Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300732/8/BMa/Ps

Linz, 15.02.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung der G P, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Perg vom 11. Mai 2006, Zl. Pol96-61-2005, wegen Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Jänner 2007 zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.:§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

zu II.: §§ 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie haben am 23.4.2005 jedenfalls gegen 12:30 in x, Ihrem 80jährigen Vater die Aufsicht über Ihren 18 Monate alten Mischlingsrüden ‚A’ überlassen, obwohl der Hundehalter oder die Hundehalterin den Hund nur durch Personen beaufsichtigen und führen lassen darf, die psychisch, physisch und geistig in der Lage sind, den Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass

  1. Menschen und Tiere durch Ihren Hund nicht gefährdet werden, oder
  2. Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden, oder
  3. er an öffentlichen Orten oder auf fremden Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen kann.“

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde die Rechtsvorschrift § 15 Abs.3 iVm § 3 Abs.2 und 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 als verletzt und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung auf der Grundlage des § 15 Abs.2 leg.cit eine Geldstrafe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 7 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das von der Berufungswerberin am 19. Mai 2006 persönlich übernommen und daher zu eigenen Handen zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 22. Mai 2006, die in einer niederschriftlichen Vernehmung der Beschuldigten vor der belangten Behörde eingebracht wurde. Konkludent wurde darin die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt, weil die belangte Behörde ihrer Entscheidung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt habe.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender wesentlicher Sachverhalt:

 

2.1. Mit Schreiben vom 26. Mai 2005, GZ: B1/3520/05-Nen, brachte der Gendarmerieposten Perg der belangten Behörde die Anzeige, wonach der 18 Monate alte Mischlingsrüde „A“ am 23. April 2005, gegen 12.30 Uhr, die am Vorplatz des Wohnhauses, spielende A T ins Gesäß gebissen habe, zur Kenntnis. Für die sachgemäße Haltung des Hundes sei xx verantwortlich.

 

Gegen die am 19. Juli 2005 erlassene Strafverfügung erhob die Berufungswerberin Einspruch.

 

Von der Staatsanwaltschaft Linz erging am 25. Juli 2005 eine Mitteilung an den Anzeigeerstatter, den Lebensgefährten der Mutter der durch den Hundebiss verletzten A T, wonach die Berufungswerberin zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht zu Hause gewesen sei und H H auf Grund seines Alters und Gesundheitszustandes die Beaufsichtigung der Hunde nicht mehr zuzumuten sei. Daher sei das Verfahren gegen beide mangels Schuldnachweis einzustellen gewesen.

 

Am 11. Mai 2006 erging das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis.

 

2.2. Die belangte Behörde legte ihrem Erkenntnis folgenden Sachverhalt zugrunde:

 

Am 23. April 2005 gegen 12.30 Uhr hat der 18 Monate alte Mischlingsrüde „A“ die am Vorplatz des Wohnhauses x, spielende A T in das Gesäß gebissen. Die Hundehalterin war zur Tatzeit nicht anwesend und hat die Aufsicht über ihren Mischlingsrüden ihrem 80-jährigen Vater überlassen.

 

2.3. Begründend wurde weiters angeführt, dem Vorbringen der Berufungswerberin, sie habe ihrem Vater nicht die Aufsicht über ihren Hund „A“ übertragen, könne von der Behörde nicht Folge geleistet werden, vielmehr sei das Gegenteil anzunehmen. So habe die Berufungswerberin unter anderem angegeben, sie wohne in Ried/Riedmark und verwahre den Hund hauptsächlich im Wohnhaus ihres Vaters. Die Angabe der Berufungswerberin, ihr Vater würde die Hunde (ihren als auch seinen eigenen) aus „reiner Bosheit“ vorsätzlich auslassen, seien lediglich Schutzbehauptungen.

 

Die verhängte Strafe sei unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Lage der Berufungswerberin festgesetzt worden und entspreche dem Ausmaß des Verschuldens. ( Das Verschulden wurde von der belangten Behörde – offenbar – unterstellt, auf diesen Aspekt wurde im Erkenntnis nicht eingegangen.)

Die belangte Behörde ging bei der Festsetzung der Strafe davon aus, dass die Berufungswerberin kein Vermögen besitze, keine Sorgepflichten habe und ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 600 Euro beziehe. Mildernde oder erschwerende Umstände wurden nicht gewertet.

