Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300769/3/BMa/Mu/Ps

Linz, 14.02.2007

 

 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung der Tier­schutz­ombuds­frau von Oberösterreich gegen den Bescheid des Bezirkshaupt­manns des Bezirks Gmunden vom 4. Dezember 2006, Zl. Pol96-132-2005, wegen der Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Tierschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG),

BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24 und 51 Abs.1 Verwaltungs-strafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch

BGBl. I Nr. 117/2002 iVm § 41 Abs. 4 Bundes­ge­setz über den Schutz der Tiere, BGBl. I Nr. 118/2004 (im Folgenden: Tierschutzgesetz - TSchG)

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde das gegen A W, . ., Primesberg 7 (in der Folge: Beschuldigter), eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes einer Ver­waltungs­über­tretung nach § 5 Abs. 2 Z 10 und § 16 iVm § 38 des Bundes­ge­setzes über den Schutz der Tiere, BGBl. I Nr. 118/2004, eingestellt. Als Rechts­grund­lage wurde

§ 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 Abs. 7 Tierschutzgesetz angeführt.

 

Begründend wird unter Darstellung der gesetzlichen Vorschriften im Wesentlichen darauf verwiesen, dass der Dachverband der Oö. Tierschutzorganisationen gegen den Beschuldigten Anzeige erstattet habe und die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt ausgehe: Der Beschuldigte habe am 29. Oktober 2005 im Zeitraum 9.00 Uhr bis 9.30 Uhr im Gemeindegebiet . (Rossmossalm) mindestens 9 Lockvögel in winzigen Käfigen eingesperrt und diese auf Bäumen und Holz­gerüsten gehängt und somit die darin befindlichen Tiere einer Bewegungs­einschränkung ausgesetzt.  Überdies habe er am 29. Oktober 2005 im Zeitraum 9.00 Uhr bis 9.30 Uhr im Gemeindegebiet . (Rossmossalm), zahllose Vogelfallen errichtet und damit versucht, wildlebende Singvögel durch den Fallenfang einer Bewegungseinschränkung auszusetzen.

 

Das Bezirksgericht Bad Ischl habe den Beschuldigten nach der Bestimmung des § 222 StGB (Tierquälerei) angeklagt und am 5. Juli 2006 nach der Bestimmung des § 259 Z 3 StPO freigesprochen, da nicht habe erwiesen werden können, dass er die ihm zur Last gelegte Tat begangen habe.

 

Unter Hinweis auf Art. 4 7. ZPEMRK führt die belangte Behörde aus, dass der dem Beschuldigten durch die Verwaltungsstrafbehörde vorgeworfene Tatbestand dem vom Bezirksgericht vorgehaltenen weitgehend entspreche, weshalb zwingend die Subsidiaritäts­klausel des § 38 Tierschutzgesetz anzuwenden sei. Das gegen den Beschuldigten eingeleitete Strafverfahren sei daher einzustellen.

 

1.2. Dieser Bescheid wurde dem Beschuldigten – laut tel. Angabe der belangten Behörde zugestellt (ein Zustellnachweis war im vorliegenden Akt nicht auffindbar); der Tierschutzombudsfrau von Oberösterreich wurde der Bescheid mit e-Mail am 4. Dezember 2006 zugestellt.

 

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 erhob die Tierschutzombudsfrau von Oberösterreich gegen den genannten Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden Berufung. Abschließend beantragte sie, ihrer Berufung stattzugeben und den oben näher bezeichneten Bescheid der Bezirks­haupt­mann­schaft Gmunden dahingehend abzuändern, dass über den Beschuldigten gemäß § 5 Abs. 2 Z 10 und § 16 iVm § 38 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 Tierschutzgesetz eine Geld­strafe bis höchstens 7.500 Euro verhängt werde, in eventu den bekämpften Ein­stellungs­bescheid der Bezirkshauptmannschaft zu beheben und die Sache zur ergänzenden Ermittlung an die Bezirkshauptmannschaft zurückzuverweisen.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bezirkshauptmannschaft habe es im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel des § 38 Abs. 7 Tier­schutz­gesetz unterlassen, genaue Erhebungen durchzuführen und im Bescheid genau darzulegen, aus welchen Gründen im Einzelnen vom zuständigen Strafgericht ein Freispruch erfolgt sei. Gerade derartige Fest­stellungen wären jedoch notwendig gewesen, um in rechtlicher Hinsicht von der Anwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel des § 38 Abs. 7 Tierschutzgesetz bzw. einem Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot ausgehen zu können. Bei Durchführung der entsprechenden Erhebungen wäre mit Sicherheit ein anderes Verfahrensergebnis möglich gewesen, weshalb der Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet sei.

