eines Motorseglers, Eintragungszeichen "" um 11.12 Uhr (UCT = 13.12 Uhr Ortszeit). Es kann daher mit großer Wahrscheinlichkeit als erwiesen gelten, daß der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Landung um 11.37 Uhr (UCT = 13.37 Ortszeit) und dem nachfolgenden zu knappen Abstellen dieses Flugzeuges an der Piste nicht mehr als Betriebsleiter im Einsatz stand und ebenfalls nicht zur Zeit des Unfalles um 14.54 Uhr (Lokalzeit) mit der Wahrnehmung von Verpflichtungen als Betriebsleiter befaßt war, sodaß auch keine Funktion im Hinblick auf die Vorgänge auf Bewegungsflächen ableitbar ist. Dieser Flugunfall gelangte der Staatsanwaltschaft Ried, Zl. 1 St 842/94 und dem Untersuchungsrichter beim Landesgericht Ried, Zl. 12 U 496/94 zur Anzeige. Gegen einige Beteiligte wurde diesbezüglich am 23. Mai 1997 ein Strafantrag wegen § 177 Abs.2 iVm § 81 Z1 StGB u. § 88 Abs.1 u. 4 iVm § 81 Z1 StGB gestellt. Darunter findet sich der Berufungswerber jedoch nicht. Die Ausübung der Betriebsleiterfunktion zum Zeitpunkt der Abstellung der Antonov aus Salzburg wäre für einen darauf allenfalls zu stützenden Schuldspruch im Rahmen des Beweisverfahrens zwingende Bedingung. Davon kann aber schon bereits aus dem h. vorliegenden Aktenmaterial nicht ausgegangen werden. Dem Berufungswerber kann daher in seinem Berufungsvorbringen im Ergebnis gefolgt werden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: 6.1. Wer den Vorschriften dieses Bundesgesetzes, der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den Anordnungen der Flugsicherungsorgane zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, begeht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist vom Landeshauptmann mit einer Geldstrafe bis zu 300.000 S zu bestrafen. Liegen erschwerende Umstände vor, so kann neben einer Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Im Falle der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen ohne die nach § 103 oder § 108 erforderlichen Bewilligungen ist eine Geldstrafe von mindestens 50.000 S zu verhängen (§ 146 Abs.1 LFG).

6.1.1. Dem Betriebsleiter wird im Gegensatz zum Vertreter des Flugplatzhalters gemäß § 9 Abs.1 VStG, aus dem Wesen seiner Aufgaben folgend nicht der gesamte Ordnungsdienst und die Überwachung desselben überbürdet werden können; diesfalls wäre er zur Erfüllung der eigentlichen [ortsfesten] Funktion (am Tower) nicht mehr in der Lage. Keinesfalls dürfen ihm als Betriebsleiter aus h. Sicht außerhalb seiner Wahrnehmungs- und Kontrollmöglichkeit liegende Vorfälle zugerechnet werden. Man wird beim Betriebsleiter bei einer derartigen Veranstaltung von einem "eingeschränkten" funktionalen Verantwortungsbereich auszugehen haben, wobei dieser sich nur auf die Ausübung der Tätigkeit als Betriebsleiter beziehen wird können. Von einer Verantwortlichkeit des Betriebsleiters im Sinne des § 9 Abs.1 VStG, insbesondere dessen Abs.2 und Abs.4 kann hier nicht ausgegangen werden. 6.2. Würde man jedoch dem Berufungswerber eine Verantwortlichkeit als Vertreter des Flugplatzhalters - auch außerhalb seiner Funktion als Betriebsleiter - zuordnen wollen, so wäre die diesbezügliche Erfolgszurechnung, wie dies bereits im Verfahren gegen den Vertreter des Flugplatzhalters (den Obmann des Fliegerclubs) beurteilt wurde, durch die Subsidiaritätsklausel der verwaltungsstrafrechtlichen Zuständigkeit entledigt, da das Faktum der unbefugt auf Bewegungsflächen (Abstellflächen) vorhandenen Personen und der damit ursächlich strafrechtlich relevante Erfolg in die gerichtliche Zuständigkeit fällt (vgl. VwGH 20.5.1994, Zl. 93/02/0110 u. h. Erk. v. 12. Februar 1996, VwSen - 120031). 6.3. Weil hier ein Beweisergebnis im Hinblick auf ein Fehlverhalten nicht vorzuliegen scheint, ist von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung des Verfahrens zu verfügen. Selbst wenn am Tatvorwurf bloß Zweifel bestehen, gilt der Nachweis als nicht erbracht (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a.; Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122). Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Verantwortlichkeit, Flugplatzbetriebsleiter, Verantwortungsbereich

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