Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400871/4/BMa/Be

Linz, 07.03.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Einzelmitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des G E O, Staatsangehöriger von Nigeria, vertreten durch D E W. D, Rechtsanwalt, wegen Verhängung der Schubhaft und Anhaltung in dieser durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als die Anhaltung in Schubhaft ab 15. Februar 2007, 15.24 Uhr, für rechtswidrig erklärt wird. Gleichzeitig wird die Rechtmäßigkeit der Erlassung des Schubhaftbescheides und der Anhaltung des Beschwerdeführers in dieser bis 15. Februar 2007, 15.24 Uhr, festgestellt.

            Weiters wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung

           des Beschwerdeführers in Schubhaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht

           mehr vorliegen.

 

II.                   Der Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer als zum Teil obsiegender Partei Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

            Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde als zum Teil           obsiegender Partei 220,30 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution     zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2006, iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 1. Februar 2007, Sich40-2372-2004 wurde die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs.2 Z.1 und 3 FPG iVm § 77 Abs.4 FPG iVm § 80 Abs.5 FPG iVm § 57 AVG 1991 angeordnet.

 

1.2. Begründend wird im genannten Bescheid nach Darstellung der Rechtsgrundlagen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt ausgeführt, der Beschwerdeführer sei erstmals am 14. September 2004 unter Umgehung der Grenzkontrolle über eine unbekannte Reiseroute illegal nach Österreich eingereist. In der Folge habe er am gleichen Tag ein Asylbegehren in der Erstaufnahmestelle West eingebracht. Er habe keine Identitätsdokumente vorweisen können, die von ihm angeführte Identität gelte daher als nicht gesichert. Er sei mittellos, habe keine Bezugsperson in Österreich und sei daher auf staatliche Unterstützung angewiesen. Ihm sei eine landesbetreute Unterkunft zugewiesen und sein Asylverfahren zur Prüfung dem Bundesasylamt Linz übertragen worden.

Mit Bescheid des Bundesasylamt Linz vom 20. Dezember 2005 sei sein Asylbegehren gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen und gemäß § 8 Asylgesetz 1997 festgestellt worden, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Gleichzeitig sei er gemäß § 8 Asylgesetz 1997 aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen worden. Die dagegen eingebrachte Berufung sei mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. April 2006 abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung sowie die Ausweisung bestätigt worden. Über die dagegen erhobene Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 3. Oktober 2006 festgestellt, dass die Entscheidung richtig und die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Oktober 2006 sei über ihn das gelindere Mittel angewendet und ihm nachweislich aufgetragen worden, an seiner Wohnaderesse in Linz Unterkunft zu nehmen und sich jeden zweiten Tag bei der nächst gelegenen Polizeiinspektion zu melden. Mit Bericht vom 2. November 2006 habe die Polizeiinspektion Schubertstraße der BPD Linz mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Durch eine Nachschau an seiner alten Wohnadresse, ebenfalls in Linz, habe der Beschwerdeführer am 15. Jänner 2007 aufgegriffen und festgenommen werden können. Der Beschwerdeführer habe sofort ein neuerliches Asylbegehren geäußert und sei bereits am darauffolgenden Tag zur schriftlichen Einbringung in die Erstaufnahmestelle West überstellt worden. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 1. Februar 2007 sei sein Folgeantrag gemäß § 68 AVG durchsetzbar zurückgewiesen und er gemäß § 10 Asylgesetz 2005 durchsetzbar aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich neuerlich ausgewiesen worden.

 

1.3. Weiters führte die belangte Behörde begründend aus, es sei unbestreitbar, dass eine vom Verwaltungsgerichtshof geprüfte rechtskräftige Ausweisung vorgelegen sei, ehe der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Zuge der Fremdenkontrolle am