 

Zwar sei nach herrschender Meinung davon auszugehen, dass grundsätzlich auch gerichtliche Freisprüche, die in einem Verfahren gemäß § 222 StGB ergehen, eine „Sperrwirkung“ im Hinblick auf eine Verhängung einer Verwaltungsstrafe nach

§ 38 Tierschutzgesetz entfalten könnten, doch treffe dies nicht uneingeschränkt und generell zu. Die Verwaltungsstraftatbestände des § 5 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 10 und § 16 iVm § 38 Tierschutzgesetz würden nämlich weiter reichen als der in § 222 StGB vertypte Tatbestand. Insbesondere betroffen sei die subjektive Tatseite (Vorsatz/Fahrlässigkeit), allerdings würde es auch auf der objektiven Tatseite Unter­schiede geben.

 

Die von der belangten Behörde vertretene – im Ergebnis sehr extensive – Auslegung der Subsidiaritätsklausel in § 38 Abs. 7 Tierschutzgesetz würde auch dazu führen, dass den Verwaltungsstraftatbeständen des § 38 Tierschutzgesetz im Ergebnis kein eigener Anwendungsbereich mehr verbleibe. Ein derartiges „hinweginterpretieren“ einer Rechtsvorschrift sei nach den anerkannten Grundsätzen juristischer Methoden­lehre aber unzulässig, da jede Norm so auszulegen sei, dass ihr ein eigener, selbständiger Wirkungs- und Anwendungsbereich zukomme.

 

Schlussendlich wird darauf hingewiesen, dass aus Sicht der Tierschutzombudsfrau von Oberösterreich sowohl der Fang als auch die Haltung von Singvögeln den betroffenen Tieren Stress und Angst in einem Ausmaß verursache, dass dadurch jedenfalls die objektive Tatseite des § 38 Tierschutzgesetz erfüllt werde. Dies­bezüglich wird auf eine Stellungnahme von Prof. Dr. Gerhard Loupal sowie eine Stellungnahme des Tier­schutz­rates, in der der Singvogelfang als Tierquälerei gemäß § 5 Tierschutzgesetz bezeichnet wird, verwiesen. Beide Stellungnahmen sind der Berufung in Kopie angeschlossen.

 

 

2. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Gmunden hat die Berufung samt dem be­zughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im ange­fochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 


2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

Da sich bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Vorbringen der ent­scheidungs­wesentliche Sachverhalt klären ließ und die Berufung zurückzuweisen ist, konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG die Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Verhandlung entfallen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Gegen den Beschuldigten wurde mit Schreiben vom 17. November 2005, Zl. Pol96-132-2005, wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Z 10 und § 16 iVm. § 38 des Bundesgesetze über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz) ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Dieses wurde mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 4. Dezember 2006, Zl. Pol96-132-2005, gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm. § 38 Abs. 7 Tierschutzgesetz eingestellt.

 

Der entsprechende Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden wurde der Tierschutzombudsfrau von Oberösterreich zugestellt. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 erhob sie dagegen Berufung an den Oö. Ver­waltungs­senat.

 

2.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akt und wird im Wesentlich auch nicht bestritten.

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 41 Abs. 4 des Bundesgesetze über den Schutz der Tiere (Tier­schutz­gesetz – TSchG), BGBl. I Nr. 118/2004, hat der Tierschutzombudsmann „in Ver­waltungs­ver­fahren nach diesem Bundesgesetz Parteistellung. Er ist berechtigt, in alle Ver­fahrens­akten Einsicht zu nehmen, sowie alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Die Behörden haben den Tierschutzombudsmann bei der Ausübung seines Amtes zu unterstützen.“

 

3.2. Wie sich aus dem oben zitierten Gesetzeswortlaut ergibt, kommt dem Tier­schutz­ombuds­mann in „Verwaltungsverfahren“ Parteistellung zu. Der vorliegende Fall betrifft allerdings ein Verwaltungsstrafverfahren. Zu prüfen ist daher, ob dem Tier­schutz­ombuds­mann nur in Verwaltungsverfahren oder auch in Ver­waltungs­straf­ver­fahren Parteistellung zukommt, die gemäß § 51 Abs. 1 VStG Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Berufung ist.

 

3.2.1. Der zitierten Gesetzesbestimmung ist jeden­falls keine ausdrücklich normierte Parteistellung für „Verwaltungsstrafverfahren“ zu entnehmen. Auch sonst enthält das TSchG keine entsprechende ausdrückliche Bestimmung.

 

Die Materialien zum Tierschutzgesetz äußern sich zu dieser Frage nicht; auch dort ist (nur) von „Verwaltungsverfahren“ die Rede (vgl. die EB zur RV 466 und zum AB 509 BlgNR XXII. GP).

