Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530520/3/Kü/Hu

Linz, 16.02.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn G S, G, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M K, T, L, vom 28. August 2006 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. August 2006, Zl. UR-2006-1434/30, betreffend die Abweisung einer Vorstellung gegen die Vorschreibung von Verfahrenskosten zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. August 2006, Zl. UR-2006-1434/30, zur Gänze aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm §§ 76 und 77 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm § 62 Abs.3 Abfallwirtschaftgesetz 2002, BGBl. I Nr.102/2002 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Juli 2006, UR-2006-1434/25, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden Bw) in den Spruchabschnitten I. und II. die Einhaltung nachträglicher Auflagen bezüglich der auf Grundstücken Nr. …, …, … und …, je KG P, bestehenden Kompostierungsanlage aufgetragen bzw. wurde im Spruchabschnitt III. die Bezahlung von Verfahrenskosten und zwar Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von 6,50 Euro und Kommissions­gebühren gemäß § 3 der Landeskommissionsgebühren­verordnung 2001 in Höhe von 600 Euro vorgeschrieben.

 

Unter Bezugnahme auf die in diesem Bescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung wurde vom Bw rechtzeitig gegen Spruchabschnitt III. das oben genannten Bescheides bezogen auf die Vorschreibung von Kommissionsgebühren das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. August 2006, UR-2006-1434/30, wurde dieser Vorstellung nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Begründend führte die Erstinstanz nach Zitierung der Vorschriften des § 77 Abs.1 und § 76 Abs.1 AVG aus, dass aufgrund des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Jänner 2006, VwSen-530116/71, von der Behörde bei der gegenständlichen Kompostierungsanlage im Zuge einer Überprüfung am 20. März 2006 neuerlich erhoben wurde, welche alternativen, dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen außer der Betriebseinstellung zur Wahrung der Interessen nach § 43 AWG 2002 gesetzt werden können.

 

Aus diesem Grund habe die Behörde mit Schreiben vom 1. März 2006 für den 20. März 2006 ein Lokalaugenschein beim Anwesen des Bw zur Besprechung und Beurteilung alternativer Maßnahmen anberaumt und durchgeführt. Aus der Niederschrift vom 20. März 2006 gehe hervor, dass die Amtshandlung von 10.00 bis 14.00 Uhr gedauert habe.

 

Voraussetzung für die Verpflichtung der Partei zum Kostenersatz sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Fall der amtswegigen Anordnung ein gemäß § 1294 ABGB zu beurteilendes Verschulden, das für die Vornahme der Amtshandlung kausal sei sowie, dass die von Amts wegen angeordnete, die Kosten verursachende Maßnahme zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlich sei.

 

Die Amtshandlung vom 20. März 2006 außerhalb der Amtsräume sei sicherlich erforderlich gewesen, um beurteilen zu können, welche Alternativen dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen außer der Betriebseinstellung in Wahrung der Interessen nach § 43 AWG 2002 gesetzt werden könnten.

 

Nach dem Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates seien jedenfalls unzumutbare Geruchsbelästigungen in der Nachbarschaft als gegeben zu erachten, die von der gegenständlichen Kompostierungsanlage ausgehen würden. Für den Fall sehe das Gesetz (§ 62 Abs.3 AWG 2002) vor, dass die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben habe. Der Bw habe daher sehr wohl einen Grund zum Einschreiten für die Behörde gegeben und diesen auch verschuldet.

 

2.   Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, den Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Anziehung des § 76 Abs.2 AVG nicht richtig sei, zumal zu keinem wie immer gearteten Zeitpunkt ein Verschulden des Bw, welches die Amtshandlung notwendig gemacht hätte, festgestellt (auch nicht vom UVS Oö.) und/oder nachgewiesen worden sei. Auch wenn der Unabhängige Verwaltungssenat in seinem neuesten Erkenntnis davon spreche, dass von der gegenständlichen Kompostierungsanlage eine Geruchsbelästigung ausgehe, so sei daraus jedenfalls kein Verschulden des Einschreiters zwingend ableitbar.