15. Jänner 2007 geäußert habe. Faktum sei auch, dass er bewusst der ihm Rahmen des gelinderen Mittels aufgetragenen Meldeverpflichtung nicht nachgekommen sei, sich aus der angeordneten und zugewiesenen Unterkunft ohne Abmeldung entfernt habe und sich illegal an einer nicht gemeldeten Wohnadresse in Linz aufgehalten habe, um einer Durchsetzung der Ausweisung sowie einer drohenden Abschiebung nach Nigeria zu entgehen. Er habe sich aus dem gelinderen Mittel entzogen und sei in die Illegalität abgetaucht. Der Gesetzgeber sehe im Rahmen des Fremdenrechtspaktes 2005 gemäß § 77 Abs.4 FPG vor, dass eine Schubhaft zu verhängen sei. Dies sei eine  "Ist-Bestimmung". Es sei zu befürchten, dass der Beschwerdeführer sich auf freiem Fuß belassen dem weiteren Zugriff der Behörde ein weiters Mal entziehen, erneut straffällig werden und erneut in die Illegalität abtauchen werde, erneut illegal Grenzen überschreiten und erneut Bestimmungen nach dem Grenzkontrollgesetz, dem Strafgesetzbuch oder dem Fremdenrechtspaket als für ihn nicht geltenden ansehen und sich dem neuerlichen Ausweisungsverfahren als auch einer drohenden Abschiebung nach Nigeria entziehen werde. Seine Anhaltung in Schubhaft sei zur Sicherung der Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung seiner Abschiebung unbedingt erforderlich. Ein gelinderes Mittel könne nicht angewendet werden, weil er sich bereits aus diesem entzogen habe. Er habe in Österreich keine familiären Bindungen oder soziale Verpflichtungen, wodurch er flexibel in seiner Lebensgestaltung und an keine Örtlichkeit im Bundesgebiet gebunden sei.

 

2.1. Gegen die Verhängung der Schubhaft und deren Aufrechterhaltung richtet sich die vorliegende Schubhaftbeschwerde vom 28. Februar 2007, die am 1. März 2007 beim Oö. Verwaltungssenat einlangte.

 

Darin führt der Beschwerdeführer zum Sachverhalt ergänzend an, sein anlässlich der fremdenrechtlichen Kontrolle in Linz gestellter Antrag auf internationalen Schutz vom 16. Jänner 2007 sei mit Bescheid vom 1. Februar 2007, 07 00.543 EWEST, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Seiner dagegen erhobenen Berufung habe der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 15. Februar 2007, 267.785-2/3E-XII/05/07, stattgegeben, das Verfahren zugelassen und den Bescheid der EWEST behoben.

 

2.2. Begründend wurde weiters ausgeführt, durch die vom UBAS mit Bescheid vom 15. Februar 2007 verfügte Zulassung des Asylverfahrens komme ihm ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Asylgesetz zu. Dadurch seien die Bestimmungen des

§ 76 Abs.2 Z.1 bis 4 FPG auf ihn nicht mehr anwendbar.

Von Anfang an sei auch § 76 Abs.2 Z.3 FPG zur Begründung seiner Inschubhaftnahme untauglich gewesen, weil gegen ihn keine Ausweisung nach dem FPG und auch kein Aufenthaltsverbot, sondern nur eine Ausweisung nach dem Asylgesetz erlassen worden sei. Keinesfalls habe die BH Vöcklabruck über ihn die Schubhaft im Sinn des § 77 Abs.4 FPG verhängen müssen, weil er nicht einem von dieser Behörde angeordneten gelinderen Mittel entlaufen sei. Er sei seit seiner Ankunft in Thalham am 16. Jänner 2007 bis zur Inschubhaftnahme am 1. Februar 2007 nach dem GVG-B versorgt worden, er sei daher nicht mittellos im fremdenrechtlichen Sinne gewesen und habe sich dem Asylverfahren auch nicht entzogen. Seine regelmäßige Anwesenheit in Thalham und die pünktliche Wahrnehmung der Ladungstermine im Bundesasylamt hätten gerade Gegenteiliges vermuten lassen.

 

Abschließend wurde daher der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie die Rechtswidrigkeit seiner Festnahme und seiner Anhaltung in Schubhaft ab Beginn, in eventu die Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft ab Zulassung des Asylverfahrens am 15. Februar 2007 feststellen und erkennen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Auch die Erstattung der Stempelgebühren und des pauschalierten Schriftsatzaufwandes wurde beantragt.

 

2.3. Die belangte Behörde hat per E-Mail fremdenpolizeiliche Unterlagen übermittelt und in ihrem Vorlageschreiben die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

 

Es wurde nochmals darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, an einer bestimmten Adresse Unterkunft zu nehmen und sich zur Verfügung der Behörde an dieser Adresse aufzuhalten, nicht nachgekommen sei.

