Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-290151/5/Wim/Be

Linz, 07.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Wiederaufnahmeantrag des Herrn Bürgermeister Ing. F B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M M, Mag. T H, Mag. P R, vom 18.12.2006 auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 24.10.2006, VwSen-290134/13/Wim/Be, rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14.7.2005 unter der Aktenzahl ForstR96-19-2004 wegen einer Übertretung des Forstgesetzes 1975  zu Recht erkannt:

 

          Dem Wiederaufnahmeantrag wird keine Folge gegeben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4,  69 AVG und 45 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.   Mit dem gegenständlichen Antrag wurde die Wiederaufnahme des Verwaltungs­straf­verfahrens gegen den Beschuldigten deshalb begehrt, da mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu ForstR96-6-2001 vom 10.11.2006, zugestellt am 15.11.2006, das auf den selben Sachverhalt wie die Entscheidung Forst R96-19-2004 abstelle, das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden sei. In jenem Verfahren sei daher festgestellt worden, dass der Beschuldigte gemäß § 45 Abs.1 VStG keine strafbare Handlung begangen habe.

 

Durch diese Feststellung mache der Beschuldigte den Wiederaufnahmegrund des Hervorkommens neuer Tatsachen gemäß § 69 Abs.1 Z.2 geltend. Die Tatsache, dass das Verwaltungsstrafverfahren zu ForstR96-6-2001 auf dem selben Sachverhalt basiere, wie das hier anhängige bzw. zur Wiederaufnahme beantragte Verfahren, in jenem Verfahren jedoch eine Einstellung des Strafverfahrens erfolgt sei könne nur dazu führen, dass im hier anhängigen Verfahren ebenso ein Freispruch, sohin ein im Sinne des Gesetzes anders lautender Bescheid zu fällen wäre.

 

Der Grund der Wiederaufnahme sei dem Beschuldigten erst bei konkreter Prüfung des Aktes ForstR96-6-2001 erkennbar gewesen. Im Zuge der Erstellung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde im hier anhängigen Verfahren sei festgestellt worden, dass das vorbezeichnete Verfahren auf exakt denselben Sachverhalt wie die hier anhängige Entscheidung abstelle.

Die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde sei am 6.12.2006 gefertigt und eingebracht worden und es sei daher die Zweiwochenfrist des § 69 Abs.2 AVG noch nicht abgelaufen. Nachdem beiden Verfahren derselbe Sachverhalt zu Grunde liege, sei daher auf das hier anhängige Verfahren das Günstigkeitsprinzip des § 1 VStG anzuwenden und dieses Verfahren daher ebenso einzustellen.

 

Es wurde daher der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG sowie in weiterer Folge auf Einstellung des dann anhängigen Verfahrens gemäß § 45 VStG gestellt.

 

1.2.   Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Wiederaufnahmeantrag samt dazugehörigen Verfahrensakten dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung mit Vorlageschreiben vom 5.1.2007, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 29. Jänner 2007 vorgelegt und darin ausgeführt, dass von der dortigen Behörde mit Schreiben vom 10.11.2006, ForstR96-6-2001, welches mit Normalkuvert am 13.11.2006 abgesendet wurde, dem Beschuldigten mitgeteilt worden sei, dass dieses Verwaltungsstrafverfahren nach dem Forstgesetz eingestellt wurde.

Dies sei deshalb erfolgt, da der Beschuldigte über denselben Tatvorwurf jedoch unterschiedlicher Tatzeitraum rechtskräftig bestraft worden sei.

Es entspreche somit nicht den Tatsachen dass das Strafverfahren unter der Zahl ForstR96-6-2001 eingestellt worden sei, da keine strafbare Handlung begangen wurde. Der Strafakt ForstR96-19-2004 habe aus computer­technischen Gründen angelegt werden müssen.

 

1.3.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in Wahrung des Parteiengehörs dem Antragsteller dieses Schreiben zugestellt und es wurde von diesem mit Schriftsatz vom 16.2.2007 dazu eine Stellungnahme abgegeben in der ausgeführt wurde, dass die Einstellung des Verfahrens aus einem der Gründe des § 45 Abs.1 VStG erfolgt sein müsse und das die Rechtskraft im gegenständlichen Verfahren nicht am 14.7.2007 eingetreten sei. Es werde der Wiederaufnahmeantrag wiederholt.

 

2.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten erstinstanzlichen Verfahrensakte zu beiden Verwaltungs­strafverfahren und in die vom Antragsteller abgegebene schriftliche Rechtfertigung.

 

2.2.   Da aufgrund der Aktenlage die Sache bereits als entscheidungsreif einzustufen ist und auch von dem rechtsfreundlich vertretenen Antragsteller keine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt wurde, konnte eine solche gemäß § 67d AVG entfallen.