 

Die Begründung der belangten Behörde auf Seite 3 des angefochtenen Bescheides, und zwar ab dem vierten Absatz, sei weder nachvollziehbar noch logisch. Dass der Einschreiter gegen den Bescheid vom 9.1.2004, UR-710223/190-2002, rechtzeitig Berufung erhoben habe, sei wohl als sein Grundrecht eines funktionierendes Rechtsstaates zu verstehen und nicht wie die belangte Behörde nun irrigerweise zum Ausdruck bringe, als verfahrenseinleitender Antrag im Sinne des § 76 Abs.1 AVG zu qualifizieren. Die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 27.1.2006 lasse im Gegenteil erkennen, dass die belangte Behörde ursprünglich eben nicht mit einer Betriebsschließung hätte vorgehen dürfen, sondern in Entsprechung der Anwendung des AWG 2002 alternative Maßnahmen – und zwar von Anfang des Verfahrens an – hätte auftragen müssen. Es könne daher zu keinem wie immer gearteten Zeitpunkt davon gesprochen werden, dass der Einschreiter einen verfahrenseinleitenden Antrag oder eine Amtshandlung im Sinne des § 76 Abs.1 oder Abs.2 AVG herbeigeführt habe. Die von der belangten Behörde im nun angefochtenen  Bescheid angezogene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei in der Begründung weder ordnungsgemäß zitiert, noch in einem Zusammenhang zum gegenständlichen Sachverhalt interpretiert worden.

 

Tatsächlich würden einerseits sämtliche nun per Bescheid vorgeschriebenen Auflagen bereits schon vor der Amtshandlung vom Bw eingehalten, zumal ja beide Amtssachverständige wiederholend zum Ausdruck gebracht hätten, dass die Auflagen lediglich dem Stand der Technik zur Betreibung einer Kompostierungsanlage entsprechen würden. Andererseits sei es notorisch, dass von einer jeden Kompostierungsanlage aufgrund des natürlichen Fäulnisprozesses eine Geruchsbelästigung ausgehe. Daraus könne aber dem Einschreiter weder ein kausales Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB vorgeworfen noch ein solches nachgewiesen werden und entbehre daher der gegenständliche Bescheid jeglicher rechtlicher Grundlage.

 

Es sei jedoch nicht nur der Einschreiter, sondern auch die belangte Behörde – wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich festgestellt habe – Partei des Verfahrens und sei daher mangels eines verfahrenseinleitenden Antrages des Bw und mangels Verschulden, die ausgesprochenen Kommissionsgebühren nicht dem Bw vorzuschreiben, sondern hätte diese von der belangten Behörde getragen werden müssen. Die neuerliche Vorschreibung der gegenständlichen Kommissionsgebühren und die Abweisung der Vorstellung seien beinahe als Willkürakt der belangten Behörde zu werten, zumal die Behörde davon in Kenntnis sei, dass der Bw keinen verfahrenseinleitenden Antrag gesetzt habe, sämtliche Voraussetzungen eines schadenersatzrechtlichen Verschuldens nicht vorliegen und der Einschreiter nun gezwungen würde, ein ihn finanziell sehr belastendes Rechtsmittelverfahren zu führen.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit Schreiben vom 5. September 2006 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungs­entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs.1 AVG entfallen, da der Sachverhalt nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates eindeutig feststeht und zudem keine mündliche Verhandlung beantragt wurde.  

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 77 Abs.1 AVG können für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes Kommissionsgebühren eingehoben werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühren ist § 76 sinngemäß anzuwenden.

 

§ 76 Abs.1 erster Satz AVG lautet: Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat.

 

§ 76 Abs.2 AVG lautet: Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

 

5.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs belasten, wenn die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet wurde, nach dem zweiten Satz des § 76 Abs.2 AVG die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Voraussetzung für die Verpflichtung zum Kostenersatz ist also ein gemäß § 1294 ABGB zu beurteilendes Verschulden, das für die Vornahme der Amtshandlung kausal ist, sowie, dass die von Amts wegen angeordnete, die Kosten verursachende Maßnahme zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlich ist (vgl. VwGH vom 2.12.1997, 97/05/0191).

 

Von dem Verschulden eines Beteiligten wird dann gesprochen werden können, wenn dieser mit seinen Handlungen gegen eine gesetzliche normierte Pflicht verstößt. Vom Landeshauptmann von Oberösterreich wurde bezüglich der gegenständlichen Kompostierungsanlage ein Verfahren nach § 62 Abs.3 AWG 2002 geführt. Gemäß § 62 Abs.3 AWG 2002 hat die Behörde, sofern sich nach Erteilung der Genehmigung gemäß den §§ 37, 44 oder 52 ergibt, dass die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind, die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben.