Vielmehr sei er in die Illegalität abgetaucht. Mit Bescheid des Bundesasylamtes EAST WEST vom 1. Februar 2007 sei der Folgeantrag gemäß § 68 AVG durchsetzbar zurückgewiesen worden und der Beschwerdeführer neuerlich aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Der UBAS habe den erstinstanzlichen Bescheid behoben und der Asylwerber sei mit Wirkung vom 16. Februar 2007 zum Asylverfahren zugelassen worden. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers unterliege einem Irrtum, wenn er davon ausgehe, das die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck von der Schubhaft hätte Abstand nehmen können, denn im Gesetz sei nicht davon die Rede, welche Behörde das gelindere Mittel zu verhängen habe. Vielmehr sei die Behörde verpflichtet, die Schubhaft zu verhängen weil der nigeranische Staatsangehörige seiner Verpflichtung aufgrund der Anordnung zur Unterkunftnahme und zur Meldung in periodischen Abständen bei einem bestimmten Polizeikommando nicht Folge geleistet habe. Es habe ein dringender Sicherungsbedarf bestanden und dieser bestehe nach wie vor. Der Beschwerdeführer sei, gemäß dem seinem Begehren nicht Folge gebenden VwGH-Erkenntnis und nachdem über ihn ein gelinderes Mittel durch die BPD Linz verhängt worden sei, in die Illegalität abgetaucht, um sich so fremdenpolizeilichen Maßnahmen (seiner Abschiebung) zu entziehen. Auch wenn der UBAS den erstinstanzlichen Bescheid behoben habe, könne nicht davon ausgegangenen werden, dass die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht zweckdienlich wäre, wurde doch der Bescheid aus formellen Gründen behoben. O sei rechtskräftig ausgewiesen worden, dies habe sogar das Höchstgericht bestätigt. Diese Ausweisung sei vor Stellung des neuerlichen Asylantrages nicht nur durchsetzbar, sondern auch rechtkräftig erlassen gewesen.

Es wurde auch darauf hingewiesen, dass gegen O Ermittlungen gemäß dem SMG geführt würden und durch die Aufrechterhaltung der Schubhaft die Vorführung zur nigerianischen Botschaft zwecks Feststellung der Identität zur eventuellen Ausstellung eines Heimreisezertifikates gesichert werde. Auch dieser erforderlichen Maßnahme habe sich der Beschwerdeführer bisher im Amtsbereich der BPD Linz entzogen.

Abschließend wurde die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

 

3.1.  Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.

Weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt ist, konnte gemäß § 83 Abs.2 Z.1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem im bekämpften Bescheid dargestellten, vom Beschwerdeführer unbekämpft gebliebenen Sachverhalt aus, der sich überdies widerspruchsfrei aus den vorliegenden Unterlagen ergibt. Die ergänzende Darstellung des Verfahrens in der Beschwerde deckt sich mit dem Vorbringen im Vorlageschreiben der belangten Behörde.

 

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Nach § 82 Abs.1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2006 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

  1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs.1 FPG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 83 Abs.4 FPG).

Der Beschwerdeführer wurde am 1. Februar 2007 festgenommen und wird seitdem in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und Anhaltung in Schubhaft ist damit zulässig.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs.2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.      gegen ihn eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.      gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.      gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.      auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs.3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

4.3. Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass es sich beim Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides um einen Asylwerber im Sinne des § 76 Abs.2 FPG gehandelt hat und der Schubhaftbescheid einerseits auf

§ 76 Abs. 2 Z.3 FPG und andererseits auf § 76 Abs.2 Z.1 FPG gestützt wurde.

Wie sich aus dem dargestellten Sachverhalt ergeben hat, wurde die Schubhaft im Anschluss an die Zurückweisung des Folgeantrages auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, erlassen, mit dem er gleichzeitig gemäß § 10 Asylgesetz 2005 durchsetzbar aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen worden war. Die Heranziehung des § 76 Abs.2 Z.1 zur Verhängung der Schubhaft war damit rechtmäßig.

Es ist auch der Rechtsmeinung der belangten Behörde insoweit zu folgen, als nicht zu unterscheiden ist, ob sich der Beschwerdeführer aus dem gelinderen Mittel der schubhaftverhängenden Behörde oder jener einer anderen Behörde bereits einmal entzogen hat.