 

2.3.   Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichem Sachverhalt aus:

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 24. Oktober 2006, VwSen-290134/13/Wim/Be wurde der Berufung des nunmehrigen Antragstellers gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14.7.2005, ForstR96-19-2004 wegen Übertretung des Forstgesetzes 1975 keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in dessen Spruch die Formulierung "vor Antragstellung (Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung vom 13.11.1997)" zu entfallen hat.

 

In diesem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Antragsteller im Einzelnen vorgeworfen:

"Sie haben es als Bürgermeister der Gemeinde Pasching und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Gemeinde Pasching, 4061 Pasching, zu verantworten, dass, zumindest vom 22.7.1997 bis 28.6.2004, in 4061 Pasching auf dem Waldgrundstück Nr. 1699, KG Pasching, vor Antragstellung (Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung vom 3.11.1997) eine konsenslose Rodung im Ausmaß von rund 2800 für die Erweiterung der bereits bestehenden Sport- und Freizeitanlage erfolgte und die Waldfläche in diesem Ausmaß einer anderen Verwendung als der der Waldkultur, und zwar als Beachvolleyballplatz, als Liegewiese sowie als Inlineskaterplatz zugeführt werden und somit gegen das Rodungsverbot gemäß § 17 Abs.1 Forstgesetz 1975 verstoßen wurde."

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. November 2006, ForstR96-6-2001 welches den Stempelvermerk "abgesendet 13.11.06" trägt, wurde dem Antragsteller zu Handen seines Rechtsvertreters bekannt gegeben: "Es darf Ihnen mitgeteilt werden, dass das gegen Sie eingeleitete Strafverfahren nach § 17 Abs.1 iVm. § 174 Abs.1 lit.a Z.6 Forstgesetz 1975 idgF. gemäß § 45 Abs.1 VStG eingestellt wurde."

 

Dieses Strafverfahren wurde mit Ladungsbescheid vom 25. Juli 2001 eingeleitet mit der Mitteilung:

"Es wird Ihnen zur Last gelegt folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen zu haben:

Sie haben es als Bürgermeister und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Gemeinde Pasching, 4061 Pasching, zu verantworten, dass in 4061 Pasching, auf dem Waldgrundstück Nr. 1699, KG Pasching, bereits vor dem 21.7.1997 und somit vor Antragstellung (Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung vom 3.11.1997) eine konsenslose Rodung im Ausmaß von rund 2800 für die Erweiterung der bereits bestehenden Sport- und Freizeitanlage erfolgte und die Waldfläche in diesem Ausmaß einer anderen Verwendung als der der Waldkultur, und zwar als Beachvolleyballplatz, als Liegewiese sowie als Inlineskaterplatz zugeführt werden und somit gegen das Rodungsverbot gemäß § 17 Abs.1 Forstgesetz 1975 verstoßen wurde."

 

Das Einstellungsschreiben vom 10.11.2006 wurde mit einfachem Kuvert ohne Rückschein am 15.11.2006 an den Rechtsvertreter des Berufungswerbers zugestellt.

 

In diesem Akt findet sich noch ein Aktenvermerk vom 10.11.2006 in dem auf dem vorgefertigten Formular keiner der angeführten Einstellungsgründe markiert wurde sondern handschriftlich eingefügt wurde: "Das gegenständliche Strafverfahren wird eingestellt, da der Beschuldigte mit Straferkenntnis vom 14.7.05 über selben Tatvorwurf rechtskräftig bestraft wurde."

 

3.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1.   Gemäß § 69 Abs.1 Z.2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und alleine oder in Verbindung mit dem sonstigem Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

 

Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Die Umstände aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

 

Dies ist im ersten Halbsatz des Abs.2 und im letzten Satz dieses Absatzes geregelt.

 

Gemäß Abs.4 steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein Unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.

 

3.2.   Beide Strafverfahren unterscheiden sich von ihrem Tatvorwurf tatsächlich, wie vom Berufungswerber angeführt, nur in der Dauer des vorgeworfenen Tatzeitraumes. Dabei ist festzuhalten, dass die Formulierung der Tatzeit im Verwaltungsstrafverfahren ForstR96-6-2001: ".... bereits vor dem 21.7.1997 und somit vor Antragstellung (Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung vom 3.11.1997...." speziell im Zusammenhang mit dem Tatzeitvorwurf im ansonsten identen Verwaltungsstrafverfahren ForstR96-19-2004: "..... zumindest vom 22.7.1997 bis 28.6.2004 ...." auch zur Annahme Anlass gibt, ob dieses vorherige Verfahren nicht überhaupt nur zeitlich frühere Verstöße zum Gegenstand hatte. Dies wäre in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei der Übertretung um ein Dauerdelikt handelt durchaus plausibel.