 

2.4. In ihrer niederschriftlichen Berufung vor der Bezirkshauptmannschaft Perg gab die Berufungswerberin an, sie sehe nicht ein, für den Fehler ihres Vaters Verantwortung zu übernehmen und Strafe zu zahlen. Sie habe ihrer Meinung nach ihrem Vater nie die Aufsicht über ihren Hund übertragen und auch dann nicht, wenn sie diesen zeitweise in seiner Küche verwahrt habe. Wenn der Hund frei herumgelaufen sei, sei das immer der Bosheit ihres Vaters zuzuschreiben, der den Hund ausgelassen habe.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt die niederschriftliche Vernehmung des H H, des Vaters der Berufungswerberin, vom 20. Juni 2005 beim Gendarmerieposten 4320 Perg beim Bezirksgericht Perg angefordert und für den 15. Jänner 2007 eine öffentliche mündliche Verhandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anberaumt, um der Berufungswerberin die Möglichkeit zu geben, sich nach Verlesung der Niederschrift mit H H, der zwischenzeitig verstorben war, zu äußern. Zu dieser Verhandlung ist – trotz ordnungsgemäßer Ladung - Frau P. nicht erschienen. Die belangten Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben mit Schreiben vom 9. Jänner 2007. Der gesamte Akt wurde daher verlesen und vor Schluss der mündlichen Verhandlung das im Spruch ersichtliche Erkenntnis mündlich verkündet.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Auf Basis dieser Verlesung trifft der Unabhängige Verwaltungssenat teils abweichend von den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen, teils ergänzend zu diesen folgende Feststellungen:

G. P. sperrte am 23. April 2005 ihren Mischlingsrüden "A" in der Küche des Hauses x, welches von ihrem Vater bewohnt wird, ein und verließ dann das Haus. Es kann nicht festgestellt werden, dass sie ihren Vater mit der Beaufsichtigung des Hundes betraut hat. Sie wusste jedoch, dass ihr Vater – aus Bosheit – diesen immer wieder aus versperrten Räumen auslässt. In der Folge geschah dies auch am 23. April 2005, sodass der Hund das Haus verlassen konnte und gegen 12:30 Uhr am Vorplatz des Hauses x, die dort spielende A T in das Gesäß biss.

 

4.2. Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass der das Geschehen am 23. April 2005 vor dem Vorfall gegen 12:30 Uhr betreffenden Darstellung der G. P. zu folgen war. Insbesondere spricht gegen die Richtigkeit der Darstellung des mittlerweile verstorbenen Vaters der Beschwerdeführerin, er habe den Hund nicht freigelassen, dass er keine nachvollziehbare Begründung dafür geben konnte, warum der Hund dennoch das Haus verlassen konnte.

 

4.3. Die relevanten Rechtsvorschriften (§ 3 Abs.2, § 3 Abs.3 und § 15 Abs.1 Z3 des Landesgesetzes über das Halten von Hunden [Oö. Hundehaltegesetz 2002, LGBl. Nr. 147/2002 idF LGBl. Nr. 124/2006]) wurden im angefochtenen Erkenntnis wiedergegeben, eine nochmalige Zitierung erübrigt sich somit.

 

Gemäß § 15 Abs.2 Oö. Hundehaltegesetz sind Verwaltungsübertretungen, sofern die Tat nicht den Tatbestand eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen.

 

4.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z.1 VStG ist die Tat soweit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Sen. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm. 2 zu § 44a VStG).

 

 

4.5. Aus den neu getroffenen Feststellungen ergäbe sich demnach, dass G. P. den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z.1 O.ö. Hundehaltegesetz 2002 verletzt hat, hat sie doch den Hund nicht sicher verwahrt, indem sie ihn im Haus ihres Vaters zurückließ, sodass dieser in der Folge das Nachbarkind verletzen konnte.

Daran vermochte der Umstand nichts zu ändern, dass sie den Hund in der Küche eingesperrt hat. Denn aufgrund ihrer mit ihrem Vater gemachten Erfahrungen musste sie damit rechnen, dass dieser ohnehin ihren Hund neuerlich auslassen würde, wie es dann auch tatsächlich geschah.

Dieses Fehlverhalten der Berufungswerberin kann ihr jedoch nicht (mehr) angelastet werden ( siehe die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG), denn die belangte Behörde hat ihr im insoweit allein maßgeblichen Spruch einen Verstoß gegen § 3 Abs.Oö. Hundehaltegesetz angelastet (konkret: sie habe ihren Hund durch eine andere hiefür nicht geeignete Person beaufsichtigen lassen), nicht jedoch einen gegen Abs. 2 Z.1 leg.cit. (konkret: eigene ungeeignete Beaufsichtigung).

 

Demnach war der Beschwerde Folge zu geben und G. P. von dem wider sie erhobenen Vorwurf freizusprechen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ( § 45 Abs.1 Z.3 VStG).

 

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

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