 

Das B-VG unterscheidet ausdrücklich zwischen den beiden Begriffen „Verwaltungs­ver­fahren“ und „Verwaltungsstrafverfahren“ (vgl. Art. 11 Abs. 2). Gleiches gilt für einige weitere Bundesgesetze, etwa das Finanzmarktaufsichtsgesetz (§ 21 Abs. 1), das Wert­papieraufsichtsgesetz (vgl. § 32b Abs. 2) und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (vgl. § 15 Abs. 6 bzw. 7).

 

Weitere Bundesgesetze enthalten Bestimmungen über die Parteistellung, die sich ausdrücklich auf Verwaltungsstrafverfahren beschränken (vgl. etwa § 28a Ausländer­beschäftigungsgesetz).

 

Auch im Art I des Einführungsgesetzes zu den Ver­waltungs­ver­fahrens­gesetzen 1991 – EGVG wird zwischen Verwaltungsverfahren und Ver­waltungs­straf­verfahren unter­schieden, wenngleich nicht übersehen wird, dass dort offenbar mit dem Einschub „Verwaltungs­verfahrens­gesetze“ auch ein Oberbegriff genannt wird.

 

3.2.2. Aus einer Gesamtbetrachtung ergibt sich somit, dass der Bundesgesetzgeber in der Regel grundsätzlich zwischen den Begriffen „Verwaltungsverfahren“ und „Ver­waltungs­straf­verfahren“ unterscheidet und die jeweiligen Anordnungen und Zu­ständigkeiten unter Bedachtnahme auf diese Begrifflichkeiten normiert. Wenn also der Gesetzgeber des TSchG eine Zuständigkeit des Tierschutzombudsmannes für „Ver­waltungs­ver­fahren“ vorgesehen hat, so ist davon auszugehen, dass diesem eine Zuständigkeit für „Ver­waltungs­straf­ver­fahren“ eben gerade nicht zukommt.

 

Diesem Ergebnis kann auch nicht der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes
(B 186/06 vom 6. Juni 2006) entgegen gehalten werden, weil der Gerichtshof dort wörtlich lediglich davon spricht, „dass die Einräumung einer (Amts-)Parteistellung an einen Tier­schutz­ombuds­mann von Tirol in einem Ver­waltungs­straf­ver­fahren nach dem Tierschutzgesetz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen würde“. Damit lässt der Gerichtshof die Frage, ob das TSchG eine solche Parteistellung einräumt, im Ergebnis offen.

 

Ein weiteres Argument für die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Ver­ankerung einer Parteistellung für das Verwaltungsstrafverfahren kann auch darin gesehen werden, dass vor dem Hintergrund des grundsätzlich bestehenden Ver­schlechterungsverbots im Straf­verfahren und dessen Einschränkung im § 51 Abs. 6 VStG die Einräumung einer Parteistellung für Amts- oder Organparteien (die in vielen Fällen ja zur Anwendung des § 51 Abs. 6 VStG führen wird) besonders normiert werden müsste. Eine sprachlich und systematisch zumindest unklare Regelung darf – um den Beschuldigten nicht in seinen Ver­fahrens­garantien zu beeinträchtigen – daher nicht ausweitend interpretiert werden, dies umso mehr, als – wie im vor­liegenden Fall – zumindest de facto die Organpartei nahezu als Anklagebehörde auftritt (vgl. zu den entsprechenden Grenzen Ver­waltungsgerichtshof vom 25. Februar 2005, 2003/09/0158).

 

Ergänzend dazu kommt, dass § 41 TSchG (auch) im Zusammenhang mit der Partei­stellung des Tierschutzombudsmanns offenbar keinen ausdrücklichen Anknüpfungs­punkt in ört­licher Hinsicht (etwa im Sinn eines Sprengels seiner „Zuständigkeit“) enthält. Gerade für Verwaltungsstrafverfahren hätte es hier jedoch wohl einer ent­sprechenden klaren Regelung bedurft.

 

3.3. Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats kommt in Verwaltungsstrafverfahren nach dem TSchG der Tierschutzombudsfrau von Oberösterreich auf Grund des § 41 Abs. 4 TSchG somit keine Parteistellung zu.

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Berufung in Verwaltungsstrafverfahren ist gemäß § 51 Abs. 1 VStG die Parteistellung. Da der Tierschutzombudsfrau von Ober­österreich eine solche nicht zukommt, war ihre Berufung als unzulässig zurückzu­weisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann – soweit eine entsprechende Beschwerdelegitimation gegeben ist – innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

Beschlagwortung:

Tierschutzombudsfrau; Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren;

§ 41 TSchG, § 41 Abs.4 TSchG;

 

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