In einem solchen Fall würde überhaupt keine zeitliche Überschneidung  vorliegen. Dass die Verwaltungsstrafbehörde zeitlich unterschiedliche aber ansonsten inhaltlich idente Tatvorwürfe hinsichtlich der Strafbarkeit unterschiedlich beurteilt, ist grundsätzlich möglich. Wenn sie dabei, ev. auch unzutreffenderweise, eines dieser Strafverfahren einstellt, wird dadurch der Betroffene nicht in seinen Rechten verletzt – umgekehrt gibt ihm das aber auch keinen Anspruch auf die gleiche Vorgehensweise im zweiten Verfahren, wenn dieses rechtmäßig weitergeführt wurde.

Bei weiterer Auslegung des Tatzeitraumes, für den auch der Einstellungs­aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft spricht, würde das rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren einen kürzeren Tatzeitraum beinhalten als das nachträglich eingestellte.

 

3.3.   Grundsätzlich wurde dem Antragsteller mit Zugang der Mitteilung über die Einstellung des zweiten Strafverfahrens diese Tatsache bekannt. Diese Zustellung ist, obwohl sie mit einfachem Kuvert ohne Rückscheinbrief vorgenommen wurde, offensichtlich am 15.11.2006 erfolgt. Dies hat der Antragsteller in seinem Antrag selbst angegeben und es deckt sich auch mit dem Absendevermerk der Erstbehörde, der das Datum 13.11. trägt, dass die Sendung zwei Tage später und somit am 15.11. auch tatsächlich beim Rechtsvertreter des Antragstellers eingelangt ist.

Die zweiwöchige Antragsfrist für die Wiederaufnahme des Verfahrens hat somit zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Der Umstand dass demselben Rechtsvertreter des Berufungswerbers erst bei der Vorbereitung der Verwaltungsgerichtshofs­beschwerde aufgefallen ist, dass hier ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Strafverfahren gegeben sein könnte, ist für den Beginn des Fristenlaufes nicht maßgeblich. Grundsätzlich hätte es ihm schon mit Zugang der Einstellung auffallen müssen, dass hier ein Zusammenhang bestehen könnte. Dieses "Übersehen" geht zu Lasten des Antragstellers.

Es ist daher schon aus diesem Grund von einer Verspätung des Antrages auszugehen. Der Berufungswerber konnte mit diesem Vorbringen die Einhaltung der gesetzlichen Frist des erst am 18.12.2006 abgesendeten Wiederaufnahmeantrages nicht glaubhaft machen.

 

3.4.   Auch handelt es bei der Tatsache der Einstellung des älteren Strafverfahrens nicht um ein Beweismittel, das schon vor der Erlassung des das wiederaufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden hat und das erst nach diesem Verfahren bekannt geworden ist (nova reperta), sondern um eine erst nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens neu entstandene Tatsache, die nicht die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigt.

 

Überdies ist die Einstellung nicht ausdrücklich auf den § 45 Abs.1 Z.2 1. Fall VStG gestützt worden, nämlich dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Im Einstellungsschreiben wird nur der § 45 Abs.1 VStG allgemein zitiert als Grundlage für die Einstellung. Auch in dem der Einstellung zu Grunde liegenden Aktenvermerk gemäß § 45 Abs.2 VStG ist in dem eigentlich dafür vorgesehenen Formular keine der Alternativen angekreuzt sondern wurde angeführt, dass das gegenständliche Strafverfahren eingestellt wird, da der Beschuldigte mit Straferkenntnis vom 14.7.05 über den selben Tatvorwurf rechtskräftig bestraft wurde. Dazu ist zunächst dem Antragsteller beizupflichten, dass die (formelle) Rechtskraft natürlich nicht am 14.7.2005 sondern erst mit der bereits zitierten UVS-Entscheidung eingetreten ist. Diese missverständliche Formulierung ist aber nicht entscheidungs­relevant.

 

Unter der Annahme von sich überschneidenden Tatzeiträumen hat die Erstbehörde hier zumindest für den identen Zeitraum rechtsrichtigerweise auf das sogar gemeinschaftsrechtliche gebotene Doppelbestrafungsverbot Rücksicht genommen und zumindest für diesen Zeitraum die Einstellung zu Recht vorgenommen. Wenn die Einstellung auch für die Zeiträume außerhalb des bereits bestraften Tatzeitraumes vorgenommen wurde, so wird dadurch der Betroffene nicht in seinen Rechten verletzt – umgekehrt gibt ihm das aber auch keinen Anspruch auf die gleiche Vorgehensweise im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren.

 

Aus den gesamten oben angeführten Gründen war daher dem Antrag keine Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  Wimmer

 

 

 

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