Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230275/6/Br

Linz, 18.02.1994

VwSen - 230275/6/Br Linz, am 18. Februar 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn E N, B, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 5. November 1993, Zl.: Sich96/2096/1993/B, nach der am 18. Februar 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 82 Abs.1 Z4 iVm § 5, § 15 Abs.3 Z2 Fremdengesetz, BGBl.Nr. 838/1992; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsver-fahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 5 Abs.1, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 666/1993 VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden für das Berufungsverfahren 100 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat mit dem Straferkenntnis vom 5. November 1993, Zl.: Sich96/2096/1993/B, wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 82 Abs. 1 Z4 iVm § 15 Abs.3 Z2 FrG eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit von einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er sich als Fremder (deutscher Staatsangehöriger) fallweise im Zeitraum vom 27. Jänner 1993 bis 12. März 1993 unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten habe, obwohl die Gültigkeit seines Sichtvermerkes am 26. Jänner 1993 geendet hatte. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei daher in diesem Zeitraum nicht rechtmäßig gewesen.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die zur Last gelegte Übertretung durch die eigenen Angaben des Berufungswerbers bei seiner Einreise am 12. März 1993 beim Grenzübergang B erwiesen sei. Die weitere Verantwortung, nämlich die gänzliche Verlegung des Aufenthaltes nach München ab Jahresende 1992, stehe in Widerspruch zu den Angaben bei der Einreise am 12. März 1993. Trotz der Meldebestätigung von München stehe fest, daß es sich bei dem Wohnsitz in W, jedenfalls bis 31. März 1993 um einen ordentlichen Wohnsitz gehandelt habe. Dies hätte auch die Aussage der Zeugin S ergeben. Diese Zeugin habe sich zu erinnern vermocht, daß der Berufungswerber wenigstens bis Ende April 1993 zeitweise an der zuletzt genannten Adresse aufhältig gewesen sei. Er habe daher die ihm zur Last gelegte Übertretung zu verantworten.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner am 18. November 1993 fristgerecht erhobene Berufung. Nach einer Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein hätte er in Erfahrung gebracht, für einen Nebenwohnsitz in Österreich überhaupt keine Aufenthaltsgenehmigung zu brauchen. Dieser Wohnsitz in Wagenhausen sei nämlich nie ein Hauptwohnsitz gewesen. Hätte er in Österreich einen Hauptwohnsitz unterhalten, wäre er in Österreich auch steuerpflichtig gewesen. Aus diesen Gründen beantrage er die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Überweisung von 80 DM als Ersatz für die ihm durch dieses Verfahren entstandenen Schreibarbeiten. 3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Zumal festzustellen war, ob sich der Berufungswerber noch während des vorgeworfenen Tatzeitraumes in Österreich aufgehalten hat, war dies im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu klären.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl. Sich96/2096/1993/B, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner durch Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen dieser Verhandlung. 5. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber hat sich jedenfalls in der Zeit von 27. Jänner 1993 bis 12. März 1993 (noch) an der Adresse W in H aufgehalten. In dieser Unterkunft haben sich, bis zum letzteren Datum, noch in seinem Eigentum stehende Sachen, sowie Bargeld deponiert befunden. Ferner hat ein aufrechter Mietvertrag und eine polizeiliche Meldung bestanden. Ebenfalls hat sich der Berufungswerber auch noch regelmäßig, wenn auch nicht an jedem Wochenende, an Wochenenden an dieser Adresse aufgehalten. Im Verlaufe des Tatzeitraumes wurden wohl laufend Übersiedlungstätigkeiten vorgenommen. Diese wurde gemäß einer Bestätigung des Zollamtes - "Zollanmeldung für die Abfertigung eines Übersiedlungsgutes" - mit 3. April 1993 abgeschlossen. Darin findet sich auch die "Wohndauer im Zollausland" in der Zeit vom 30. Jänner 1989 bis 31. März 1993 bestätigt. 5.1.1. Dieser Beweis ergibt sich aus der Meldung der Gendarmerie Hochburg Ach und aus der Verantwortung des Berufungswerbers vor dem unabhängigen Verwaltungssenat. Hier wird weder die unterbliebene Verlängerung des Sichtvermerkes, noch wird in Abrede gestellt, daß während des zur Last gelegten Zeitraumes noch ein teilweiser Aufenthalt in Wagenhausen, insbesondere an den Wochenenden bestanden hatte. Der Berufungswerber vermeinte lediglich, daß er, aufgrund der ihm erteilten Auskunft durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein, überhaupt keines Sichtvermerkes bedurft hätte.

