Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161966/2/Fra/Hu

Linz, 16.02.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn R V, R, 49 R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 11. Jänner 2007, VerkR96-6233-2006, betreffend Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft  Ried i.I. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt, weil er am 12.6.2006 um 6.55 Uhr als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen R auf der B im Ortsgebiet von R in Fahrtrichtung Grenze bei km 44 im Bereich der Firma W und Fa. S die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erheblich überschritten hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Ried i.I. - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Die dem Bw zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung wurde durch Herrn R S, S, 42 R, angezeigt. Laut Niederschrift der Polizeiinspektion Leopoldschlag vom 12.6.2006, Gz. A1/5877/2006, stellte dies Herr S insoferne fest, als er vom Pkw des Bw überholt wurde. Herr Stütz führte aus, eine Geschwindigkeit von 55 km/h laut Tacho gefahren zu sein.

 

Der Bw bestreitet vehement die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung und bringt  vor, dass eine derartige Schätzung zu ungenau und unzulässig sei. Er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten und glaube nicht, dass eine Privatperson mit einem Fahrzeug ohne geeichtem Tachometer in der Lage sei, Geschwindigkeiten zu schätzen. Es könne sein, dass der Tacho eine falsche Geschwindigkeit angezeigt habe und diene dieser keinesfalls als Beweismittel. Weiters sei er nicht alleine – wie dies vom privaten Anzeiger behauptet wird – sondern zu zweit im Fahrzeug gesessen. Er ersuche daher um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Im Hinblick auf das Vorbringen des Bw ist grundsätzlich festzustellen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Geschwindigkeitsschätzung als ausreichendes Beweismittel angesehen wird, jedoch unter entsprechenden Bedingungen. Zum Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug und Ablesen (auch eines ungeeichten Tachometers) gibt es eine zahlreiche Judikatur. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 19.9.1990, Zl. 90/03/0123, können Straßenaufsichtsorgane nicht nur im Vorbei- und Nachfahren eine Geschwindigkeitsschätzung vornehmen, sondern auch dann, wenn sie mit erheblicher Geschwindigkeitsdifferenz selbst überholt werden und die von ihnen eingehaltene Geschwindigkeit am Tachometer auch ablesen können (in diesem Fall wurde eine Geschwindigkeitsunterscheidung von rd. 70 km/h festgestellt).

 

Im konkreten hier vorliegenden Fall ist einerseits zu bedenken, dass die dem Bw zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht von einem geschulten Straßenaufsichtsorgan festgestellt wurde. Weiters ist davon auszugehen, dass der Tachometer des vom privaten Anzeiger gelenkten Pkw`s nicht geeicht ist. Im Regelfall weisen nicht geeichte Tachometer eine gewisse Voreilung auf. Auch dieser Umstand muss berücksichtigt und weiters müssten entsprechende Toleranzen in Abzug gebracht werden. Wenngleich festzustellen ist, dass § 46 AVG den Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel normiert, liegt nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenats im konkreten Fall kein ausreichend begründetes Tatsachensubstrat vor, um mit für ein Strafverfahren erforderlicher Sicherheit davon ausgehen zu können, dass der Bw die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeit erheblich überschritten hat. Der hier vorliegende Verdacht einer Geschwindigkeitsüberschreitung kann mangels (ausreichender) Nachvollziehbarkeit der entsprechenden Parameter auch nicht im Wege einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung geklärt werden. Für das Unterbleiben von weiteren Erhebungen ist hier im gegenständlichen Zusammenhang auch § 21 Abs.1a VStG von Bedeutung.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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