 

Dem Wortlaut des § 62 Abs.3 AWG folgend hat die Behörde auch bei konsensgemäßen Anlagenbetrieb durch den Anlagenbetreiber für den Fall der trotzdem auftretenden Beeinträchtigung von geschützten Interessen geeignete Maßnahmen zur Hintanhaltung weiterer Beeinträchtigungen vorzuschreiben. Diesfalls wird den Anlagenbetreiber schon auf Grund der gesetzlichen Formulierung des § 62 Abs.3 AWG 2002 kein Verschulden an der Verfahrenseinleitung durch die Behörde anzulasten sein, da dieser die Auflagen des Genehmigungsbescheides einhält. Ohne der Tatsache der Einhaltung der Genehmigungsauflagen ist von der Behörde kein Verfahren nach § 62 Abs.3 AWG 2002 einzuleiten. Für den Fall, dass die Anlage von einem Anlagenbetreiber nachweislich entgegen des Konsenses betrieben wird, ist von der Behörde vielmehr ein Verfahren nach § 62 Abs.2 AWG 2002 anzustrengen. Im Fall des konsenswidrigen Betriebes einer Anlage kann in Beachtung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls von einer vom Anlagenbetreiber ausgehenden Rechtswidrigkeit und somit für den Fall der Durchführung einer auswärtigen Amtshandlung von einem diesbezüglichen Verschulden des Anlagenbetreibers ausgegangen werden.

 

Aufgrund der Gesetzessystematik geht der Unabhängige Verwaltungssenat daher davon aus, dass im Falle des rechtswidrigen Verhaltens des Anlagenbetreibers ein Verfahren nach § 62 Abs.2 AWG 2002 und im Falle des konsensmäßigen Verhaltens des Anlagenbetreibers, welches trotzdem zu Beeinträchtigungen von Interessen führt, ein Verfahren nach § 62 Abs.3 AWG 2002 durchzuführen ist. Beiden Verfahren gemeinsam ist, dass diese nicht über verfahrenseinleitenden Antrag, sondern von der Behörde von Amts wegen einzuleiten sind.

 

Auch gegenständlich wurde das Verfahren vom Landeshauptmann von Oberösterreich von Amts wegen aufgrund von Anrainerbeschwerden über Geruchsbelästigungen eingeleitet. Die Behörde hat es nach der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 27. Jänner 2006 für notwendig erachtet, neuerlich einen Lokalaugenschein bei der gegenständlichen Kompostierungsanlage durchzuführen und wurde dieser am 20. März 2006 im Beisein von Sachverständigen der Fachbereiche Abfalltechnik und Luftreinhaltung durchgeführt. Zweck dieses Lokalaugenscheins war die sachverständige Beurteilung von möglichen Maßnahmen, die geeignet sind, vorhandene Geruchsbeeinträchtigungen entsprechend zu minimieren, um den öffentlichen Interessen zu entsprechen.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates handelt es sich bei diesem Lokalaugenschein sicher um eine zweckdienliche Maßnahme zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes und war daher die Durchführung des Lokalaugenscheins berechtigt.

 

Aus den Aktenunterlagen der Erstinstanz ergibt sich, dass vom Bw die gegenständliche Kompostierungsanlage gemäß dem vorliegenden Konsens bzw. den Bestimmungen der Kompostierungsanlagenverordnung betrieben wurde. Da es trotz dieses Umstandes zu Anrainerbeschwerden hinsichtlich massiver Geruchsbelästigungen gekommen ist, sah sich die Behörde veranlasst, in Wahrung der öffentlichen Interessen ein Verfahren nach § 62 Abs.3 AWG 2002 abzuführen. Bereits aus der gesetzlichen Formulierung in § 62 Abs.3 AWG 2002, Argument „trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen“ kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Bw als Betreiber der gegenständlichen Kompostierungsanlage ein Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB an dem vom Landeshauptmann abgehaltenen Lokalaugenschein treffen kann. Aufgrund dieser Überlegungen kann daher dem Bw die Bezahlung von Kommissionsgebühren in Anlehnung an die Bestimmungen des § 76 Abs.2 AVG nicht vorgeschrieben werden. Der Bw hat im gegenständlichen Verfahren weder einen verfahrenseinleitenden Antrag gestellt, noch die zweifelsohne notwendige Amtshandlung durch sein Verschulden herbeigeführt.

 

Aus diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung stattzugeben und der Bescheid der Erstinstanz zu beheben.

 

6. Im Verfahren sind für den Antragsteller Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Kommissionsgebühren

 

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