5.2. Rechtlich hat der unabhägige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.2.1. Paßpflichtige Fremde brauchen für die Einreise und den Aufenthalt einen Sichtvermerk, soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird (§ 5 FrG). Gemäß dem Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den Personenverkehr, BGBl.Nr. 329/1969, dürfen Deutsche, die u.a. Inhaber eines gültigen Reisepasses sind, ohne Sichtvermerk in die Republik Österreich einreisen und sich dort drei Monate aufhalten (Artikel 2 Abs.1). Deutsche die sich länger als drei Monate in der Republik Österreich aufhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit ausüben wollen, benötigen einen gültigen Reisepaß, Diplomatenpaß, Ministerialpaß, Dienstpaß, Kinderausweis oder Donauschifferausweis und einen Sichtvermerk. Die Erteilung des Sichtvermerkes ist entweder vor der Einreise bei einer österreichischen Vertretungsbehörde oder unverzüglich nach der Einreise bei der zuständigen Sicherheitsbehörde zu beantragen (Abs.2). Ein Sichtvermerk ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbstätigkeit die Dauer von drei Monaten nicht übersteigen soll. Ist jedoch die Ausübung einer im Umherziehen ausgeübten Erwerbstätigkeit beabsichtigt, so bedarf es ohne Rücksicht auf die Dauer dieser Tätigkeit stets eines Sichtvermerkes (Abs.3). 5.2.2. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet richtet sich nach 1. der durch zwischenstaatliche Vereinbarung, Bundesgesetz oder Verordnung getroffenen Regelung (siehe oben) oder 2. der Befristung der Bewilligung oder des Sichtvermerkes. Diese Frist wurde im gegenständlichen Fall überschritten. Dem Berufungswerber ist jedoch als schuldmildernd zugutezuhalten, daß er sich gleichsam schon in Übersiedlung befunden hat und sich daher um die Verlängerung seines Sichtvermerkes nicht mehr gekümmert hat. Ungeachtet dessen hätte es zur Legalisierung dieser, wenn auch gelegentlich nur mehr an den Wochenenden gepflogenen, Aufenthalte eines Sichtvermerkes bedurft. Das Gesetz stellt auf die Dauer eines Aufenthaltes ab. Dieser Aufenthalt ist als zeitliches Ganzes zu sehen, sodaß der Rechtsansicht des Berufungswerbers jedenfalls nicht dahingehend gefolgt werden kann, daß es gleichsam für die letzten drei Monate eines länger dauernden, und für die Zeit vorher von einem gültigen Sichtvermerk abgedeckten, Aufenthaltes in Österreich keines Sichtvermerkes mehr bedurft hätte. Ebenfalls kann dem Gesetz nicht entnommen werden, daß die Sichtvermerkspflicht für einen "im Auslaufen" befindlichen Aufenthalt nicht mehr bestehen würde. Dem Wortlaut und der Intention des Gesetzes folgend stellt dieses auf den "Aufenthalt eines Fremden auf dem Gebiet der Republik Österreich" ab. Dieser Begriff schließt auch einen lediglichen Aufenthalt zu den Wochenenden, so dieser die Dauer von drei Monaten übersteigt, ein. 5.2.3. Mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S ist u.a. zu bestrafen wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15 FrG und § 82 Abs.1 Z4 FrG). 6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß sich der Berufungswerber, wie oben bereits dargelegt, in Ansehung der beabsichtigten Aufgabe seines Aufenthaltes in Österreich, nicht mehr um die Verlängerung seines Sichtvermerkes bemüht gehabt hat. Die Häufigkeit seines Aufenthaltes hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf bloße gelegentliche Wochenendaufenthalte beschränkt gehabt. Diese Umstände können auf der subjektiven Tatebene wohl als schuldmildernd, nicht aber als schuldausschließend, anerkannt werden. Der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von nur 500 S kann daher trotz ausschließlich strafmildernder Umstände nicht entgegengetreten werden. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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