Alleine aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer, der überdies weder beruflich noch sozial in Österreich integriert ist, in der Vergangenheit behördliche Anordnungen des Aufenthalts an einem bestimmten Wohnsitz und der regelmäßigen Meldung bei einer Polizeiinspektion nicht Folge geleistet hat und in die Illegalität abgetaucht ist, rechtfertigt die Nichtanwendung eines gelinderen Mittels.

 

Mit Erlassung des Bescheides des Unabhängige Bundesasylsenat vom 15. Februar 2007, 15.24 Uhr, mit dem das Asylverfahren des Beschwerdeführers zugelassen wurde, trat eine Änderung der Sach- und Rechtslage ein. Die im ersten Asylverfahren ausgesprochene Ausweisung, die durch den VwGH bestätigt wurde, wurde durch die Zulassung des Asylverfahrens obsolet. Gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können Ausweisungen wirkungslos werden. Das wurde vor allem für Fälle einer nachträglichen Legalisierung des inländischen Aufenthalts eines Fremden – wenn diesem also nach Erlassung des Ausweisungsbescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt – ausgesprochen (VwGH vom 24.01.2002, Zl. 2000/21/0195 mwN).

Damit ist auch die Rechtsgrundlage des § 76 Abs.2 Z.1 FPG zur Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft weggefallen.

Die von der belangten Behörde zur Schubhaftverhängung ebenfalls zitierte Rechtsgrundlage des § 76 Abs.2 Z.3 stellt explizit auf die fremdenrechtlichen Ausweisungs- und Aufenthaltsverbotsbestimmungen des FPG ab, sodass von dieser Schubhaftbestimmung nur solche Asylwerber umfasst sind, gegen die vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz bereits auf Grundlage des FPG die beschriebenen aufenthaltsbeendenen Maßnahmen erlassen wurden (Riel/Schrefler/König/Szymanski/Wollner, FPG § 76 Anm23). Weder aus den vorgelegten Unterlagen noch aus dem Vorbringen der belangten Behörde geht hervor, dass gegen den Beschwerdeführer eine auf Grundlage des FPG erlassene durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot verhängt worden ist. Diesbezüglich ist der Beschwerde beizupflichten, dass

§ 76 Abs.2 Z.3 FPG nicht Grundlage dieses Schubhaftbescheides bzw. der Aufrechterhaltung der Schubhaft sein kann.

Seit der Erlangung der Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet der Republik Österreich ist der bis zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig bestehende Schubhaftgrund weggefallen und die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wurde damit rechtswidrig.

Dem Vorbringen der Behörde, der Beschwerdeführer werde auch auf der Grundlage des § 77 Abs.4 angehalten, die Schubhaft habe verhängt werden müssen bzw. diese sei aufrechtzuerhalten, weil der Beschwerdeführer in der Vergangenheit das gelindere Mittel der Unterkunftnahme und der regelmäßigen Meldung bei einer Polizeiinspektion nicht befolgt habe, wird entgegen gehalten, dass die in

§ 77 Abs.4 FPG normierte Anordnung neuerlich der Erlassung eines Bescheides nach den Regeln des § 76 FPG bedarf (Riel/Schrefler-König/Szymanski/Wollner, FPG § 77 Anm 6).

Daraus ergibt sich, dass die Erlassung und Aufrechterhaltung einer Schubhaft allein aus dem Grund des § 77 Abs.4 ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 nicht möglich ist.

Damit konnte der Beschwerde soweit sie sich gegen die Schubhaftverhängung und deren Aufrechterhaltung bis zur Zulassung des Asylverfahrens aufgrund des Folgeantrages des Beschwerdeführers richtet, nicht Folge gegeben werden und ab dem Zeitpunkt der Zulassung des Asylverfahrens am 15. Februar 2007 war die weitere Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig festzustellen.

 

5. Gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs.2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs.3 AVG).

Beim vorliegenden Verfahrensergebnis waren dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde, als teilobsiegender Partei, der Vorlage- und Schriftsatzaufwand (51,50 und 220,30 Euro) und dem Beschwerdeführer ebenfalls als teilobsiegender Partei gemäß seinem Antrag die Erstattung der Stempelgebühren und des pauschalierten Schriftsatzaufwandes (Stempelgebühren: 13 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) nach den Pauschbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,00 Euro angefallen.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 22.05.2007, Zl.: 2007/21/0145-3

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