Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200132/2/Br

Linz, 01.02.1994

VwSen - 200132/2/Br Linz, am 1. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S J, G, N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom vom 17. Dezember 1993, Zl. Agrar/1059/1993-Br, wegen der Übertretung des O.ö. Jagdgesetzes zu Recht erkannt: I. Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verwaltungsstraf- verfahren eingestellt. § 48 Abs.2 O.ö. Jagdgesetz iVm mit § 1 Abs.1 der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 11. Mai 1990, LGBl.Nr. 30/1990 - Schonzeitverordnung, sowie der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 18. Juni 1990, BGBl.Nr.46/1990 (Abschußrichtlinien) und § 93 Abs.1 lit.h O.ö. Jagdgesetz, LGBl.Nr.32/1964, idF LGBl.Nr.2/1990 - JagdG.; § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungssverfahrensgesetzes, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG. II. Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren wird nicht auferlegt. Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen spricht wider den Berufungswerber mit dem obgenannten Bescheid gemäß § 21 VStG eine Ermahnung aus, weil er am 23. Juli 1993 im genossenschaftlichen Jagdgebiet N einen geschonten Rehbock erlegt habe. 1.1. Begründend vermeinte die Erstbehörde, daß diese Ermahnung erforderlich sei, um den Berufungswerber von derartigen Verhaltensweisen künftighin abzuhalten. Bei der am 30. November 1993 in Grieskirchen abgehaltenen Trophäenbegutachtung sei der vom Berufungswerber erlegte Rehbock als IIa Bock bewertet worden. Böcke dieser Klasse seien ganzjährig geschont. Aufgrund dieses Gutachtens, an dessen Richtigkeit die Erstbehörde keinen Grund für Zweifel gehabt habe, sei der Abschuß eines geschonten Bockes als erwiesen anzunehmen gewesen. Die Beurteilung dieses Bockes als IIa-Bock in freier Wildbahn sei nach dem Gutachten der Trophäenbegutachtungskommisson für den Erleger möglich gewesen. Da jedoch dieser Abschuß keinen jagdwirtschaftlichen Schaden zur Folge hatte, sei das Verschulden als gering zu erachten gewesen, sodaß die Erstbehörde von der Verhängung einer Strafe (gemeint wohl Geldstrafe) Abstand nehmen habe können. Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber am 31. Dezember 1993 zugestellt. 2. Dagegen wendet sich die fristgerecht erhobene Berufung. Der Berufungswerber begründet diese damit, daß immer wieder Vorfälle dieser Art zeigten, daß die Beurteilung eines Rehbockes in freier Wildbahn auch für erfahrene Jäger manchmal mit unvorhersehbaren Irrtümern behaftet seien. Ein solcher Irrtum treffe auch auf seinen Fall zu. Insbesondere ein Irrtum über das Gewicht der Trophäe am lebenden Wild. Auch in der Fachliteratur würde auf das schwankende spezifische Gewicht der Geweihmasse hingewiesen. Er sei daher der Meinung, daß sich beim Ansprechen dieses Rehbockes aus der Geweihausformung, kein Anlaß für Rückschlüsse auf einen zu schonenden Rehbock ergeben habe können. 3. Zumal keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Zumal die Voraussetzungen nach § 51e Abs.1 erster Fall vorliegen, ist von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen 3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt, Zl. Agrar/1059/1993-Br. Der Akt, welchem die Trophäe beigeschlossen ist, beinhaltet die für die Fällung dieser Entscheidung erforderlichen Anhaltspunkte. Als Seite eins im vorgelegten Akt erliegt ein "Trophäenwertungsprotokoll" als Anlage 2 zu Agrar/218/1993. Der dem Berufungswerber zu Last gelegte Abschuß ist als Abschußmeldung Nr. 70 registriert. In weiterer Folge wird die Trophäe des vom Berufungswerber erlegten Rehbockes als "Sechser" vermerkt. Das Alter nach dem Geweih wird mit vier Jahren und nach dem Kiefer mit drei Jahren bestimmt. Die Geweihmasse wurde als "stark", die Perlung als "gut" und die Rosen wieder als "stark" qualifiziert. Zusammenfassend wurde dieses Stück Wild der IIa-Kategorie eingeordnet. Vom optischen Eindruck wurde die Geweihform dem Hegeziel entsprechend erkannt. Abschließend wurde die Beurteilbarkeit dieser Klassenzuordnung in der freien Wildbahn für möglich erklärt. Dieses Protokoll wurde von den fünf Mitgliedern der Bewertungskommission unterfertigt. 4. Die Erstbehörde gewährt dem Berufungswerber, zu diesen ihn belastenden Ermittlungsergebnis des 30. November 1993, offenbar kein Parteiengehör, sondern sie erläßt offenkundig gleich die hier gegenständliche - als Bescheid bezeichnete - Entscheidung. Es ist sohin davon auszugehen, daß dem Berufungswerber vor der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides, also binnen der Verjährungsfrist (§ 31 Abs.1 VStG) diese Tat nie vorgeworfen wurde (§ 32 Abs.2 VStG). 5. Rechtlich ist hiezu auszuführen:

5.1. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a lit. a bis e VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw. Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a lit.a VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a lit. a VStG erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a lit. a VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall den Bescheid (das Straferkenntnis) als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt - Hinweis auf VwGH 14.12.1985, 85/02/0013 - sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen, zu messendes Erfordernis sein. 5.2. Diese Anforderung erfüllt der wider den Berufungswerber erlassene Bescheid aus mehreren Gründen nicht. Weder kann der Tatumschreibung des angefochtenen Bescheides noch sonst dem Akt entnommen werden, warum der vom Berufungswerber erlegte Rehbock (IIa-Bock) im Sinne der Schonzeitverordnung als ganzjährig geschontes Rehwild zu qualifizieren gewesen ist. Hier wären die Richtlinien für den Abschuß für Rehwild (die Richtlinien für den Abschuß von Schalenwild - gültig ab Mai 1990) anzuführen gewesen. Konkret jener Umstand, daß im Sinne dieser Richtlinien ein drei- und vierjähriger Bock, welcher ein Geweihgewicht von mehr als 260 g aufweist, dieser Klasse zugeordnet ist, wobei das Geweih des vom Berufungswerber erlegten drei bis vierjährigen Rehbockes 310 g wiegt. Der Tatvorwurf war dadurch nicht schlüssig nachvollziehbar. Aber auch hinsichtlich der Umschreibung der Tatzeit (23. Juli 1993) kann diese nicht als so eingegrenzt erachtet werden, daß die Möglichkeit einer abermaligen Bestrafung ausgeschlossen werden könnte. Es könnte sowohl der Morgen oder der Abend als Tatzeit in Frage kommen. Gleiches trifft auch auf die bloße Benennung des genossenschaftlichen Jagdgebietes ohne jede Konkretisierung als Tatörtlichkeit zu. Eine Einschränkung in der Möglichkeit, sich auf den Tatvorwurf hin zweckmäßig zu verteidigen, kann hier jedenfalls nicht ausgeschlossen werden (so auch h. Erk.vom 14. 1. 1994, Zl. VwSen-200063/14/Kl/Bk). Der unabhängige Verwaltungssenat übersieht dabei nicht, daß an diese Kriterien, dem Wesen der gegenständlichen Verwaltungsmaterie entsprechend, keine hohen Präzisierungserfordernisse gestellt werden können. Jedoch kann eine nahezu völlige Unbestimmtheit mit den Erfordernissen nach § 44a VStG nicht (mehr) in Einklang gebracht werden. Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und das Verfahren einzustellen. 6. Eine Aussage über die materielle Fallbeurteilung kann im Rahmen dieser Entscheidung nicht getroffen werden. Aus den sich häufenden Verfahren wegen Mindererfüllung der Abschußpläne wäre für die Beurteilung des subjektiv schuldhaften Verhaltens auch der Rehwildstand dieses Jagdreviers einer Beurteilung einzubeziehen gewesen. Im Falle einer etwa gebotenen Reduktion dieses Wildes, wäre wohl auch einem etwas "großzügigeres Ansprechen" ein Schuldvorwurf nicht zwingend zu erheben gewesen. So wurde etwa in einem Erkenntnis des Verwaltungssenates im Zusammenhang mit nicht erfüllten Abschußplänen dargelegt, daß die technischen Abschußmöglichkeiten eben auch eine beschränkende Komponente im Gebot des weidgerechten Jagens haben. Hier könnte im Einzelfall eine Pflichtenkollision entstehen, sodaß Grenzfälle subjektiv tatseitig auch exkulpierbar sein könnten. Inwieweit im gegenständlichen Fall der Wildkörper einen Schluß auf einen 5-jährigen Bock zugelassen hat, sodaß er offenbar als Ib-Bock angesprochen werden konnte, ergibt sich aus dem Akt nicht. Ein für die Ib-Klasse (bis 300 g Trophäengewicht) 10 g übersteigendes Geweihgewicht ist sicherlich nicht abschätzbar. Wurde der Rehbock jedoch als unter 5-jährig erachtet, so müßte wohl die Trophäe auch als über 260 g wiegend ansprechbar (erachtbar) gewesen sein. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. B l e i e r

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